Titel: | Ueber die verschiedenen Eigenschaften, welche die Cementsteine und hydraulischen Kalksteine durch ein unvollkommenes Brennen erhalten können, mit vorausgehenden Bemerkungen über die anomalen Kalksteine, welche den Uebergang von den höchst hydraulischen Kalksteinen zum Cement machen; von L. J. Vicat, dirigirendem Oberingenieur des königlichen Brüken- und Straßenbau-Corps. |
Fundstelle: | Band 82, Jahrgang 1841, Nr. LXXIX., S. 353 |
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LXXIX.
Ueber die verschiedenen Eigenschaften, welche die
Cementsteine und hydraulischen Kalksteine durch ein unvollkommenes Brennen erhalten
koͤnnen, mit vorausgehenden Bemerkungen uͤber die anomalen Kalksteine,
welche den Uebergang von den hoͤchst hydraulischen Kalksteinen zum Cement machen;
von L. J. Vicat,
dirigirendem Oberingenieur des koͤniglichen Bruͤken- und
Straßenbau-Corps.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. August 1841, S.
426.
(Beschluß von Heft 4, S. 277.)
Vicat, über hydraulischen Kalksteine.
Folgerungen für die Technik.
1) Man trifft auf der Gränze, welche die hydraulischen Kalke von den Cementen trennt,
Kalkarten an, welche im Mittel 53 Proc. Thon enthalten und, indem sie sich dem
gewöhnlichen Löschungsverfahren widersezen, wie die Cemente behandelt werden zu
müssen scheinen und wirklich eine gleiche Rolle spielen; doch geben sie nach einiger
Zeit nach und gehorchen einer langsamen Löschung, deren Erfolg die beinahe völlige
Aufhebung der hydraulischen Eigenschaften der Verbindung ist.
Diese Gränzkalke anzuwenden ist sehr gefährlich und sollte auf
allen Arbeitspläzen verboten seyn.
2) Die genaue Nachahmung der hydraulischen Kalke und des höchst hydraulischen Kalks
durch Mischungen von gelöschten fetten Kalken und Cementen ist unmöglich; denn diese
Mischungen sinken auf die Stufe schlecht hydraulischer Kalke herab, wenn man zu
ihrer Behandlung längere Zeit braucht, als die Cemente selbst zu ihrer Erhärtung
bedürfen. Da nun aber die Cemente in einigen Minuten erhärten, so ist es in der
Praxis unmöglich, diese Zeit nicht um Vieles zu überschreiten.
Um also die natürlichen hydraulischen Kalke nachzuahmen, muß
man sich an das bekannte Verfahren halten, welches sowohl das einfachste als
directeste ist.
3) Jede thonkalkige Substanz, welche durch vollkommenes Brennen einen Cement zu geben vermag, liefert auch einen solchen durch
unvollkommenes Brennen, wenn nur das Verhältniß des Thons und der im Ungebrannten
als frei angenommenen Menge Kalks 273 Proc. nicht überschreitet, oder mit andern
Worten, wenn nur weniger als 273 Theile Thon auf 100 Th. freien Kalks vorhanden
sind.
Es läßt diese Bedingung einen großen Spielraum für das Brennen
der Cemente; es ist dabei sicherlich nichts zu befürchten als das Ueberhizen, und auch
dabei muß die Verschlakung schon begonnen haben, wenn die ganze Kraft zerstört
werden soll.
4) Jede thonkalkige Substanz, welche durch vollkommenes Brennen einen Gränzkalk oder
einen hydraulischen Kalk geben kann, kann in Folge unvollkommenen Brennens einen Cement oder doch wenigstens ein Product geben, das
alle Eigenschaften eines solchen besizt, wenn nur das Verhältniß des Thons zu der im
Ungebrannten als frei vorausgesezten Menge Kalks nicht weniger als 64 Proc. beträgt;
denn unter 64, oder wenigstens 62 Proc., sind die Ungebrannten nicht nur keine Cemente mehr,
sondern können auch heruntersinken auf die Stufe der schwächsten Kalke mit dem
großen Fehler der langsamen Löschung.
Da man nun gar kein praktisches Mittel besizt, im ersten Augenblik die
Cement-Ungebrannten von solchen zu unterscheiden, die es nicht sind, und noch
weniger, um das Brennen so zu reguliren, daß aus den großen und kleinen
Kalksteinstüken die gewünschte Menge Kohlensäure gleichförmig ausgetrieben wird, so
folgt daraus, daß wenn man die Ungebrannten pulvert, um sie
ohne Unterschieb ebenfalls dem Mörtel einzuverleiben, wie man bei einigen
Bauarbeiten thun zu müssen glaubte, man, statt den Mörtel zu verbessern, ein
wahres Zerstörungsmittel in denselben bringt.
5) Jede Fabrication von Cementen aus unvollkommen gebrannten Gränzkalksteinen hat
große Uebelstände; denn jene Theile, welche troz aller Vorsicht zum vollkommenen
Brennen gelangen würden, könnten nicht erkannt und durch Auslesen bei Seite
geschafft werden, und würden daher als zerstörendes Agens im Cement bleiben.
