Titel: | Ueber die Anwendbarkeit gußeiserner Bahnschienen und die neuesten amerikanischen Verbesserungen an der Locomotive. |
Fundstelle: | Band 87, Jahrgang 1843, Nr. LXXXVI., S. 321 |
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LXXXVI.
Ueber die Anwendbarkeit gußeiserner Bahnschienen
und die neuesten amerikanischen Verbesserungen an der Locomotive.
Aus Briefen eines in Nordamerika eingebürgerten
Deutschen.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Ueber die Vortheile und Befestigungsweise der
Gußschienen.
I. Ueber die Vortheile und
Befestigungsweise der Gußschienen.
Durch den neuen Zolltarif dürfte das Eisenbahnsystem in Amerika eine wesentliche
Veränderung erleiden, deren Folgen auch für Deutschland von der größten Wichtigkeit
seyn können. Der hohe Zoll auf englisches und überhaupt fremdes Eisen wird nämlich
die Amerikaner zwingen, bei dem Bau von neuen Eisenbahnen und der Ausbesserung der
alten, von ihrem eigenen Eisen Gebrauch zu machen.
Indessen besizen die Vereinigten Staaten noch keine größeren Walzwerke, und um diese
zu gründen, sind Capitalien nöthig, über welche unsere Eisenbergwerk-Besizer
nicht so leicht verfügen können. Es suchen daher unsere Ingenieurs die bis jezt
üblich gewesenen schmiedeisernen Schienen durch solche von Gußeisen zu ersezen. Zwar sind die Engländer auch schon auf diese Idee
gerathen, doch lag es nicht im Interesse der Eisenwerkbesizer von Wales, dieselbe zu
verbreiten oder praktisch auszuführen. Das geschmiedete englische Eisen wurde in
alle Welt verführt, Amerika und zum Theil der europäische Continent den Engländern
zinsbar gemacht. Unter diesen Umständen hat der amerikanische Ingenieur Norris folgende Fragen aufgeworfen und dieselben
sämmtlich bejahend beantwortet.
1) Ist gegossenes Eisen ein sicheres Material für Eisenbahnen?
2) Sind gegossene Schienen im Vergleich mit gewalzten hinlänglich dauerhaft?
3) Ist die Adhäsion zwischen den Rädern der Locomotiven und den gußeisernen Schienen
hinlänglich für alle praktischen Zweke?
4) Würden gußeiserne Schienen dem Einfluß großer Kälte zu widerstehen im Stande
seyn?
5) Wird die Verwendung von gußeisernen statt gewalzten Schienen wirklich weniger
kostspielig seyn?Wir wollen hier die Ansichten zweier englischen Ingenieure über die
Gußschienen anführen, nämlich von Nicolaus Wood
und Robert Stephenson, welche im Eisenbahnwesen
die gewichtigste Stimme haben.
Wood's Erklärung lautet: „Es ist bei
der Construction einer Eisenbahn von der größten Wichtigkeit, nur solche
Materialien zu verwenden, welche Stärke, Dauer und Oekonomie in sich
vereinigen. Während das Gußeisen eine Härte darbietet, die den
Wagenrädern wenig Hindernisse entgegenstellt, bildet es gleichzeitig
eine sehr dauerhafte Masse und widersteht der Reibung der Räder mit dem
besten Erfolge; seine Zerbrechlichkeit ist
das einzige Hinderniß, welches der vollständigen Anwendbarkeit dieses
Materials im Wege steht.“
Stephenson äußert sich folgendermaßen:
„Die Unterhaltungskosten von
Eisenbahnen mit gewalzten und gegossenen Schienen sind, gegen einander
