Titel: Galvanoplastische Kupferstiche und Galvanographie.
Fundstelle: Band 83, Jahrgang 1842, Nr. LXXI., S. 385
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LXXI. Galvanoplastische Kupferstiche und Galvanographie. Galvanoplastische Kupferstiche und Galvanographie. Prof. Amsler in München hat es in der lezten Zeit ebenfalls mit Glük versucht, eine gestochene Kupferplatte galvanoplastisch nachzubilden und zwar mit Benuzung eines vereinfachten, von dem Prof. v. Kobell herrührenden Verfahrens. Der Stich der Kupferplatte ist von Stortz, einem jüngern Schüler Amsler's, nach einer Skizze Schwanthaler's ausgeführt und stellt den Aristophanes vor, lorbeerbekränzt und das Antliz mit der Maske des Lustspiels bedekt, tanzend neben der komischen Muse, die mit dem bekannten Gestus hinterrüks das Publicum verspottet. Der Originalstich ist etwas scharf gerathen; doch gibt ihm an Schärfe und Reinheit auch der galvanoplastische Nach- oder vielmehr Afterstich nichts nach, der bis auf die feinsten Strichelchen und Punkte den strengsten Vergleich mit dem Original aushält und sogar einige Vorzüge vor demselben zu besizen scheint, indem sich mehrere Härten des leztern an jenem nicht finden; auch könnte man sagen, hat das Ganze mehr Ton. Das Verfahren, welchem dieß interessante Kunstproduct seinen Ursprung verdankt, ist von dem durch Dr. BöttgerMan vergl. uͤber dieses Verfahren polytechn. Journal Bd. LXXXII. S. 311 u. die Abbildung des Apparats Bd. LXXVIII. (S. 57) Tab. I. Fig. 4143. in Frankfurt angewandten in einigen Stüken verschieden und zeichnet sich durch seine Sicherheit und zwekmäßige Einfachheit vorzüglich aus. Der erste Unterschied bezieht sich auf die Behandlung der Originalplatte, von welcher eine galvanoplastische Nachbildung genommen werden soll. Nach der bisher gewöhnlichen Methode versah man dieselbe mit einem dünnen Oehl- oder Fettanstrich, um die nachmals über ihr gebildete galvanoplastische Platte leicht davon ablösen zu können. Doch gewährt dieß Verfahren keine vollständige Sicherheit hinsichtlich der Originalität der Nachbildung, indem sich der Fettanstrich nie so gleichmäßig dünn über alle Höhen und Tiefen vertheilen läßt, daß nicht die feineren Taillen hie und da etwas von ihrem. originalen Umriß verlieren sollten. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, hat Hr. v. Kobell den Weg der Versilberung gewählt. Zu dem Zwek legt er die Originalplatte, etwa 10 Minuten lang, in eine Auflösung von Chlorsilber und Kochsalz, wodurch sie einen leichten Silberanflug erhält, der wie ein leiser Hauch sich dicht an alle Theile der Platte anzulegen scheint. Doch ist es vielmehr ein Umtausch der alleräußersten Oberfläche, eine räumlich gar nicht wahrnehmbare chemische Verdrängung der ursprünglichen Kupferatome durch die Atome der Silberauflösung. Es ist offenbar, daß bei diesem Proceß die ursprüngliche Platte auch nicht eine Spur ihrer Originalität verliert. Der zweite Unterschied besteht in der einfacheren Vorrichtung, mittelst welcher die galvanische Leitung zwischen der am Boden des unteren, mit der Kupferauflösung angefüllten Gefäßes liegenden Originalkupferplatte und der Zinkplatte hergestellt wird, die sich über ihr in dem hölzernen, gläsernen oder thönernen, mit einer Thierblase überzogenen und mit einer leichten Auflösung von Schwefelsäure gefüllten Cylinder befindet. Hr. v. Kobell vermittelt diese Leitung einerseits, von der Zinkplatte her, durch ein auf dieselbe gelegtes, dünnes, aber durch ein Gewicht etwas beschwertes und emporgebogenes Stük Blei (oder Kupfer), andererseits von der darunter befindlichen Kupferplatte her durch ein schmales Stük Kupferblech, indem er beide durch Zusammenschraubung in genaue Verbindung mit einander bringt. Die Bequemlichkeit dieser Vorrichtung besteht vornehmlich darin, daß jenes auf die Zinkplatte gelegte Stük Blei, behufs der täglich vorzunehmenden Reinigung der Zinkplatte, leicht herausgenommen werden kann. Ein dritter Unterschied von dem bisher gewöhnlich beobachteten Verfahren wäre vielleicht noch darin zu suchen, daß die Originalkupferstichplatte nicht unmittelbar auf den Boden des mit der Kupferauflösung