Titel: | Die Dampfmaschine von C. Faivre mit Kugelgelenk, mit Hochdruk, einfacher Wirkung und Absperrung. |
Fundstelle: | Band 82, Jahrgang 1841, Nr. XXXIX., S. 162 |
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XXXIX.
Die Dampfmaschine von C. Faivre mit Kugelgelenk, mit Hochdruk,
einfacher Wirkung und Absperrung.Aus der Publication
industrielle par Armengard ainé im polytechnischen
Centralblatt 1841, No. 49. Man vergleiche über diese sehr
vereinfachte Dampfmaschine die Bemerkungen im
polytechnischen Journal Bd. LXXVIII. S.
73, wo auch die Kosten dieser Maschinen nach der Anzahl ihrer
Pferdekräfte angegeben sind.A. d. R.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Faivre's Dampfmaschine mit Kugelgelenk.
Diese Maschine (machine à vapeur, à rotule)
wird in der Werkstatt von Derosne und Cail, die sich besonders mit Herstellung der Apparate zur
Zukerfabrication beschäftigt, verfertigt; in einem Zeitraume von 4 Jahren sind so
viel solcher Maschinen gebaut worden, daß ihre Gesammtkraft mehr als die von 400
Pferden beträgt; die Mehrzahl derselben hat geringe Kraft, nämlich 1–10
Pferdekräfte, es sind aber auch welche mit 12 und 16 Pferdekraft gebaut worden; die
größere Anzahl derselben ist in Zukerfabriken, Raffinerien oder chemischen Fabriken
in Anwendung gebracht worden.
Das Hauptprincip der Maschine beruht darauf, daß sich bei derselben der Cylinder in
eine Kugel endet, welche in einer entsprechenden Pfanne ruht und sich in derselben
dreht; die Kugel war anfänglich mit zwei Oeffnungen versehen, welche abwechselnd
über den Dampfzuführungs- und Ableitungscanal treten; da sich aber bald
ergab, daß mit dieser Dampfvertheilung beträchtliche Verluste verbunden waren, so
wurde das System der Dampfvertheilung mit Beibehaltung des Kugelgelenkes für den
Cylinder gänzlich geändert. Jezt findet die Dampfzuführung durch ein Ventil statt,
welches nur während eines Theiles des aufsteigenden Kolbenhubes geöffnet ist und
daher die Stelle eines Dampfabsperrungsschiebers vertritt. Die Dampfabzugsöffnung
ist von der für die Zuführung gänzlich getrennt und kann mit derselben niemals in
Verbindung treten; sie ist bei weitem größer als die Einströmungsöffnung und
gestattet dem Dampfe einen schnellen Abzug, ist übrigens während des Spiels des
Kolbens abwechselnd geöffnet und geschlossen. Der Dampf schiebt den Kolben nur von
Unten in die Höhe, die andere Seite des Kolbens steht stets mit der äußern
Atmosphäre in Verbindung; dadurch, daß die Maschine eine einfach wirkende ist,
entsteht eine bedeutende Vereinfachung im Bau und die Möglichkeit, sich bei jeder Stellung des Kolbens
sogleich von dem richtigen Gange und von der gehörigen Dichtigkeit zu unterrichten,
Vorzüge, welche einer doppelt wirkenden Maschine abgehen. Die vorliegende Maschine
verzehrt nicht mehr Brennmaterial, als jede andere mit gleichem Grade der Expansion
gehende; denn der Nachtheil, daß nach jedem Kolbenhube die frische eintretende Luft
eine starke Abkühlung des Cylinders und mittelbar des Dampfes bewirkt, läßt sich
dadurch vermeiden, daß man den Cylinder mit einem Mantel umgibt und den abziehenden
Dampf nöthigt, in den Raum zwischen Cylinder und Mantel zu treten. Daß die einfache
Wirkung die Anwendung eines größern Schwungrades nöthig macht, versteht sich von
selbst.
Die Beschreibung der auf Tafel III abgebildeten
Maschine ist in Folgendem enthalten:
Fig. 4 ist ein
verticaler Durchschnitt durch die Achse des Dampfcylinders parallel mit der Ebene
des Schwungrades, welches auch eigentlich im Hintergrunde gesehen werden könnte,
hier aber weggelassen ist; die Durchschnittsebene liegt in der Linie 1–2 von
Fig. 5.
– Fig.