abgewogen, so verschieden, daß die lezteren kaum die Hälfte der ersteren
betragen und zuweilen noch weniger. Die Stockton- und
Darlington-Bahn liefert hievon den Beweis; bei derselben hat man
gegossene Schienen selbst auf einer
Aufschüttung, wo eine eben so große Erschütterung und Passage als bei
jedem anderen Theil der Bahn stattfindet, verwendet.“
Diese Citate sind einer Schrift „Ueber das Eisenbahnbauwesen in
Nordamerika, England und andern Ländern von Ch. Zimpel.“ entnommen, welche im Jahr 1840 bei L. Förster in Wien erschien. Diese Schrift zeichnet
sich, abgesehen von ihren Mängeln, durch einen Schaz von praktischen
Erfahrungen und Beobachtungen aus, welche Hr. Zimpel als talentvoller Ingenieur, während seines Wirkens in
Nordamerika, namentlich bei der New Orleans- und
Nashville-Eisenbahn in Louisiana zu machen Gelegenheit hatte. Seite
122 sagt Hr. Zimpel über die Gußschienen:„Mehr das anfangs angenommene System des Oberbaues mit
unterbrochener Unterstüzung, als die von englischen Ingenieuren
aufgestellte Behauptung, daß bei geschmiedeten Radreifen und gewalzten
Schienen der Dampfwagen eine größere Kraft, als bei Anwendung von
gußeisernen Schienen ausüben könne, veranlaßte, daß die gewalzten
Schienen bei allen Constructionsarten beibehalten wurden, weßhalb
wir dieselben auch in dieser Schrift vorzugsweise berüksichtigen
wollen.“(Die ersten Eisenbahnen wurden bekanntlich mit gußeisernen Schienen
construirt und zwar mit unterbrochener
Unterstüzung; natürlich brachen sie hiebei leicht; dazu kam noch ihre
geringe, 3 bis höchstens 6 Fuß betragende Länge, wodurch manches andere für
die Bahn nachtheilige Uebel herbeigeführt wurde. In Karmarsch's und Heeren's Bearbeitung
von Ure's technischem Wörterbuch wird über die
Gußschienen bemerkt:„Neuerdings haben verschiedene Ingenieure, namentlich für
unterbrochene Unterstüzung, wieder gußeiserne Schienen vorgeschlagen.
Kann man das Brechen verhindern, so bieten
sie allerdings den Vortheil dar, daß, bei Krümmungen, die Schienen auch
gleich solchen entsprechend gegossen werden können, während das Biegen
der gewalzten Schienen sehr kostspielig und zeitraubend ist. Hiezu
möchte noch anzuführen seyn, daß man gegenwärtig die gußeisernen auch
bis zu 15 Fuß Länge herzustellen weiß und ihr Preis gegen Walzschienen
weit geringer ist.“ A. d. R.)
Ueber die Dauer der schmiedeisernen Schienen ist man jezt
in Amerika ganz im Reinen. Nach den gemachten Erfahrungen verspricht sich kein
Ingenieur von gewalzten Schienen von 40 bis 50 Pfd. per
Yard Schwere, mehr als 12 bis 18 Jahre, von solchen die 20 bis 35 Pfd. per Yard wiegen, mehr als 6 bis 8 und von noch leichtern
Schienen mehr als 3 bis 4 Jahre Dauer bei einem Verkehr, den man in Europa nicht
einmal zu den lebhaftesten zählen würde; und selbst diese durchschnittliche Dauer
wird nur dann erreicht, wenn die Gestalt der Schienen deren Umkehrung erlaubt.
Ich will diesen Punkt durch Beispiele versinnlichen. Ich will annehmen, ein
Eisenbahnsystem von 1000 englischen Meilen sey mit gewalzten Schienen von 50 Pfd.
