Titel: Ueber Obersteiner's Methode der Gußstahlbereitung; von v. Bünau.
Fundstelle: Band 84, Jahrgang 1842, Nr. XCIV., S. 457
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XCIV. Ueber Obersteiner's Methode der Gußstahlbereitung; von v. Buͤnau. Aus dem Gewerbeblatt fuͤr Sachsen, 1842, Nr. 3. v. Bünau, über Obersteiner's Methode der Gußstahlbereitung. Dem fürstlich schwarzenberg'schen Oberverweser in Murau, Hrn. Alois Obersteiner, ist es nach vielfältigen mühsamen und mit bedeutenden Kosten verbunden gewesenen Versuchen gelungen, durch gemeinschaftliches Verschmelzen von Roh- und Weicheisen im Passauer Tiegel Gußstahl zu erzeugen, welcher, namentlich in Hinsicht des Fortbestandes nach dem Schweißen, dem Gußstahl aus Cementstahl vorzuziehen ist. Derselbe nimmt 17 Pfd. Roheisen in der Form und von der Natur der Turracher allerdünnsten, sprödesten Blattel, zerschlagen in noch nicht ½ Quadratzoll große Scherben; hiezu 7 Pfd. Weicheisen, sogenanntes Zaineisen für die Nagelschmiede, welches mittelst einer Stokschere in ⅛ Kubikzoll kaum übersteigenden Stüken erlangt wurde. Beide Materialien werden gemengt und in einen Passauer Tiegel hineingebracht. Oben darauf kommt eine Hand voll kleingestoßenes Glas. Wenn der Tiegel auf diese Weise beschikt und zulezt mit einem lose aufliegenden Dekel versehen worden ist, alsdann vermag das Schmelzen vorgenommen zu werden. Hiezu dient entweder das Gebläse oder ein gut ziehender Windofen. Lezteres gehört zum Bekannten; von dem Schmelzen hingegen der Gußstahlbeschikung im Passauer Graphittiegel unter Anwendung eines Gebläses möge hier die Rede seyn. Man denke sich einen Frischherd, aber, anstatt des kastenartigen Bodens, eine bloß gußeiserne, in ihrer Mitte mit einer kreisrunden Oeffnung versehene Platte und durch diese Oeffnung den Wind einströmend, welchen ein Kastengebläse erzeugt, also die Form einstweilen verstopft oder gar keine vorhanden. Die 1½ Zoll weite Oeffnung wird von einem umgestürzten gebrauchten Schmelztiegel bedekt, jedoch dafür Sorge getragen, daß außer durch vier schräg aufsteigende Durchbohrungen nicht noch nach anderen Stellen Wind ausströmen kann. Auf diesen Tiegel kommt derjenige Tiegel zu stehen, worin die Beschikung geschmolzen werden soll, wobei zu beobachten ist, daß die Achsen der zwei als abgestuzte Kegel zu betrachtenden Tiegel einerlei Senkrechte bilden. Nach dieser Anordnung werden einige glühende Holzkohlen auf den Boden des Frischfeuers geworfen, und über diese andere von mittlerer Größe so, daß nicht nur beide Tiegel rundum von Kohlen umgeben sind, sondern diese auch noch mindestens 1 Fuß hoch den oberen Tiegel bedeken. Damit die Kohlen nicht umherfallen können, wird oberhalb des Herdes noch ein besonderer Schacht aus Eisenplatten aufgesezt. Bald glühen die Kohlen bis an die Oeffnungen und noch darüber hinaus, worauf es Zeit ist den Wind anzulassen. Offenbar entsteht dadurch zunächst um den obersten Tiegel herum die größte Hize, welche hinreichend ist, während einer Stunde die Beschikung in völligen Fluß zu bringen. Um aber hierüber Gewißheit zu erlangen, wird mit einem Eisenstabe, nach vorheriger theilweiser Beseitigung der obersten Kohlen, der Dekel etwas gehoben und mit dem Stäbe selbst in den Tiegel hineingefahren, worauf bei Vollkommenem Flusse kein Hinderniß, keine klumperige Stelle zu fühlen seyn darf. Der Tiegel wird hierauf unter Anwendung einer dazu geeigneten Zange aus dem Feuer gehoben und bei Seite gesezt; gleich darauf ein zweiter, wie vorhin beschikter Tiegel an die Stelle des ersten Tiegels gebracht, und so weiter fortgefahren. Die Gußstahlkönige erkalten langsam, sind sie aber vollkommen kalt, dann folgt das Schmieden derselben. Zuerst wird der Gußstahlkönig, welcher vermöge der erklärbaren Glasschlake mit der atmosphärischen Luft keine Berührung haben konnte, in ein Gerbefeuer gelegt und darin langsam angewärmt; dieses Anwärmen gilt vorzüglich dem diken Ende desselben. Zeigt dieses Ende beträchtliche Röthe, dann werden unter Anwendung eines Strekhammers langsam und mit der möglichsten Vorsicht und Behutsamkeit vier Facetten an den Gußstahlkönig gedrükt. Jezt kommt derselbe abermals ins Gerbfeuer; er wird dann wieder unter den Hammer gebracht, bis daraus ein Stab von der erforderlichen Größe entstanden ist. Zu bemerken habe ich hiebei, daß das schwache Ende des Gußstahlkönigs gewöhnlich sehr roh erscheint, und daher meistentheils abgesezt werden muß. Das Weitere kommt dem sonstigen Raffiniren des Stahles gänzlich gleich; entweder gerbt man ihn oder schmiedet denselben je nach Erforderniß aus. Das Gewicht des Gußstahlkönigs ist von dem der angewendeten Beschikung nicht verschieden, derselbe wog ohne den Schlakendekel 24 Pfd. Wiener Handelsgewicht. Kohks würden ein besseres Brennmaterial seyn und eine noch bedeutendere Dünnflüssigkeit der Beschikung ertheilen, worauf Wesentliches ankommt. Ob Torfkohle und andere in neuester Zeit zur Sprache gekommene Surrogate der Holzkohle hiebei können angewendet werden, darüber mag anderswoher Belehrung ertheilt werden. Die Wirkungsweise besteht offenbar darin, daß dem flüssigen Roheisen durch die Nachbarschaft des Weicheisens Kohlenstoff entzogen und zum Theil an lezteres überführt wird. Wenn kein Gußstahl bestellt worden ist, so dient der hiedurch beansprucht gewesene Frischherd zum Hartzerrennen, d. h. zur Verwandlung des grauen Roheisens in weißes.