Titel: | Ueber einen Luftcompressions-Apparat zum Absinken von Bergwerksschachten und zu anderen Arbeiten unter dem Wasser oder unter Wasser stehendem Sand; von Hrn. Triger, Civilingenieur. |
Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. LXIV., S. 351 |
Download: | XML |
LXIV.
Ueber einen Luftcompressions-Apparat zum
Absinken von Bergwerksschachten und zu anderen Arbeiten unter dem Wasser oder unter
Wasser stehendem Sand; von Hrn. Triger, Civilingenieur.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Okt. 1841, S.
234.
Triger's Beschreibung eines Luftcompressions-Apparates zum
Absinken von Bergwerksschachten.
Von Doué, Departement der Maine und Loire, bis Niort, Depart. der unteren Loire,
erstrekt sich ein den Geologen wohl bekanntes Steinkohlenlager. Im Jahre 1811
schrieb Hr. Cordier eine Abhandlung über dasselbe und
später durchforschten die HHrn. Elie de Baumont und Dufrenoy ebenfalls diesen Boden und zeichneten ihn auf
die geologische Karte Frankreichs. Die Loire nahm, indem sie sich in dieser Gegend
ihr Bett höhlte, eine Richtung, welche diejenige dieses Lagers in einem sehr spizen
Winkel schneidet, und bedekte ihn, wie sie es auch jezt noch thut, zwischen den
Städten Rochefort und Ingrandes mit bedeutenden Anschwemmungen. Unter dieser
wenigstens 18 bis 20 Meter tiefen Ablagerung ruht heutzutage das Steinkohlenlager.
Um die Ausbeutung desselben möglich zu machen, hat man den Apparat angewandt, dessen
Resultate wir mittheilen wollen.
Da uns die gründliche Erforschung dieses Bodens zeigte, daß man durch 18 bis 20 Meter
(55 bis 62 franz. Fuß) Flugsand hindurch muß, um zu dem Steinkohlenlager zu gelangen, so mußten
wir, um eine solche Schwierigkeit zu überwinden, auf andere Mittel, als die
gewöhnlich in Bergwerken angewandten, sinnen. Diese Schwierigkeit wurde von allen
Bergleuten in der Gegend als so unübersteiglich betrachtet, daß der ganze Theil des
sich unter den Anschwemmungen der Loire ausdehnenden Steinkohlenlagers, obwohl seit
Jahrhunderten wohl bekannt, unberührt blieb. Wirklich hieße mittelst der
gewöhnlichen Ausschöpfungen in diesen Sand eindringen zu wollen, der um so lokerer
ist, da er mit dem Wasser der Loire in directer Verbindung steht, einen Schacht in
diesem Strome anlegen, ihn selbst ausschöpfen wollen. Da wir nun das Wasser
herauszuziehen nicht hoffen konnten, kam uns der Gedanke, es hinauszustoßen. Der
Erfolg krönte mittelst folgenden Apparats unsere Erwartung auf das
vollständigste.
Beschreibung des Apparats. — Wir verschafften uns
ein Eisenblechrohr von 12 Millimeter (5 franz. Linien) Dike und 1,033 Meter (3 Fuß 2
Zoll) innerem Durchmesser. Dieses 20 Meter (61½ Fuß) lange Rohr wurde in
Paris verfertigt und in Stüken von 5 bis 6 Meter Länge uns zugeschikt. Diese
Rohrstüke wurden nach ihrer Vereinigung mittelst eines Rammbloks in den Sand
getrieben, wie beim Bohren der artesischen Brunnen. Der Sand wurde mittelst eines
Kugelventils herausgezogen, so daß man das Eintreiben dieses Rohrs, welches in einer
Tiefe von 19 Meter auf dem festen Boden aufsteht, in Anbetracht seines Durchmessers
als eine Bohrung ganz neuer Art betrachten kann.