per Yard hergestellt. Dann würden auf 3 Fuß (3 Fuß
sind eine englische Yard) Länge der Bahn 50 × 2 = 100 Pfd. und per Meile 100 × 1760 = 176,000 Pfd. liegen oder
in runder Zahl 80 Tonnen, die Tonne zu 2240 Pfd. gerechnet; hievon kostet die Tonne
nach hiesigen Preisen 70 Dollars, daher das Eisen per
Meile 5600 Dollars und für das ganze System von 1000 Meilen 5,600,000 Dollars. Nach
15 Jahren müssen aber diese Schienen erneuert werden, der hiebei jährlich
wegfallende Quotient beträgt demnach 373,333 Dollars; hiebei können die alten Schienen nicht mehr
verwendet werden, sie sind, so zu sagen, wegzuwerfen, da sie als ausgeglühtes,
zerarbeitetes Eisen nicht einmal zu Grobschmiedarbeiten verwendet werden können. Es
sey nun im Gegentheil obige Bahn aus gußeisernen Schienen von 70 Pfd. per Yard im Gewicht hergestellt.Gußeiserne Schienen müssen nämlich wenigstens um ein Drittel stärker (schwerer) seyn als schmiedeiserne, wenn ihre
Dauer derjenigen der leztern gleichkommen soll. Man würde daher auf die Meile 70 × 2 × 1760 = 246,400 Pfd.,
oder 110 Tonnen Gußeisen brauchen. Hievon kostet die Tonne hochgerechnet 50 Dollars,
daher das Material per Meile 5500 Dollars und für die
fragliche Bahn 5,500,000 Dollars. Nehmen wir nun an, daß diese gußeisernen Schienen,
die, wie die gewalzten, auf Längenhölzern ruhen, eine Dauer von bloß 15 Jahren
besäßen. Der jährliche Quotient wäre demnach 366,666 Dollars. Der Werth des alten
Gußeisens aber, welches wieder mit einer proportionalen Mischung von Roheisen
verwendet werden kann, beläuft sich hier zu Lande auf 30 Dollars per Tonne. Schlagen wir ihn jedoch nur zu 20 Dollars an,
so haben wir bei 110,000 Tonnen einen Werth von 2,200,000 Dollars, oder einen
jährlichen Quotienten von 146,666 Dollars. Dieß gibt eine positive jährliche
Ersparniß von 153,333 Dollars, verglichen mit der Verwendung des gewalzten Eisens,
oder ungefähr 3/7 dessen, was die Eisenunterhaltung einer mit gewalzten Schienen
ausgelegten Bahn jährlich kosten würde.
Sollten wir nun nicht Gußeisen zu den Schienen verwenden, oder ist die so sehr
verbreitete Ansicht, daß es hiezu untauglich sey, wirklich gegründet? Die Erfahrung
zeigt, daß man die Vorzüge der gewalzten Schienen sehr übertrieben hat, und daß nur
die neuesten Bahnen in England, welche mit gewalzten Schienen
von 60 bis 75 Pfd. per Yard Schwere hergestellt sind, längere
Dauer versprechen (die
erst seit 13 Jahren im Gebrauch stehende Liverpool- und
Manchester-Bahn geht bereits im dritten Paar Schuhe). Eisenbahnen mit so
schweren Schienen würden aber hier zu Lande unerschwinglich viel kosten und
überhaupt nicht leicht irgendwo, als in dem reichen, übervölkerten Inselstaat sich
auszahlen. Das schnelle Zugrundegehen schmiedeiserner Schienen ist durch die Art
ihrer Verfertigung begründet. Welche Gestalt man ihnen auch geben mag, nie wird man
es dahin bringen, die in Schichten, wie die Blätter eines Buches, wenn auch noch so
gewaltsam gepreßten Pakete, in eine homogene Masse zu verwandeln; bei allen
schmiedeisernen Schienen hat sich nämlich herausgestellt, daß die mit verticalen
Laminen gewalzten sich an der Kopfplatte (top table)
abdrüken und spalten, jene mit horizontalen hingegen sich abblättern.Ueber die Verfertigung der gewalzten Schienen findet man Näheres im
polytechn. Journal Bd. LXXXV. S.
7.
Wir haben schon viele Belege, daß man beim Eisenbahnwesen den herrschenden Ansichten
kein blindes Vertrauen schenken darf. So hielt man es noch vor 12 Jahren für
unmöglich oder doch höchst unvortheilhaft, Gefälle von mehr als 32 Fuß per englische Meile, ohne stationäre Dampfmaschinen zu
übersteigen und Curven mit einem kürzeren Halbmesser als 1200 Yards (3600 Fuß)
anzulegen. Jezt schreken Neigungsverhältnisse von 50 bis 100 Fuß per Meile und Krümmungen von 100 Yards Halbmesser
amerikanische Locomotiven-Fabrikanten nicht mehr zurük.
