Titel: | Ueber Mathieu v. Dombasle's Macerationsverfahren bei der Rübenzuker-Fabrication; ein der Société d'Encouragement von Hrn. Péligot erstatteter Bericht. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LII., S. 219 |
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LII.
Ueber Mathieu v. Dombasle's Macerationsverfahren bei der
Ruͤbenzuker-Fabrication; ein der Société d'Encouragement von Hrn. Péligot erstatteter Bericht.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Maͤrz 1842, S. 112.
Ueber von Dombasle's Macerationsverfahren.
Hr. v. Dombasle sagt in einer Broschüre über sein
Macerationsverfahren:Dasselbe ist im polyt. Journal Bd. LXXX. S.
285 ausführlich beschrieben; man vergl. auch die Berichte darüber
Bd. LXXX. S. 396 und Bd. LXXXI. S. 120.A. d. R.
„Ich erhielt während der Campagne 1840–41 mittelst meines
Macerationsverfahrens aus 1000 Kilogr. Runkelrüben, deren ausgepreßter Saft 7
1/2° Baumé wog, immer 130 bis 135 Kilogr. körnige Masse, welche
mir stets über 80 Kilogr. Zuker als erstes Product lieferte und durch Verkochen
der Syrupe erhielt ich noch über 20 Kilogr. Zuker als zweites Product, also im
Ganzen durchschnittlich 104 Kilogr. Rohzuker oder 10 1/2 Proc. vom Gewicht der
Rüben.“
Um diese Angaben zu verificiren, ernannte die Société d'Encouragement eine Commission, welche aus dem
bekannten Chemiker Braconnot und Hrn. Louis, Maire von Roville, bestand; diese Herren sagen am
Schluß ihres der Gesellschaft eingeschikten Berichts:
„Wir haben uns überzeugt, daß die Behauptungen des Hrn. v. Dombasle vollkommen der Wahrheit gemäß sind und daß
sein Macerationsverfahren bedeutend mehr und vielleicht auch besseren Zuker
liefert, als man nach den gewöhnlichen Methoden aus den Runkelrüben gewinnt. In
Folge der neuesten Verbesserungen seines Verfahrens und weil die Rüben der
lezten Ernte so zukerreich waren, bekam Hr. v. Dombasle daraus über 10 Proc. gereinigten Zuker.“
Ungeachtet dieses günstigen Zeugnisses hat jedoch die Société d'Encouragement Hrn. v. Dombasle den Preis, welchen sie für eine Methode ausschrieb, wodurch acht
Zehntel des in den Runkelrüben enthaltenen Zukers gewonnen werden können, nicht
zuerkannt, weil sie aus verschiedenen Gründen ihr Urtheil über den Werth des Macerationsverfahrens
noch vertagen zu müssen glaubte. Diese Gründe sind im Wesentlichen: 1) daß das
Macerationsverfahren im Vergleich mit der gewöhnlichen Methode auch seine
Uebelstände hat, und 2) daß mehrere Fabrikanten, welche das neue Verfahren
einführen, weder über die Vortheile, noch über die Nachtheile, welche es bei
ununterbrochener Arbeit darbietet, unter sich einig sind.
Im Jahre 1841 wurde von den Zukerfabrikanten im Dept. de
l'Aisne eine Commission beauftragt, das Macerationsverfahren in Noville
selbst zu studiren; diese erstattete einen Bericht, worin sie gehörig heraushebt,
wie sehr dieses Verfahren wegen der einfacheren und wohlfeileren Fabrikeinrichtung,
wegen seiner Regelmäßigkeit und seiner Ergiebigkeit für sich bestechen muß, dann
aber auch mehrere Nachtheile, die es zu besizen scheint, anführt, nämlich
1) die Schwierigkeit in Localitäten, wo sich die Rüben nicht gut conserviren lassen,
große Massen davon in kurzer Zeit zu verarbeiten;
2) die Nothwendigkeit, die Arbeit ohne Unterbrechung selbst am Sonntag fortzusezen,
wenn man nicht ganze Bottiche solcher Schnitte, die noch nicht erschöpft sind,
verlieren will;
3) daß die durch dieses Verfahren erhaltene Treber ein schlechtes Viehfutter seyn
muß; da die Rüben nämlich nicht ausgepreßt werden, so enthält der Rükstand nach
seiner vollständigen Erschöpfung wenigstens 97 Proc. Wasser.
Diese Einwürfe bekämpft Hr. v. Dombasle in einer seiner
Broschüren.