Während des Eintreibens dieses Rohrs fand keine besondere Erscheinung statt,
ausgenommen die schnelle Zunahme des Widerstandes vom Augenblik an, als es, den
gewöhnlichen Sand verlassend, in den gröberen Sand eintrat. Dieses Rohr, welches bis
zu einer Tiefe von 12 bis 15 Meter mit Leichtigkeit in den gewöhnlichen Sand
eintrat, erlitt von 17 bis 19 Fuß Tiefe im groben Sand einen solchen Widerstand, daß
200 Stöße des 2000 Kilogr. schweren Rammbloks, welcher 1,50 Meter hoch herabfiel,
kaum hinreichten, um es einige Centimeter tiefer zu treiben, während kurz vorher
dieselbe Behandlung es wenigstens 1 Meter tief trieb. Die 2 lezten Meter erforderten
auch wenigstens zweimal so viel Zeit und Arbeit, als die ganze übrige Operation,
woraus ich schloß, daß man durch das successive Losmachen des Sandes und einfachen
Druk, wie man es in England zu thun Pflegt, wo der Boden ohne Zweifel ganz anderer
Beschaffenheit ist, und bei weitem nicht dieselben Schwierigkeiten darbietet, zu
diesem Resultat niemals gelangt wäre.
Ich komme jezt zum Luftcompressions-Apparat. Dieser besteht aus einer Dampfmaschine, zwei
Luftcompressions-Pumpen und einer Luftschleuße (sas à
air).
Ich muß hier bemerken, daß unsere Dampfmaschine dem Gebrauche, welchen wir von ihr
machten, durchaus nicht angepaßt war und daß nur ganz besondere Umstände uns sie
anzuwenden zwangen. Die Pumpen werden wir weiter unten zu beschreiben Gelegenheit
haben. Die Luftschleuße aber war zusammengesezt: 1) aus einer an ihrem unteren
Theile befestigten Stopfbüchse, um ihn mit dem eisernen Schacht in so genaue
Verbindung zu sezen, daß zwischen der atmosphärischen Luft und diesem Schacht gar
keine Communication stattfinden kann; 2) aus zwei Röhren, deren eine zum Einführen
comprimirter Luft in den Schacht, die andere aber dazu dient, das Austreten des
Wassers zu erleichtern, wenn es in Folge der Luftcompression schneller auszutreten
gezwungen ist, als es die Oeffnungen gestatten, welche am Fuße des Schachts, bei dem
unvollkommenen Aufstehen des Rohrs auf dem festen Boden, vorhanden seyn können; 3)
aus zwei (Mannsloch-) Ventilen zum Regieren der Luftschleuße behufs des
Einbringens der Arbeiter und Herausschaffens des Materials; 4) endlich aus zwei
Hähnen zu demselben Gebrauche, einem Manometer und einem Sicherheitsventil, um
Unglüksfällen vorzubeugen.
Gang des Apparats. — Man kann sich nun leicht eine
genaue Vorstellung der Ingangsezung dieses Apparats machen. Man denke sich die
Dampfmaschine wirkend; die Pumpen stoßen unterhalb der Luftschleuße Luft in den
Schacht, welche nothwendig comprimirt werden muß, weil keine Communication zwischen
diesem Theil des Schachts und der atmosphärischen Luft stattfindet. Wenn der Schacht
mit Wasser erfüllt ist, gibt dieses Wasser dem Druke der Luft nach und entweicht
durch die oben angegebene Röhre, so daß nach einer gewissen Zeit alles im Schacht
eingeschlossene Wasser durch comprimirte Luft ersezt seyn wird; fährt man damit so
fort, so wird dieser Schacht beständig in trokenem Zustand seyn.
Das Einbringen der Arbeiter in den Schacht geschieht mittelst der Luftschleuße.
Nehmen wir einen Augenblik das Ventil als geschlossen und die comprimirte Luft in
dem Schacht zu einem Druke von 2 bis 3 Atmosphären an, so wird das obere Ventil
geöffnet, die Arbeiter können in die Luftschleuße hinabsteigen, dann über ihrem
Kopfe dieses Ventil schließen und zugleich den untern Hahn öffnen, um sich mit der
comprimirten Luft des Schachts in Communication zu sezen. In demselben Augenblik
wird das obere Ventil fest an seinen Wänden anliegen, und sobald das Gleichgewicht
zwischen der Spannung der Luft im Schacht und in der Luftschleuße hergestellt ist,
öffnet sich das
untere Ventil durch sein eigenes Gewicht und die Arbeiter können dann in den Schacht
fahren. Um wieder herauszukommen, braucht man nur eben so in umgekehrtem Sinne zu
verfahren, nämlich das untere Ventil zu schließen und den Hahn am obern Theil zu
öffnen, um sich sogleich in directe Communication mit der atmosphärischen Luft zu
sezen. Da die Spannung der Luft nun unter dem obern Ventil abnimmt, so wird sich
dieses Ventil ebenfalls von selbst öffnen und die Arbeiter können heraussteigen, und
was sie ausgeräumt haben, wegschaffen lassen.