Gußeiserne Schienen müssen aber, um
ihrer Zerbrechlichkeit zu begegnen, nicht nur (wie bereits erwähnt wurde)
ein stärkeres Profil erhalten und um ein Drittel schwerer
im Gewicht gemacht worden, als die gewalzten, sondern man muß sie auch durchaus auf Holz aufliegen lassen, eine Methode, welche
nach allen in Amerika und England gesammelten Erfahrungen selbst für schmiedeiserne
Schienen die empfehlenswertheste ist.
Wenn die Engländer von den Amerikanern gelernt haben, Holz zum
Oberbau der Eisenbahnen zu nehmen, so kann jezt Amerika von England lernen,
wie dasselbe mit größter Sparsamkeit zu verwenden ist. Die
South-Eastern-Eisenbahn in England ist nämlich von W. Cubitt nach dem Muster der
Philadelphia-Realling- und Patsville-Eisenbahn erbaut worden;
das heißt die hölzernen Querschwellen liegen auf und in dem Steinbette des
Unterbaues und auf sie sind die gewalzten Schienen befestigt. Der Unterschied
zwischen der englischen und amerikanischen Bahn besteht jedoch darin, daß Hr. Cubitt die sogenannten Parallelschienen von 75 Pfd. per Yard mit zwei Stühlen für jede Querschwelle, Hr. Robinson hingegen die Hschienen von 45 1/8
Pfd. per Yard bloß mit Stühlen an den Stoßenden
gebraucht hat. Ferner sind Robinson's Querschwellen
Parallelopipeden, die des Hrn. Cubitt hingegen auf den
rechten Winkel des Scheitels gestellte Prismen. Hiebei bilden die Ringe des Holzes
eben so viele Gewölbbögen, und Steine und Schotter können fest unter die
Querschwellen bei der Wiederzurechtrichtung der Bahn gerammt werden, ohne sie, wie
die Parallelopipeden, mit Hebeln aufheben zu müssen. Nach Horne's interessanten Versuchen hat sich nämlich gezeigt, daß von drei
hölzernen Balken von 36 Quadratzoll Querschnitt, das dreiseitige Prisma, wenn es auf
den rechten Scheitelwinkel gestellt wird (Fig. 50), um 1/3 mehr
Stärke als das Quadrat oder Parallelogramm besizt. Nun aber ist auch diese Figur
nicht minder als das Quadrat, zugleich jene der größten Oekonomie, da aus einem
zwölfzölligen Balken gleichfalls vier Querschwellen geschnitten werden können (Fig. 51). Auf
die Grundfläche gelegt, haben prismatische Querschwellen über vierekige den
entschiedenen Vortheil, daß sie das Wasser ablaufen machen. Dergleichen Holzprismen
sind zwar in England schon früher verwendet worden, jedoch bloß für die
Schienen-Längenhölzer. Nach dem Muster der Birmingham-Bristol-
und Thames-Junction-Eisenbahnen, wo prismatische Längenhölzer
gebraucht wurden, hat Hr. Saxton in Philadelphia prismatische Längenhölzer für Schienen von Gußeisen in
Antrag gebracht; diese, mit den Querschwellen des Hrn. Cubitt vereinigt, dürften unläugbar einen festen und ökonomischen Oberbau
geben. In Fig.
52 bezeichnet a die Schiene; b die Längenschwellen, aus weichem, c die Querschwellen, aus hartem Holze, und d das Steinbett.
Für die ununterbrochen auf Holz gelegten gußeisernen
Schienen muß aber auch der Oberbau so eingerichtet werden, daß
die zerbrochene Schiene noch in ihrer Lage erhalten wird. Um diesen Zwek zu
erreichen, schlug ein sich in Philadelphia aufhaltender k. k. österreichischer
Genie-Officier vor, die Schienen auf ihrem Längenholz durch en échiquier gestellte Schrauben zu befestigen
und sie mit einem Rüken zu versehen; Fig. 49 zeigt diese
Construction im Durchschnitt.Um die zerbrochene Gußschiene in ihrer Lage zu erhalten, empfahl früher ein
amerikanischer Ingenieur das Einlegen einer Sicherheitsstange während des
Gusses, welche aus geschmiedetem, 3/4 Zoll dikem Eisen bestehend, der Länge
nach fortlaufen würde, wodurch die Schiene im Durchschnitt die Gestalt Fig.