6) Bei jeder directen Probe, die Güte eines hydraulischen Kalks zu constatiren, muß
ein Versuch vorausgehen, durch welchen die Menge der in diesem Kalk enthaltenen
Kohlensäure ermittelt wird; denn wenn diese Säure in hinreichender Menge darin
vorhanden ist, um einen nichteementartigen Ungebrannten
darzustellen, so wird die Probe einen hydraulischen Kalk als schlecht bezeichnen,
welcher, gut gebrannt, vielleicht eine Kraft zeigt, wie man sie nur wünschen
kann.Die Würdigung einer Kalksubstanz, in Beziehung auf den Dienst, welchen sie
als hydraulischer Kalk thun kann, kann schneller und mit größerer Sicherheit
durch die chemische Analyse, als durch die directen Mittel geschehen; doch
darf man, um zum Ziele zu gelangen, nicht die in den Lehrbüchern der Chemie
gewöhnlich angegebenen Methoden befolgen. (Siehe S. 355.)
Unmöglich kann das Schlechtwerden der Fugenverstriche, das Abfallen und Auswittern
des Verwurfs, das Senken der Mauern etc., welche niemals stattfinden, wenn man gute,
wohl gelöschte und von Ungebrannten und allem ähnlichen wohl gereinigte hydraulische
Kalke anwendet, etwas anderm als der Gegenwart von Gränzkalken oder schlechter
Ungebrannter in den Mörteln zugeschrieben werden. Wir betrachten die sowohl
zufällige als absichtliche Einbringung derselben Substanzen in die Cemente als die
einzige Ursache ihrer Abblätterung und des Pulverigwerdens, welchem sie manchmal
unterworfen sind. Alle unsere Behauptungen sind leicht zu bewahrheiten; wir
verlangen nicht, daß man sie ohne Prüfung annehme, und wünschen nur, daß man sich im Zweifel des Urtheils enthalten möchte, bis
die Wahrheit an den Tag kommen wird.
Die Alten, deren Erfahrung in Anschlag gebracht werden muß, beschränkten sich nicht
darauf, die Ungebrannten (oder Pigeons) zu verwerfen,
sondern wollten auch, daß der zu Verkleidungen bestimmte Kalk schon mehr als ein
Jahr gelöscht sey; sie hatten demnach sogar in dem fetten Kalk träge Theilchen
bemerkt, deren Aufquellen sehr langsam vor sich geht.Die Erfindung des vom Göpel getriebenen Rades behufs der Bereitung des
Mörtels begünstigt die Einbringung der Ungebrannten, weil sie dadurch
zerdrükt und in der Masse der Verbindung zerstreut werden.
Im Vorbeigehen sey es gesagt, daß die aus Ungebrannten bereiteten Cemente ganz unter
denselben Umständen verderben und sich verschlechtern, wie die gewöhnlichen Cemente;
im Uebrigen ist die Geschichte dieser leztern in allen Punkten, was die
Aufbewahrung, die Art der Verarbeitung u.s.w. betrifft, auch auf die erstern
anwendbar.
Die Würdigung der Qualität des hydraulischen Kalks und des Cements, welche eine
gewisse Kalksubstanz geben kann, geschieht schneller und vielleicht richtiger durch
die chemische Analyse als durch die directen Mittel; man sollte aber auch deßwegen
die gewöhnliche Methode aufgeben, welche darin besteht, den Thon von dem
kohlensauren Kalk durch eine Säure zu trennen, und ihn durch Kali anzugreifen, indem
man hiedurch Quarztheile, welche nicht in die Verbindung eingehen können, in
gallertartige Kieselerde umwandelt; man muß vielmehr 99 Gramme der Substanz, nachdem
man sie vorher sehr fein gepulvert hat, unmittelbar in Kalk oder Cement umwandeln,
sich überzeugen, daß keine Kohlensäure mehr vorhanden und dann das Ganze in einem
Ueberschuß von Salzsäure auflösen. Der nicht angegriffene Rükstand, wenn ein solcher
vorhanden, gibt die Quantität der Kieselerde oder des Thons, welcher nicht gebunden
ist und folglich nur wenig zur Hydraulicität des Kalks oder des Cements beitragen kann. Die
übrige Analyse wird auf gewöhnliche Weise beendigt.
Verschiedene Muthmaßungen über die Ursachen der Trägheit der
Gränzkalke und der anomalen Ungebrannten.
Die Chemie zeigt uns gewöhnlich Reactionen, welche in Flüssigkeiten entweder durch
Auflösungsmittel oder Fällungsmittel stattfinden, oder zwischen gasartigen
Substanzen u.s.f. Die hydraulischen Teige sind, wenn sie auch einen hohen Grad von
Festigkeit erreicht haben, nichtsdestoweniger im Stande, gewisse
Molecularbewegungen, welche in ihrem Gefüge vorgehen, zu gestatten; es werden z.B.
in einigen Ungebrannten sehr auffallende Farbenveränderungen wahrnehmbar. Es gibt
deren, welche mehrere Tage nach der Erhärtung und dem Untertauchen eine dunkle
grünliche Färbung annehmen, auf welche nach mehreren Tagen eine graue Färbung folgt;
diese graue Färbung selbst wird später von einer rostgelben Farbe ersezt. Diese
Erscheinungen finden bei hydraulischen Massen statt, welche einige Procente
Eisenoxyd enthalten, und deren Gefüge während des Brennens verschiedene Stoffe
einziehen konnte, unter welchen die schweflige Säure eine gewisse Rolle spielen muß.