Diesen Apparat nun haben wir erdacht, um durch den Triebsand, welcher das von der
Loire angeschwemmte Land ausmacht, hindurchzuarbeiten. Er war dem Princip nach
richtig; von der Anwendung war ein sicheres Resultat zu hoffen. Doch blieb Eins noch
wohl zu ermitteln übrig; die Möglichkeit nämlich, unter einem Druk von 3 bis 4
Atmosphären zu leben.
Nachdem ich in dieser Beziehung Hrn. v. Las Cases zu Rath
gezogen hatte, mit welchem ich mich zu den Nachsuchungsarbeiten auf Kohle unter den
Anschwemmungen der Loire verbunden hatte, wurde beschlossen, die Arbeiter nicht eher
der Einwirkung der comprimirten Luft zu unterziehen, als bis wir uns über die
Wirkung derselben an uns selbst überzeugt hätten. Wir begaben uns daher zu einem
Pariser Arzt, welcher gegen gewisse Krankheiten comprimirte Luft einathmen ließ, und
fanden bei ihm einen dem des Hrn. Tabarié (zu
Montpellier) ähnlichen Apparat, in welchem, 8 Monate vorher Hr. de Las Cases schon einen Druk von ¾ Atmosphären
über den gewöhnlichen Luftdruk ertragen hatte.
Der Apparat, worin wir einen neuen Versuch anstellen sollten, war mit einem offenen
Manometer versehen und konnte kaum einen Druk von 2 Atmosphären ertragen. Das
Auslassen von Luft, welches von der schlechten Einrichtung des Apparates herrührte,
gestattete uns aber nicht, troz zweistündiger Versuche, das Queksilber mehr als 20
Zoll hoch zu treiben. Wir waren daher dieses erstemal einem Druk von nur 1¾
Atmosphären ausgesezt und unser Zwek war nicht erreicht, weil es uns um die Kenntniß
der Wirkung einer wenigstens auf 3 Atmosphären comprimirten Luft zu thun war. Da bis
zum andern Tag einige Verbesserungen vorgenommen wurden, konnten wir unsere Versuche
wiederholen; diesesmal blieb Hr. v. Las Cases außer dem
Apparate, um der richtigen Bestimmung des Drukes, welchem ich und einer seiner
Verwandten unterworfen werden sollten, besser versichert zu seyn. Die Maschine war
etwa ¾ Stunden in Gang und das Queksilber stieg im Manometer kaum auf 40
Zoll, als plözlich ein dem eines Vierpfünders zu vergleichender Knall entstand und in demselben
Augenblik Hrn. v. Las Cases' Verwandter und ich von einer
eisigen Kälte ergriffen und in Folge des plözlich entstandenen diken Nebels in die
vollkommenste Finsterniß versezt waren; ein kleines, 6 Linien dikes, zum Erhellen
des Apparats dienendes Fensterchen von etwa 6 Zoll Durchmesser war zersprungen; die
Trümmer desselben wurden heftig weggeschleudert, nachdem sie einen, zum Schuze der
Maschine gegen die Sonnenstrahlen angebrachten breiten, leinenen Vorhang
durchlöchert hatten. Viele durch das Getöse der Explosion herbeigezogene Leute hoben
eilig die mehr als 100 Meter weit geschleuderten Glassplitter auf; einer brachte zu
unserm großen Erstaunen ein Stük Filz, welches als von meinem Hute kommend erkannt
wurde, und wir fanden nach und nach auch alle Trümmer desselben. Unser Versuch war
also wieder fehlgeschlagen; denn wir hatten bei weitem keine 3 Atmosphären Druk.
Endlich beschloß ich, keinen andern Versuch mehr, als mit meinem eigenen Apparat
anzustellen.
