Titel: Ueber die relative Verdampfungskraft der Steinkohlen und der Kohks; von Dr. Andr. Fyfe.
Fundstelle: Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXXXV., S. 364
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LXXXV. Ueber die relative Verdampfungskraft der Steinkohlen und der Kohks; von Dr. Andr. Fyfe. Aus dem Edinburgh new philosophical Journal. April – Jul. 1842, S. 31. Fyfe, uͤber die relative Verdampfungskraft der Steinkohlen und der Kohks. In einer der (schottischen) Society of arts in ihrer lezten Sizung vorgelesenen Abhandlung stellte ich den Saz auf, daß die Verdampfungskraft verschiedener Steinkohlenarten in der Praxis im Durchschnitt dem Gehalt an fixem Kohlenstoff entsprecheS. 224 in diesem Bande (1stes Augustheft) des polyt. Journals.; denn obwohl die aus der Steinkohle durch die Hize entwikelten gasförmigen Stoffe während ihrer Verbrennung verzehrt werden oder werden sollen, so geben die Gase dennoch, weil sie während ihrer Entwikelung aus der Kohle Wärme absorbiren müssen, durch ihre Consumtion in größerm oder geringerm Maaße wieder von sich, was sie absorbirten; daher entstand die Meinung Vieler, daß die Kohks durch ihre Verbrennung so viel Hize ausgeben – mit andern Worten, so viel Wasser verdampfen, als die Steinkohlen, aus welchen sie erhalten wurden. Obwohl nun die Verdampfungskraft der Steinkohle, welche flüchtige brennbare Substanzen enthält, im Verhältniß zu stehen scheint zum fixen Kohlenstoff, so folgt daraus doch keineswegs, daß die Steinkohle und die daraus gewonnenen Kohks wirklich gleiche Verdampfungskraft besizen; in der Absicht zu erfahren, ob dieß der Fall sey oder nicht, wurden die Versuche, deren Resultate hier mitgetheilt werden, unternommen. Die angewandte Steinkohle war von Tranent und die Kohks von derselben Kohle auf gewöhnliche Weise für Brauer und andere in der Nachbarschaft im Großen bereitet. Vor dem Versuche wurde sie analysirt, um den Gehalt an flüchtigen Stoffen, fixem Kohlenstoff und Asche kennen zu lernen. Sie bestand aus: Feuchtigkeit   13 Durch die Wärme entwikelten gasartigen Stoffen   34,5 Fixem Kohlenstoff   50,1 Asche     2,4 ––––– 100,0. Diese Kohle sollte daher 52,5 Proc. Kohks geben, vorausgesezt, daß alle flüchtige Substanz ausgetrieben wird, was aber im Großen selten der Fall ist. Wirklich lieferten die Kohks beim Erhizen noch brennbares Gas. Man darf auch nicht vergessen, daß die Kohks immer Feuchtigkeit aus der Luft anziehen. Kohks, wie sie vom Markte kommen, fand ich bestehend aus: Feuchtigkeit     3,5 Durch die Hize ausgetriebenen brennbaren Stoffen     6,5 Fixem Kohlenstoff   81,0 Asche     9,0 ––––– 100,0. Die gasartigen brennbaren Substanzen in der Steinkohle und den Kohks verhielten sich also wie 34,5 zu 6,5; der fixe Kohlenstoff aber wie 50,1 zu 81. Das Verhältniß der Asche war in den Kohks größer als in der Kohle, welche nur 2,4 Proc. gab. Da 100 Kohle 52,5 Kohks gaben, hätten 100 Kohks 4,5 Asche geben sollen, während sie 9 betrug. Um die relative Verdampfungskraft dieser Brennmaterialien zu bestimmen, bediente ich mich des kleinen Ofens und Dampfkessels, womit ich auch einige meiner frühern Versuche angestellt hatte. Der Dampfkessel war ein waggonförmiger mit zurükkehrendem Feuerzug und faßte 50 Gallons. Die Feueroberfläche war 16 Zoll lang und 14 Zoll breit und die dem Feuer ausgesezte Oberfläche des Kessels betrug 18 Quadratf. Das Wasser, womit der Kessel gespeist wurde, hatte 42° F. (4 1/2° R.) und die verdampfte Quantität wurde mittelst eines genau graduirten gläsernen Aichmaaßes bestimmt. Da der Kessel offen war, fand die Verdampfung unter dem natürlichen Druk statt. Die Versuche wurden zuerst mit Kohks angestellt, um die Oberfläche des Kessels dem Feuer so rein als möglich auszusezen. Es ist unnöthig, die Resultate aller Versuche mitzutheilen; ich wähle den folgenden als den befriedigendsten. Zeit. Verdampftes Wasser     in Pfunden. Kohksverbrauch etwa 7 Pfd. in der Stunde. 