5 ist ebenfalls ein verticaler Durchschnitt nach der Linie 3–4 von
Fig. 4;
die Ebene desselben liegt rechtwinkelig gegen die des vorhergehenden. Fig. 6 ist ein
verticaler Durchschnitt des unter dem Cylinder angebrachten Kugelgelenkes (la rotule) in einer Stellung, welche mit dem mittlern
Stande des aufgehenden Kolbens correspondirt; Fig. 7 ein eben solcher
Durchschnitt in der Stellung bei mittlerem Stande des niedergehenden Kolbens; Fig. 8 ein
horizontaler Durchschnitt nach der Linie 5–6 in Fig. 5; Fig. 9 ein horizontaler
Durchschnitt durch den Cylinder nach der Linie 7–8 in Fig. 4; Fig. 10 obere Ansicht des
Dampfkolbens; Fig.
11 Horizontalprojection der Kugel, welche die Grundfläche des
Dampfcylinders bildet; Fig. 12 Details des
Dampfschiebers; Fig. 13 Hebel, welche das Dampfzuleitungsventil bewegen; Fig. 14 geometrische
Darstellung der Bewegung, welche dieses Ventil erhält. Alle Figuren sind im 20sten
Theile der natürlichen Größe gezeichnet.
A ist der gußeiserne Dampfcylinder, der auf 0,38 Lin.
Durchmesser ausgebohrt ist; B eine hohl gegossene Kugel,
welche die Grundfläche des Cylinders bildet; a eine in
derselben befindliche Oeffnung, um den Dampf von Unten in den Cylinder eintreten zu
lassen (Fig.
5); b eine bogenförmige Oeffnung, ebenfalls in der
Hohlkugel angebracht; sie dient dem Dampfe, nachdem er gewirkt hat, als
Ausströmungsöffnung; c eine ähnliche Oeffnung auf der
untern Seite der Hohlkugel, durch welche der abziehende Dampf in den Canal h tritt; d ein Einschnitt im
flachen Obertheile des kugelförmigen Cylinderbodens, durch welchen der feststehende
Hebel H hindurchgreifen kann. C ist eine gußeiserne halbe Hohlkugel oder Muschel, welche genau nach
demselben Durchmesser ausgedreht ist, wie die erhabene Kugel B, damit sich leztere in ersterer dicht drehen könne. In dieser Muschel
C ist eine Oeffnung c,
angebracht, welche mit der Oeffnung c correspondirt und
den Austritt des Dampfes zuläßt. D ist die gußeiserne
Fußplatte der ganzen Maschine, welche in der Mitte mit einer Höhlung zur Aufnahme
der Muschel C versehen ist. e,
e, die Dampfführung in der Bodenplatte D: d,
die lezte Oeffnung, welche in der hohlen Kugel zwischen den beiden vorstehenden
Kränzen derselben zur Seite angebracht ist und dazu dient, den gebrauchten Dampf in
den zwischen dem Cylinder und dem Mantel liegenden Raum zu leiten. f verbindet den Kessel mit der Dampfleitung in der
Bodenplatte (Fig.
5). g ist ein gebogenes Rohr, welches die
Dampfleitung in der Bodenplatte mit der Kugel verbindet; h das an die Bodenplatte angegossene Dampfableitungsrohr; von demselben
aus wird der Dampf durch einen Anwärmungsrecipienten geführt. i ist eine kreisförmige Oeffnung, welche die Dampfleitung e, begränzt und durch das Dampfventil E geschlossen werden kann; i, eine ringförmige Oeffnung, welche die Dampfleitung e begränzt und den Dampf aus e nach e, führt, wenn das Dampfventil E offen ist. E ist das kupferne
Dampfeinströmungsventil, durch welches zugleich der Dampfzufluß unterbrochen werden
kann; es befindet sich an der Ventilstange F, welche mit
einer Spiralfeder versehen ist und durch dieselbe so niedergedrükt wird, daß die
Zusammendrükung der Feder das Ventil auf seinen Siz i
aufpreßt. G ist ein kupfernes Gehäuse, welches das
federnde Ventil verschließt und auf die Bodenplatte aufgeschraubt ist; es trägt an
seinem obern Ende die Stopfbüchse j, durch welche die
Ventilstange F hindurchgeht. H ein feststehender eiserner Hebel, welcher an der Achse I aufgezogen ist. Diese Achse befindet sich genau im
Mittelpunkte der Kugelflächen und ist durch eine angeschnittene Schraube in eine an
B befindliche Mutter eingeschraubt. k ist ein äußerlich über I
