Titel: | Ueber Gaudin's Gasbeleuchtung; ein von Hrn. Gaultier de Claubry der Société d'Encouragement erstatteter Bericht. |
Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. XL., S. 201 |
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XL.
Ueber Gaudin's Gasbeleuchtung; ein von Hrn. Gaultier de Claubry der Société d'Encouragement erstatteter Bericht.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. Nov. 1841,
S. 435.
Ueber Gaudin's Gasbeleuchtung.
Es ist längst bekannt, daß das für sich selbst kaum leuchtende Wasserstoffgas durch
Vermischung mit verschiedenen flüchtigen öhligen Substanzen eine mehr oder weniger
bedeutende Leuchtkraft erhalten kann; die Gesellschaft hat die Versuche, welche Hr.
Selligue in dieser Beziehung anstellte, belohnt. Das
sehr starke Licht, welches comprimirtes, aus fixen Oehlen erzeugtes Gas gibt,
scheint unbestritten flüssigen Kohlenwasserstoffarten anzugehören, deren Kenntniß
man Faraday verdankt.
Hr. Gaudin (rue Neuve-Breda,
No. 17 in Paris) suchte aus diesen Eigenschaften Nuzen zu ziehen und die
Wirkungen derselben zu regeln, und der Ausschuß für Chemie sah mehrmals Lampen
brennen, welche mit aus Wasser gewonnenem Wasserstoffgas gespeist wurden, dessen
Leuchtkraft durch Terpenthinöhl hervorgerufen worden war; so leicht man sich
übrigens dieses Gas verschaffen kann, so convenirt es nach Hrn. Gaudin
doch besser, das Leuchtgas selbst hiezu zu benuzen.
Ich brauche wohl nicht erst auf die Vortheile aufmerksam zu machen, welche aus der
Erhöhung der Leuchtkraft eines Gases hervorgehen; sie beziehen sich sowohl auf die
Erzeugung als auf den Verbrauch desselben; das schönste Licht mit der
kleinstmöglichen Menge Gases zu erhalten ist das Problem, welches seit langer Zeit
alle diejenigen beschäftigt, die diesen Gegenstand bearbeiten.
Das durch irgend ein passendes Verfahren erhaltene Gas wird in einem Gasometer
gesammelt und seine Leuchtkraft dann dadurch erhöht, daß man es durch ein
Terpenthinöhl enthaltendes Reservoir treten läßt, aus dem es dann in den Brenner
gelangt, in welchem es verbrannt werden soll. Dieses der zu verbrauchenden Gasmenge
in seiner Größe entsprechende Reservoir wird über der Flamme angebracht, welche es
erwärmt und die Vereinigung des Gases mit dem Dampfe befördert. Bei dieser
Einrichtung lassen sich die Gasstrahlen nach der Seite oder von Oben nach Unten etc.
richten, so daß dadurch eine sehr vortheilhafte Wirkung zur guten Beleuchtung eines
Salons oder eines Theaters erzielt wird.
Das Licht ist sehr weiß, stark glänzend, und von dem Augenblik an, in welchem es sein
Maximum erreicht, sehr gleichförmig, was der Fall ist, wenn das Oehlreservoir
erwärmt und völlig geruchlos ist.
Diese in wissenschaftlicher Hinsicht sehr interessanten Resultate bieten in
industrieller Beziehung nur dann Interesse dar, wenn die Gasconsumtion verringert
wird. Der Ausschuß stellte in diesem Betreff Versuche an, deren Resultate hier
folgen; man benuzte dazu zwei Gasometer.
Einer derselben war mit gewöhnlichem Gase gefüllt, der zweite enthielt davon nur eine
kleine Quantität. Diese beiden Gasometer waren unter sich durch mit Hahnen versehene
Röhren verbunden, welche die Communication nach Belieben herzustellen oder
aufzuheben gestatteten. Sie wurde in unserer Gegenwart hergestellt und das Gas
öfters von einem Gasometer in den anderen übergelassen; nachdem man die Gase für
völlig gemengt und homogen hielt, ließ man sie in gleicher Quantität in die Gasomter
treten und schritt zu den Versuchen.