Es ist bekannt, daß solche sich aus einigen Steinkohlenarten, vorzüglich aber aus
den Anthraciten während des Verbrennens entwikelt; es kann sich demnach
schwefelsaures Eisenoxydul bilden, welches sich dann in der Hydratmasse zersezt und
Eisenoxydul fallen läßt, das die beobachtete grüne Färbung verursacht. Die
verschiedenen Oxydationsgrade, welche dieses hierauf durchmacht, erklären den
Uebergang vom Grünen zum Okergelben.Beinahe alle gebrannten Kalksteine enthalten Schwefeleisen, welches durch die
Wirkung des Wassers und des Sauerstoffs der Luft in den Zustand des
schwefelsauren und dann des kohlensauren Salzes übergeht, wobei die
Schwefelsäure mit dem Kalk ein schwerlösliches, die Kohlensäure aber mit dem
Eisen ein unlösliches Salz bildet. Diese Erklärung kann man, wenn man will,
jene im Text vertreten lassen.
Ich war in dem Fall, einen Versuch mit dem Cement R
(Tabelle II) anzustellen, welcher, ohne sich zu verglasen, bis an die Gränze der
höchsten Brennung gekommen war. Dieser Cement ist alsdann von dunkelgrüner Farbe und
verhält sich während der vier oder fünf ersten Tage nach dem Untertauchen wie ein
träges Pulver; nach dieser Zeit aber entscheidet sich die Erhärtung und wird
einigermaßen sichtbar durch das Erscheinen einer dünnen Schichte von hellgrauer
Farbe, welche sich am Boden des durchsichtigen Gefäßes, worin die Substanz sich
befindet, zeigt. Diese Schichte nimmt allmählich von Unten nach Oben an Dike zu,
ohne aufzuhören, von der dunkelgrünen Farbe der übrigen Masse scharf abzustechen,
deren Theile ohne Cohäsion verbleiben bis zu dem Augenblik, wo sie von der
hellgrauen Farbe ergriffen werden. Das Erhärten geschieht demnach in gleichem
Schritte mit dieser Färbung und ist erst dann vollendet, wenn alles Dunkelgrün
verschwunden ist.
Ich brachte eben solchen Cement angerührt in eine weite, an den beiden Enden offene
Glasröhre; nach mehreren Tagen erschien die hellgraue Färbung wie ein Ring in der
Mitte der Röhrenlänge und breitete sich dann allmählich rechts und links bis zu den
Enden aus. Diesesmal aber ging ein leichter Mittelton voraus, statt wie im vorigen
Versuche auf einmal mit dem Dunkelgrünen abzustechen.
Ich kam auf den Gedanken, mehrere Proben zu numeriren, und konnte, indem ich ein
kleines Bleiblech zwischen das Glas und das in demselben befindliche hydraulische
Kalkhydrat brachte, ungefähr fünf Tage nach dem Untertauchen eine schwarze Zone
bemerken, welche mit dem Rande des Bleiblatts parallel, aber 4 bis 5 Millimeter
davon entfernt, lief. Diese Zone oder dieses Band hörte neben dem Blei ohne
Mittelton scharf auf, verschwamm aber auf der entgegengesezten Seite mit der grauen
Farbe des Kalks. Mehrere Monate darauf bildeten sich diesseits und jenseits der Zone
andere auf beinahe concentrische Weise, und die dazwischen liegenden Mitteltöne
gaben dem Ganzen das gebänderte Ansehen des Agats. Diese elektrochemische
Erscheinung scheint von Schwefelblei herzurühren, dessen Elemente vorhanden waren
und sich in ihrer Verbindung günstigen Umständen befanden. Wie auch diese
sonderbaren Erscheinungen stattfinden mögen, so ist doch jedenfalls das Stattfinden
von Molecularbewegungen in einer festen Hydratmasse genugsam dargethan.
Wir wollen nun die Menge des Thons berechnen, welche man mit 100 Theilen Aezkalk
zusammenbringen müßte, um verschiedene Verbindungen in einfachen Atomenverhältnissen
zu erzeugen. Da der Thon als ein Thonerde-Bisilicat betrachtet wird, und die
respectiven Atomengewichte der Kieselerde, Thonerde und des Kalks sich wie die
Zahlen 100, 179,32 und 107,68 verhalten, so erhalten wir folgende Tabelle:
Textabbildung Bd. 82, S. 357
Kalk; Thon; Atom Kalk mit 2 Atomen
Kieselerde und 1 At. Thonerde; Atome Kalk
Vergleicht man diese Tabelle mit der Tabelle I. der Typen (Capitel I), so wird man
sogleich finden:
1) daß der wahre einfache atomistische Typus eines mittelmäßigen hydraulischen Kalks
21,37 Thon auf 100 Kalk oder 2 Atome Kieselerde und 1 Atom Thonerde auf 8 Atome Kalk
seyn müßte;
2) daß der wahre einfache atomistische Typus eines gewöhnlichen hydraulischen Kalks
34,20 Thon auf 100 Kalk, oder 5 Atome Kalk auf 2 Atome Kieselerde und 2 Atome
Thonerde seyn müßte;
3) daß endlich der einfache atomistische Typus für einen höchst hydraulischen Kalk
42,77 Thon auf 100 Kalk, oder 4 Atome Kalk auf 2 Atome Kieselerde und 1 Atom
Thonerde seyn müßte.
