Titel: Technisches Verfahren, um die Schwefelsäure zum Auflösen des Indigo's und zu anderen Zweken von Salpetersäure zu reinigen; von Hrn. J. Pelouze.
Fundstelle: Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XCIV., S. 383
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XCIV. Technisches Verfahren, um die Schwefelsaͤure zum Aufloͤsen des Indigo's und zu anderen Zweken von Salpetersaͤure zu reinigen; von Hrn. J. Pelouze. Auszug aus den Comptes rendus, April 1841, No. 14. Pelouze, Verfahren die Schwefelsaͤure von Stikstoffoxyd und Salpetersaͤure zu reinigen. Bringt man bei gewöhnlicher Temperatur Schwefelsäure mit salpetersaurem Ammoniak in Berührung, so löst sich dieses Salz nach und nach auf und die Flüssigkeit bietet keine unvorhergesehene Erscheinung dar, in welchem Verhältnis; oder Concentrationszustande man diese Köpper auch anwenden mag. Enthält das Gemenge Wasser, und destillirt man es, so erhält man einerseits alle Salpetersäure und andererseits alles schwefelsaure Ammoniak. Hat man hingegen zuvor dem salpetersauren Ammoniak durch Erhizen alles Wasser entzogen, das es ohne Zersezung verlieren kann, und erhizt man es in einem sehr großen Ueberschuß von concentrirter Schwefelsäure, z.B. in seinem fünfzigfachen Gewicht, so ist der Erfolg ein ganz anderer. Das Gemenge entbindet gegen 150° C. eine sehr beträchtliche Menge Stikstoffoxydulgas, es bildet sich Wasser, welches sich mit der Schwefelsäure verbindet und man findet in den Producten dieser merkwürdigen Reaction weder Salpetersäure noch Ammoniak. Das salpetersaure Ammoniak verhält sich nämlich in diesem Falle wie beim bloßen Erhizen, wobei es bekanntlich in Wasser und Stikstoffoxydulgas zerfällt. Wenn man das Verhältniß der concentrirten Schwefelsäure sehr vermindert, also z.B. 10 Theile dieser Säure auf 1 Th. salpetersaures Ammoniak anwendet, so zersezen sich beiläufig 75 Proc. dieses Salzes in Salpetersäure und Ammoniak, und die anderen 25 Proc. in Stikstoffoxydul und Wasser; wendet man endlich nur 2 Aequivalente Schwefelsäure auf 1 Aeq. salpetersaures Ammoniak an, so erhält man bloß schwefelsaures Ammoniak und Salpetersäure. Diese Regeln gelten auch für den Fall, wo man anstatt ein Gemenge von salpetersaurem Ammoniak und einem großen Ueberschuß von sehr concentrirter Salpetersäure auf 160° C. zu erhizen, dasselbe bloß auf einer Temperatur zwischen 90 und 120° C. erhält. Diese Temperatur reicht zwar nicht hin, um das salpetersaure Ammoniak in Wasser und Stikstoffoxydul zu zersezen, ist aber doch hoch genug, damit die durch die Schwefelsäure verdrängte Salpetersäure in die Recipienten überdestilliren kann, wobei sie sich ganz und gar nicht zersezt. Es gelang mir auch, das Stikstoffoxydgas mit der größten Leichtigkeit durch Ammoniak, und zwar ebenfalls mittelst Dazwischenkunft concentrirter Schwefelsäure zu zersezen. Läßt man in concentrirte Schwefelsäure, welche mit schwefelsaurem Ammoniak vermengt und auf 150 bis 200° C. erhizt ist, Stikstoffoxydgas streichen, so zersezt sich lezteres und es entwikelt sich reines Stikstoffgas, welches nur bei zu rascher Gasentbindung mit etwas Stikstoffoxyd gemengt ist. Um reines Stikstoffgas schnell darstellen zu können, braucht man nur Stikstoffoxydgas von käuflicher Schwefelsäure absorbiren zu lassen (welche Verbindung im Vorrath aufbewahrt werden kann), sie dann mit schwefelsaurem Ammoniak zu versezen und gelinde zu erwärmen. Wenn man Salpetersäure wiederholt über Schwefelsäure destillirt, so wird ein Theil derselben (im Gegensaz mit der gewöhnlichen Annahme) nicht sowohl durch die Schwefelsäure, sondern vielmehr durch die Einwirkung des Lichts und besonders der Wärme zersezt. Die