Ich habe schon erwähnt, daß die uns verfügbar gewesene Dampfmaschine durchaus dem
Zwek nicht angepaßt war. Im Interesse der Wissenschaft muß ich auch mit ein paar
Worten unserer Pumpen zum Comprimiren der Luft erwähnen, deren Verfertigung anfangs
große Schwierigkeiten darbot und uns lange Zeit in unserer Operation aufhielt. Man
wird zwar ohne Zweifel sagen, daß die Compressionspumpen nichts Neues seyen, daß man
deren zur Fabrication der gashaltigen Wässer, zu Hohofengebläsen u. s. w. hat.
Nichtsdestoweniger wurde es mir schwer, gute Pumpen zu erhalten, obwohl ich mich an
die berühmtesten Mechaniker in Paris wendete. Ich bedurfte einer großen Masse Luft
bei Hochdruk und Pumpen, welche mehrere Monate ohne Unterbrechung fortarbeiten
konnten; dieß war eine unerläßliche Bedingung, welche ich mit den zuerst bestellten
Pumpen mit Messingventilen nicht erreichen konnte. Diese Pumpen mit Klappen geben
das beste Resultat, wenn es sich um Hebung des Wassers handelt; zur Compression der
Luft aber würde man sich mit Unrecht desselben Resultates versehen. In der That ist
das Wasser ein beinahe nicht zusammendrükbarer Körper, die Luft aber ein höchst
elastischer. Wenn Wasser gehoben werden soll, folgt aus seiner
Unzusammendrükbarkeit, daß, sobald der Kolben seinen Druk auf die Flüssigkeit
ausübt, seine ganze Kraft in demselben Augenblik sich durch Vermittelung dieser
Flüssigkeit auch den Ventilen mittheilt. Diese Kraft wirkt also so stark als möglich
und die guten Resultate derselben sind nur Folge davon. Soll hingegen Luft
comprimirt werben, so verhält es sich ganz anders. Wenn die Maschine im Gang ist,
wenn die Ventile ein gewisses Gewicht haben, was bei starken Pumpen unerläßlich ist, so ist die Folge
davon, daß der Kolben, welcher Anfangs wegen der Elasticität der Luft einen
Widerstand erfährt, der beinahe gleich Null ist, für einen Augenblik eine sehr große
Geschwindigkeit annimmt, während das Ventil hingegen in Folge seines Gewichts eine
Kraft der Trägheit ausübt, die erst dann überwunden wird, wenn die Luft weit über
den nöthigen Druk comprimirt ist. Daher ungleicher Gang, Stöße und das Verderben der
Ventile; daher endlich eine schlechte Maschine, namentlich wenn es sich um eine
unausgesezte und lange andauernde Arbeit handelt. — Dieß war der schwere
Uebelstand, welcher den Erfolg unserer Arbeiten lange aufhielt und mich zulezt auf
eine gute Construction der Ventile für Luftcompressionspumpen führte.
Sie besteht ganz einfach darin, die Messingklappen mit ledernen Ventilen zu ersezen.
Diese viel einfachern und viel leichteren Ventile haben gar keinen der oben
erwähnten Fehler; sie sind nicht anders construirt als ein gewöhnlicher Blasebalg,
welchen ich bei der Verfertigung der neuen Pumpen, die mir die besten Resultate
gaben, so viel als möglich nachahmte. Diese Pumpen bestehen aus einem ausgebohrten
Cylinder, der auf einer gußeisernen Platte aufsizt, durch welche zwei Reihen Löcher
gehen, die wie bei den gewöhnlichen Blasebälgen angebracht und mit ledernen Ventilen
bedekt sind, welche wieder von ledernen Bändern gehalten werden. Das zum Saugventil
ist im Innern des Cylinders angebracht, während das andere außen an derselben Platte
sich befindet. Der Kolben der Pumpen ist voll und kann beständig mit einer Schichte
Wasser bedekt gehalten werden, damit er sich leichter bewegt. Ich muß sogar
beifügen, daß die Erfahrung mir bewiesen hat, daß das Wasser hiezu bessere Dienste
leistet, als das Oehl. — Diese Einrichtung hatte ich meinen Luftpumpen
gegeben, um die oben angegebenen Uebelstände zu umgehen und seitdem haben sie Monate
lang Tag und Nacht gearbeitet, ohne der geringsten Reparatur zu bedürfen. Ich habe
nun nur noch von der Wirkung der comprimirten Luft auf die Arbeiter und von den mit
diesem Apparat erzielten Resultaten zu sprechen.