48 erhielte.. Eine Modification dieser (90 Pfd. per
Yard wiegenden) Schiene,
welche der Ingenieur Trimble vorschlug, zeigt Fig. 53 im
Profil. Lezterer versieht die Schiene nämlich mit einer das Längenholz wie ein
Gesims überhängenden Fußleiste, wodurch die Feuchtigkeit etc. wirksamer abgehalten
wird, während die von ihm angenommene geschweifte Form der Schiene ihr auch mehr
Stärke verleiht und die Kopfplatte das Abreiben der Schienen an der innern Seite
verzögert, wodurch auch das Ablaufen des Trains von der Bahn erschwert wird. Den
Sattel auf dem Längenholze billigt er vollkommen, weil dadurch die Schiene keiner
Seitenbewegung unterliegt und selbst wenn sie bricht, in der Richtung der Bahn
erhalten wird. Sollte das in Norddeutschland bei Befestigung der Brükenschienen
übliche System, wie das Profil Fig. 54 zeigt, auch bei
den Gußschienen beibehalten werden, so können dieselben um einige Pfunde leichter
gemacht werden; schachförmig gestellte, durch die Fußleiste gehende Schrauben von 3
1/2 Zoll Länge, wie sie der österreichische Genie-Officier vorschlug,
scheinen jedoch deßwegen den Vorzug zu verdienen, weil eben durch ihre schachförmige
Stellung jedes gebrochene Stük noch für sich auf dem Längenholze festgehalten wird.
Hrn. Trimble's Modification besizt noch den Vortheil, daß
der Vorsprung an der Fußleiste der Wirksamkeit des Sattels zu Hülfe kommt, die
Schiene daher um so weniger seitwärts bewegt werden kann. (Eben so billigt der
leztere Civilingenieur den Gebrauch von prismatischen Querschwellen, gibt aber den
auf die Grundfläche gelegten den Vorzug.)
Aber nicht allein gegen das aus England bezogene Schienenmaterial, auch gegen die von
England auf Amerika und den europäischen Continent übergegangene Bahnweite protestiren jezt viele amerikanische
Ingenieurs. Schon vor mehreren Jahren ist Hr. Johnson aus
dem Süden gegen die fatale Praxis, die Bahnen bloß so weit zu machen als die
Geleisbreite der englischen Landkutschen, zu Felde gezogen; aber erst bei den im
Staate Georgien kürzlich hergestellten Bahnen wurde hievon abgegangen und die
Geleisweite von 4 Schuh 5 1/2 Zoll auf 5 Schuh erhöht. Diese Dimension dürfte sehr
zwekmäßig seyn und die richtige Mitte halten zwischen den engeren Bahnen und der
weiten Great-Western-Bahn (in England). Die New Orleans- und
Nashville-, so wie die New York- und Erie-Eisenbahn liefern, so
weit sie beendigt sind, in Amerika den Beweis, daß eine Geleisweite von 6 Schuhen zu
viel ist. Eine solche Spurweite vertheuert ohne entsprechende Gegenvortheile sowohl
die Bahn, als die Locomotiven und Wagen. Ich empfehle daher für deutsche Bahnen eine
Spurweite von 5 und nicht 6 Fuß, wie bei der Bahn am rechten Rheinufer, als die
zwekmäßigste.
Die Eisenbahnen sind ohne Zweifel eines der wirksamsten Mittel zur Beförderung der
Civilisation, des Wohlstandes und der Macht der Staaten geworden. Nur häufen sich
die Verbesserungen und Erfindungen so schnell aufeinander, daß sich keine Methode
festsezen läßt, von deren vortheilhafter Anwendung man auf längere Zeit überzeugt
seyn könnte; es läßt sich daher vorderhand keine allgemeine Theorie aufstellen, nach
welcher die Bauten unternommen und ausgeführt werden sollten, sondern es heißt hier
mehr als irgend anderswo: prüfet Alles, das Beste behaltet. Jedenfalls erfordert
aber ihr Bau die größte Sparsamkeit und eine sorgfältige Benüzung aller neueren
Erfindungen, um die darauf verwendeten Kosten zu deken, denn leider hat sich auch in
Nordamerika der Saz bewährt, daß bei Eisenbahnen, deren Bau von 30,000 bis 50,000
Dollars per englische Meile beträgt, selbst der sehr
hohe Fahrpreis von 4 Cent. (4/100 Dollars) per engl.
