Titel: Neue Art galvanischer Säule.
Autor: C. F. Schönbein
Fundstelle: Band 84, Jahrgang 1842, Nr. LXXV., S. 385
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LXXV. Neue Art galvanischer Saͤule. Neue Art galvanischer Säule. Vor etwa sechs Jahren beschäftigte ich mich vielfach mit dem Eisen und es gelang mir eine Reihe von Umständen zu ermitteln, unter welchen dieses Metall in einen Zustand tritt, in dem es in chemischer Beziehung dem Platin ähnlich ist. (Siehe mein Werkchen über das Verhalten des Eisens zum Sauerstoff.) Ich fand auch, daß das Volta'sche Verhalten des fraglichen Metalls in seinem außergewöhnlichen Zustande mit demjenigen des Platins eine große Aehnlichkeit habe, d. h. um in der Sprache der Physiker zu reden, daß passives Eisen gegen gewöhnliches sehr stark negativ sey. Schon damals construirte ich aus activem und passivem Eisen kleine Säulen, die für ihre Dimensionen einen hohen Grad von Energie zeigten und mit denen ich vor der naturforschenden Gesellschaft (in Basel) Versuche anstellte. Anderweitige Arbeiten hielten mich von dem weiteren Verfolgen des interessanten Gegenstandes ab, derselbe wurde aber in Folge meiner Untersuchungen über die Passivität des Eisens (polytechn. Journal Bd. LX. S. 397) vor zwei Jahren von dem Engländer Hawkins und gleichzeitig auch von Roberts aufgenommen, und diese Herren waren es, welche zuerst größere Säulen bauten, in denen das Eisen die Rolle des negativen Metalles spielte. Wöhler und Poggendorff beschäftigten sich in neuester Zeit ebenfalls mit diesem Gegenstand und bestätigten vollkommen die früher erhaltenen Resultate. Im vorigen Jahre nahm auch ich denselben wieder auf und zu der Fortsezung meiner Untersuchungen über den elektrischen Geruch einer sehr kräftigen Säule bedürftig, bemühte ich mich, dabei das theure Platin, das die Grove'sche Vorrichtung nöthig macht, durch das wohlfeilere Eisen zu ersezen. Wie weit meine Bemühungen mit Erfolg gekrönt worden sind, wird sich am besten aus den nachstehenden Angaben abnehmen lassen. Zunächst wurden fünf Cylinder aus Gußeisen mit eben so vielen Cylindern amalgamirten Zinkes zu einer fünfpaarigen Säule verbunden. Erstere hatten im Lichten eine Höhe von 10″ und einen Durchmesser von 3″ 9″′, die leztern eine Höhe von 9″ 9″′ und einen Durchmesser von 3″ 3″′. In jeden eisernen Cylinder wurde eine poröse cylinderförmige Thonzelle von 10″ Höhe und 3″ 4½″′ Durchmesser gestellt, in jenen ein Gemisch von drei Theilen Salpetersäure von 37° Baumé und einem Theile gewöhnlicher Schwefelsäure, in die für die Aufnahme des Zinkcylinders bestimmte Thonzelle zwölffach mit Wasser verdünnte Schwefelsäure gegossen. Ließ man nun den Strom dieser Säule durch die leztgenannte Flüssigkeit gehen, so entwikelten sich an den Polen 40 Kubikzolle Knallgas in der Minute oder 2400 in der Stunde, also nahe dreimal so viel, als die Grove'sche Säule, von der ich zu seiner Zeit (im polyt. Journ. Bd. LXXV. S. 155) einen kurzen Bericht gab. Daß die magnetischen wie auch die Wärmeeffecte ebenfalls auffallend stark waren, ist nach der so eben gemachten Angabe über die chemische Wirksamkeit der Säule kaum mehr zu sagen nöthig. Was die erstern Wirkungen betrifft, so mag von ihnen eine Vorstellung die Bemerkung geben, daß der Strom eines einzigen Paares meiner Säule, durch die ein Hufeisen umgebende Kupferspirale geschikt, einen so bedeutenden Magnetismus entwikelte, daß der Anker der Vorrichtung durch eine Belastung von vier Centnern (das Maximum der mir eben zu Gebot stehenden Gewichte) nicht abgerissen werden konnte. Vier Elemente sezten eine ziemlich große