Die erste Erscheinung, welche man beim Uebergange aus der freien Luft in die
comprimirte beobachtet, ist ein mehr oder weniger bedeutender Schmerz im Ohr. Dieser
Schmerz beginnt bei den ersten Kolbenstößen und hört gewöhnlich auf, wenn das
Queksilber im Manometer um einige Zoll gestiegen ist, d. h. sobald das Gleichgewicht
des Druks zwischen der comprimirten Luft des Apparats und der im innern Ohr
eingeschlossenen Luft hergestellt ist, was sich um so wahrscheinlicher so verhält,
da das beste Mittel, den Schmerz verschwinden zu machen, eine Bewegung des
Verschlukens durch Verschlingen seines Speichels ist. Es muß bemerkt werden, daß dieser
für manche Individuen kaum fühlbare Schmerz bei andern unerträglich ist. Bei manchen
Personen (was aber der seltenste Fall ist) zeigt sich dieser Schmerz beim Eintritt
in die comprimirte Luft gar nicht, und wird dagegen beim Herauskommen sehr lebhaft.
Auch glaube ich hinzufügen zu müssen, daß die mehr oder weniger gute Disposition der
Personen viel beiträgt, um ihn stärker oder geringer zu machen; denn ich habe es bei
mir und oft bei andern bemerkt, daß man an einem Tag nur einen leichten Frost
verspürte, während man am andern, unter anscheinend denselben Umständen, einen
unerträglichen Schmerz empfand. Eine constante Erscheinung aber ist es, daß dieser
Frost um so weniger fühlbar ist, je größer der Apparat ist und je mehr Zeit man dazu
braucht, um von der freien Luft in die comprimirte, und von dieser in jene
überzutreten; dieses haben auch alle Arbeiter bemerkt, so oft sie aus der
Luftschleuße in den Schacht selbst übergingen.
Die zweite von der comprimirten Luft hervorgebrachte Erscheinung ist eine je nach dem
Grade der Compression merkliche Beschleunigung der Verbrennung. Bei einem Druk von 3
Atmosphären war sie so beschleunigt, daß wir die Lichter mit Baumwolldocht gegen
solche mit Leinendocht vertauschen mußten. Die erstern verbrannten so schnell, daß
sie kaum ¼ Stunde dauerten, und verbreiteten außerdem noch einen
unerträglichen Rauch. Mittelst der Leinenfäden wurde eine viel langsamere
Verbrennung erzielt und der Rauch sehr vermindert. Diese Erscheinung ist übrigens
durch die in dem gleichen Volumen Luft enthaltene größere Menge Sauerstoffs leicht
zu erklären.
Die Temperatur des mit Luft von drei Atmosphären Druk erfüllten Schachts variirt
zwischen 15 und 17° C. Es ist zu bemerken, daß bei 3 Atmosphären Druk die
Pumpen, statt kalter Luft, Luft von ungefähr dieser Temperatur einführen, welche,
ehe sie in den Schacht kömmt, nothwendig um vieles erkaltet seyn muß, da die Röhren
an den Pumpen während der Arbeit constant 70 bis 75° C. zeigen. Eine andere
Erscheinung ist die durch die Ausdehnung der comprimirten Luft hervorgebrachte
Kälte. Im Augenblik, wo man den Hahn öffnet, um sich mit der atmosphärischen Luft in
Communication zu sezen, bildet sich in dem Apparat eine Art Wolke, welche um so
dichter wird, je schneller die Luft sich ausdehnt; eine Kälte, die bis zum Eisigen
gehen kann, ergreift einen sogleich, und man befindet sich bald mitten in einem
Nebel, der sich in nichts von den dichtesten Herbstnebeln unterscheidet, selbst
nicht im Thongeruch, der ihm ganz eigenthümlich ist. Dieser Geruch ist sehr fühlbar,
und war Hrn. v. Las Cases und mir, als wir uns das erstemal der
Einwirkung der comprimirten Luft überließen, sehr auffallend. Man kann die
Intensität dieses Nebels nach Belieben leicht erhöhen oder ihn ganz verschwinden
machen, indem man den zum Auslassen der comprimirten Luft bestimmten Hahn öffnet
oder schließt. Diese Erscheinung ist leicht zu erklären, und stellt, wie ich glaube,
die Erzeugung der Nebel klar dar, deren eigenthümlicher Geruch hier künstlich mit
aller Wahrheit wiedergegeben ist.
