Titel: | Ueber die Zerfressung des Eisens bei Dampfkesseln und Ofenröhren, wo Anthracit als Feuerungsmaterial dient. Ein dem Franklin Institute in Pennsylvania von einer Commission erstatteter Bericht. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXXII., S. 303 |
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LXXII.
Ueber die Zerfressung des Eisens bei Dampfkesseln
und Ofenroͤhren, wo Anthracit als Feuerungsmaterial dient. Ein dem
Franklin Institute in Pennsylvania von einer Commission
erstatteter Bericht.
Aus dem Mechanics' Magazine. Mai 1842, S.
439.
Ueber die Zerfressung des Eisens bei Dampfkesseln, welche mit
Anthracit geheizt werden.
Man nimmt häufig wahr, daß die Röhren von Oefen, welche mit Anthracit geheizt werden,
nach Verlauf eines oder zweier Jahre zerfressen sind, wenn sie nach ihrer die
Winterszeit hindurch dauernden Anwendung nicht abgenommen und gereinigt werden. Ein
Beispiel liegt vor, daß 40 Fuß einer Röhre in zwei Jahren zerfressen und völlig
durchlöchert wurden; es ist hiebei nicht nothwendige Bedingung, daß der Raum feucht
sey, obwohl dieß bei den meisten Beispielen der Fall ist; denn bei der in Rede
stehenden Corrosion behauptete der Eigenthümer, daß der Raum sehr troken gewesen
sey. Die Zerfressung findet selten in einer aufrecht stehenden Röhre, gewöhnlich in
horizontal liegenden statt; es soll sogar einmal, wo eine solche schon angefangen
hatte, dieselbe dadurch unterdrükt worden seyn, daß man der Röhre eine etwas
geneigte Stellung gab. Wo sie in einer ausrecht stehenden Röhre eintritt, kann sie
von dem Herabfließen der zerfressenden Substanz aus einer horizontalen Ablagerung
derselben herrühren.
Dieselbe Art der Zerfressung wird an Dampfkesseln beobachtet, bei welchen Anthracit
als Feuerungsmaterial dient, nicht aber wo bituminöse Steinkohle gebrannt wird. Daß sie nicht von der
Intensität der Hize herrührt, geht aus der Thatsache hervor, daß sie in den
Kesselröhren, welche entfernt vom Feuer horizontal liegen, am stärksten ist. Es
wurde auch schon einigemal nahe an der Spize der Rauchrohre an Dampfbooten eine
Zerfressung bemerkt; diese kann aber der abwechselnden Einwirkung von Hize, Kälte,
Luft und Feuchtigkeit zugeschrieben werden.
Es scheint daher, daß die Zerfressung entweder von den bei der Verbrennung des
Anthracits aufsteigenden Dämpfen oder von Substanzen, welche durch den Zug
mechanisch mit fortgerissen werden, oder von beiden zugleich verursacht wird. Daß
sie nicht von unverdichtbaren gasförmigen Substanzen herrührt, dieß beweist der
Umstand, daß die Corrosion erst dann eintritt, wenn die Ofenröhre diesen Dämpfen
während der Sommerszeit nicht mehr ausgesezt ist, oder wenn ein Dampfkessel von den
Feuerungen in den Zwischenzeiten abkühlt. Sie kommt nicht von fester mit
fortgerissener Substanz her, welche nur Asche seyn könnte; wir wissen aber, daß die
Anthracitasche trokner Beschaffenheit ist und ohne Feuchtigkeit eine chemische
Einwirkung oder die Zerfressung nicht eintreten könnte. Sie muß daher von
verdichtbaren Dämpfen herrühren.
Untersucht man das Innere einer horizontal liegenden Ofenröhre, gleichviel, ob
zerfressen oder nicht, so findet man eine aschenartige lokere Ablagerung von
graubrauner Farbe, und wo Corrosion stattgefunden, ist der größere Theil davon in
eine feste Masse verdichtet, ein Beweis, daß sie Wasser absorbirt hat. Zerbricht man
diese feste Substanz, so werden unter dem Mikroskop kleine weiße Krystalle sichtbar,
welche aber in der Regel zu unvollkommen sind, als daß ihre Gestalt erkannt werden
könnte. Sublimirt man die Masse, so bildet sich etwas empyreumatisches Oehl und
Wasser, der größere, sublimirte Theil aber ist ein Ammoniakfalz. Untersucht man eine
Auflösung der Asche, so zeigt sie einen starken Gehalt von salzsaurem und
schwefelsaurem Ammoniak, ersteres offenbar in viel größerer Menge als lezteres. Nach
vollkommener Sublimation bei Rothglühhize ergibt sich der Aschenrükstand als beinahe
reine Kohle oder Lampenschwarz mit nur einer Spur Kohlenasche. Die qualitative
Prüfung scheint zu ergeben, daß die Ammoniaksalze wenigstens drei Viertheile der
ganzen Masse betragen. Eisen wurde nur eine Spur gefunden.