Wahrscheinlich sind in diesen Typen die auf trokenem Wege gebildeten Verbindungen so,
wie wir sie angeben; der Kalk, welcher gebunden ist, muß es aber in so schwachem
Grade seyn, daß das Silicat, dessen Basis er ist, vollständig durch das Wasser zersezt werden
kann; denn die hydraulischen Kalke löschen sich im Wasser leicht und vollkommen. Das
Wasser macht also augenbliklich Kalk darin frei, weil aller chemisch gebundene Kalk
sich nicht löschen kann; und da die gelöschten hydraulischen Kalke, obwohl
untergetaucht, unmerklich erhärten, so müssen sich nachher Kalk- und
Thonerde-Hydrosilicate bilden; die Masse ist mithin unmittelbar nach dem
Löschen nichts als ein Gemenge von hydratischem fettem Kalk mit gallertartiger
Kiesel- und Thonerde.
Wahrscheinlich tritt aller Kalk in Verbindung bei dem auf das Löschen folgenden
Erhärten; allein diese Verbindung ist mehr oder weniger beständig, weil die
Thonerde- und Kalk-Hydrosilicate an das Wasser um so mehr Kalk
abtreten, je weniger Kieselerde sie enthalten, wann man sie ihrer kohlengesäuerten
Kruste beraubt, welche sie beim Untertauchen gegen die auflösende Einwirkung des
Wassers schüzt.
In den Gränzkalken, deren Typus 100 Kalk auf 53 Thon ist, kann eine zusammengesezte atomistische Verbindung alles Kalks mit dem Thon stattfinden; allein die
Gegenwart des Wassers kann später eine plözlich eintretende stabile Verbindung in
einfachen Atomenverhältnissen von 61,62 Theilen oder
2 Atomen Kalk auf 2 Atome Kieselerde und 1 Atom Thonerde bestimmen; es bleiben dann
wenigstens 38,38 Kalk aus der Verbindung ausgeschlossen, welcher sich am Ende,
obwohl im Hydrosilicat eingeschlossen, löscht; diese Löschung geht zwar langsam und
schleppend vor sich, zerstört aber nichtsdestoweniger die vom Hydrosilicat erworbene
Cohäsion und verwandelt die Masse in ein Caput mortuum
oder ein träges Gemenge von fettem Kalk und zerbrökeltem Hydrosilicat.
Nach derselben Betrachtungsweise läßt sich leicht schließen, daß in einem hydratischen
Gränzcement anfangs nur 75,58 Theile Kalk enthalten seyn können, welche sich in
einfacher atomistischer Verbindung mit 65 Theilen Thon befinden; in diesem Falle
würden 24,42 Kalk momentan ausgeschlossen bleiben, deren Löschung die erwähnten
Erscheinungen des Aufbrausens erzeugen würde, ohne zu einem Aufquallen zu führen,
welches im Stande wäre, das auf nassem Wege augenbliklich gebildete Hydrosilicat zu
brechen. Die Wirkung dieses Kalks ist absolut dieselbe wie die des Aezkalks im Loriot'schen Mörtel; sie beschränkt sich darauf, das
Gefüge zusammenzudrüken, und die Dichtigkeit der Masse, in welche er eingesprengt
ist, zu vergrößern.
In den Cementen einer höheren Stufe wird die basische Substanz augenbliklich von der
Kieselerde ganz neutralisirt, und die Verbindung ist stark genug, um die Wirkung des
Wassers auf die alleinige Bildung der Hydrosilicate ohne Symptome von Löschung zu
reduciren.
Die Cement-Ungebrannten können wie die Cemente,
welchen sie entsprechen, erklärt werden, was nämlich die Mengen des Thons und des
Kalks betrifft, und abgesehen von den mit Kohlensäure verbundenen Theilen. Die werthlosen Ungebrannten aber, welche von 53 bis 30 Thon
auf 100 Kalk enthalten, sind nicht so leicht zu erklären; betrachtet man sie
wirklich als hydraulische Kalke, in deren Gefüge sich
mehr oder weniger kohlensaurer Kalk gleichförmig eingesprengt befindet, so müssen
die Resultate offenbar auch dieser Ansicht entsprechen; nun zeigt aber die
Erfahrung, daß dem gewöhnlich nicht so ist, und nur auf die Ungebrannten, welche den
Gränzkalken entsprechen, würde sie passen.