Schwefelsäure läßt sich daher vortheilhaft zum Concentriren der Salpetersäure benuzen; um leztere sehr concentrirt zu erhalten, braucht man die käufliche Säure nur zwei- oder dreimal über gewöhnliche Schwefelsäure zu rectificiren, wobei man aber das Gemisch nicht über 140 bis 150° C. erhizen darf. Wird die überdestillirte Säure kurze Zeit im Sieden erhalten und nach dem Erkalten mit ein wenig braunem Bleioxyd versezt, so verliert sie jede Spur von Untersalpetersäure; in der so entfärbten Säure bleibt übrigens nicht die geringste Menge Blei zurük. Die Eigenschaft des Ammoniaks, durch seinen Wasserstoff die verschiedenen, in der Schwefelsäure aufgelösten Stikstoffoxyde zu zersezen, gestattet eine sehr wichtige Anwendung zum Reinigen der käuflichen Schwefelsäure. Diese Säure ist häufig mit Stikstoffoxyd und mit Salpetersäure verunreinigt, welche leztere in vielen Fällen schädlich ist. Bis jezt kennt man kein schnell ausführbares und ökonomisches Verfahren, um die Schwefelsäure von diesen Stikstoffverbindungen zu befreien. Schwefelblumen, Kienruß zerstören dieselben allerdings, ihre Anwendung ist aber mit solchen Uebelständen verbunden, daß man sie wieder aufgab. Mit schwefelsaurem Eisenoxydul kann man die Schwefelsäure zwar leicht von Salpetersäure reinigen, dabei muß sie aber destillirt werden. Das Ammoniak oder vielmehr das schwefelsaure Ammoniak ist dagegen ein so bequemes Reinigungsmittel, als man es nur wünschen kann.Hr. Adolph Rose hat gefunden, daß die käufliche Schwefelsäure, wenn sie auch stark mit Stikstoffoxyd oder Salpetersäure verunreinigt ist, von diesen Substanzen vollkommen befreit wird, wenn man sie in einer Retorte so lange erhizt, bis Schwefelsäure überdestillirt; die zurükbleibende reine Säure hat dann auch immer ein spec. Gewicht von 1,84 (polyt. Journal Bd. LXXVII. S. 348.). A. d. R. Wenn die Schwefelsäure auch noch so stark durch Stikstoffverbindungen verunreinigt ist, so kann sie durch ein halbes Procent ihres Gewichts schwefelsauren Ammoniaks vollkommen gereinigt werden, und in den meisten Fällen reichen 1 bis 2 Tausendstel hin. Durch eine leicht und schnell ausführbare Probe kann man genau erfahren, mit wieviel schwefelsaurem Ammoniak die unreine Säure versezt werden muß. Wenn aber auch eine Spur. Ammoniak in der Säure zurükbliebe, so könnte diese durchaus nicht schaden. Bei dem gegenwärtigen Preise des schwefelsauren Ammoniaks würden die Kosten, um 100 Kilogr. käuflicher Schwefelsäure zu reinigen, nicht über 12 bis 15 Centimes betragen. Uebrigens ist an dem gegenwärtigen Verfahren bei der Fabrication und Concentration dieser Säure durchaus nichts zu ändern; man braucht bloß in den Bleikesseln, worin man die Säure concentrirt, 2 oder 3 Tausendstel ihres Gewichts schwefelsauren Ammoniaks zuzusezen; dieses Salz löst sich auf und die Operation geht wie gewöhnlich von Statten. Die Stikstoffverbindungen, womit die käufliche Schwefelsäure verunreinigt ist, sind die Hauptursache des Verderbens der Platinkessel, welche man zum Concentriren benuzt. Wendet man Schwefelsäure, welche Salpetersäure enthält, zum Auflösen des Indigo's an, so erzeugen sich durch leztere bekanntlich gelbe Substanzen, womit die Auflösung verunreinigt wird und die mit einer gereinigten Schwefelsäure nicht entstehen. Auch zum Reinigen der Oehle soll salpetersäurehaltige Schwefelsäure nicht so geeignet seyn wie die reine Säure. Wenn man Salzsäure durch Zersezung von Kochsalz mit Schwefelsäure bereitet, so muß, wenn leztere salpetersäurehaltig ist, nothwendig etwas Chlor oder Königswasser entstehen, und in vielen Fällen ist es daher wichtig, sich leicht reine Schwefelsäure verschaffen zu können.