Titel: | Herbert Spencer's Instrument zur Berechnung der Geschwindigkeiten auf Eisenbahnen. |
Fundstelle: | Band 86, Jahrgang 1842, Nr. L., S. 259 |
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L.
Herbert Spencer's Instrument zur Berechnung der
Geschwindigkeiten auf Eisenbahnen.
Aus dem Civil Engineers and Architects' Journal. Jul.
1842, S. 231.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Spencer's Velocimeter.
Das in Fig. 39
abgebildete Instrument, dem ich den Namen „Velocimeter“ beigelegt habe, hat den Zwek, die langen
Berechnungen, welche zur Bestimmung der Geschwindigkeiten bei Probefahrten von
Locomotiven häufig nöthig sind, entbehrlich zu machen.
Die Behandlung des Instrumentes gründet sich auf ein bekanntes geometrisches Princip,
nämlich die Proportionalität der Seiten ähnlicher Dreieke. In dem rechtwinkligen
Dreieke ABC, Fig. 39, stelle A B eine gegebene Anzahl Minuten und Secunden und AC die Anzahl in dieser Zeit durchlaufener Meilen
und Ketten (chains) vor. Wird alsdann die Linie AB so weit verlängert, bis sie einer Stunde gleich
kommt, und von ihrem Ende D aus ein Perpendikel gezogen,
welches die Verlängerung von AC in E schneidet, so stellt AE die Meilenzahl vor, welche zurükgelegt worden wäre, wenn die Bewegung
eine Stunde lang fortgedauert hätte, d.h. sie gibt das Geschwindigkeitsverhältniß
per Stunde an, unter welchem die Streke AC zurükgelegt worden ist. Man mache nun AE um A drehbar und
lasse es irgend eine andere Lage, z.B. AE' oder
AE'' annehmen, so leuchtet ein, daß die
Verhältnisse immer noch dieselben seyn müssen, und daß, wenn in der Zeit AB die Distanzen AC' oder AC
'' beschrieben werden, AE
'' das respective Geschwindigkeitsverhältniß per Stunde angibt. Macht man ferner BC längs AD
beweglich, oder was dasselbe ist, theilt man AD in
Minuten und Secunden, und zieht von den Theilungspunkten aus Linien parallel zu BC, so werden wir im Stande seyn, die drehbare
Linie innerhalb der zufolge dieser Anordnung zulässigen Gränzen auf beliebige
Entfernungen und Zeiten zu richten.
Man wird hier wahrscheinlich den Einwurf machen, daß, wenn die eine Stunde vorstellende Linie AD in
Minuten und Secunden eingetheilt werden soll, ihre Länge so bedeutend ausfallen muß,
daß dadurch das Instrument für den gewöhnlichen Gebrauch zu unbequem wird. Diese
Schwierigkeit ist indessen sehr leicht zu beseitigen.
Wenn AD, Fig. 40, eine
Viertelstunde, anstatt wie in der lezten Figur eine Stunde repräsentirt, so folgt,
daß unter übrigens gleichen Umständen AE den
vierten Theil der Meilenzahl per Stunde vorstellt, d.h.
wenn die Seite AE viermal so viel Eintheilungen
hätte, so würde sie
das Verhältniß der Geschwindigkeit per Stunde angeben.
Ist daher AE mit zwei Scalen versehen, die eine
zur Adjustirung und die andere als Indicator mit Eintheilungen von 1/4 der Größe der
ersteren Scale, so können die Geschwindigkeiten, wie oben, abgelesen werden. Oder,
wenn man es wünschen sollte, 1/8 anstatt 1/4 Stunde sich zu bedienen, so braucht man
nur den Eintheilungen der Indicatorscale 1/10 der Größe der adjustirenden
Eintheilungen zu geben, woraus sich dasselbe Resultat ergeben wird.
Das Princip nun ist auf folgende Weise praktisch ausgeführt. AD, Fig. 41, ist die
Zeitscale, welche in vorliegendem Falle den zehnten Theil einer Stunde oder 6
Minuten umfaßt; jede Minute schließt 15 Theile in sich, von denen also einer 4
Secunden vorstellt; da nun jeder dieser Theile durch das Auge noch in zwei Theile
getheilt werden kann, so kann man annehmen, die Scale sey in Perioden, jede zu 2
Secunden, getheilt. AE ist die um den Mittelpunkt
A drehbare Distanzscale. Die Adjustirscale ist in 4
Meilen und jede dieser Meilen wieder in 80 Ketten (chains) getheilt. Derselbe Raum ist an der anzeigenden Scale in 40 Meilen
und jede der lezteren wieder in 8 Theile getheilt; 10 Meilen an der einen Scale sind
äquivalent einer Meile an der anderen, folglich erstrekt sich die Zeitscale nur auf
1/10 einer Stunde.
Um nun mit diesem Apparate Resultate zu erhalten, wird die drehbare Scale so weit
bewegt, bis der der zurükgelegten Meilen- und Kettenzahl entsprechende
Theilstrich mit demjenigen Theilstrich coincidirt, welcher die während Zurüklegung
dieser Streke verflossenen Minuten und Secunden darstellt. Ist das Instrument auf
diese Weise gerichtet, so liest man an der anzeigenden Stelle, da wo dieselbe die
Linie D B schneidet, das Geschwindigkeitsverhältniß per Stunde ab. Es sey z.B. eine Streke von 1 Meile und
25 Ketten in 2 Minuten und 48 Secunden zurükgelegt worden, welches ist die
Geschwindigkeit? Nachdem man die diesen Angaben entsprechenden Theilstriche bei a zum Coincidiren gebracht hat, untersucht man den
Durchschnittspunkt an der Indicatorscale und findet die Geschwindigkeit etwas mehr
als 28 Meilen per Stunde, was mit dem Resultate der
Berechnung übereinstimmt.
Es durchlaufe ferner eine Locomotive 1 Meile 54 Ketten in 4 Minuten 40 Secunden,
welches ist die Geschwindigkeit per Stunde? Man bewegt
wie oben die drehbare Scale, bis der bei b' befindliche,
1 Meile 54 Ketten angebende Theilstrich mit dem 4 Minuten 40 Secunden entsprechenden
Theilstrich bei b' zusammentrifft; der Rand der Scale
gelangt alsdann in die Linie Ac', der Punkt c der Scale entspricht der Durchschnittsstelle c' und gibt eine Geschwindigkeit von etwas mehr als 21
1/2 Meilen per Stunde an.
Wenn von den drei Bestimmungen, Zeit, Entfernung und Geschwindigkeit irgend zwei
gegeben sind, so läßt sich die dritte finden, so daß der Apparat sowohl zum
Auffinden der Zeiten und Distanzen als auch der Geschwindigkeiten anwendbar ist. Ist
daher die Geschwindigkeit bestimmt, unter welcher der Betrieb auf einer Eisenbahn
stattfinden soll, und sind die Entfernungen der Stationen von einander bekannt, so
findet man die Zeit der Ankunft, indem man die drehbare Scale auf die gegebene
Geschwindigkeit richtet, und sich die den gegebenen Distanzen entsprechenden Zeiten
merkt; sollten die Resultate unzulässig seyn, so müßten so lange andere
Geschwindigkeiten angenommen werden, bis der erwünschte Zwek erreicht wäre.
Das Instrument, welches die Resultate bis auf 1/8 Meile per Stunde genau angab, was für gewöhnliche Zweke genügt, wurde einige
Zeit lang bei Locomotivproben auf der Birmingham- und
Gloucester-Eisenbahn angewendet, und sehr befriedigend gefunden.