Titel: | Ueber bleifreie Töpferglasur (aus Hohofenschlaken bestehend); von H. Reinsch. |
Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. LVIII., S. 282 |
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LVIII.
Ueber bleifreie Toͤpferglasur (aus
Hohofenschlaken bestehend); von H.
Reinsch.
Aus Erdmann's u. Marchand's Journal fuͤr praktische Chemie,
1842, Nr. 2.
Reinsch, über bleifreie Töpferglasur.
Es ist bekannt, daß die Bleiglasur der irdenen Gefäße schon öfters die Veranlassung
zu Erkrankungen gegeben hat, da sich diese, zumal wenn die Töpfe länger gebraucht
und durch Scheuern rauh geworden sind, in sauren Flüssigkeiten auflöst, was
vorzüglich dann stattfindet, wenn solche Flüssigkeiten in bleiglasirten Gefäßen
erkalten. Man hat sich deßhalb bemüht, eine gute bleifreie Glasur zu entdeken,
welche die Vortheile jener, nämlich deren leichte Schmelzbarkeit und vollkommene
Verglasung der Gefäße besizt, ohne deren nachtheilige Folgen auf die Gesundheit
auszuüben.
Das einfachste Verfahren, um dieses zu bewerkstelligen, scheint bis jezt noch wenig
bekannt zu seyn, und ich halte es daher nicht für überflüssig, auf dasselbe
aufmerksam zu machen.
Es bestehen hier in Kirchenlamitz mehrere bedeutende Töpfereien, welche einen großen
Theil des nördlichen Bayerns, der Herzogthümer Sachsen und der fürstl. Reußischen
Länder mit ihren Fabricaten versehen. Der Vortheil der hiesigen Geschirre besteht
vorzüglich in ihrer großen Dauerhaftigkeit und deren Unveränderlichkeit im Feuer.
Man kann einen leeren Topf ohne vorhergegangenes Erwärmen kek in starkes Kohlenfeuer
sezen, ohne daß derselbe springt; ja diese Gefäße sind zu chemischen Arbeiten selbst
den hessischen Schmelztiegeln weit vorzuziehen; ich habe schon öfters silberhaltige
Erze mit 6–8 Pfd. Blei oder auch mit Bleiglätte in der stärksten Hize
geschmolzen, ohne daß ein solcher Topf gesprungen oder das fließende Metall
durchgedrungen wäre. Dabei kostet ein solcher Topf vom Inhalt eines Maaßes 1 kr.,
während ein hessischer Schmelztiegel von gleicher Größe wenigstens l2–15 kr. zu stehen
kommt; leztere saugen aber einestheils so viel vom Blei ein, daß man stets einen
bedeutenden Verlust daran hat, anderntheils dringt die Masse zuweilen ganz hindurch;
so war bei der Reduction von ½ Pfd. Chlorsilber mit Potasche in einem solchen
Tiegel das Silber hindurchgedrungen und wurde im Aschenherde gefunden. Auch zur
Bereitung von Schwefelkalium und zur Abdampfung saurer Extracte eignen sich diese
Geschirre vorzüglich, da man ein Zerspringen derselben nicht zu fürchten hat;
weniger hingegen sind sie zur Krystallisation der Salze anwendbar, da die Salzlaugen
etwas hindurchdringen. — Aber noch ein besonderer Vortheil der hiesigen
Geschirre besteht darin, daß ein großer Theil derselben mit vollkommen bleifreier
Glasur glasirt ist. Diese besteht aus nichts anderem als gewöhnlichen
Hohofenschlaken. Man stößt dieselben erst in einem Granitmörser zu Pulver, dieses
wird dann auf einer Glasurmühle mit Wasser gemahlen und damit die Töpfe, wie
gewöhnlich, durch Herumschwenken der Glasurmasse überzogen. Die Töpfe, welche mit
reiner Schlakenglasur versehen sind, kommen zunächst des Schürloches zu stehen, da
die Schlakenglasur etwas schwerer schmelzbar ist; hierauf kommt ein zweiter Saz
Töpfe, welche mit einer Mischung von Schlaken mit Bleiglasur glasirt werden, und in
dem lezten Saze der Töpfe an und in dem Schlote, wo die Hize am schwächsten ist,
wird die Bleiglasur nur mit wenig Schlakenglasur vermischt. Die bloße Schlakenglasur
ist schön dunkelgelb und vollkommen glasig, ohne irgend eine Blase; sie blättert
nicht so leicht ab wie die Bleiglasur und widersteht der Einwirkung der Säuren; es
wäre deßhalb zu wünschen, daß diese Art zu glasiren allenthalben eingeführt würde,
zumal sie nebst ihren bedeutenden Vortheilen in Bezug auf Gesundheit und
Dauerhaftigkeit auch sehr wohlfeil ist, da die Schlaken unentgeltlich bei jedem
Hohofen zu erhalten sind, indem diese bis jezt nur auf die Straßen geschüttet worden
sind.
Es schien mir nicht uninteressant, diese Schlaken einer Analyse zu unterwerfen, um
deren Verhältniß in Bezug auf die Zusammensezung des Glases kennen zu lernen. Die
zur Töpferglasur gebräuchlichen Schlaken sind theils bouteillengrün, vollkommen
geschmolzen, durchsichtig wie Glas, und enthalten viele kleine Luftbläschen; sie
sind härter als Fensterglas, da sie am Stahle Funken geben und in jenes rizen, ohne
vom Glase gerizt zu werden; theils sind sie hell- bis dunkelblau, die blaue
Farbe ist oft sehr schön, gewöhnlich aber ins Graue übergehend. Bei Uebergießung der
feingeriebenen Schlake mit concentrirter Salzsäure entwikelt sich etwas
Wasserstoffgas, was jedenfalls von eingesprengtem metallischem Eisen herrührt;
übrigens wird die
Schlake weder von dieser Säure noch vom Königswasser aufgeschlossen. Ich bediente
mich daher zu diesem Zwek der Schmelzung mit troknem kohlensaurem Natron, zur
Bestimmung des Kali's aber schloß ich die Schlake durch Schmelzung mit
salpetersaurem Baryt auf. Folgende Verhältnisse wurden erhalten:
Textabbildung Bd. 83, S. 283
Nimmt man aber an, wie doch aus der Farbe der Schlake hervorgeht, daß das Mangan
höher oxydirt sey, so erhält man den Sauerstoffgehalt der Basen zu 11, also gerade
den dritten Theil von dem der Kieselerde. Im böhmischen Glase verhält sich der
Sauerstoffgehalt der Kieselerde zu dem der Basen wie 4: 1, im Fensterglase wie 2: 1;
die Schlake wäre demnach ein zwischen diesen stehendes Glas, nämlich 3: 1. Uebrigens
nähert sich die procentische Zusammensezung der Schlake am meisten der des
französischen Bouteillenglases, welches nur statt Kali Natron enthält, und weniger
Manganoxyd. Schließlich möchte ich noch darauf aufmerksam machen, daß die Schlaken
wegen ihrer Zusammensezung und Leichtschmelzbarkeit gewiß mit Vortheil statt der
alten Glasscherben, welche immer theuer sind, als Zuschlag zur Bouteillenglasmasse
benuzt werden können.