Ich habe noch einige Beobachtungen anzugeben, welche mir nicht unwichtig erscheinen.
Erstens nämlich, daß bei dem Druk von 3 Atmosphären niemand mehr im Stande ist, in
der comprimirten Luft zu pfeifen, welche Möglichkeit übrigens erst aufhört, wenn
dieser Druk eintritt. Zweitens spricht in der comprimirten Luft Jedermann durch die
Nase, und zwar um so mehr, je stärker der Druk wird. Drittens haben alle Arbeiter
bemerkt, daß sie die Leiter hinansteigend in der comprimirten Lust den Athem nicht
so verloren, wie in freier Luft. Endlich habe ich noch selbst eine merkwürdige
Beobachtung zu machen Gelegenheit gehabt, daß nämlich ein Bergmann, welcher seit der
Belagerung von Antwerpen taub ist, in der comprimirten Luft jederzeit deutlicher
hörte, als alle seine Cameraden.
Ich gehe nun zu dem mechanischen Effect der comprimirten Luft über. Ich habe oben
gesagt, daß wir im Augenblik des Inthätig keitsezens der Luftschleuße Sand
ausleerten und unser 1,33 Meter im Durchmesser weites und 20 Meter langes Eisenrohr
bis auf den festen Boden getrieben haben; daß dieses Rohr innerlich mit einer
Fortschaffungsröhre versehen war, um den Abfluß des Wassers in dem Falle zu
erleichtern, wenn die untern Oeffnungen ihm den Austritt nicht schnell genug
gestatten sollten.
Wie erstaunten wir, als wir mittelst der comprimirten Luft in unserm Schacht das
erstemal die flüssige Säule bis zum untern Theil der oben erwähnten Röhre
zurükstießen. Ein außerordentliches Sprudeln und Pfeifen ließ sich vernehmen, worauf
sogleich ein ungefähr 20 Meter hoher Wasserstrahl folgte. Von dieser Erscheinung
überrascht, lief ich nach dem Manometer; dieses zeigte, den atmosphärischen Druk mit
inbegriffen, drei Atmosphären, und doch fand ein Aufsteigen des Wassers um ungefähr
40 Meter statt. Ich erschöpfte mich in Vermuthungen, bis ich die wirkliche Ursache
hievon entdekte. Das hinausgestoßene Wasser war nämlich kein reines Wasser, sondern
ein Gemenge von Wasser und Luft, folglich von viel geringerem spec. Gewicht. Daher
also dieses 40, statt, wie zu erwarten gewesen wäre, 20 Meter hohe Aufsteigen.
— Dieser Wasserstrahl dauerte nur 1½ Minuten, nahm dann allmählich an
seiner Höhe ab, so daß
am Ende das hinausgestoßene Wasser einer Garbe großer Perlen glich, die
größtentheils wieder in die Röhre zurükkehrten, aus welcher sie gekommen waren.
— Fünf Minuten waren kaum seit dem Verschwinden des Strahls verstrichen, als
auf einmal dasselbe Sprudeln und Pfeifen sich wieder hören ließ, und wieder ein
Wasserstrahl, ganz wie der erste, kam. Ungefähr 2 Stunden lang hatten wir im Kleinen
das Schauspiel des Geisers in Island, dessen Entstehen mir nun leicht zu erklären
scheint. — Um uns von dem Vorgange im Innern des Rohrs bei diesem Aufsteigen
des Wassers besser Rechenschaft geben zu können, stiegen wir in den Schacht hinab
und waren da Zeuge eines sehr merkwürdigen Schauspiels. Als nämlich die durch die
Compression der Luft zurükgestoßene Wassersäule an den untern Theil der
Fortschaffungsröhre gelangte, entwich sogleich die Luft mit Heftigkeit und riß eine
Wasserhaut von 1 bis 2 Millimeter Dike mit sich, und dieses Wasser ist es, welches,
indem es durch seine Vermengung mit Luft an specifischem Gewicht verlor, den so eben
erwähnten außerordentlichen Strahl erzeugte.