Meile, noch keinen Gewinn abwirft.
II. Ueber die neuesten amerikanischen
Verbesserungen an der Locomotive.
Seitdem es den HHrn. Eastwick und Harrison in Philadelphia gelungen ist, die achträderigen Maschinen mit
zwei Triebachsen auf den gegenwärtigen Stand der Vollkommenheit zu bringen,
verschwinden die sechsräderigen mit einer Triebachse,
deren allgemeine Verbreitung in der Union und Einführung auf den europäischen Bahnen
hauptsächlich das Werk der Firma William Norris aus
Philadelphia ist, immer mehr und mehr von den amerikanischen Bahnen.
Der Nuzeffect einer Locomotive, wie groß auch der Druk des Dampfes auf die Kolben in
den Cylindern ist, hängt bekanntlich von der Adhäsion der durch die Kolbenstangen
bewegten Triebräder auf den Schienen ab. Je geringer die zwischen den Triebrädern
und Schienen stattfindende Reibung ist, desto kleiner wird auch die Last, welche die
Locomotive fortzubewegen vermag, und es würde dieselbe, wenn gar keine Reibung
stattfände, vollkommen auf Null herabsinken. Steht daher diese Reibung (Adhäsion)
mit der Kraft der Maschine und mit der angehängten Last in keinem Verhältniß, ist
sie z.B. geringer als absolut nothwendig, so werden die Räder auf der Bahn bloß sich
umdrehen oder schleifen, ohne daß die Maschine vorwärts geht. Das Bestreben aller
Locomotiven-Fabrikanten sowohl hier als in England war daher hauptsächlich
dahin gerichtet, das Anfassen (the grip) der Triebräder
auf den Schienen möglichst zu verstärken, um große Lasten über steile
Steigungsverhältnisse mit einer genügenden Geschwindigkeit fördern zu können. Aus
diesem erhellt, daß die
Adhäsion mit der Zunahme des zu ihrer Hervorbringung nuzbar gemachten Theiles vom
Gewicht der Maschine wächst, und daß sie für jede Locomotive ihr Maximum erreicht,
wenn ihr ganzes Gewicht adhäsiv wirkend gemacht werden kann. Ferner ist klar, daß,
auf je mehr Punkten, welche mit der Bahn in Berührung stehen, das Gewicht einer
Maschine vertheilt ist, desto weniger jeder dieser Punkte an und für sich selbst dem
Druk ausgesezt wird. Nun aber findet die Adhäsion bloß an den Triebrädern, d.h. an
jenen Rädern statt, die an den Triebachsen befestigt sind, oder denen eine
gleichmäßige Umwälzung von diesen aus durch Kuppelung mitgetheilt wird. Die Kunst
eine gute Locomotive zu bauen, besteht daher in der Benuzung ihres ganzen Gewichts
zur Erzeugung des Maximums von Adhäsion und in der Vervielfältigung der Triebräder
innerhalb der Gränzen mechanischer Thunlichkeit, um dabei die Bahn im möglich
geringsten Maaße zu drüken. Nur der Techniker ist im Stande die Schwierigkeiten zu
ermessen, die sich der Anwendung des aufgestellten Grundsazes in der Praxis
entgegenstellen; sie liegen hauptsächlich in der Kuppelung, welcher bis jezt keine
Biegsamkeit gegeben werden konnte, damit sich die Achsen der Maschine auch auf
Krümmungen von kurzen Halbmessern frei in der Richtung dieser Halbmesser bewegen
können.