geschraubtes Halsband; J der Dampfschieber von Gußeisen,
welcher dem Dampfe den Ausweg gestattet, sobald er b
geöffnet hat; in die Mitte desselben sind ein paar bronzene Lager l eingelegt, welche das obere Ende des Hebels H umfassen; m sind
Leitungen, welche auf der ebenen Oberfläche des kugelförmigen Cylinderfußes
angebracht sind, um den Dampfschieber J bei seiner
Bewegung in bestimmte Bahnen einzuschließen. k ist ein
Mantel von Kupferblech, der den Dampfcylinder einschließt; n kleine Oeffnungen am obern Ende des Cylinders, durch welche der Raum
zwischen Cylinder und Mantel mit dem Raume über dem Kolben in Verbindung steht. L gußeiserner Cylinderdekel, welcher in die Stopfbüchse o ausläuft, durch welche zugleich die Kolbenstange in
paralleler Lage mit dem Cylinder erhalten wird. M, der
Dampfkolben, besteht aus einer hohlen Scheibe, über welche außen Hanfzöpfe gewunden
sind, und aus dem Kolbendekel M, durch welchen die
Kolbenstange N hindurchgeht; die leztere ist unten mit
einem Nietkopfe befestigt und oben mit einer Schraube versehen; sie wird von dem
Rohre O eingeschlossen, das sich unten auf den
Kolbendekel stüzt und denselben mittelst der oben über die Kolbenstange geschraubten
Gegenschrauben p niederpreßt; die Vermittelung zwischen
dem Rohre O und dem Kolbendekel bildet der Ring oder
Schuh o. P ist ein bronzener Kopf, durch welchen die
Kolbenstange mit dem Zapfen q des Krummzapfens Q verbunden ist; der leztere ist an der Schwungradwelle
R befestigt, an der zugleich das übertragende
Zahnrad angebracht ist. S, S, sind zwei excentrische
Scheiben, welche symmetrisch in einiger Entfernung von einander an der
Schwungradwelle R angebracht sind; die eine bewegt die
Speisepumpe, die andere das Dampfzuleitungsventil; von ihnen gehen die Gestänge T, T, herunter, welche unten durch das horizontale
Querstük r miteinander verbunden sind; an dem leztern
befindet sich die Kolbenstange der Speisepumpe angeschlossen und das gabelförmige
Ende s der Ventilstange übergeschoben. t ist ein Handhebel, der bei seiner Verbindung mit s mit einem excentrischen Stüke versehen ist, welches in
der einen oder andern Stellung beim Umschlagen des Hebels eine Verbindung oder
Trennung der Ventilstange mit den excentrischen Schubstangen bewirkt. U ist die Kolbenstange der Speisepumpe, U, diese Pumpe selbst; u das
Saugrohr, welches nach der Warmwassercisterne, v das
Drukrohr, welches nach dem Kessel führt; x eine an das
Maschinengestell angeschraubte Leitung für den Speisepumpenkolben; V die beiden gußeisernen Böke, welche das
Maschinengestell bilden; sie sind auf die Grundplatte aufgeschraubt, ziemlich in
halber Höhe durch zwei Querstäbe verbunden und werden oberhalb durch die
Schwungradwelle R, welche das Schwungrad X trägt, in gehöriger Entfernung gehalten. Y ist die verticale Regulatorwelle, welche durch das
Winkelradvorgelege y, y die Bewegung von R erhält und durch das Rohr Z, welches mit der Büchse z verbunden ist, die
Stellung der Dampfklappe a, bewirkt, deren Achse mit dem
Hebel b, verbunden und welche in dem Knie des Rohres g angebracht ist.
In Bezug auf die einzelnen Theile der Maschine ist etwa noch Folgendes zu bemerken:
der Cylinderdekel unterscheidet sich wesentlich von dem bei gewöhnlichen
Dampfmaschinen; er hat eine glokenähnliche Gestalt und eine lange Stopfbüchse, um
die Parallelbewegung der
Kolbenstange in dem Falle zu sichern, wenn man nicht besondere Führungen mit
Reibungsrädern anwendet, wie gewöhnlich bei oscillirenden Maschinen. Die Stärke der
am Cylinderboden angegossenen Hohlkugel B beträgt 0,02
M., ihr äußerer Durchmesser aber 0,4 M., verhältnißmäßig gegen die Cylinderweite,
welche bei der abgebildeten 10pferdigen Maschine 0,38 M. beträgt.
