Titel: Selbstregistrirender Regenmesser; von Dr. Mohr.
Autor: Dr. Karl Friedrich Mohr [GND]
Fundstelle: Band 83, Jahrgang 1842, Nr. LXIX., S. 374
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LXIX. Selbstregistrirender Regenmesser; von Dr. Mohr. Mit Abbildungen auf Tab. V. Mohr's selbstregistrirender Regenmesser. Die Masse des gefallenen Regens ist eine der positivsten Thatsachen der Meteorologie. Die bisher angewandten Methoden zur Bestimmung derselben bestehen größtentheils in dem directen Messen oder Abwiegen der auf eine gegebene Fläche, meistens 1 Quadratfuß gefallenen Regenmenge. Wie man immer diese Operation ausführen möge, so gibt sie unstreitig zu vielen Irrthümern und Verlusten Veranlassung, denn da bei jedem einzelnen Messen ein Beobachtungsfehler, indem irgend ein Bruch einer Unze vernachlässigt wird, stattfindet, und auch durch die Benezung des sammelnden und messenden Gefäßes nothwendig ein Verlust entstehen muß, dessen Summe immer im selben Sinne ausfällt, so kann man hierin eine mächtige Quelle des Irrthums finden. Nicht selten bleibt auch eine gesammelte Menge des Regenwassers längere Zeit in dem messenden Gefäße zurük, weil eine sich nicht täglich regelmäßig wiederholende Beobachtung allzuleicht verabsäumt wird. Der selbstregistrirende Regenmesser von Taylor, wie ein solcher im Senkenberg'schen Garten zu Frankfurt a. M. aufgestellt ist, ist mir bekannt, aber ganz von dem meinigen verschieden. Er gründet sich auf die bekannte Erscheinung des hydraulischen Pendels, und fordert, um vollkommen zu seyn, sehr exact gearbeitete und immer leicht gehende Räderwerke. Dadurch ist er in der Ausführung schwierig und kostspielig. Das Princip meines Ombrometrographs ist der Tantalusbecher, d. h. ein Gefäß, welches sich von selbst ganz ausleert, wenn es ganz gefüllt worden ist, aber nicht eher. Man hat also nur zu zählen, wie oft ein Tantalusbecher von bestimmtem Inhalte ausgeleert worden ist, welches durch die zu beschreibende Maschinerie auf das vollkommenste geleistet wird. Eine Woulf'sche Flasche, Fig. 35, wird durch folgende Einrichtung zu einem Tantalusbecher. In einen ihrer Hälse a wird luftdicht durch einen Kork ein bis auf den Boden reichendes Bleirohr b eingepaßt, welches außerhalb in einem sehr flachen Bogen umgebogen bis unter den Boden der Flasche reicht. In den anderen Hals c wird ebenfalls durch einen Kork eine gläserne Einflußröhre angebracht, welche nothwendig etwas höher als der oberste Punkt der gebogenen Bleiröhre seyn muß. In diese Röhre mündet direct die vom Auffanggefäße abgeleitete Bleiröhre e. Der Meßapparat ist in einem flachen Kästchen von Zink enthalten, welches vorne durch eine Glasscheibe geschlossen ist. In demselben befindet sich folgender Mechanismus. Um den festen Punkt f kann sich die flache Messingstange g innerhalb gewisser Gränzen bewegen. An einem Ende dieser Messingstange ist ein Becher h, der etwa 1 Pfd. Wasser halten kann, mit seinem obersten Rande befestigt. Dieser Becher enthält nun abermals eine so in den Boden eingelöthete Röhre von Blei, daß er ebenfalls zum Tantalusbecher wird. Am einen Punkte i ist eine Stoßstange k eingelenkt, welche abwärts auf die Zähne eines gezahnten Rades l wirkt. Dieses Rad hat eine beliebige Anzahl Zähne und geht mit sanfter Reibung auf seiner Achse, so daß es mit leichter Kraft bewegt werden kann, von selbst aber in jeder Lage stehen bleiben kann. Die Stange g hat jenseits des festen