Bei diesem Gehalt an salziger Substanz sowohl, als bei der Beschaffenheit derselben,
können wir um die Erklärung der Zerfressung des Eisens nicht verlegen seyn, insofern
die Luft und Feuchtigkeit mitwirken; es konnte aber bezweifelt werden, ob die
Aschensubstanz das
Vermögen hat, die Feuchtigkeit einer Atmosphäre von gewöhnlicher Trokenheit zu
absorbiren; denn bei trokener Beschaffenheit scheint in der Regel die Zerfressung
nicht stattzufinden und bei dem eingangserwähnten Fall kann es bezweifelt werden,
daß der Raum troken gewesen sey.
Wie der corrosiven Einwirkung zu begegnen sey, ist schwerer zu beantworten, außer
durch das sehr einfache Auskunftsmittel, die Ofenröhren jeden Frühling und die
Kesselröhren alle paar Wochen zu reinigen. Wenn die Ofenröhren mit sammt der
Ablagerung in ihnen stehen bleiben sollen, dann würde ein vorgängiger innerer
Anstrich von Bleiweiß, Bleiglätte oder Mennig dem Zweke wahrscheinlich entsprechen,
indem sich Chlorblei und schwefelsaures Blei erzeugen und das Ammoniak ausgetrieben
würde. Der dünne Ueberzug dieser Bleisalze kann die Berührung und fernere Einwirkung
der Aschenablagerung verhindern. Versuche, welche in der Münze der Vereinigten
Staaten im Winter 1840–41 angestellt wurden, scheinen darzuthun, daß ein
Kalküberzug im Innern der Röhre das Zerfressen verhindert. Die Commission hingegen
ist zu glauben geneigt, daß das Bleioxyd wirksamer seyn werde, weil das
schwefelsaure Blei ein gänzlich unwirksames Salz und das Chlorblei beinahe
unauflöslich ist, während der schwefelsaure Kalk etwas auflöslich, das Chlorcalcium
aber sehr auflöslich ist und am Ende ebenfalls corrodirend wirkt. Jedenfalls ist das
Anstreichen das einfachste Mittel, um der Zerfressung zu begegnen, und es kann von
Zeit zu Zeit wiederholt werden.
Der durch obige Untersuchung sich ergebende bedeutende Chlorgehalt ist in
geognostischer Hinsicht merkwürdig, da derselbe bisher bei chemischen Untersuchungen
des Anthracits noch nicht gefunden wurde. Nach neueren Untersuchungen ist es
wahrscheinlich, daß die im Mineralreich vorkommenden Kohlenarten sich aus dem Meere
ablagerten; man kann daher den Ursprung des salzsauren Ammoniaks, welches bei der
Verbrennung des Anthracits in der Asche vorkommt, erklären und das Chlor dem
Vorhandenseyn einer Spur Chlornatriums (Kochsalzes) in der Kohle oder dem sie
begleitenden Schiefer oder in beiden zuschreiben. Die Bildungsweise des Ammoniaks
braucht kaum erwähnt zu werden, da sich dasselbe bei der troknen Destillation oder
Verbrennung jeder Art Kohle in mehr oder weniger großer Menge erzeugt.
Dieser ammoniakalische Niederschlag oder Rükstand verdient in ökonomischer Hinsicht
Aufmerksamkeit, weil er in einem einzigen Jahrgange ziemlich viel beträgt und leicht
gesammelt werden kann. Einmal wenigstens wurden 10 Pfd. desselben aus 8 bis 10 Fuß
Röhren genommen; sie
waren das Product von 3 bis 4 Jahren, woraus die große Menge, die in Philadelphia
jedes Jahr aus. vielen hundert Röhren erhalten werden kann, zu ersehen ist. Dieser
Rükstand kann entweder zur Fabrication von Salmiak oder direct als Pulver oder
aufgelöst zum Düngen der Gärten angewandt werden.