11 Uhr           ...             ... 12           60             ...   1           50             ...   2           50             ...   3           50             ...   4           60             ...   5           50             ...   6           50             ... ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––   7 Stund.         370 Pfd.             50 Pfd. Bei diesem Versuche, welcher sieben Stunden lang dauerte, wurden 50 Pfd. Kohks verbraucht und 370 Pfd. Wasser von 42° F. in Dampf verwandelt, und da 370/50 = 7,4, wurden also durch jedes Pfund Kohks 7,4 Wasser in Dampf verwandelt. Bei einem andern, eben so sorgfältig und in eben so viel Zeit angestellten Versuch war das Resultat beinahe dasselbe. Die angewandten Kohks enthielten, wie schon gesagt, 81 Proc. fixen Kohlenstoffs. Nun verdampft nach Despretz's Versuchen 1 Pfd. Kohlenstoff 12,3 Pfd. Wasser von 32° F. (0° R.) und die Wärmegrade des Dampfs betragen 1136 (nach Fahrenheit); das Wasser, dessen ich mich bediente, hatte 42° F. (4 1/2° R.), folglich betrugen die Wärmegrade des Dampfes nur 1126 (500° R.); die Kohks sollten demnach nur 7,33 statt 7,4 in Dampf verwandelt haben; nimmt man die Temperatur des Wassers, mit welchem der Kessel gespeist wurde, zu 32° an, so hätten, da 100 : 12,3 = 81 : 9,96, die Kohks 9,96 in Dampf verwandeln müssen, wenn der Kohlenstoff ganz verzehrt und alle durch die Verbrennung entwikelte Wärme vom Wasser aufgenommen worden wäre; die Menge war aber nur 7,33, es fand daher ein Verlust von ungefähr 26 Proc. statt. Aehnliche Versuche wurden auch mit der Steinkohle angestellt. Es folgt hier eine tabellarische Uebersicht des befriedigendsten. Zeit. Verdampftes Wasser      in Pfunden. Steinkohle ungefähr      8 Pfd. per Stunde.   9 Uhr            ...                 ... 10            40                 ... 11            40                 ... 12            45                 ...   1            40                 ...   2            45                 ...   3            40                 ...   4            40                 ...   5            40                 ...   6            45                 ...   7            40                 ...   8            45                 ... –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 11 Stund.          460 Pfd.                 82 Pfd. Bei diesem Versuche, welcher 11 Stunden lang dauerte, betrug die verbrauchte Steinkohle 82 Pfd. und das verdampfte Wasser 460 Pfd.; 460/82 = 5,61, folglich wurden für jedes Pfd. consumirter Kohle 5,61 Wasser verdampft; da aber das Wasser 42° hatte, so wäre bei einer Wassertemperatur von 32° das Resultat nur 5,56 gewesen. Bei einem andern Versuche war das Resultat nur 5,8 oder das Wasser zu 32° angenommen 5,66. Aus den Resultaten obiger Versuche geht hervor, daß die wirkliche Verdampfungskraft der Kohks keineswegs so groß ist, als die der Steinkohlen, von welchen sie erhalten wurden; denn wäre dieß der Fall, so würde eine weit größere Verdampfung damit stattgefunden haben. Es hatte sich ergeben, daß 1 Pfd. Kohle in dem Ofen und Kessel, deren ich mich bediente, 5,66 Pfd. Wasser