Titel: | Ueber die Ursachen der Zerdrükung der innern Röhre des Brunnens zu Grenelle; von Hrn. Ch. Combes. |
Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. LXXXII., S. 456 |
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LXXXII.
Ueber die Ursachen der Zerdruͤkung der
innern Roͤhre des Brunnens zu Grenelle; von Hrn. Ch. Combes.
Aus den Comptes rendus, 1842, 1re semestr. No. 2.
Combes, üb. die Zerdrükung der innern Röhre des Brunnens zu
Grenelle.
Ich besah unlängst die Kupferröhren, welche Hr. Mulot nach
vielen fruchtlosen Bemühungen endlich aus dem zu Grenelle gegrabenen Brunnen
herauszog und suchte mir die Ursache der merkwürdigen, ungefähr 100 Meter langen
Abplattung dieser Röhren in 100 bis 200 Meter Tiefe unter der Oberfläche zu
erklären. Hr. Mulot hatte mir vorher gesagt, daß das
Wasser des Kreidelagers über der großen Wasserfläche sich, ehe diese noch erreicht
war, im Bohrloch in einer Höhe von ungefähr 10 Meter unter der Bodenfläche gehalten
habe. Seitdem er den unterhalb der Kreide befindlichen wasserführenden Sand erreicht
hatte, erlitt das 27 Meter über den Boden springende Wasser, welches auch noch viel
höher gestiegen wäre, weil es bei dieser Höhe noch ein bedeutendes Volumen hatte,
einige Unterbrechungen. Einmal sogar hörte es zu springen auf und fiel im
Bohrbrunnen 25 Meter tief unter die Bodenfläche. Als man endlich die Kupferröhre,
welche das Wasser des Grundes aufnehmen mußte, einstekte, verstopfte der von dem
trüben Wasser geführte Sand gänzlich den ringförmigen Raum zwischen der kupfernen
Aufsteigröhre und der das Einfallen der Wände zu verhindern bestimmten
Befestigungsröhre von Eisenblech, so zwar, daß das vom Grund aufsteigende Wasser,
welches durch die Steigröhre sich emporhob, durch diesen ringförmigen und von dem
erwähnten Sand verschütteten Raum nicht zu Tage kam. Die Abplattung der Röhre
geschah übrigens während einer Nacht, denn am Abend vorher ließ Hr. Mulot einen Löffel die Röhre ganz hinunter und am
darauffolgenden Morgen, 10 Stunden darnach, wurde der Löffel durch die Abplattung
aufgehalten.
Diese Abplattung konnte offenbar nur durch ein ziemlich bedeutendes Ueberwiegen des
äußern Druks gegen den innern Druk der Kupferröhren eintreten; damit aber dieser
äußere Druk vorherrschend werden konnte (die eisernen Befestigungsröhren blieben
unversehrt), muß wohl ein plözliches Fallen im Innern der Steigröhre angenommen
werden. Dieses zufällige und augenblikliche Sinken des Wassers wäre dem zu
wiederholten Malen beobachteten entsprechend. Hat dieß stattgefunden, so drükte das
Kreidewasser, welches in den im ringförmigen Raum zwischen Kupfer- und
Eisenröhre enthaltenen Sand drang und keine freie Communication mit der Wasserfläche
hatte, auf das innere Rohr und plattete es ab. Ich nehme demnach an, daß die
augenblikliche Unterbrechung des durch das Innere der Kupferröhre gehenden
Wasserstrahls und das Sinken des Wassers in dieser Röhre weit unter die Erdfläche
die Ursache der Abplattung war.
Es ist jezt leicht zu begreifen, wie der Strahl augenbliklich unterbrochen werden und
ein außerordentliches Sinken des Niveau's zur Folge haben konnte. Die in der
Wasserfläche am Grunde des Bohrbrunnens befindlichen unterirdischen Gänge sind stark
verschüttete Canäle von sehr verschiedener Gestalt, worin jeden Augenblik Einstürze
und folglich Verstopfungen vorfallen müssen. Diese Einstürze kommen durch die große
Menge erdiger Substanz, welche das Wasser mit sich führt, sichtbar zu Tage. Wenn nun
plözlich ein Einsturz stattfand, welcher den Lauf des unterirdischen Flusses
stromaufwärts von dem Punkte hemmte, wo der Bohrbrunnen einmündet, so wurde der
Strahl unterbrochen und das in der Röhre enthaltene Wasser fiel wieder herab, um
durch die stromabwärts des Bohrbrunnens frei gebliebenen Gänge in das Innere der
Wasserfläche auszufließen. So würde z. B., wenn ein sehr schlammiges Wasser in einer
weiten Leitung unter sehr starkem Druk liefe und auf diese Leitung eine oben offene
Röhre vertical eingesezt würde, so daß das Wasser oben herauszuspringen Pflegte, der
Strahl zufällig unterbrochen werden und das Niveau des Wassers in der verticalen
Röhre sinken können, in Folge einer stromaufwärts vom Einsezungspunkt der Röhre
durch eine Masse dort angehaltenen Schlamms hervorgebrachten Verstopfung. Bei einer
unterirdischen Wasserfläche findet diese Wirkung noch leichter statt, weil die Wände
des Bettes, worin das Wasser läuft, gerne einfallen und die Masse der vom Wasser
mitgeführten Substanzen unaufhörlich vermehren.
Diese Erklärung, welche ich dem Hrn. Mulot mittheilte,
scheint mir alle dabei beobachteten Umstände zu erklären, namentlich aber den, daß
die Abplattung erst ziemlich tief unterhalb der Erdfläche (100 M.) anfing und sich
nicht bis unter 200 Meter erstrekte.