Titel: Verfahren, um Inschriften, vertiefte oder wenig erhabene Sculpturen auf Monumenten u.s.w. mittelst Papier abzudruken.
Fundstelle: Band 86, Jahrgang 1842, Nr. VI., S. 19
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VI. Verfahren, um Inschriften, vertiefte oder wenig erhabene Sculpturen auf Monumenten u.s.w. mittelst Papier abzudruken. Verfahren, um Inschriften auf Monumenten etc. mittelst Papier abzudruken. Unter diesem Titel ist unlängst ein Aufsaz im Pariser Bulletin de l'alliance des arts 1842, No. 1 (25. Jun.), S. 9 erschienenMan vergl. polytechn. Journal Bd. LXXVIII. S. 403.; diese angebliche Erfindung dürfte jedoch keine neue seyn; denn das ganze Verfahren ist bereits 1833 in Seyffarth's Systema Astronomiae Aegyptiacae quadripartitum, S. 270 beschrieben und schon früher angewendet worden. Auch hat vor etwa 10 Jahren ein gewisser Genoude viele Städte in Deutschland bereist und Buchdrukereibesizern ein Geheimniß, auf wohlfeile und schnelle Art Stereotypmatern zu fertigen, verkauft, welches dasselbe Verfahren ist. Im Uebrigen enthält der Aufsaz im Bulletin mehrere Unrichtigkeiten und Ungenauigkeiten, und bedarf mancher Zusäze, wenn er Technikern, Künstlern, Gelehrten, namentlich auf Reisen, u.a. wirklichen Nuzen bringen soll. 1) Man reinige die zu copirende Inschrift sorgsam mittelst einer Bürste. – In den meisten Fällen muß jedoch Wasser zu Hülfe genommen werden, weil sonst die Abdrüke ungenau und unrein aus fallen; 2) auf die Inschrift lege man einen Bogen starkes ungeleimtes (Druk-) Papier. Geleimtes Papier ist dazu weniger brauchbar. – Schwaches Drukpapier ist jedoch vorzüglicher, besonders bei feinen Inschriften, weil dasselbe leichter und genauer in Vertiefungen ein dringt. Geleimtes Papier, selbst gewöhnliches Schreibpapier dient dazu, wenn man es, wie sich zeigen wird, gehörig behandelt; 3) dieser Bogen wird mittelst eines Schwamms angefeuchtet, bis er weich wird und auf der Inschrift haftet. – Aber des Schwammes, den Reisende selten bei sich führen, bedarf es gar nicht. Man nehme so viel Bogen Drukpapier, als nöthig, taucht sie gänzlich in Wasser, lasse sie feucht übereinander liegen, bis sie so weich als möglich geworden. Schreibpapier muß mehrere Stunden und länger naß erhalten werden; 4) der auf die Inschrift gelegte einfache Bogen wird mit einer Bürste sanft geschlagen, bis das Papier in die Vertiefungen genau eingedrükt ist. Die Bürste muß dicht seyn, aus langen weichen Borsten bestehen, wie die, womit man Tische und Hüte reinigt. – Indessen wolle man darunter nichts anders verstehen, als eine gewöhnliche milde Kleiderbürste, deren Borsten 1 1/2 bis 2 Zoll lang sind. Starkes Druk- und Schreibpapier erfordern eine stärkere Bürste und längeres Schlagen, und statt der Bürste kann auch in deren Ermangelung ein Stük Wollenzeug oder ein gewöhnliches Tuch zum Eindrüken des Papiers genommen werden. Auf leztere Weise hat Grey vor einigen zwanzig Jahren viele Inschriften am Sinai copirt. Solche Abdrüke sind jedoch ungenau und nur eine Bürste ist im Stande, Papier selbst in die kleinsten Vertiefungen genau einzudrüken; 5) man lasse das Papier bis auf drei Viertel troken werden, worauf man es vorsichtig vom Steine abnimmt und bis zur gänzlichen Abtroknung liegen läßt. Besser thut man, den