Zwei Gattungen von Maschinen sind in Nordamerika seit Jahren allgemein in der Mode
gewesen: jene des Hrn. Matthias Baldwin mit einer
Triebachse hinter dem Herde (Fig. 55) und vier freien
Laufrädern in einem um einen Reihnagel beweglichen Vorausgestell, und die Maschine
des Hrn. William Norris mit einer Triebachse vor dem Herde, was sie hinten überwichtig machte (Fig. 56),
jedoch mit derselben Anzahl von Laufrädern, welche nach demselben System (Fig. 55)
angebracht sind. – Aus der Stellung dieses einzigen Triebräderpaars ergibt
sich, daß bei Hrn. Baldwin bloß 6/12 (die Hälfte), bei
Hrn. Norris aber 8/12 des ganzen Gewichts der Maschine
auf der einzigen Triebachse ruhen, weßhalb die Maschinen des lezteren 2/12 oder 1/6
mehr Adhäsion besizen und daher im Stande sind, eine diesem Ueberschuß an Adhäsion
entsprechende größere Last fortzuschaffen. Nehmen wir nun an, zwei derlei
sechsräderige Locomotiven seyen im dienstbaren Stande, jede 12 Tonnen schwer, so
würde bei Hrn. Baldwin's Maschine die 6, bei der des Hrn.
Norris hingegen die 8 Tonnen entsprechende Adhäsion
nuzbar wirken. Bei ersterer würde aber jedes der zwei Triebräder, die Bahn auf dem
entsprechenden Berührungspunkte bloß mit 6/2 = 3 Tonnen, bei lezterer hingegen mit
8/2 = 4 Tonnen drüken. Das Angriffsverhältniß dieser zwei Maschinen ist daher in
Bezug auf die Schienen wie 3: 4; d.h. wenn die durchschnittliche Dauer einer Bahn, welche von
sechsräderigen Baldwin'schen Locomotiven befahren wird,
16 Jahre beträgt, so wird dieselbe bei dem Gebrauche gleichartiger Norris'scher Locomotiven unter sonst gleichen
Verhältnissen nicht mehr als 12 Jahre dauern.
Von diesen Uebelständen überzeugt, haben mehrere amerikanische Ingenieurs, namentlich
Hr. Campbell in Philadelphia, die Einführung
achträderiger Locomotiven mit zwei Triebachsen –
eine vor und die andere hinter
dem Herde – jedoch immer unter Beibehaltung des den amerikanischen
Locomotiven eigenthümlichen Vorausgestells zu bewirken versucht. Bei einer solchen
Maschine würden wieder 8/12 auf die beiden Triebachsen, mithin auf jedes der vier
Triebräder 2/12 des ganzen Gewichts fallen. Ist nun solch eine Locomotive ebenfalls
nur 12 Tonnen schwer, so ist die Adhäsion wie bei der oben beschriebenen
sechsräderigen Maschine des Hrn. Norris mit einer Triebachse vor dem Herde, gleich 8 Tonnen, indeß
das Angriffsverhältniß, indem jedes Rad die Bahn nur mit 2 Tonnen drükt, mit dem Norris'schen verglichen, bloß wie 2 : 4 ist; d.h. eine
Bahn, die mit der sechsräderigen Maschine des Hrn. Norris
befahren 12 Jahre dauert, wird bei der Verwendung von achträderigen Locomotiven mit
zwei Triebachsen nicht vor 24 Jahren zu Grunde gehen, wenn die übrigen Verhältnisse
dieselben bleiben. – Nun aber scheiterten alle Versuche an dem Umstand, daß
bei der leztgenannten Gattung die vier Triebräder mittelst der Piedestale, an den
Tragrahmen der Maschine, welcher Herd, Kessel, Rauchkasten, Rauchfang etc. trug,
befestigt waren. Hiebei ereignete es sich, daß das eine oder das andere Paar
Triebräder auf den unebenen Stellen der Bahn oder bei Ansteigung einer schiefen
Ebene vor dem eben genannten Rahmen, der als Hebel wirkte, aufgezogen, mithin das
ganze Gewicht der Maschine wiederum nur auf ein paar Triebräder geworfen, und daher
jener Vortheil, den man sich aus der Verdoppelung der Triebachsen versprach –
nämlich Erleichterung der Bahn unter Nuzbarmachung des größeren Theils des Gewichs
der Maschine zur Erzeugung einer größeren Adhäsion – dennoch nicht erreicht
wurde.
