Titel: Weitere Bemerkungen über einige Umstände, unter welchen der Dampf Elektricität entwikelt; von Dr. Karl Schafhäutl.
Fundstelle: Band 80, Jahrgang 1841, Nr. LXVIII., S. 258
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LXVIII. Weitere Bemerkungen uͤber einige Umstaͤnde, unter welchen der Dampf Elektricitaͤt entwikelt; von Dr. Karl Schafhaͤutl. Aus dem Philosophical Magazine. April 1841, S. 265. Schafhaͤutl, Bemerkungen uͤber einige Umstaͤnde unter welchen der Dampf Elektricitaͤt entwikelt. Als ich meine früheren VersucheS. 132 in diesem Bande des polyt. Journals., wobei eine Glasgloke gegen den nassen Dampfstrahl gehalten wird, wiederholte, war es oft der Fall, daß das von dem Rande der Gloke abtropfende Wasser in einem fortgesezten Strom niederfloß und hiedurch als ein Conductor der in derselben entwikelten Elektricität auftrat. Um diesem zu begegnen, ersezte ich die kurze metallene Auslaßröhre (deren Oeffnung nie weniger als 1/16 Zoll im Durchmesser haben darf) durch eine biegsame, 10 Zoll lange, bleierne Röhre, welche an ihrem oberen Ende in einem Winkel von 80° abwärts gebogen war, wodurch es mir natürlich möglich war, die Glasgloke, mit aufwärts gerichteter Mündung ganz einfach auf einen kleinen, auf dem Tisch liegenden, Ring unter die Oeffnung dieser Röhre zu stellen, so daß die Gloke nicht nur zur Aufnahme des Dampfes, sondern auch des sich absezenden Wassers diente. Durch diese Anordnung ist einem Einwurf, welcher meinen frühern Versuchen gemacht werden konnte, begegnet, ob nämlich die beoachtete Elektricität nicht der Reibung des entweichenden, äußerst fein zertheilten Wassers während seines Anströmens gegen die Glasgloke ihren Ursprung verdanke? Nun ist bei diesem Versuche die Elektricität-Entwikelung dieselbe, ob der austretende Dampfstrahl gegen das Glas strömt, oder nur die Oberfläche des sich in demselben während mehrerer Versuche sammelnden Wassers berührt; auch machte der Abstand der Röhrenmündung von dem Glase oder der Wasseroberfläche nicht den geringsten Unterschied in der Quantität der entwikelten Elektricität; ein Beweis nicht nur, daß die Erzeugung der Elektricität nicht der Reibung zuzuschreiben sey, sondern auch, daß eine Wasserfläche dieselbe Condensationskraft auf den nassen Dampf ausübe, wie das feste Glas. Die schon erwähnte Thatsache, daß die entladene Innenseite der Glasgloke, nachdem der Dampf zu strömen schon aufgehört hat, sich schwach und oft wiederholt von neuem ladet, schließt jede Möglichkeit aus, die Erscheinung durch Reibung zu erklären; aber die hiebei beobachtete Elektricität kann sehr wohl der nach dem Absperren des Dampfes in der Gloke noch in einem gewissen Grade fortfahrenden Verdampfung zugeschrieben werden. Ich goß daher oft siedendes Wasser in die Glasgloke und brachte es in Berührung mit dem Elektroskop; doch weder das Wasser, noch der von der Oberfläche desselben in Wolken aufsteigende Dampf zeigte die leisesten Spuren von Elektricität. Es scheint daher, daß Dampf, dessen Wärmestoff von dem Wasser, welches ihn abgibt, herrührt, keine Elektricität entwikelt. Die Temperatur des Laboratoriums z.B. während eines Versuches war 45° Fahrenh.; die Temperatur des ausströmenden Dampfes in einem Abstand von 1/8 Zoll von der Mündung der Auslaßröhre 150°; 3 Zoll davon entfernt sank die Temperatur des Dampfes auf 120°; in der Gloke selbst war sie 110°, und das in der Gloke gesammelte und condensirte Wasser gab 100° und der von diesem entweichende Dampf zeigte gar nur 60 bis 70°. Die Temperatur des Dampfes und des Wassers im Kessel war unter einem Druke