Titel: | Ueber eine neue Art Pflasterung; von Hrn. Polonceau. |
Fundstelle: | Band 82, Jahrgang 1841, Nr. XX., S. 71 |
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XX.
Ueber eine neue Art Pflasterung; von Hrn.
Polonceau.Man vergl. die vorläufige Notiz S. 400 im vorhergehenden (Listen) Bde. des
polytechn. Journals.
Aus den Comptes rendus 1841, 2me semest., No. 4, S.
204.
Polonceau, über eine neue Art Pflasterung.
Troz der wiederholt versuchten Verbesserungen im Pflastern bieten unsere Landstraßen
und die Straßen unserer Städte noch immer eine mehr oder weniger holperige Fläche
dar, was das Stoßen herbeiführt, durch welches die Wägen schnell verderben und die
Pferde bald zu Grunde gehen. An diesem Zustande der Oberfläche sind verschiedene
Ursachen Schuld, vorzüglich die gewöhnliche Gestalt der Pflastersteine, der Mangel
an Regelmäßigkeit ihrer Seiten, wodurch sie nicht gehörig nebeneinander gesezt
werden können, endlich die ungleiche Härte der Steine, welche, wenn sie auch aus
einem Bruch kommen, nicht gleichlange Zeit zu ihrer Abnüzung bedürfen. Dieser
leztere Uebelstand findet nicht nur bei den zu diesem Zwek gewöhnlich gebrauchten
Steinarten, sondern auch, und zwar noch in höherem Grade, bei den Substanzen aus dem
Pflanzenreiche statt, so daß das neuerlich wieder empfohlene Pflaster von
aufrechtstehendem Holze in dieser Hinsicht dem Steinpflaster nachsteht.
Will man bei den Pflastersteinen bleiben, so darf nach Hrn. Polonceau von ihrer bisherigen Form, nämlich jener eines rechtwinkligen
Prisma's nicht abgewichen werden; denn wollte man statt des bloßen Spaltens sie
behauen, so würden die Kosten um Vieles Vermehrt und zugleich der Widerstand des
Pflasters in Folge der häufigen Stöße beim Behauen vermindert werden. Nun hat aber
die rechtekige Form
den Uebelstand, der Hälfte der Fugen die Richtung der Räder zu geben, welche, daran
hingeführt, sich längs der Seitenkante derselben reiben, die Fugen vergrößern, die
Pflastersteine zurunden und bald häufige Stöße veranlassen. Um dieses zu vermeiden,
hat man versucht, die Pflastersteine in diagonaler Richtung zu sezen, aber dann
zerreiben sich die von den Rädern schief angefahrenen Eken und verderben noch
schneller als bei der gewöhnlichen Weise. Welche Stellung man also den
Pflastersteinen geben mag, so wird, so lange man ihre rechtwinkelig prismatische
Form beibehält (und man kann ihnen auf wohlfeile Weise, d.h. durch bloßes Spalten
keine andere geben), die Straße gleich Anfangs schon und immer mehr eine holperige
Fläche darbieten.
Aus diesen Gründen wandte Hr. Polonceau Pflastersteine von
gebrannter Erde an, welchen er schon bei ihrer Verfertigung und ohne
Kostenvermehrung die ihrer Zerstörung am besten widerstehende Form gibt.
Aus plastischem Thon in Verbindung mit Sand, Cement und gepulverter Kohle gelang es
ihm, gebrannte Steine von bedeutender Größe zu formen, welche, ohne Risse zu
bekommen, wohl austroknen und ein starkes Feuer aushalten, ohne sich zu verglasen
oder ihre Form zu verändern. Diese Steine sind von körniger, nicht schlüpfriger
Masse, geben Funken am Stahl, widerstehen den Stößen und Reibungen des
Schmied- und Gußeisens gerade so wie guter Sandstein, und sind viel
undurchdringlicher für das Wasser.
Die aus dieser Masse geformten sogenannten ceramischen
Pflastersteine sind sechsseitige Prismen; die Fugen stehen alle entweder
perpendiculär oder schräg gegen die Bewegung der Räder, und zwar ohne in den Fehler
der in diagonaler Richtung gesezten Pflastersteine zu verfallen, indem die Eken des
Hexagons schon viel stärker sind als die des Rechteks, welcher Vorzug noch dadurch
vergrößert wird, daß die Kanten des Prisma's durch eben so viele Flächen von 1 bis 1
1/2, Zoll Breite abgestumpft werden. Dieses Abschneiden der Kanten hat nicht nur den
Zwek, sie abzustumpfen, sondern der dadurch entstehende dreiekige leere Raum ist
außerdem zum Eingießen des Bitumens nüzlich, durch welches er die Pflastersteine mit
einander verbindet.
Durch jeden Pflasterstein geht in der Mitte ein verticales Loch und am Umfang eines
jeden, in der halben Höhe, befindet sich eine halbe Kehle, in welche sich das als
Kitt dienende Bitumen einsezt, das auf diese Weise zwekmäßiger wirkt, um den
Pflastersteinen unter sich einen bessern Zusammenhang zu geben und das Senken der
einzelnen zu verhindern. Um diese Verkittung leichter zu bewerkstelligen, werden die verticalen Seiten des
Umfangs der Steine schon, wenn sie aus dem Ofen kommen, vor dem Erkalten mit Bitumen
bestrichen.
Da den Steinen durch das Formen die Gestalt aufs Genaueste gegeben werden kann, so
ist ihre Zusammenfügung sehr leicht und die Fugen werden so eng, daß die Räder sich
nie darin vertiefen können. Ungeachtet dieses Mangels an Vertiefungen schreitet das
Pferd doch fest auf den ceramischen Pflastersteinen, deren Oberfläche niemals glatt
wird, und da sich dieselbe niemals abrundet, so ist das Ausgleiten bei weitem nicht
so leicht möglich; außerdem bilden die Löcher im Mittelpunkte der Steine und die
dreiekigen Höhlungen des Umfanges, welche mit bituminirtem Sand ausgefüllt sind,
eben so viele Anhaltspunkte für die Füße der Pferde.
Die Undurchdringlichkeit dieses Pflasters hat zu einem Einwurf Anlaß gegeben; man
befürchtete nämlich, daß es zu schwer werden möchte, wenn Wasser oder Gas aus ihren
Leitungen entkommen, den Austrittspunkt derselben zu finden; dieser Schwierigkeit
wird aber begegnet, indem man die verticalen Löcher in der Mitte der Steine mit
Kiessand ohne Bitumen ausfüllt; es genügt sogar schon, wenn man diese Vorsicht bei
einer der beiden über den Leitungen befindlichen Reihen befolgt, indem dann die
Communication gegen außen so leicht stattfindet, wie beim gewöhnlichen Pflaster.
(Berichterstatter über diesen Gegenstand sind die HHrn. Arago, Al. Brongniart Poncelet, Coriolis und
Piobert.)