Titel: | Ueber fabriksmäßige Erzeugung des Nikelmetalls; von Franz Freiherrn v. Leithner, k. k. Fabriksdirector. |
Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. XXVII., S. 121 |
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XXVII.
Ueber fabriksmaͤßige Erzeugung des
Nikelmetalls; von Franz Freiherrn v. Leithner, k. k.
Fabriksdirector.
Auszug aus den
Verhandlungen des niederoͤsterreichis. Gewerbvereins, 2tes Heft.
v. Leithner, über fabriksmäßige Erzeugung des
Nikelmetalls.
Nachdem der Gewerb-Verein in Preußen im Jahr 1823 einen Preis für die
Verfertigung und fabriksmäßige Verarbeitung einer dem zwölflöthigen Silber an Farbe
gleichkommenden Nikellegirung, (welche nur ein Sechstel des Silberwerthes kostet)
ausgesezt hatte, errichtete im Jahr 1824 Hr. Dr. Geithner zu Schneeberg in Sachsen eine jezt noch im
besten Betriebe stehende Fabrik, in welcher er eine Nikellegirung unter dem Namen
„Argentan“ erzeugte, welche den erwähnten Forderungen
entsprach und zu den verschiedenartigsten Lurusartikeln bedeutenden Absaz fand. Geithner verwendete hiezu die sogenannte Kobaltspeise,
ein Metallgemisch, welches sich bei der Fabrication der Smalte auf dem Boden jener
Schmelzgefäße sammelt, in welchen das Gemenge von Kobalterzen, Kieselsand und
Potasche zu blauem Glase geschmolzen wird, und welches, obwohl sehr verschieden an
Gehalt, doch meistens in 100 Theilen beiläufig
49
Nikel,
37
Arsenik,
7
Schwefel,
nebst Eisen und anderen Metallen enthält.
Seine Methode war nicht bekannt, doch scheint er bloß auf trokenem Wege, nämlich
durch Röst- und Schmelzarbeiten, zum Zweke gelangt, ohne vorhergegangene
Abscheidung des Nikels als Metall aber dem Uebelstande bloßgestellt gewesen zu seyn,
daß die Farbe seines Argentans, so wie das Bestandtheileverhältniß nicht gleich
blieb. Später hat Hr. Dr. Geithner ein anderes, noch jezt dort in Ausübung stehendes Verfahren
eingeschlagen und durch Legirung mit selbst erzeugtem metallischen Nikel
gleichförmiges Argentan geliefert; diese Arbeit war indeß nicht seine Erfindung.
Die Priorität der Erfindung das metallische Nikel
fabriksmäßig zu erzeugen, gebührt Hrn. Hofrath v. Gersdorff in Wien, welcher durch ein k. k. Patent vom August 1824
berechtigt wurde, hiezu die Kobaltspeise oder Nikelerze zu verwenden, dann durch
Legirung mit dem Nikelmetall weiße, dehnbare Metallcompositionen herzustellen.
Die Veranlassung zu seiner Erfindung gab der Umstand, daß die k. k. Hofkammer im
Münz- und Bergwesen ihm, welcher damals k. k. General-Land- und
Haupt-Münzprobirer war, im J. 1818 die Analyse mehrerer Kobalterze von
Dobschau in Ober-Ungarn auftrug. Durch diese Arbeiten wurde Hr. v. Gersdorff mit dem Verhalten des Nikels bei verschiedenen
Behandlungsarten sehr genau bekannt und er versuchte nachher auch die Darstellung
desselben aus der Speise der k. k. Smaltefabrik zu Schlegelmühl. Seine vielen
Versuche führten ihn endlich zu Anfang des Jahres 1824 auf einen kurzen, lohnenden
und bloß auf trokene Arbeit beschränkten Weg. Die Erzeugung des Nikels im Großen
wurde begonnen und schon in dem ersten Jahre aus erwähnter Speise circa 10 Cntr. schwammiges Nikelmetall und mit demselben
50 Cntr. Pakfong erzeugt. Die großen Vorräthe von Speise bei der k. k. Smaltefabrik
brachte Hr. v. Gersdorff nun an sich, und mit Anfang des
Jahres 1825 entstand die erste Nikelfabrik in Europa zu Reichenau am Fuße unseres
Schneeberges.
Die bis jezt noch nirgends bekannt gemachte Methode des Erfinders besteht kurz in
Folgendem: die Speise, oder nach Umständen auch die dazu tauglichen Erze, werden
klein gepulvert und auf dem Boden eines Reverberirofens mit flachem Gewölbe durch
Flammenfeuer bei immerwährendem Umrühren verröstet. Dabei entweicht ein großer Theil
Arsenik, unschädlich gemacht durch gehörige Construction des Ofens; ein Theil
desselben aber haftet als Arseniksäure so streng an dem Nikeloxyd, daß andere Körper
ins Mittel treten müssen, um sie zu arsenigter Säure und Arsenik reducirt zu
vertreiben; Kohle allein entspricht nicht, nur mehr wasserstoffhaltige Körper
bewirken die Abscheidung. Durch Oeffnungen im Ofengewölbe werden demnach, als die wohlfeilsten,
Holzspäne auf die ganze Oberfläche des Einsazes
verbreitet, abgebrannt, und dieß so lange wiederholt, bis der Rost nicht mehr auf
Arsenik reagirt und selber durch fortgeseztes Glühen beim Zutritte atmosphärischer
Luft ganz zu Oxyd umgestaltet ist. Die Benuzung der
wasserstoffhaltigen Flamme ist also das Princip dieser Erfindung.