In Bezug auf den ersten sagt er, „daß die Schwierigkeiten, auf welche man
bisweilen beim Aufbewahren der Rüben stößt, nur von den schlechten Methoden bei
ihrem Einlagern in die Magazine herrühren können; und daß nach seiner Ansicht
ein Verfahren, welches die Fabrication bis in eine viel spätere Jahreszeit, als
es bisher möglich war, fortzusezen gestatte, sehr wünschenswerth seyn
müsse.“
Diese Bemerkungen sind gewiß sehr richtig; da wir aber noch kein Verfahren besizen,
um die Rüben ohne Veränderung lange aufzubewahren, ein solches auch schwerlich
ausgemittelt werden kann, weil es die Wurzeln während ihrer Aufbewahrung
fortzuvegetiren verhindern müßte, so behält der erste Einwurf viel von seinem
Gewicht, und es scheint daher, daß das Macerationsverfahren bei einer bedeutenden
Fabrication nicht mit Erfolg anzuwenden ist.
Bezüglich des zweiten Einwurfs berechnet Hr. v. Dombasle
den Verlust bei einer Unterbrechung der Arbeit am Sonntag, welcher von keiner
Bedeutung seyn soll; während nämlich die ununterbrochene Arbeit 8,2 Proc. erstes
Product liefert, würde die unterbrochene doch noch 8,1 Proc. geben.
Der dritte Einwurf, welcher die Aufbewahrung der erschöpften Schnitte und ihre
Anwendung als Viehfutter betrifft, scheint uns sehr wichtig zu seyn; Hr. v. Dombasle bemerkt dagegen: nach seinen Versuchen und
denjenigen des Hrn. Galland,
Rübenzuker-Fabrikanten zu Damas in den Vogesen, scheine es, daß diese
Schnitte mehrere Monate lang aufbewahrt und als Viehfutter benuzt werden können.
Diese Versuche wurden jedoch nur in kleinem Maaßstabe angestellt, und es ist
jedenfalls schwer zu begreifen, daß eine Substanz, die nur 2 bis 3 Proc. feste
Stoffe enthält, welche überdieß größtentheils aus Holzstoff bestehen, ein gutes
Viehfutter abgeben kann.
Die Erkundigungen, welche wir über die Anwendung des neuen Macerationsverfahrens an
anderen Orten (als zu Noville) einzogen, trugen viel dazu bei, daß wir beschlossen,
uns jezt noch nicht über den Werth des neuen Verfahrens zu erklären.
Hr. v. Dombasle hat sein Patentrecht an eine Anzahl
Fabrikanten abgetreten, worunter aber mehrere mit der Acquisition seines Verfahrens
durchaus nicht zufrieden sind: so befragte mich kürzlich einer davon, wie viel
Alkohol er wohl aus seinen Rüben gewinnen könne, denn das Macerationsverfahren,
welches er eingeführt hatte, gelang ihm nicht, seine Pressen aber hatte er in Folge
davon verkauft, und nun konnte er gar keinen Zuker mehr fabriciren; er bemerkte mir,
daß ein anderer Fabrikant in derselben Lage sey.
Eine Fabrik in der Nähe von Paris konnte nach diesem Verfahren nicht ununterbrochen
fortarbeiten; so oft die Arbeit einige Tage gedauert hatte, war man genöthigt, die
Maceration wieder mit frischen Rüben und frischem Saft zu beginnen und die Folge
dieser häufigen Unterbrechungen war natürlich ein großer Verlust an Product und
Zeit.
Diese Schwierigkeiten rühren ohne Zweifel daher, daß das Macerationsverfahren nicht
immer von gehörig dazu befähigten Fabrikanten angewandt wird, zum Theil können sie
aber auch in einem Mangel der Methode selbst liegen. Nachdem die Rüben mittelst
kochenden Wassers aufgeschlossen oder abgetödtet worden sind, werden sie durch
successives Eintauchen in kaltes Wasser ausgezogen; es fragt
sich nun, ob der gährungerregende Stoff, welcher anfangs durch das Kochen
zerstört worden ist, sich nicht später in schwachen Säften regeneriren
kann, wenn diese lange aufbewahrt und auf einer Temperatur von 20 bis
30° C. (16 bis 24° R.) – einer Temperatur, welche der
Entwiklung der Gährung so günstig ist – erhalten werden. Ist dieß der Fall,
so ist der günstige Erfolg des Verfahrens in der ersten Zeit seiner Anwendung und das Mißlingen
desselben nach ununterbrochener Fortsezung, wenigstens in vielen Fällen,
erklärt.
Selbst nach dem Zeugniß eines Fabrikanten, welcher jezt mit dem Macerationsverfahren
zufrieden ist, bietet dasselbe praktische Schwierigkeiten dar, welche sich nur durch
eine sehr lange Erfahrung überwinden lassen; so erhielt dieser Fabrikant erst im
dritten Jahre nach der Einführung des Macerationssystems in seiner Fabrik Zuker von
guter Qualität.