Punktes f am anderen Ende ein Gegengewicht m, welches, wenn der Becher h leer ist, denselben mit seinem Stößer k in der Höhe hält, ohne aber ein zu großes Uebergewicht zu besizen. Ein zweites Rad n bedekt schwach den Rand des ersten Rades l. Ein auf dem lezteren befestigter senkrechter Stift ist genöthigt, im Vorbeigehen einen Zahn des Rades n fortzustoßen. Zwei in dem Kasten (oder auf der feststehenden Achse beider Räder) unbeweglich befestigte Zeiger p, p zeigen immer den Zahn an, dessen Zahl abgelesen werden muß. Auf dem Rade l sind die Ziffern in der Richtung der Ziffern der Uhr bezeichnet, auf dem Rade n laufen sie verkehrt. Die Bewegung der Stange g ist durch Stifte so begränzt, daß der Punkt i eine etwas größere Bewegung als ein Zahn des Rades l machen kann, so daß beim Aufschnappen des Bechers h die Stange k nothwendig auf den folgenden Zahn des Rades l zu ruhen kommt. Man wird nun das Spiel des ganzen Apparates leicht errathen können. Wenn durch die Röhre e die Meßflasche A so voll geworden ist, daß das Wasser in der Röhre d höher als der oberste Punkt des Hebers b gekommen ist, so stürzt das Wasser in den langen Schenkel des Hebers und derselbe fängt an zu fließen. Die Flasche muß sich nun aus bekannten Gründen ganz entleeren. Ihr Wasser fällt in den Becher h, füllt diesen an, und durch den dadurch veranlaßten Druk sinkt dieser herunter, und die Stange k stößt einen Zahn des Rades l hinab. Sobald der Becher h voll geworden ist, fängt sein Heber ebenfalls an auszufließen; allein der Becher kann nicht leer werden, so lange das Wasser der Flasche noch im Fließen ist. Wenn dieß ausgeflossen ist, leert er sich als Tantalusbecher ebenfalls ganz aus; das Gegengewicht m zieht ihn wieder in die Höhe, und die Stange k legt sich auf den folgenden Zahn. Die Anzahl der Zähne ist an beiden Rädern beliebig; man sieht leicht ein, daß ein Zahn am Rade n einen ganzen Umlauf des Rades l bedeutet, weil der Stift o so angebracht ist, daß er das Rad n eben dann verläßt, wenn der lezte Zahn des Rades l gerade seinen Zeiger p erreicht hat. Damit nun aber während der Operation des Ausfließens und Registrirens kein Wasser vom Auffanggefäß in die Meßflasche fließen könne, ist die Zuflußröhre e durch einen Hahn q unterbrochen, welcher in dem Augenblik durch seinen Hebel geschlossen wird, wo die Stange k durch das ausfließende Wasser bewegt wird. Der Zug wird durch einen Bindfaden oder Draht fortgepflanzt. Wenn der Becher h wieder in die Höhe steigt, wird auch der Hahn durch ein Gegengewicht wieder geöffnet, das unterdessen angesammelte Wasser läuft ein, und alles ist bis zum nächsten Ausgießen bereit. Die Flasche A ist nach Unzen graduirt, so daß man schwache Regen einzeln ablesen kann. Ich habe den ganzen Apparat, der kein bloßer Vorschlag ist, sondern aufs gelungenste arbeitet, in einem Keller angebracht, wo durch die gleichmäßige Temperatur weder ein Verdunsten noch Gefrieren zu befürchten ist. Ich bin niemals genöthigt, denselben selbst zu entleeren, das ausfließende Wasser versinkt in einer kleinen Senke in den Boden. Man bestimmt den Inhalt der Meßflasche am Instrumente selbst, indem man durch die Röhre e Wasser einfließen und den Apparat spielen läßt. Nachdem er sich einmal geleert hat, sind überall diejenigen Mengen Wasser, die durch die Heber nicht aufgesaugt werden können, stehen geblieben, und es fließt beim zweiten Ausleeren genau so viel Wasser ab, als hinzugekommen ist. Man