elektromagnetische Maschine in die lebhafteste Bewegung und eine zehnpaarige Säule zeigte wahrhaft erstaunliche Wirkungen. Es fielen damit namentlich die Glühversuche (mit Metallen und Kohle) so glänzend aus, wie ich sie noch nie gesehen. Da die Anwendung des Zinkes bei einer Säule mit allerhand Uebelständen verknüpft und der Preis dieses Metalles auch nicht mehr so ganz unbedeutend ist, so erschien es mir äußerst wünschenswerth, dasselbe durch einen andern metallischen Körper zu ersezen, der sich durch größere Wohlfeilheit empfiehlt und die fraglichen Nachtheile nicht mit sich führt. Ein solches Ersazmittel ist nun nach meinen Erfahrungen das Eisen selbst und es lassen sich denselben gemäß aus passivem und activem Eisen Säulen construiren so kräftig und wirksam, als man sie nur immer verlangen kann. Indem ich mir vorbehalte, an einem andern Ort nähere Angaben zu machen über diese neue Art von Volta'scher Vorrichtung, die ich, gelegentlich bemerkt, schlechtweg Eisensäule nennen möchte, will ich hier nur bemerken, daß ein einziger Eisencylinder von obenerwähnten Dimensionen combinirt mit einem hohlen Eisenblechcylinder von 9″ 9″′ Höhe und 2″ 6″′ Durchmesser, alles übrige sonst so wie bei der Zinkeisencombination, einen Strom lieferte von ungewöhnlicher Stärke. An den Anker des erwähnten Hufeisens konnten ebenfalls vier Centner gehängt werden, ohne daß derselbe hiedurch losgerissen worden wäre. Ja zwei kleine, nur sehr wenige Zolle umfassende Eisenblechcylinder, die auf geeignete Weise in schwefelsäurehaltige Salpetersäure und verdünnte Schwefelsäure getaucht wurden, erzeugten einen Elektromagneten, der unter gegebenen Umständen einen Centner zu tragen im Stande war. Da die reine und möglichst concentrirte Salpetersäure die Passivität des Eisens durch bloße Berührung hervorruft und dieses Metall in der erwähnten Flüssigkeit so gut als unangegriffen bleibt, während es darin als das negative Element einer Kette functionirt, überdieß die fragliche Säure den Strom gut leitet, so muß sie auch in dem äußern Eisencylinder angewendet werden, wenn es sich darum handelt, die größten Stromwirkungen mit der Eisensäule zu erhalten. Ich habe jedoch gefunden, daß Salpetersäure von 1,4 mit einem Drittel oder Viertel gewöhnlicher Schwefelsäure versezt, Gemische liefert, mit denen Resultate gewonnen werden, die denen sich nähern, welche man mit der concentrirtesten Salpetersäure erhält. Einige vorläufige Versuche haben mir dargethan, daß man selbst mit einem Gemisch von vier Theilen Schwefelsäure und einem Theil Salpetersäure von 1,4 noch zu äußerst günstigen Stromergebnissen gelangt. Der Oekonomie und anderer Gründe halber dürfte man daher wohl behufs der Ladung der Eisensäule dem fraglichen Gemische den Vorzug vor der reinen concentrirten Salpetersäure geben. Obgleich ich nie sehr sanguinische Hoffnungen in Bezug auf die Anwendbarkeit des Elektromagnetismus als Bewegkraft gehegt habe, so möchten wir doch diesem von so manchen Physikern nachgestrebten Ziele, falls es überhaupt ein erreichbares ist, durch die Construction der Eisensäule um einen Schritt näher gerükt seyn; denn nicht nur ist dieselbe wohlfeiler auszuführen als jede mir bis jezt bekannt gewordene Volta'sche Vorrichtung, sondern — und dieß ist ein der Beachtung nicht ganz unwürdiger Umstand — das in dem neuen Apparat sich erzeugende Eisensalz findet eine ausgedehntere Anwendung, als dieß mit dem in den bisherigen Säulen erhaltenen Zinkvitriol der Fall ist. Schließlich bemerke ich, daß der Mechaniker Hr. Burkhardt (in Basel) Eisensäulen zu billigen Preisen construirt. C. F. Schönbein.