Der zwischen den werthlosen Ungebrannten und den hydraulischen Kalken, welche ihnen
entsprechen, beobachtete Unterschied scheint mir in dem einzigen Umstande zu liegen,
daß bei ersteren die Löschung langsam vor sich geht und auf die Bildung der
Hydrosilicate folgt, deren Cohäsion sie zerstört, während bei den lezteren der
Bildung dieser Verbindungen die Löschung vorausgeht.
Worauf beruht dieser Unterschied? Ehe wir diese Frage beantworten, wollen wir
untersuchen, was in den aus reinen Kalksteinen erzeugten Ungebrannten vorgeht.
Bei einem gewissen Grad der unvollkommenen Brennung erhärten die gepulverten und wie
Cemente behandelten reinen Kalksteine unter dem Wasser in einigen Stunden; es finden
einige Symptome der Löschung ohne erhebliches Aufquallen statt. Die Erhärtung macht
aber keinen weiteren Fortschritt. Sucht man diese Ungebrannten durch Gemenge von
gebranntem Kalk und reiner (bis zum anfangenden Rothglühen erhizter) Kreide
nachzuahmen, welche so genau vorgenommen werden, als es die mechanischen Mittel (der
Reibstein) nur immer
zulassen, und befeuchtet man dann die so gemengten Substanzen, so wird sich der
Aezkalk augenbliklich löschen. Es findet mithin keine absolute Identität zwischen
dem wirklichen und dem künstlichen Ungebrannten statt. Doch ist leicht einzusehen,
daß ein mechanisches Gemenge die Aezkalktheilchen nicht so einschließen kann, wie
sie von Natur aus von einem theilweise zersezten Carbonat eingeschlossen werden.
Eben diesem Eingeschlossenseyn schreiben wir aber die schwierige und spät
eintretende Löschung der Ungebrannten dieser Art zu und die beobachtete Erstarrung
ist nur eine jener des Loriot'schen Mörtels ähnliche
Erhärtung, welche von dem beschränkten Aufquallen einer ebenfalls beschränkten Menge
in die Masse eingesprengten Kalks herrührt und ohne weitere Folge bleibt.
Denkt man sich nun, daß ein Eingeschlossenseyn oder ein ähnliches Hinderniß die
Ursache des beobachteten Zurükbleibens der Löschung gewisser Ungebrannten von
thonhaltigen Kalksteinen ist, so können sich in der Zwischenzeit feste Hydrosilicate
bilden, deren Cohäsion nach und nach durch die fortschreitende Löschung und die
nothwendige frische Bearbeitung des Teigs gebrochen wird, und daher der beobachtete
Verlust an Hydraulicität.
Uebrigens ist dieses Capitel, wie seine Ueberschrift schon besagt, das der
Muthmaßungen, und wir legen keinen besonderen Werth auf dasselbe; wir hätten es
sogar ganz weggelassen, wären wir nicht überzeugt, daß unvollkommene Systeme den
Leser manchmal auf bessere Wege bringen und indirect zur Wahrheit führen können.
Wir können nicht schließen, ohne (und zwar indem wir das Bereich der Vermuthungen
verlassen) einige Worte über die im Widerspruch mit den meinigen in jüngster Zeit
veröffentlichten Erfahrungen zu sprechen, welche unsere Beobachtungen über die
Unzwekmäßigkeit sehr kräftige Puzzolanerden mit höchst hydraulischen Kalken zu
verbinden, zu entkräften strebten. Wir machen zuvörderst darauf aufmerksam, daß man
sogar, was die Qualität der anzuwendenden Kalke betrifft, nicht mit uns
übereinstimmen konnte, indem man eben diejenigen als mittelmäßig hydraulisch erkannte, welche wir in unseren Abhandlungen als
höchst hydraulisch erklärten. Ueber diese Divergenz
darf man sich nicht wundern, denn es bedarf nur 5 bis 10 Proc. Kohlensäure in einem
thonhaltigen Kalk, um seine Kraft zu modificiren, und kein Experimentator hat
unseres Wissens sich von dem genauen Brennen der probirten Muster zu überzeugen
gesucht. Man braucht auch nur noch unnüzerweise die Behandlung in die Länge zu
ziehen, mehr Wasser zuzusezen, als nöthig ist, u.s.w., damit die Versuche gar nicht
mehr vergleichbar werden. Ein anderer Punkt ist, daß man die Wirkung der
Puzzolanerde am häufigsten nach der Schnelligkeit des Erhärtens beurtheilte, während
der wahre Maaßstab dieser Wirkung in dem nach einigen Monaten erlangten
Cohäsionsgrad liegt.
Andere haben bemerkt, daß die Puzzolanerde, wenn man sie einem von uns als höchst
hydraulisch anerkannten Kalk zusezt, einen Wassermörtel von nicht geringerem Werthe
zu liefern scheint, als der einfache Mörtel aus demselben Kalk und Sand; es ist aber
schon von sehr hoher Wichtigkeit, diese Werthgleichheit
zu constatiren; denn wenn in einem solchen Fall die Puzzolanerde weder Gutes noch
Schlechtes leistet, so wird man doch wohl einsehen, daß es den Regeln einer
vernünftigen Sparsamkeit zuwiderläuft, sich ihrer zu bedienen.
