Titel: | Ueber das Laab; von Hrn. Deschamps. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. XCI., S. 445 |
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XCI.
Ueber das Laab; von Hrn. Deschamps.
Auszug aus dem Journal de Pharmacie, Jun. 1840, S.
412.
Deschamps, uͤber das Laab.
Hr. Deschamps, Apotheker zu
Avallon, hat in Anbetracht der Unbestimmtheit des Begriffes Laab und der Art seiner Wirkung eine Untersuchung angestellt, deren
Resultate wir hier in Kurzem mittheilen. Der eine nennt das Laab jenen Körper,
welchen man in dem untersten Magen der Wiederkäuer findet; ein anderer sagt: Laab
ist, was die Milch gerinnen macht, wie die Artischokenblüthe, und die aus dem Magen
der Kälber, der jungen Zieglein u.s.w. kommende saure Flüssigkeit. Berzelius nennt, ohne dem Käsestoff im Kälbermagen diesen
Namen zu entziehen, vorzüglich die Schleimhaut des Magens so, indem er glaubt, daß
sie einen eigenthümlichen Stoff enthalte, der die Gerinnung der Milch bewirkt. Diese
Meinungsverschiedenheit suchte Hr. Deschamps zu beseitigen.
Laab, welches aus Alkohol von 27 Centesimalgraden und dem untersten Magen eines
Kalbes bereitet war, und von welchem 8 Tropfen hinreichten, um 1 Liter Milch zum
Gerinnen zu bringen, enthielt:
Salzsaͤure in sehr großer Menge,
Buttersaͤure, Caproïn-, Caprin-
und Milchsaͤure,
Salmiak und Kochsalz,
Magnesia (nicht im Zustande phosphorsaurer
Ammoniak-Magnesia),
Natron (wahrscheinlich mit als milchsaures),
Spuren eines schwefelsauren Salzes,
phosphorsauren Kalk, und
einen eigenthuͤmlichen Stoff, welchen der Verf. Chymosin, von χυμος, Chymus und χυμωσις, Chymification (im
Gegensaz zum Pepsin (nicht Peprin) dessen Name sich auf
den ganzen Verdauungsproceß bezieht) nennt.
Um das Chymosin zu erhalten, gießt man einen kleinen Ueberschuß von Ammoniak in das
Laab, filtrirt und wäscht und troknet dann den Niederschlag. Er gleicht dem Gummi
oder dem Emulsin. Im Wasser ist er so unauflöslich, daß man ihn darunter zu Pulver
machen kann. In angesäuertem Wasser ist er auflöslich; diese Auflösung macht die
Milch gerinnen, wenn auch nicht mit der Kraft, wie das Laab selbst. Kohlensäure und
äzende Alkalien, so wie Gerbestoff fällen es, u.s.w.
Aus des Verf. Untersuchung scheint hervorzugehen: daß der Name Laab der Schleimhaut
des Magens zukomme, daß das Laab concentrirt werden könne, ohne als solches zu
verderben; daß das Laab nicht durch die darin enthaltene Säure auf die Milch wirke,
indem die Wirkung durch deren Sättigung nicht aufgehoben wird, indem die Wärme der
Sonnenstrahlen und eine Temperatur von 60° C. es dieser Eigenschaft beraubt,
und die Wärme auf die Schleimhaut eine ähnliche Wirkung übt, wie auf das Laab; daß
ferner das Chymosin das wirksame Princip des Laabs sey; daß aber die Wirkung des
isolirt dargestellten Chymosins nicht der zu seiner Lösung angewandten Säure
zugeschrieben werden könne; daß das Chymosin nur von der Schleimhaut des Magens
abgesondert werde; daß der Käsestoff des Magens die Wirkung des Laabs nur durch
seinen Chymosingehalt ausübe; daß die, um 1000 Gram. Milch gerinnen zu machen,
nothwendige Quantität Chymosin äußerst gering sey, indem 8 Tropfen Laab hiezu
hinreichen, und ein vollkommen erschöpftes Stük Magenschleimhaut bei einer
Temperatur von 45° C. 1800 Gramme Milch zum Gerinnen brachte; daß aber die
Säure des Laabs die Wirkung begünstigt und eben so eine Temperatur von 20 bis
25° C.; daß das Kochsalz einen Reiz auf die Schleimhaut ausübe und hiedurch
die Absonderung des Chymosins dadurch vermehrt werde; daß endlich die Wirkung des
Chymosins noch nicht erklärt werden könne, indem, wenn man sagen wollte, daß der
Käsestoff durch das Laab eine isomerische Veränderung erleide, oder daß die Wirkung
in Folge katalytischer Kraft geschehe, dieß, ohne die Erscheinungen zu erklären, nur
eine Anwendung von Ausdrüken sey, die dem Geiste einige Ruhe gönnen.