Die Einrichtung, die Dampfausströmungsöffnung von der Einströmungsöffnung zu trennen
und leztere weit größer als erstere zu machen, ist dem Erbauer der Maschinen nicht
eigenthümlich; Cavé baute schon mehrere
oscillirenden Maschinen nach dieser Art, und vor ihm ebenfalls Gengembre, welcher sich derselben Einrichtung bei einer Dampfmaschine von
160 Pferdekraft bediente. Bei mehreren ausgeführten oscillirenden Maschinen mit
Kugelgelenk betrug der Querschnitt des Dampfzuleitungsrohres 1/60, der
Cylinderquerschnitt des Ableitungsrohres nur 1/30.
Die Bewegung des Dampfabsperrungsventils und die Veränderung derselben erfolgt durch
eine excentrische Scheibe. Aus Fig. 14 ergibt sich, daß
die Centrallinie der excentrischen Scheibe S¹
unter 45° steht, wenn sich Krummzapfen und Kolben in ihrem tiefsten Punkte
befinden und die Bewegung nach der durch den Pfeil angedeuteten Richtung erfolgt;
durch die Stellung der Theile F, r und s ist in demselben Augenblike auch das Ventil im
Begriffe sich zu heben. Nachdem der Krummzapfen 45° durchlaufen hat, ist das
Ventil in seiner höchsten Stellung, und wenn derselbe dann seine Bewegung fortsezt,
so ist während der nächsten 45° das Ventil im Rükgange begriffen, und nach
einer Bewegung von abermals 45° ruht es wieder auf dem Ventilsize auf, wenn
der Mittelpunkt der excentrischen Scheibe S³ bis
zu einer durch S¹ gefundenen Horizontallinie
herabgestiegen ist. Wenn das Ventil ganz geöffnet ist, dann steht dieser Mittelpunkt
in S²; so lange er über oder unter S¹, S³ steht,
ist dasselbe geöffnet oder geschlossen. Will man den Dampfzufluß früher absperren,
so hat man die vorher erwähnten Theile nur so zu stellen, daß der Mittelpunkt der
excentrischen Scheibe sich über S¹ befindet, wenn
das Ventil sich zu heben anfängt; dann wird dasselbe auch zeitiger
niedergedrükt.
Der Kolben in der gezeichneten Maschine ist nicht, wie gewöhnlich bei
Hochdrukmaschinen, ein Metallkolben, sondern ein Hanfkolben; die Liederung hält sich
bei der einseitigen Wirkung des Dampfes natürlich viel besser, als sich
Hanfliederung in doppelt wirkenden Hochdrukmaschinen halten kann. Die Liederung
kann, wie die Abbildung des Kolbens zeigt, ohne daß die Gloke abgehoben wird,
nachgezogen werden. – Die Bewegung der Speisepumpe ist mit der des
Dampfzuführungsventiles verbunden.
Die Einfachheit in der Construction der Maschine ist so bemerkenswerth, daß sie sich
gerade deßwegen in vielen Fällen als besonders geeignet empfehlen muß. An solchen
Orten, wo die gesammte Entwikelung der Industrie noch nicht weit vorgeschritten ist,
wo man die Maschinen noch wenig kennt, Arbeiter zur Bedienung derselben und zur
Ausführung der nöthigen Reparaturen schwer zu erhalten sind, muß man besonders auf
Einfachheit in den anzuwendenden Vorrichtungen sehen, da mit derselben gewöhnlich
geringe Abnüzung und seltenes Eintreten von Reparaturen verbunden ist. In solchen
Fällen ist, ohne noch den geringen Kaufpreis zu berüksichtigen, die beschriebene
Maschine dann am Plaze, wenn man keine größere Kraft als von 12–15 Pferden
verlangt.
Ueber die Menge des zum Betriebe der Maschine erforderlichen Kohlenaufwandes enthält
unsere Quelle keine bestimmte Angabe, sondern Berechnungen zur Bestätigung des
allgemein bekannten Sazes, daß eine theurere Maschine mit guter Benuzung des
Brennmaterials vortheilhafter wirkt, als eine wohlfeile mit weniger guter.
Die Maschine wirkt mit 5 Atmosphären Dampfdruk im Kessel; die Dampfzuführung findet
gegenwärtig nur während des halben Kolbenhubes statt.