Die Theorie dieser Arten von Verbindungen ist glüklicherweise hinlänglich vorwärts
geschritten, um die Unrichtigkeiten der Praxis berichtigen zu können. Gewiß ist,
daß, wenn man zu einer gewissen. Quantität gelöschten fetten Kalks gallertartige
Kieselerde und Kieselerde in dem Zustande bringt, wie sie sich in den Puzzolanen
befindet, die Verbindung vorzugsweise mit der ersteren zu Stande kommt, und wenn die
Quantität derselben so groß ist, daß sie beinahe allen Kalk neutralisiren kann, so
bleibt die Puzzolanerde zum Theil frei und in der Masse eingesprengt, deren Cohäsion
sie schwächt. Dieß ist so wahr, daß noch gar kein Experimentator bestritt, daß die
Puzzolanerde den Cementen schädlich ist. Nun besteht aber der ganze Unterschied
zwischen einem Cement und einem höchst hydraulischen Kalk in der Proportion des
Kalks. Wenn dieser vollkommen neutralisirt wird, wie das im Cement der Fall ist, so
kann alle eingebrachte Puzzolanerde frei in der Masse
bleiben, woher der beobachtete schlechte Erfolg.
Alle Verbindungen von Kalk und Puzzolanerde haben übrigens ein auffallendes
Bestreben, ihre Cohäsion nach und nach an der Luft zu verlieren, nicht als ob ihre
Verbindung aufgehoben würde, wohl aber die Cohäsion der Verbindung, was etwas sehr
verschiedenes ist. Die Efflorescenz gewisser Salze ist ein ähnlicher Vorgang. Wer
hat übrigens nicht tausendmal schon den pulverigen Zustand jenes rothen Mörtels
beobachtet, welcher zum Verwurf und zum Verstreichen der Fugen äußerer Mauern
gebraucht wird?
Wir wollen es daher zum Ueberfluß wiederholen, daß die Puzzolanen mit fetten Kalken
und in geringer Menge sogar mit mittelmäßig hydraulischen Kalken Wunder thun, aber
auch, daß die ausdrükliche Bedingung für die Dauer dieses Erfolgs ein beinahe
immerwährendes Unterwasserseyn oder eine bleibend erhaltene Feuchtigkeit ist;
außerdem sind keine guten Resultate zu erwarten, als von den eigentlichen
hydraulischen Mörteln.
Schließlich wollen wir noch auf einen Irrthum aufmerksam machen, worin viele befangen
sind; sie glauben nämlich, der hydraulische Mörtel müsse unmittelbar untergetaucht
werden, um den höchst möglichen Grad von Cohäsion zu erhalten; im Gegentheil ist
aber das mittelbare sowohl als unmittelbare Untertauchen sehr schädlich. Es darf nur
dann geschehen, wenn die Umstände es absolut erheischen. Wenn man sich Beispiele
verschaffen will von der Härte und Dichtigkeit, welche ein guter hydraulischer
Mörtel erhalten kann, so muß man die Probestüke auf den feuchten Boden eines Kellers
legen, oder sie in ein frisches, aber nicht
überschwemmtes Erdreich graben, oder endlich in feuchter Jahreszeit, wenn
kein Reif zu befürchten ist, den Einflüssen der Atmosphäre aussezen; man wird dann
wahrhafte künstliche Steine erhalten, welche je nach der Kraft des Kalks nach einem
oder zwei Jahren dem drei- bis vierhundert Jahre alten Mörtel gewisser
Grundmauern zu vergleichen sind, welcher nur durch Pulver zersprengt werden kann.
Man hat bei den Versuchen, welche die Vergleichung und die Wahl der hydraulischen
Legirungen zum Gegenstande hatten, zu sehr das vergessen, was wir in unsern ersten
Veröffentlichungen doch sehr deutlich aussprachen, nämlich „daß der
Triumph des einfachen Mörtels aus hydraulischem Kalk und Sand sich in den jedem
Witterungswechsel ausgesezten Mauern hauptsächlich kund gibt,“ und in
der That ist die Kraft dieses Mörtels dann so groß, daß wir kein Bedenken tragen
würden, mittelst desselben Brükenpfeiler und um so mehr alle weniger ausgesezten
Theile unserer großen Gebäude in dünnen Mauern mit unregelmäßigen Zwiksteinen
aufzuführen.Wir waren bisher so glüklich, der Regel das Beispiel beifügen zu können.
Denjenigen also, welche einwerfen möchten, daß der auf der Bauwerkstätte im
Großen bereitete Mörtel nicht den Grad der Vollkommenheit erreichen kann,
wie der, so zu sagen, theoretische Mörtel des
Laboratoriums, citiren wir das Mauerwerk der Hängbrüke zu Argentat, welches
nach allen Richtungen durchbrochen ist und sich pyramidenförmig 27 Meter
über die Wasserfläche erhebt; Mauern, wozu man nur Schiefersteine in kleinen
Stüken nahm, welche, wie sie fielen, sowohl zu den diken Grundmauern, als zu
den Außenseiten verwendet wurden. Es wäre gegenwärtig ganz unmöglich, diese
Mauern zu zerstören, ohne Pulver zu Hülfe zu nehmen.
