Titel: Vorschlag, die Volta'sche Elektricität zum Kattundruken anzuwenden; von Hrn. Baggs.
Fundstelle: Band 86, Jahrgang 1842, Nr. XIV., S. 60
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XIV. Vorschlag, die Volta'sche Elektricitaͤt zum Kattundruken anzuwenden; von Hrn. Baggs. Aus Sturgeon's Annals of Electricity, Julius 1842, S. 49. Baggs' Vorschlag die Volta'sche Elektricität zum Kattundruken anzuwenden. Wir wollen unsere Abhandlung mit einer kurzen Einleitung über die Volta'sche Elektricität beginnen. Taucht man eine Kupfer- und eine Zinkplatte gleichzeitig in verdünnte Schwefelsäure, so fängt das Zink an sich aufzulösen und die Blasen des Wasserstoffgases, welches durch Zersezung des Wassers frei wird, entwikeln sich von seiner Oberfläche aus; das Kupfer hingegen bleibt unafficirt, so lange die zwei Metalle sich einander nicht berühren: in dem Augenblik jedoch, wo man sie in Berührung bringt, entwikelt sich fast alles Wasserstoffgas von der Oberfläche des Kupfers, obgleich das Zink noch immer das einzige Metall ist, welches sich aufzulösen fortfährt. Durch die Berührung dieser Metalle unter den angegebenen Umständen kommt eine außerordentliche Kraft, die galvanische, in Circulation; dieselbe bringt bei ihrer Strömung vom Zink zur Säure, von der Säure zum Kupfer und vom Kupfer wieder zurük zum Zink, eine besondere Classe von Wirkungen hervor. Indem man eine Anzahl solcher Plattenpaare miteinander verbindet, so daß die von jedem Paar erzeugte Elektricität durch die ganze Reihe circulirt, erhöht man die Intensität der galvanischen Kraft bedeutend und erhält eine sogenannte zusammengesezte Volta'sche Batterie. Bringt man dann an den zwei Enden der Batterie Drähte oder Streifen von biegsamem Metall an, so kann man leicht einen elektrischen Strom durch jeden Körper leiten, auf welchen man zu wirken wünscht. Angenommen, man leite diesen Strom durch eine Auflösung von salzsaurem Natron oder einem anderen Salz, so findet Zersezung des Wassers sowohl als des Salzes statt und die frei gewordenen Elemente begeben sich nach den zwei Polen oder Enddrähten der Batterie. Der Wasserstoff des Wassers und das Alkali des Salzes erscheinen am sogenannten negativen Pol, während der Sauerstoff und die Säure sich an den positiven Pol begeben; besteht lezterer aus einem Metall, welches eine ziemlich starke Verwandtschaft zum Sauerstoff hat, so wird es angegriffen und aufgelöst. Durch geeignete Anwendung dieser einzigen Thatsache ist man im Stande die schönsten Desseins mittelst Volta'scher Elektricität darzustellen. Wenn z.B. in zwei Farben, Blau und Braun, gedrukt werden soll, so muß man die Drukform so zusammensezen, daß sie dem Zeuge, worauf sie zu liegen kommt, verschiedenartige Metalle an verschiedenen Stellen seiner Oberfläche darbietet. Die Metalle müßten in diesem Falle Eisen und Kupfer seyn und das Verfahren beim Druken bestände in Folgendem: Auf eine ebene, mit dem negativen Pol einer geladenen Volta'schen Batterie verbundene Metallplatte legt man zwei oder drei Schichten Kattun, welcher vorher mit einer Mischung von salpetersaurem Natron und eisenblausaurem Kali befeuchtet worden ist. Auf den Kattun legt man dann die metallene Drukform. Es bleibt noch Alles unverändert, bis man die obere Platte mit dem positiven Draht berührt; in dem Augenblik aber, wo dadurch die Kette geschlossen wird, erfolgt eine Zersezung der Salzlösung: Wasserstoff Kali und Natron gehen an den negativen Pol, während Sauerstoff, Salpetersäure und Eisenblausäure sich an den positiven Pol begeben, wo sie auf die sich ihnen darbietenden Metalle wirken und augenbliklich eine genaue Copie des Desseins in den gehörigen Farben erzeugen. Der Hergang ist einleuchtend: eisenblausaures Eisen ist blau und eisenblausaures Kupfer braun; diese Pigmente entstehen also, wo immer die zwei Metalle den Zeug berühren. Das salpetersaure Natron wird der Beize zugesezt, um den Durchgang der Elektricität zu erleichtern und die Bekrustung der Metalle auf der Drukform mit unauflöslicher Substanz zu verhindern; leztere würde ohne diesen Zusaz unvermeidlich stattfinden, so daß man nach zwei oder drei Operationen nicht mehr fortdruken könnte. Wir wollen nun auf ein anderes Beispiel übergehen. Um Roth und Schwarz zu druken, muß der Zeug mit Thonerdebeize getränkt und das Muster auf der Form bloß aus einem Metall – nämlich Eisen – verfertigt werden. Dasselbe wird wie im vorhergehenden Beispiele mit dem positiven Pol der Batterie berührt und nachdem der elektrische Strom durch den Zeug gegangen ist, nimmt man lezteren durch ein Krappbad. An allen Stellen, wo das Muster mit dem Zeug in Berührung kam, wird sich derselbe dann schwarz färben, an den übrigen dagegen roth. Das Verfahren läßt sich auch anwenden, um zu äzen oder eine örtliche Farbenveränderung hervorzubringen. Legt man einen Kattun, welcher schon mit Berlinerblau gefärbt ist, mit salpetersaurem Natron befeuchtet auf den positiven Pol der Batterie und bedekt ihn mit einer Zinkplatte, so wird sich in dem Augenblik, wo man das Zink mit dem negativen Draht berührt, das Blau in ein schönes Braun verwandeln und zwar auf allen Stellen des Zeugs, welche die Elektricität durchlassen; sobald nämlich das Alkali an die negative Platte gelangt, zersezt es das Berlinerblau, verbindet sich mit dessen Säure und scheidet das Eisenoxyd aus. Mit Indigo gefärbter Zeug, welchen man mit einer Auflösung von Kochsalz befeuchtet (die mit Salzsäure schwach angesäuert wurde), wird durch die Batterie am positiven Pol gebleicht; lezterer muß in diesem Fall aus Platin bestehen. Bei allen diesen Versuchen muß man die Beizen mit etwas Stärke etc. verdiken, damit die Farben nicht austreten. ––––––––– Der Verfasser ist wirklich der Ansicht, daß durch Einführung seines Verfahrens in den Kattundrukereien die gegenwärtig gebräuchlichen Maschinerien sehr vereinfacht, auch die zahlreichen Operationen behufs der Darstellung vielfarbiger Muster in ächten Farben bedeutend vermindert würden. Ganz abgesehen von den großen Schwierigkeiten, womit die Production untadelhafter Waare auf diesem Wege verbunden wäre, muß es dem Theoretiker wie dem Praktiker sogleich einleuchten, daß ein derartiges Drukverfahren ohne Vergleich kostspieliger als das gewöhnliche seyn wird, weil die Pigmente oder die Basen der Farben von der Drukform selbst durch Oxydation ihres Metalls und Uebertragung desselben auf den Zeug hergenommen werden und zwar mittelst der Einwirkung einer Kraft, deren Gewinnung noch besondere, nicht unbedeutende Kosten verursacht. Hr. Baggs ließ sich das Princip seines galvanischen Drukverfahrens früher schon für die Fabrication bunter Papiere patentiren (polyt. Journal Bd. LXXXII. S. 308). E. D.