läßt nun die Flasche sich einigemal entleeren, fängt das abfließende Wasser in einer tarirten Flasche auf, und wägt es genau aus. So erhält man das Gewicht des ausfließenden Wassers aufs genaueste, wobei man durch Wiederholung der Versuche die Zuverlässigkeit des Apparates prüfen kann, und einen Mittelwerth vieler Versuche erlangt. Es sind noch einige Einzelnheiten zu bemerken. Mit der Woulf'schen Flasche kann man auch eine einhalsige Flasche mit doppelt durchbohrtem Kork anwenden. Jedenfalls ist es ein Vortheil, daß das Gefäß an derjenigen Stelle, wo der Heber sich angießt, eng ist, indem, wenn der Heber auch einmal etwas früher oder später anliefe, dieß in der engen Röhre von keinem Belang seyn kann, während es von Bedeutung ist, wenn die Meßflasche die Form des Bechers h hätte, wo also eine Differenz von 1 oder 2 Linien für eine große Fläche gälte. Die Heberröhre muß sehr stumpf und lang gebogen seyn, weil bei einer scharfen Biegung das Wasser leicht tropfenweise überläuft, ohne den Heber anzusaugen. Aus demselben Grunde darf die Röhre nicht weit seyn, indem sie alsdann ebenfalls übergießen kann, ohne daß die Flasche A auslaufen muß. Meine Röhre hat ¼ Zoll rhein. lichten Durchmesser. Alle Röhren sind an den Enden schief abgeschnitten, damit alles Wasser daraus ablaufe. Das Auffanggefäß wird im Allgemeinen zu klein genommen, indem zum Benezen der Röhren gleichviel Wasser gehört, es mag 1 Pfd. oder 10 Pfd. Wasser dadurch gelaufen seyn. Ich habe ihm eine Fläche von 10 Quadratfuß gegeben; es ist aus Zink gemacht, seine Ränder sind durch in den Rand hineingelöthete dreiekige Leisten von Eichenholz (Fig. 36) gesteift. Sein Boden muß sehr abschüssig seyn, weil bei geringerer Abdachung leicht kleinere Mengen Wasser in vertieften Stellen stehen bleiben. Für das zum Benezen des Bodens erforderliche und verloren gehende Wasser weiß ich keine Abhülfe. Ein sehr leichter Regen wird durch keinen Regenmesser, welcher Art er auch seyn möge, abgemessen, weil das zum Benezen der Bodenfläche nöthige Wasser nicht abfließt. Wenn es von Interesse ist, die Regenmenge unter mannichfachen Verhältnissen zu messen, so wird sich dieses Instrument, welches man ganz leicht portativ einrichten kann, ganz besonders dazu eignen, indem es keiner Beaufsichtigung bedarf, sich leicht auf einem flachen Dache, einem hohen Schlosse, Berge oder Garten aufstellen läßt und in seiner Darstellung sehr wohlfeil ist. Ich habe die Räder auf Zinkblech getheilt und mit einer Blechschere ausgeschnitten. Sie sind mehr als genau genug. Ein Hauptvortheil des Princips liegt darin, daß man im Ganzen nur einen einzigen Beobachtungsfehler machen kann, denn wenn man auch die Masse des Regens für einen bestimmten Monat zu gering abgelesen hätte, so kommt dieß am Ende des Jahres oder bei jeder folgenden Beobachtung wieder ein, da man nicht ausgießt, sondern Zeiger und alles ruhig stehen bleiben und das hinzukommende Wasser mit dem vorhandenen, aber falsch abgelesenen, eine richtige Summe geben muß. Man hat selbstthätig nichts bei dem Instrumente zu besorgen, als daß das zweite Rad n keinen ganzen Umgang unbemerkt mache. Es steht übrigens nichts im Wege, diesem zweiten Rade ebenfalls einen senkrecht auf seiner Ebene stehenden Stift zu geben, welcher bei einem Umgang einen Zahn eines dritten ganz ähnlichen Rades mitnimmt und dadurch noch die Umgänge des zweiten Rades zählt.

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