Bemerkungen zu Vicat's Abhandlung.
Obwohl aus dieser Abhandlung für unsere Leser wenig zu lernen seyn möchte, so wollten
wir sie ihnen doch nicht vorenthalten, weil sie von einem Manne kommt, der sich in
Frankreich eine große Celebrität in Betreff dieser Sache erworben und gewiß auch in
praktischer Beziehung seinem Vaterlande viel genüzt
hat. Wir sezen nämlich voraus, daß diejenigen, welche für diesen Gegenstand
Interesse haben (und welcher Bautechniker sollte sich nicht dafür interessiren?),
mit dem bekannt
sind, was einer der ausgezeichnetsten deutschen Chemiker und Mineralogen, der k.
Oberbergrath und Professor J. N.
Fuchs in München in diesem Betreff geleistet hat, und wovon wir hier
kurz die wesentlichsten Punkte zusammenstellen wollen.
Fuchs hat zuerst unwiderlegbar bewiesen, daß Kieselerde und
Kalk die Hauptfactoren des hydraulischen Kalks sind, daß auf der allmählichen
chemischen Verbindung dieser beiden Factoren das Erhärten desselben beruht, und
es mithin kein Cement ohne Kieselerde geben kann. – Er hat auch
erkannt, daß die Thonerde dabei sehr vortheilhaft
mitwirkt, indem die Kieselerde überhaupt lieber mit zwei als mit Einer Basis
Verbindungen eingeht, wie die natürlichen Silicate beweisen, wovon die meisten nebst
anderen Basen Thonerde enthalten. – Daraus hat sich von selbst ergeben, daß
mancherlei Silicate, namentlich verschiedene Thone nach
gehöriger Vorbereitung Cemente von verschiedener Wirksamkeit abgeben können; was
durch viele Versuche nachgewiesen wurde. Die meisten, als Cemente dienenden
Silicate, namentlich die Thone sind aber dem Kalk auf nassem Wege nicht geradezu
zugänglich, sondern müssen zuvor aufgeschlossen werden, was theils durch Glühen für
sich, theils durch Glühen mit Kalk geschehen kann.
Da die Bittererde (Talkerde) bekanntlich eine sehr starke
Verwandtschaft zur Kiesel- und Thonerde hat, so war vorauszusehen, daß
bittererdehaltiger Kalk oder gebrannter Dolomit bessere Dienste leisten oder
wirksamer bei der nassen Cementation seyn würde, als reiner Kalk; was auch mehrere
Versuche vollkommen bestätigten.
Fuchs hat bei seinen Versuchen über diesen Gegenstand die
wichtige Entdekung gemacht, daß, wenn in einem Cemente ein
Alkali enthalten ist, es durch den Kalk, noch besser durch gebrannten Dolomit
ganz oder wenigstens theilweise ausgeschieden wird, was einen Hauptbeweis
liefert, daß Cement und Kalk chemisch aufeinander wirken, indem dieser sonst
unmöglich gegen das Alkali ausgetauscht werden könnte. Einen anderen, eben so
evidenten Beweis fand er darin, daß Cemente, welche vor der Cementation mit Säuren
nicht gelatiniren, nachher damit meist eine ausgezeichnete Gallerte bilden. Weder
das Eine noch das Andere wußte man vor ihm, weßhalb es immer zweifelhaft blieb, ob
das Erhärten der hydraulischen Masse seinen Grund in einer chemischen Wirkung
zwischen dem Cement und Kalk habe, oder ob es bloß auf Adhäsion beruhe. – Bei
dieser Gelegenheit hat Fuchs in mehrern Thonsorten, namentlich
im Thon des Mergels Kali gefunden, was man früher darin gar nicht geahnet
hatte; und er
schreibt ihm gewiß nicht mit Unrecht eine vortheilhafte Wirkung beim
Cementationsprocesse zu.
Als vorzügliches Material zum hydraulischen Kalk erklärte Fuchs zuerst mit Bestimmtheit den Mergel
– ein natürliches Gemeng von kohlensaurem Kalk und Thon, welches die beiden
Factoren des hydraulischen Kalks schon mit sich bringt. Wird er gehörig gebrannt, so
wird der kohlensaure Kalk ganz oder theilweise in Aezkalk verwandelt und dadurch
zugleich der Thon aufgeschlossen. Es ist aber, wie Fuchs
bemerkt, nicht jeder Mergel gleich tauglich zum hydraulischen Kalk; es kommt dabei
sehr viel auf die Qualität und besonders auf die Quantität des darin vorhandenen
Thons an; und der nämliche Mergel muß begreiflicher Weise sehr verschiedene Producte
geben, je nachdem er stärker oder schwächer gebrannt wird. Enthält er sehr viel Thon
und wird er stark gebrannt, so fordert er beim Verbrauche einen Zusaz von fettem
Kalk; enthält er wenig Thon und wird er eben so gebrannt, so ist ihm Cement
beizugeben, wenn er nicht geradezu als magerer Kalk zu verbrauchen ist. Jeder
Baumeister muß eben den ihm zu Gebote stehenden Mergel untersuchen und vor der
Anwendung im Großen einige Proben im Kleinen machen, die gar nicht schwierig zu
machen sind. Mergel, dessen Kalk bittererdehaltig ist, oder der Dolomitmergel ist
überhaupt dem übrigen vorzuziehen.