Dieser Strahl dauert fort, bis die Luft so weit abgespannt ist, daß sie der auf der
Mündung der Fortschaffungsröhre lastenden Wassersäule das Gleichgewicht nicht mehr
hält, und da die Schnelligkeit dieses Stromes nicht plözlich einhalten kann, so
folgt daraus, daß die Luft sich auch noch über diesen Punkt hinaus abspannt, was
durch die Curve leicht zu ersehen ist, welche das Wasser alsdann in der Tiefe des
Schachts bildet, welche Curve erst dann wieder verschwindet, wenn die
Flüssigkeitssäule wieder so hoch gestiegen ist, daß sie die Mündung dieser Röhre
völlig schließt. Dann hört der Strahl auf, bis die immerfort injicirte Luft wieder
neuerdings das Wasser unter die Röhre gestoßen hat. Daher diese Unterbrechungen,
nach welchen regelmäßig alle 5 Minuten ein außerordentlich hoher, ungefähr
anderthalb Minuten andauernder Strahl hervorkam.
Ich sagte oben, daß diese Erscheinung die wahrscheinlichste Erklärung der
Geiserquellen in Island gebe. Denkt man sich nämlich einen erloschenen Vulcan, so
muß man natürlich annehmen, daß er sich in der Höhe lange schon vor dem Erkalten im
Innern geschlossen hat, daß in Folge eben dieser Erkaltung die im Innern enthaltenen
Substanzen nach und nach an Volumen abnahmen, und daß dadurch eine Höhlung
entstanden sey. Denkt man sich nun diese Höhlung in Verbindung mit dem Canal einer
von Oben kommenden Quelle, so wird das Wasser, wenn es in diese Höhlung
hinabgelangt, in Folge der hohen Temperatur ihrer Wände eine größere oder geringere
Quantität Dampf bilden, welcher auf die flüssige Masse drükt, und es tritt ein
Augenblik ein, wo der Dampf selbst, in Berührung mit dem Canal der Quelle ebenfalls eine
gewisse Menge Wassers mit sich fortreißend, heftig entweicht.
Bei der uns vorgesezten Operation war es nicht nur darum zu thun, auf den ungefähr 20
Meter tief liegenden Boden zu gelangen, sondern man mußte auch mehrere Meter tief in
denselben eindringen, um die bestimmte Verbindung des eisernen Rohres mit dem Boden
herzustellen. Hiebei waren zwei Schwierigkeiten zu überwinden. Die erste war,
unterhalb des untern Theils unseres Rohres hinabzusteigen, wo das Wasser eine
constante Höhe behielt, weil bei dieser Höhe, wie unter der Tauchergloke, die Luft
heftig entwich und die Loire auf mehr als hundert Schritte sprudeln machte.
Andererseits lief der durch den Luftstrom ausgetroknete Sand wie in einer Sanduhr
und verschüttete unsern Schacht in dem Maaße als wir tiefer eindrangen. Wir halfen
diesem ersten Uebelstande dadurch ab, daß wir über diesem Punkt ein bewegliches Rohr
anbrachten, welches eine provisorische Verbindung herstellen mußte.
Die zweite Schwierigkeit entsprach dieser provisorischen Verbindung selbst, welche,
troz aller möglichen Vorsichtsmaßregeln Wasser hindurchließ; und als wir die Tiefe
von 25 Meter erreichten, sezten wir nur mit der größten Besorgniß unsere Arbeiter
einem Druk von 3½ Atmosphären aus, um den Austritt dieses Wassers durch die
Fortschaffungsröhre zu erzwingen. In dieser Verlegenheit befanden wir uns, als der
Zufall uns zu Hülfe kam.