gefüllten Gefäßes, sondern (natürlicherweise mit der Seite des Stichs nach Oben gewendet) auf ein breites Kupferblech gelegt wird, welches mit dem zur Herstellung der galvanischen Leitung bestimmten schmalen Stük Kupferblech zusammengelöthet ist. Der Vortheil dieser Vorrichtung zeigt sich besonders in dem Umstände, daß die Ueberwucherung mit überflüssigen Kupfertheilen, die sich überall nach den äußersten Rändern drängt, von der mitten auf dem unteren Kupferblech liegenden Originalplatte entfernt gehalten und hiedurch die Ablösung von der später gebildeten galvanoplastischen Platte sehr erleichtert wird. Im Uebrigen ist die Verfahrungsart die bekannte, indem es vorzüglich noch darauf ankommt, die Kupferauflösung stets in derselben Höhe und intensiven Stärke zu erhalten. Nach sechs bis acht Tagen wird sich auf diese Weise über der Originalplatte eine hinreichend consistente und dike Kupferschichte erzeugen, welche die Theile, die dort vertieft sind, im Relief erscheinen läßt. Diese galvanoplastische Reliefplatte ist es nun, welche gleichsam als Patrize für einen zweiten Niederschlag dient, der alle, auch die zartesten und feinsten Umrißlinien, Züge, Punkte und Schraffirungen der Originalplatte in gleichen Vertiefungen enthält und sofort zum Abdruk verwendet werden kann. Desselben Verfahrens und derselben Vorrichtung bedient sich übrigens Hr. v. Kobell auch bei seiner bereits seit Jahr und Tag gemachten Erfindung der Galvanographie, deren Ehre ihm nicht minder gebührt als Hrn. v. Hoffmann in Kopenhagen, dem noch unlängst eine königlche Belohnung dafür zugestanden wurde, unter der Bedingung sein Verfahren zu veröffentlichen. Noch bevor dieß geschehen, dürfen wir übrigens hoffen, durch eine reich mit galvanographischen Abbildungen versehene Schrift bald vollständig mit der Kobell'schen Erfindung bekannt zu werden. Wesentlich besteht sie darin, über farbigen, auf einer Kupferplatte aufgetragenen Bildern galvanische Kupferplatten zu erzeugen, welche die Erhöhungen der Farbenlagen vertieft darstellen. Dem Erfinder lag vorzüglich daran, durch die Erfahrung selbst das Vorurtheil zu widerlegen, als könnten nur leitende Körper mit galvanischer Kupfermasse überzogen werden. Denn die Farben, welche zur Galvanographie verwendet werden, sind nichtleitende Körper; und die Kupfermasse über ihnen bildet sich daher theils durch die, auch durch die aufgetragenen Farben hindurch wirkende Kraft der Kupferplatte, auf welche das Bild gemalt ist, theils durch allmählichen Anwachs von den Seiten her. Vorzüglich eignen sich zur Galvanographie die enkaustisch mit Wachs und Damarharz bereiteten Erdfarben, welche ein etwas rauhes Korn haben und matt auftroknen. Die damit bemalte Kupferplatte wird auf die oben angegebene Art versilbert, und dann in den beschriebenen galvanischen Apparat gebracht, wo der beabsichtigte Proceß in unbewegter Stille vor sich geht. Nimmt man von der erzeugten Kupferplatte mit der vertieften Zeichnung durch neuen Niederschlag eine zweite, welche die Vertiefungen der ersteren im Relief darstellt, so kann man diese leztere als Patrize zu galvanischen Drukplatten mit vertiefter Zeichnung in unendlicher Vermehrung verwenden. Hr. v. Kobell verbindet aber auch Stich und Malerei zu einem und demselben Zwek. Er läßt nämlich einzelne, besonders bedeutsame Partien der Zeichnung mit der Radirnadel in eine Kupferplatte vertieft übertragen, und nimmt von dieser Platte durch galvanischen Niederschlag eine zweite, auf welcher jene Theile der Zeichnung erhaben erscheinen. Wird sodann um diese Erhabenheiten her die übrige das Bild ergänzende Malerei mit den erwähnten Farben aufgetragen, und bringt man diese so zubereitete und auch übersilberte Platte in den galvanischen Apparat, so wird die darüber sich erzeugende neue galvanische Platte jene bedeutsamen Partien, wie dieß beabsichtigt war, auch in stärkerer Vertiefung zeigen. Die auf solche Weise gewonnenen, ihrem allgemeinen Charakter nach Aquatintablättern ähnlichen Abdrüke zeichnen sich durch Bestimmtheit der Umrisse und Harmonie vorzüglich ans. (Allg. Ztg.)

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