Erster Versuch. — Man brachte an dem einen
Gasometer den Terpenthinöhl enthaltenden Brenner, an dem anderen einen gewöhnlichen
sogenannten Fledermausflügel-Brenner an. Der Terpenthinöhl enthaltende
Brenner war einige Augenblike vor dem Versuche schon angezündet worden, um das Oehl zu erwärmen und
seine Verdunstung und Vermischung mit dem Gase zu begünstigen.
Am Anfange des Versuchs, als man beide Brenner zugleich anzündete, zeigte die Scala
des Oehlgasometers 1225 Liter, am Ende 1345 Liter, was für die Dauer des Versuchs,
welche eine Stunde betrug, einen Verbrauch von 1345 - 1225 = 120 Liter ausmacht. Der
Gasometer mit Fächer- oder Fledermausflügel-Brenner zeigte anfangs
1230, am Ende 1417, also einen Verbrauch von 1417 - 1230 = 187 Liter.
Die Entfernung des Oehlbrenners vom Photometer war 4,93 Meter, die des Fächerbrenners
4 Meter. Da die Intensitäten der beiden Lichter proportional sind den Entfernungen,
so verhält sich die Intensität des Oehlbrenners zu der des Fächerbrenners =
1,43:1.
Daraus folgt, daß, wenn man die Leuchtkraft dieser beiden Gase vergleichen will, sie
proportional ist der Intensität ihres Lichts, sich aber umgekehrt verhält, wie die
Quantität des in gleicher Zeit verbrauchten Gases; bezeichnet man also die
Leuchtkraft des Oehlgases mit P, die des gewöhnlichen
Gases mit P′, die Lichtintensität des erstern mit
I, die des leztern mit I′, das Volumen des vom ersten Licht verbrauchten Gases mit V, das des zweiten mit V′, so erhält man die Formel: P/P′ = I/I′ × V/V′, welche das Verhältniß der Leuchtkräfte beider
Gase angibt; man hätte folglich nach dem Versuche: Textabbildung Bd. 83, S. 203 d. h. die Leuchtkraft des Oehlbrenners ist mehr als noch einmal so groß
als die des gewöhnlichen.
Zweiter Versuch. — Dieser wurde unmittelbar nach
dem ersten angestellt; nur wurden die beiden Brenner gewechselt, nämlich der
Oehlbrenner an die Stelle des Fächerbrenners gebracht, und umgekehrt. Man regulirte
die Stellung des Photometers und der Versuch dauerte eine Stunde lang wie der
vorige.
Die Scala des Gasometers mit dem Oehlbrenner zeigte anfangs 1435, zulezt 1560, also
einen Verbrauch von 1560 - 1435 = 125 Liter. Der andere Gasometer zeigte anfangs
1370, zulezt 1590, was einen Verbrauch von 1590 - 1370 = 220 entspricht.
Die Entfernung des Oehlbrenners vom Photometer war 5,10 Meter. Die des Fächerbrenners
3,99 Meter.
Die Intensitäten, den Quadraten der Entfernungen proportional, sind (5,10)2 zu (3,99)2 =
26,01 : 15,92 oder = 1,63 : 1.
Die Leuchtkraft ergibt sich aus der Formel:
Textabbildung Bd. 83, S. 204 wonach also die Leuchtkraft des Oehl enthaltenden Gases beinahe dreimal so
groß wäre, als die des gewöhnlichen. Doch dürfte dieses Resultat etwas zu
vortheilhaft ausgefallen seyn. Da die Gasometer nämlich nicht symmetrisch zur Achse
des Gegenstandes angebracht waren, so mußte man im zweiten Versuche den Photometer
dem Fächerbrenner viel mehr nähern, um Schatten von derselben Farbe zu erhalten;
dann wurde aber der Einfluß der Farbe der Flammen fühlbar; der von dem Oehlbrenner
geworfene Schatten war blau, während der des Fächerbrenners roth war, was die genaue
Ermittelung ihrer Intensität erschwerte, und da der blaue Schatten nothwendig
dunkler erscheinen mußte, als der rothe, so gelang es wahrscheinlich ungeachtet der
angewandten Sorgfalt doch nicht, sich von den scheinbaren Intensitäten der Schatten
gar nicht irre führen zu lassen, wodurch die Differenz der in den beiden Versuchen
erhaltenen Resultate erklärt wäre. Auch muß hinzugesezt werden, daß nach der
Behauptung des Erfinders die Intensität des Lichts mit der Zeit, während welcher der
Brenner brannte, zunimmt, und daß sogar der Gasverbrauch abnimmt, während der
Terpenthinöhlverbrauch zunimmt; doch scheint diese Zunahme in der Leuchtkraft nicht
so groß zu seyn, wie sie sich durch den zweiten Versuch ergab.