Seit einiger Zeit konnten wir der comprimirten Luft kaum die gehörige Spannung geben,
um das uns hindernde Wasser zurükzustoßen, oft sogar begegnete es uns, daß wir es
gar nicht zum Steigen brachten. Wir befanden uns eines Tages in diesen Umständen,
als ein Arbeiter aus Ungeschiklichkeit mit einer Hake auf die Fortschaffungsröhre
hieb, wodurch sie ein Loch bekam. Das Wasser sprang nun mit Heftigkeit aus dem Ende
der Fortschaffungsröhre und das Problem war gelöst.
Wirklich war dieß eine neue Folge derselben Ursache, welche auch die eben erwähnten
außerordentlichen Wasserstrahlen erzeugte. Auch hier war es ein künstliches Gemenge
von Luft und Wasser, welches diese Erscheinung hervorbrachte. Dazu kommt noch, daß
die Luft ungefähr im Drittheil der Säule eingeführt war und sie derart in zwei
Theile theilte, so daß wenn die Spannung der Luft auch nicht hinreichte, um die
ganze Säule zu heben, sie doch in Ueberfluß vorhanden war, um dieselbe auf diese Art
theilweise zu heben; denn die comprimirte Luft konnte dann zu gleicher Zeit auf zwei
Punkte wirken.
Nun hielt nichts mehr unsere Arbeiten auf. Mit diesem möglichst einfachen Verfahren erreichten
wir zwei für uns unschäzbare Resultate; erstens auf dem Grund unseres Schachtes
nicht einen Tropfen Wasser zu haben, und zweitens, der comprimirten Luft niemals
eine Spannung über 2 Atmosphären, den atmosphärischen Druk mit inbegriffen, geben zu
müssen, obwohl wir das Wasser höher als 25 Meter zu heben hatten.
Zwei verschiedene Ursachen, ich wiederhole es, trugen zu dem guten Erfolge bei;
erstens die künstliche Vermischung des Wassers und der Luft und zweitens die
Theilung der Säule durch die Luft in zwei Theile. Wenn der Strahl einmal gebildet
war, sah ich ihn auch oft in einer Höhe von 25 Meter fortspringen, obgleich das
Manometer kaum eine halbe Atmosphäre über den gewöhnlichen Druk zeigte. Uebrigens
erreichte er bei allen Versuchen, die wir anstellten, stets diese Höhe.
So weit die verschiedenen Beobachtungen, welche wir beim Absinken unseres Schachts
mittelst comprimirter Luft zu machen Gelegenheit hatten. Wir beendigen nun unsere
Mittheilung mit einigen Bemerkungen über die durch diesen Apparat erhaltenen
Resultate und über verschiedene Arbeiten, zu welchen wir denselben für anwendbar
halten. Dieser Apparat ist offenbar eine Verbesserung der Tauchergloke und hat vor
dieser noch den Vorzug, in den festen Boden einzudringen, was man von der
gewöhnlichen Gloke nicht verlangen kann. Wirklich drangen wir mittelst dieses
Apparats, nachdem wir durch 19 Meter Sand gekommen waren, ungefähr 6 Meter tief in
das Steinkohlenlager, und führten mitten in der Loire, im Troknen, zwei Ausweitungen
und eine Holzverkleidung der Schachteinfahrt aus, welche in diesem Augenblik in 24
Stunden keine 2 Hectoliter Wasser hindurchsikern läßt. Der
Luftcompressions-Apparat ist bereits weggenommen und die Bergleute sprengen
gegenwärtig den Steinkohlensandstein unter einer 25 Meter tiefen Wasserschicht an
freier Luft mittelst Pulvers. Sie senken endlich einen Schacht, welcher in Zukunft
zur sichern Ausbeutung eines Steinkohlenlagers führen muß, in welches vor uns noch
Niemand gedrungen ist, so daß wir sagen können, daß wir dem Lande einen
mineralischen Schaz geöffnet haben, welcher zwar allerdings seit Jahrhunderten
bekannt war, auf welchen man aber, weil er als unzugänglich im Rufe stand, niemals
gerechnet hatte.
Die Anwendung unseres Apparates betreffend, glauben wir, daß das Ingenieurcorps der
Marine zum Aushöhlen der Häfen ihn sehr gut benüzen kann; daß ferner die
Land- und Heerstraßen-Baubehörde ihn beim Brükenbau, z. B. bei der
Brüke von Tours anwenden könnte, deren wankende Bögen sich dadurch befestigen
ließen.