Das so erhaltene Nikeloxyd wird nun zur Reducirung mit Kohlenstaub gemengt, in
Graphit-Schmelztiegel gefüllt, und gibt, in einem Glühofen behandelt, nach
Maßgabe der 8 bis 12 Stunden währenden Hize, einen mehr oder weniger schwammigen,
grauen, metallisch glänzenden Körper, welcher Nikelmetall ist, wenn Speise
angewendet wurde, aus 95 Proc. Nikel und höchstens 5 Proc. Eisen (sogenannter feiner
Nikel), bei Erzen aber aus 75 bis 85 Proc. Nikel und 25 bis 15 Proc. Eisen
(ordinärer Nikel) besteht, und bei gutem Gange der Arbeit nur einen fast unmerkbaren
Arsenikgehalt zeigt.
Diese Nikelkönige haben die kegelförmige innere Form des Tiegels; da man aber in
neuerer Zeit den schwammigen Nikel in kubischen Stüken von beiläufig ½ bis 1
Zoll fordert, so wird das Nikeloxyd zu diesem Behufe mit Mehlkleister gemengt, der
Teig nach Verlangen geformt, die trokenen Würfel mit Kohlenstaub umgeben, in Tiegeln
geglüht, und so mit Beibehaltung der Qualität dem Wunsche der Abnehmer
entsprochen.
Nach Vorschrift des Hrn. v. Gersdorff sollte das Wiener
Pakfong, obwohl nach Verschiedenheit seiner Bestimmung und seines Eisengehalts etwas
abweichend, im Durchschnitt aus
3
Theilen Kupfer,
1
Theil Nikel,
1
— Zink
zusammengesezt werden.
Dasselbe enthält, einer von Hrn. Dr. v. Holger im J. 1827 unternommenen Analyse zufolge, in 100
Theilen
64,32
Kupfer,
20,57
Nikel,
16,66
Zink,
0,62
Eisen,
0,26
Arsenik,
0,05
Kobalt,
hat also einen Arsenikgehalt, der so unbedeutend ist, daß
viele Silbergeräthe nicht weniger, solche aus Zinn aber größtentheils mehr davon
enthalten; daher die Gefahr beim Gebrauche, besonders der Speiselöffel, gegen jene
aus anderen Metallen und Legirungen schon damals gar nicht in Anschlag kam, durch
die seitdem erfolgten wesentlichen Verbesserungen aber ganz verschwunden ist. Dabei
muß ich noch bemerken,
daß selbst der kleinste Antheil Arsenik nicht dem Nikel allein zur Last gelegt
werden darf, weil bekanntlich die meisten Kupfer- und Zinkgattungen nicht
ohne solchen vorkommen; diesen beiden Legirmetallen daher, vielleicht hier wie
überall, wo sie angewendet werden, ähnliche Vorwürfe zum Grunde gelegt werden
müßten.
Da der Vedarf an Nikel immer stieg, so brachte Hr. Gersdorff im Jahr 1832 den aufgelassenen Kobalt-Bergbau zu
Schladming in Steiermark an sich, um die dort früher von verschiedenen
Gewerkschaften in den salzburgischen Gränzalpen, der Zinkwand und Neualpe,
abgebauten Kobalterze zu benüzen, da sie größtentheils aus Kupfernikel und
Nikelglanz bestehen. Die neue Acquisition vermehrte die Production ohne wesentliche
Veränderung der Manipulation und sezte den Eigenthümer in die Lage, mit den bis
dahin entstandenen und nacheifernden vielen Fabriken des AuslandesIm Inlande sind, außer einer sehr kleinen, erst im Jahr 1837 entstandenen
Fabrik des Hrn. Batka zu Lieben naͤchst
Prag, und einer ganz kuͤrzlich von Hrn. Dr. Geithner aus Schneeberg zu Fischern
naͤchst Carlsbad begruͤndeten, keine Concurrenten aufgetreten
— im Auslande aber, nach dem Muster unserer ersten Fabrik, immer mehr
bedeutende Anlagen emporgekommen; so die Nikel- und Neusilberfabrik
der HHrn. Henninger in Berlin, der HHrn. Heckmann und Ravinet
daselbst; des Hrn. Haͤnschl, dann Hrn. Moldenhauer zu Kassel und Hrn. Wolf zu Schweinfurt; eine Fabrik zu Hassenrode am
Harz; die Mailchortfabrik der Wittwe Charlier's
zu Paris und noch viele andere. concurriren zu können.
Es wurden sonach in einem Zeitraum von fünfzehn Jahren zu Reichenau über 1800 Cntr.
Nikel erzeugt und daraus circa 10,000 Centner Pakfong
verfertigt. Der Preis des Nikels, welcher anfangs 800 fl. per Centner betrug, wurde bis auf 300 fl. herabgesezt und stieg erst
neuerlich durch die große Nachfrage um Rohstoff wieder auf 350 fl.
Einer schönen Legirung des Nikels muß ich noch erwähnen, nämlich der mit Silber. Wird
vorschriftmäßig bereitetes Pakfong sechslöthig mit Silber legirt, d. i. werden 10
Loth Pakfong mit 6 Loth Silber zusammengeschmolzen, so erhält man eine
Metallcomposition, welche, durch die Strichprobe Betrug begünstigend, dem
vierzehnlöthigen Silber ganz gleich kommt; es gibt aber ein Mittel, diese Legirung
zu erkennen, denn der Strich wird durch den Dampf eines entzündeten Schwefelfadens
nicht schwarz, während ein Strich von vierzehnlöthigem, mit Kupfer legirtem Silber
sich so färbt; auch läßt ein Tropfen Ammoniak (Salmiakgeist) nach der Troknung einen
ausgezeichneten lichtblauen Rand auf dem Striche der Pakfong-Legirung.