Fuchs hat gefunden, daß kohlensaurer Kalk durch Glühen in
mäßiger Rothglühhize nur die Hälfte seiner Kohlensäure verliert und mithin ein basisches Kalkcarbonat gibt, welches begierig Wasser
einsaugt und dadurch in Kalkhydrocarbonat verwandelt
wird, was sehr bald eine nicht unbedeutende Consistenz bekommt. – Dieses
basische Carbonat und sofort Hydrocarbonat entsteht auch, wenn Mergel nicht sehr
stark gebrannt und dann mit Wasser angemacht wird. Das Anziehen desselben darf man
nicht verwechseln mit dem durch die Silicatbildung bewirkten, was allein der
hydraulischen Masse die gehörige Festigkeit und Dauer gibt.
Fuchs hat auch angegeben, was für eine Rolle das Wasser beim Erhärten des hydraulischen Kalks spielt, und
er hat sich überzeugt, daß eine gewisse Portion in chemische Verbindung mit
demselben tritt, so daß eigentlich ein Hydrosilicat oder ein zeolithartiger Körper
entsteht. – Er hat auch seine Aufmerksamkeit auf die Kohlensäure gerichtet, wodurch auf der hydraulischen Masse allmählich eine
Kruste von kohlensaurem Kalk gebildet wird, welche das weitere Eindringen des
Wassers verhindert, was eine lange Zeit fort Kalk auflösen und dem Cemente entziehen
würde. Durch diese Kruste wird die Masse geschüzt, und Kalk und Cement können
darunter ihre gegenseitige Einwirkung ungestört fortsezen.
Endlich hat Fuchs mehrere irrige Meinungen gründlich
widerlegt, welche vorher in Betreff dieser Sache bestanden, als: daß an der Luft
zerfallener Kalk, welcher, wenn er längere Zeit der Luft ausgesezt war, nichts
anderes ist als Kalkhydrocarbonat, hydraulische Eigenschaften besize; daß die
Porosität der Cemente beim Erhärten des hydraulischen Kalks vorzüglich wirksam sey;
daß die Cemente (Thone), wenn sie beim Zutritt der Luft geglüht werden, bessere
Dienste leisten, als wenn die Luft dabei ausgeschlossen wird; daß die Bittererde den
Kalk mager mache und gewissermaßen den Thon ersezen könne. – Er hat auch
gezeigt, daß das Eisenoxyd, welches man ehemals eine
Hauptrolle beim Erhärten des hydraulischen Kalks spielen ließ, dem Cement gegenüber
ganz wirkungslos, ja sogar, wenn es in bedeutender Menge vorhanden, schädlich ist;
daß es aber im Cemente selbst keinen merklichen Nachtheil bringt, ja sogar
vortheilhaft seyn kann, indem dieser dadurch aufgeschlossen wird. Daraus erklärt
sich, warum rothes Ziegelmehl, was lange Zeit in unverdientem Rufe eines guten
Cements stand, als solcher gar nicht brauchbar ist, aber sehr brauchbar wird, wenn
zuvor die Ziegelsteine so stark gebrannt werden, daß sie die rothe Farbe verlieren
und mit einer grauen vertauschen. In den rothen und schwach gebrannten Ziegeln ist
nämlich das Eisenoxyd bloß eingemengt und steht dem Thon gegenüber, in den stark
gebrannten ist es mit dem Thon in chemische Verbindung getreten und hat ihn
aufgeschlossen.
Alles dieses und noch manches Andere kann man ausführlich finden
a) in einer Abhandlung von Fuchs: „Ueber Kalk und
Mörtel“ in Erdmann's Journal für technische und ökonomische Chemie, Band VI;
auch besonders abgedrukt bei Ambr. Barth in Leipzig;
b) in einer von der holländischen Gesellschaft der
Wissenschaften in Harlem gekrönten Preisschrift: „Ueber die Eigenschaften, Bestandtheile und chemische Verbindung der
hydraulischen Mörtel“ – aus dem Holländischen
übersezt von Professor Kaiser
in diesem Journal Bd. XLIX. S. 271 etc.
Was Hrn. Vicat noch Wichtiges
übrig bleibt, wenn Alles dieses von Vornherein weggenommen wird, dieses wollen wir
unsern Lesern selbst zu beurtheilen überlassen. Sonderbar wird man es finden, daß
Vicat in seiner Abhandlung mit keiner Sylbe der
Arbeiten von Fuchs gedenkt. Man muß dieses eben der
Eitelkeit eines Mannes zu Gute halten, der sich, wie er selbst sagt, 20 Jahre lang
mit diesem Gegenstande beschäftigt und in Frankreich einen großen Namen gemacht hat
den er wahrscheinlich bei seinen Landsleuten einzubüßen fürchtet, wenn er einen Ausländer Antheil an
dieser Sache nehmen ließe, oder gar zugäbe, daß dieser weit tiefer als er in das
Wesen derselben eingedrungen sey.
Die Redaction des polytechn. Journals.