von 32 Zoll, also ungefähr 253°. Nach dem Oeffnen des Hahnes wurde das theilweise von seinem Druk befreite Wasser, bis der Hahn wieder bei einem Druke von 23 Zoll geschlossen wurde, zu 62,3 seines Volumens weiters in Dampf verwandelt, wobei sich die ganze Wassermasse zu einem Aggregat von LuftblasenMan kann täglich beim Ausziehen des Korks aus einer Sodawasserflasche dieselbe Erscheinung beobachten. gestaltete, welches, mit dem Dampf des obern Theils des Kessels gemischt, durch die Metallröhre entwich. Während seiner Expansion in der Luft wurde der freie Wärmestoff des Dampfes latent, aber sogleich von dem freien Wärmestoff des höchst fein zertheilten, mit dem Dampf gemischten Wassers wieder ersezt, so daß die Temperatur dieses Dampfstrahls, ungeachtet seiner Expansion, natürlich viel höher seyn mußte, als die des reinen, unter gleichem Druke entweichenden Dampfes, und dieser, im nassen Dampf zurükgehaltene, größere Hizgrad mag als eine Ursache betrachtet werden, daß er das beigemischte Wasser in einem Zustande einschließt, in welchem es beim Ausströmen gegen ein Widerstand leistendes oder condensirendes Medium, wie Glas, Wasser, oder selbst Luft, leicht und auf einmal abtrennbar ist, in welchem Augenblik Elektricität entwikelt zu werden beginnt. Der später von dem condensirten Wasser sich abscheidende Dampf hat zu gleicher Zeit seine eigene Quantität Wärmestoff von der Hize des Kessels empfangen, und anstatt denselben von dem heißen Wasser aufgenommen zu haben, was der Fall seyn müßte, wenn siedendes Wasser in die Glasgloke geschüttet wird, strebt er vielmehr, dem Wasser etwas von seinem Wärmestoff mitzuteilen. Am schwierigsten ist zu erklären, in welchem Zustand oder welcher Gestalt das Wasser mit dem ausströmenden Dampf sich gemischt befindet; ob es in Form höchst kleiner raumerfüllter oder hohler Wasserkügelchen in demselben suspendirt ist; Saussure nahm bekanntlich an, daß in lezterer Gestalt das Wasser in den Wolken vorhanden ist. Ich bin für die Annahme dieser Saussure'schen Ansicht geneigt, vorzüglich weil alle Flüssigkeiten, wenn sie mit Gasen geschüttelt werden, endlich eine gaserfüllten Blasen ähnliche Gestalt annehmen. Betrachtet man Wassergas durch das Mikroskop, so können diese kleinen Bläschen sehr leicht von den Wasserkügelchen unterschieden werden, welche zu gleicher Zeit das Gesichtsfeld des Mikroskops passiren, indem die erstern, wenn sie miteinander in Berührung kommen, verschwinden, die lezteren aber sich zu einem größeren Kügelchen vereinigen. Hr. Fresnel hielt die Saussure'sche Theorie für unzulässig, indem die die kleinen Bläschen umgebende Luft sich in einem beinahe gesättigten Zustande befinden muß, und es daher nicht wohl möglich sey, daß die Hülle dieser kleinen Kügelchen von gleicher oder noch geringerer Dichtigkeit sey, als die Luft, in welcher die Wolken suspendirt sind. Ferner hielt er die Schnelligkeit ihrer Bewegung völlig unvereinbar mit dem bläschenartigen Zustand, indem die bei ihrer Bewegung durch die Luft entstehende Reibung sie bald zur Ruhe bringen würde. Endlich sagt er, daß, da die Luft in den Bläschen sich im condensirten Zustande befinden, und dem Bestreben der Wassertheilchen, sich zu Tropfen zu vereinigen, Widerstand leisten muß, die Kügelchen endlich verschwinden würden, so wie eine Seifenblase sich schnell verringern und verschwinden wird, wenn die Röhre, an welcher sie hängt, vom Munde entfernt wird. Aber dieses leztere ist nur dann der Fall, wenn die die Seifenblase bildende Haut sehr dik ist, nämlich beim Anfang ihrer Bildung, und kann möglicherweise