Bogen nicht völlig auf dem Steine troken werden zu lassen, weil er, während das Papier sich zusammenzieht, leicht Risse bekommt. – Dagegen verliert der Abdruk an Genauigkeit, wenn man ihn früher abnimmt, und das ganze Verfahren, wie sich sogleich zeigen wird, ist unvollständig; 6) sollte das Papier während des Feuchtens mit dem Schwamme oder des Schlagens mit der Bürste reißen, so lege man ein anderes Stük Papier auf den Riß, feuchte und schlage es gleichfalls, bis es mit dem Bogen sich verbunden und ein Ganzes mit ihm bildet. Bei diesem Verfahren hat der angebliche Erfinder die Hauptsache verfehlt. Solche Abdrüke sind unhaltbar und verlieren, wenn sie gedrükt, gerollt, verpakt werden, wie es auf Reisen und bei Versendungen unvermeidlich ist, fast gänzlich ihre Eindrüke, genügen auch bei größeren Monumenten nicht. Ein besseres Verfahren ist im obengenannten Werke bereits veröffentlicht worden; daher zu den gegebenen sechs Regeln noch folgende hinzukommen müssen: 7) sobald der einfache feuchte Bogen auf der Inschrift gehörig eingeschlagen worden, bedeke man denselben mit einem ungefeuchteten, vorher mit gewöhnlichem Mehl oder Stärkekleister bestrichenen Bogen, damit beide ein Ganzes bilden. Mittelst einer weichen Bürste, in Kleister getaucht, läßt sich ein ganzer Bogen in wenigen Secunden damit überziehen; 8) dieser zweite Bogen, auf den ersten geklebt, wird ebenfalls mit der Bürste geschlagen, bis die Vertiefungen wiederum vollkommen ausgedrükt erscheinen, woraus man das Ganze ablöst, oder besser, ohne Gefahr auf dem Steine troknen läßt; 9) hat man eine größere Inschrift zu copiren, so überziehe man sie gänzlich mit der ersten Papierlage in besagter Weise; lege jedoch die Ränder der einzelnen Bogen etwa 1/2 Zoll übereinander hinweg, damit der Stein nirgends offen bleibe. Ebenso verfährt man mit der zweiten, den Kleister enthaltenden Lage; und so kann man ganze Wände voll Inschriften, wären sie auch mehrere 100 Quadratfuß groß, auf einer Fläche abdruken, wie auch bereits geschehen ist. Die Monumente leiden selbst dabei nicht. Die auf solche Weise gewonnenen Abdrüke lassen sich durch Pressen, Rollen, Umbrechen wegen Elasticität der Masse nicht im Mindesten eindrüken. Man kann sie nach Belieben zerschneiden, verpalen und später wieder zusammensezen. Die Abdrüke selbst sind fast so genau als Gyps- und Schwefelabgüsse, da die Spizen der Bürste das feuchte Papier bis in die feinsten Vertiefungen treiben; jene haben aber vor diesen den großen Vorzug, daß sie leichter, weniger plazraubend und transportabler sind. Ohne Zweifel verdient diese Methode Beachtung, vorzüglich von Seiten reisender Archäologen, der Besizer und Vorsteher von Museen etc Das Abschreiben von Inschriften kostet oft viele Mühe und Zeit, nirgends ist der Leser sicher, eine Zeile oder einen Buchstaben oder doch Linien und Punkte zu übersehen, während nach obigem Verfahren in kürzester Zeit vollkommen genaue Copien entstehen. Gewiß würden uns unzählige Denkmäler der alten Literatur, weil man zu deren Abschrift nicht Zeit genug hatte, nicht verloren gegangen seyn; gewiß bei Erklärung so vieler Inschriften aus Griechenland, Italien, Aegypten, Asien Mühe und Zeit erspart worden seyn, wenn man obiges Verfahren früher gekannt und in Anwendung gebracht hätte.