von 32° in Dampf verwandelte. Nun gab aber diese Kohle 52,5 Proc. Kohks; 1 Pfd. Kohks aus derselben Kohle verdampfte 7,33; folglich hätten 0,525 nur 3,84 gegeben. Es kann gegen diese Versuche eingewendet werden, daß, weil die Kohle nur 5,66 Wasser in Dampf verwandelte, der Ofen zur Verzehrung des Brennmaterials nicht geeignet gewesen sey. Es muß zugegeben werden, daß der Wärmeverlust groß erscheint, doch war derselbe nicht größer, als wir es bei den Oefen der Dampfmaschinen häufig antreffen, bei welchen es als ein gutes Resultat angesehen wird, wenn 1 Pfd. Steinkohle 6 Pfd. Wasser in Dampf verwandelt. Auch wurden die Versuche nicht in der Absicht angestellt, um die Verdampfung, welche durch Verbrennung eines gegebenen Gewichts Brennmaterial wirklich erreicht werden könnte, zu erfahren, sondern um die relative Verdampfungskraft zu erfahren; folglich, wenn in dem einen Fall ein Wärmeverlust statt fand, so mußte auch im andern ein eben so großer oder beinahe gleicher eintreten. Betrachtet man die Versuche, deren Resultate wir so eben mittheilten, von diesem Gesichtspunkte aus, daß nämlich 100 Theile Steinkohle 566 Wasser in Dampf verwandelten und daß diese Kohlen 52,5 Kohks gaben, so hätte, wenn die Verdampfungskraft der Kohks dieselbe gewesen wäre, wie die der Kohle, aus welcher sie gewonnen, 52,5 Pfd. Kohks auch eine eben so große Verdampfung bewirken müssen. Bei den Versuchen verdampften aber 100 Kohks 733, und 52,5 hätten demnach nur 354 gegeben, was um 182 weniger ausmacht als die Kohle lieferte. Es mag hier noch die Bemerkung Raum finden, daß das Resultat des Versuchs mit der Kohle ein weiterer Beweis für die aus meinen frühem Versuchen gezogene Schlußfolgerung ist, daß in der Praxis die Verdampfungskraft der Steinkohle in Verhältniß steht zu dem fixen Kohlenstoff; 1 Pfd. Kohlenstoff verdampft 12,3 Pfd. Wasser; nun beträgt der fixe Kohlenstoff der in Rede befindlichen Steinkohle 50 Proc.; die Menge des durch die Verbrennung verdampften Wassers betrug 5,66; sie sollte nach dem Gehalte an fixem Kohlenstoff 6,16 gewesen seyn; es geht daher nur 0,5 ab, was unbedeutend ist. Diesen Saz als richtig angenommen, kann sehr natürlich gefragt werden, warum nicht auch die Kohks eine ihrem Gehalt an fixem Kohlenstoff entsprechende Verdampfung bewirken? Dieß läßt sich, wie ich glaube, befriedigend beantworten. In der Steinkohle befindet sich nämlich bituminöse Substanz, welche, bevor sie sich entzündet, Gasform annehmen, und daher einen Theil der Wärme aufnehmen muß, welche vorher schon durch die Verbrennung des Feuerungsmaterials entwikelt wird; einen Theil derselben kann sie bei ihrer eigenen Verbrennung wieder von sich geben und dadurch die für den Zug erforderliche ergänzen; in den Kohks aber ist nur sehr wenig gasförmige brennbare Substanz enthalten; in den von mir angewandten betrug sie nur 6,5 Proc. Wenn diese Substanz nun allerdings sehr wenig Wärme bei ihrer Verflüchtigung absorbirt, so wird sie natürlich auch bei ihrer Verbrennung nicht viel von sich geben; daher mag wohl ein Theil der von dem fixen Kohlenstoff entbundenen Wärme zur Unterhaltung des Zugs erforderlich seyn; denn wenn wir die Kohks als reinen Kohlenstoff annehmen, so können wir nie erwarten, daß sie in der Praxis eine so große Verdampfung erzeugen, als sie es der Berechnung nach sollten, weil sonst für Wärmeverlust an den Wänden des Ofens, vorzüglich aber für die mit den gasförmigen Verbrennungs-Producten durch den Schornstein entweichende Wärme gar nichts in Abrechnung gebracht würde.