nur dann eintreten, wenn die Blase mit einer Röhre in Verbindung ist, was doch mit den Bläschen einer Wolke sicher niemals der Fall ist; wenn die Blase aber einmal gebildet ist, so erhält sie sich, wie jedes Kind weiß, bis Verdunstung oder ein Stoß sie bersten macht. Die rasche Bewegung der kleinen Wasserbläschen ist größtentheils den Luftströmen zuzuschreiben; da also ihre Geschwindigkeit gleich ist jener der Lufttheilchen, so kann aus diesem Umstande unmöglich Reibung und Abnahme der Geschwindigkeit entstehen. Bei fernerer Betrachtung des Gleichgewichts der Wolke müssen wir nicht nur die einzelnen Bläschen als solche uns vorstellen, sondern natürlich das einzelne Bläschen als umgeben von einer Atmosphäre von Luft und Wassergas, womit es zu einem substantiellen Körper, der Wolke nämlich, verbunden ist. Zudem kann die umgebende Luft, so lange die Wolke in ihr schwebt, nur zum Theil, nämlich wo sie in Berührung mit der Wolke ist, sich in gesättigtem Zustande befinden. Wenn die gesammte Luft zwischen der Erde und den Wolken der Sättigung nahe ist, so fangen die Wolken an sich zu zersezen und Wasser zu entladen. Fresnel nimmt an, daß die Wolken aus höchst kleinen raumerfüllten Wasserkügelchen bestehen, und da die zwischen ihnen und daher in Berührung mit ihnen befindliche Luft durch Strahlung leichter zu erwärmen ist als nicht mit festen oder flüssigen Körpern in Berührung befindliche Luft, erklärt er daraus, daß die Luft zwischen den Wasserkügelchen von weit höherer Temperatur ist, als die umgebende Luft, und daß diese erwärmte und verdünnte Luft zusammen mit den Wasserkügelchen einen Körper von gleicher oder geringerer Dichtigkeit ausmachen, als eine gleiche Masse der umgebenden Luft ist. Betrachten wir aber die geringe Ausdehnung gasförmiger Körper für jeden Grad des Thermometers und vergleichen den sehr großen Unterschied in der Dichtigkeit zwischen Luft und Wasser, und die daraus folgende Quantität Wärme, welche nöthig ist, um nur eine kleine Menge Wasser für so lange Zeit suspendirt zu erhatten; fragen wir ferner, warum bei solcher Temperaturerhöhung der mit den Wasserkügelchen in Berührung stehenden Luft die Sättigungs-Capacität dieser Luft nicht mit der Temperatur zunimmt und die kleinen Wasserkügelchen nicht wieder in Wassergas umgewandelt werden, so bieten alle diese Umstände beinahe unübersteigliche Schwierigkeiten bei Annahme jener Theorie dar. Hr. Saigey endlich behauptet, daß das Gleichgewicht der Wolken nur ein scheinbares ist; daß die kleinen Wasserkügelchen in der Wolke in der That beständig fallend seyen, aber sobald sie die Wolke verlassen haben, wieder zu Wassergas werden, indem sie in Berührung mit der umgebenden nicht gesättigten Luft kommen, welches aufsteigend und wieder abgekühlt, sein Wasser wieder an die Wolke abgibt, so daß alle diese Wolken einerseits immer Wasser verlieren und andererseits solches wieder empfangen. Diese Erklärung kann nur unter gewissen Umständen richtig seyn, wenn nämlich die Wolke ihrer Zersezung nahe ist. Die scharfgezeichneten Umrisse und begränzten Formen der in klarem und trokenem Himmel schwimmenden Wolken beweisen, daß sie mit der Ursache ihrer Entstehung nichts mehr zu thun haben. Außerdem beweisen ihr so langes Schweben in der Luft in unveränderter Gestalt während sehr weit von einander abstehender Temperaturgrade und ihre oft in verschiedenen Richtungen stattfindende Bewegung, wobei sie sich einander berühren und sich wieder trennen, ohne ihre Gestalt zu verlieren, nur zu gut ihre Körperlichkeit oder vielmehr ihren individualisirten Zustand.