Der Oehlverbrauch betrug in den zwei Stunden 60 und etliche Grammen. Man vergaß, das
Terpenthinöhl nach der ersten Stunde abzuwägen, wodurch man sich hätte überzeugen
können, ob in der zweiten Stunde der Oehlverbrauch mit der Zunahme der Intensität
des Lichts auch geringer wird. Indessen kann man den Verbrauch desselben in der
Stunde zu 30 Grammen anschlagen, was eine Mehrausgabe von 0,03 Fr. per Stunde für einen Fächerbrenner wäre. Diese
Mehrausgabe würde durch den um die Hälfte geringern Gasverbrauch gedekt. Ueberdieß
ist das Licht der Flamme mit Oehl weißer als das des Fächerbrenners, die Flamme
beständiger, flakert weniger und raucht nicht, wie groß auch die Mündung des
Gashahns ist.
Es geht aus diesen Thatsachen hervor, daß Hrn. Gaudin's
Verfahren Vortheile darbieten kann, welche in der Leichtigkeit bestehen, womit man
die Leuchtkraft des Gases verstärken kann, ohne daß an den in den
Gasbereitungsanstalten vorhandenen Apparaten etwas geändert zu werden brauchte, bloß
durch einen sehr einfachen Zusaz zu den Consumtionsapparaten; es verdient in dieser
Beziehung alle Beachtung.
Hr. Gaudin beschäftigte sich sehr beharrlich mit Versuchen
über die Anwendung des durch Vermischen von Sauerstoffgas mit Aetherdampf erzeugten Lichts, und
jedermann kennt die merkwürdigen Resultate, welche er erhielt, indem er Quarz und
eine Menge anderer Substanzen dem Strahle dieses Gases aussezte.
Aus Davy's Versuchen über die Flamme ist bekannt, welche
Lichtintensität man erhält, wenn man ein Gemisch von Sauerstoff- und
Wasserstoffgas auf Kalk leitet. Das mit Aetherdampf gesättigte Sauerstoffgas gibt
mit Magnesia ein noch stärkeres Licht, wobei die Gefahren des explosiven
Gasgemisches beseitigt sind. Bringt man die Magnesia in den Brennpunkt eines
parabolischen Hohlspiegels, so gibt dieß eine Wirkung, von welcher man sich nicht
leicht eine Vorstellung machen kann, ohne das Experiment gesehen zu haben. Hr. Gaudin glaubt, daß dieses Mittel sehr nüzlich zur
Beleuchtung der Dampfschiffe angewandt werden könnte, um sie gegen die schreklichen
Unglüksfälle zu schüzen, welche sich seit einiger Zeit in Folge ihres
Aufeinanderstoßens öfters wiederholten. Der Ausschuß war Zeuge eines auf einem
Dampfboote der unteren Seine angestellten Versuches, welcher aber bei der durch die
Jahreszeit bedingten Länge der Tage keine so positiven Resultate geben konnte, als
zu wünschen gewesen wäre; doch schienen diese Versuche Ermunterung zu verdienen und
günstige Resultate zu versprechen. Der auf dem Dampfboot angebrachte Apparat bestand
in einem von Hrn. Enfer verfertigten ledernen Reservoir
und einem kleinen parabolischen Hohlspiegel, welcher am Vordertheile des Schiffs
angebracht und um eine gegebene Achse beweglich war, so daß, wenn man das Licht auf
die zu unterscheidenden Punkte hinfallen ließ, man sie in der Entfernung so
beleuchten konnte, daß sie vollkommen erkenntlich waren. Diese Versuche müssen nun
bei finsterm Wetter, bei Nebel und Regen wiederholt werden, um beurtheilen zu
können, ob die durch diese Beleuchtungsweise erwachsenden Kosten durch ihre
Vortheile aufgewogen würden.