Erst den Bemühungen der HHrn. Eastwick und Harrison ist es gelungen, dem gedachten Uebelstande
gründlich abzuhelfen und so den Vorzug achträderiger Locomotiven über sechsräderige
unbestreitbar herauszustellen. Sie erfanden nämlich eine Balanciervorrichtung zur
Gleichstellung des Gewichts der Maschine für noch so schlechte Bahnen. Dieser
Balanciervorrichtung bedienen sich nun seit ungefähr anderthalb Jahren durch Ankauf
des Privilegiums die meisten anderen Fabriken, wie z.B. jene zu New-Castle, im Staate Delaware,
die der HHrn. Roß-Winans zu Baltimore, und selbst
die Firma Norris hat im Monat Oktober mit den HHrn. Eastwick und Harrison ein
Uebereinkommen getroffen, um das Princip der gedachten Vorrichtung, welches an der
im Monat Februar d. J. aus ihrer Werkstätte hervorgegangenen Locomotive
„Virginia“ zum erstenmal von ihr in Anwendung gebracht
worden war, ferner beibehalten zu können. Unläugbar muß die von Hrn. William Norris daran vorgenommene Verbesserung, wodurch auch die
Triebräder in ein flexibles Gestell (truck) aufgenommen
werden, der Zwängung in den Büchsen begegnet und die Lage des Kessels einer stäten
Horizontalität näher gebracht ist, für schlechte oder der Ausbesserung bedürftige
Bahnen sehr willkommen seyn. – Mit dem Modell einer solchen achträderigen
Maschine bereist jezt Hr. William Norris Europa, um bei
dem Aufschwung der Eisenbahnen in Deutschland, Oesterreich, Frankreich und Italien
den betreffenden Regierungen Propositionen zu Bestellungen auf seine Maschinen zu
machen. Gewiß sind diese in ihrer Art vortrefflich; ob aber die HHrn. Eastwick und Harrison, deren
sonstiges mechanisches Arrangement sich durch größere Einfachheit auszeichnet (so
z.B. haben sie bloß zwei Excentrics und einen Handhebel, da bei ihnen durch ein
verschiebbares Zwischenventil, welches dieser Handhebel bewegt, die zum Avanciren
und Reversiren nöthige Stellung der Ventilöffnungen hervorgebracht wird, indeß die
Maschine des Hrn. Norris vier Excentrics und drei Hebel
mit vier Einfällen hat), bei einer ähnlichen Handelsweise nicht den Preis
davontragen würden? Dieß ist eine Frage, welche die bezüglichen Behörden in
Deutschland wohl erwägen sollten. Ebenso dürste die Frage: ob deutschen Maschinisten
durch Einführung amerikanischer Kunstmonopole die Hände gebunden werden sollen, und
ob durch eine prüfende und auswählende Combination der den Maschinen der
verschiedenen hiesigen Fabrikanten eigenthümlich angehörigen Vorzüge nicht in
Deutschland noch bessere Maschinen als hier gebaut werden könnten, eine
vaterländische Beherzigung verdienen.
Während die oben beschriebenen Verbesserungen im Bau der Locomotiven gemacht wurden,
ist jedoch auch die Firma Baldwin und Whitney nicht hinter ihren Mitbewerbern zurükgeblieben.
Hr. Baldwin sah ein, daß sich das Angriffsverhältniß
einer Locomotive noch günstiger für die Bahn durch Hinzugabe einer dritten
Triebachse gestalten müsse, hiebei aber auch zugleich der Vortheil erlangt werden
könne, das ganze Gewicht der Maschine zur Hervorbringung des Maximums der Adhäsion
zu benuzen, wenn die Anbringung von Triebachsen auch unter dem Vordertheil der Maschine
gelingt. Nach mehreren nicht ganz entsprechenden Versuchen, wobei Radgetriebe die
Haupt- und leider auch immer eine unglükliche Rolle spielten, ist Hrn. Baldwin die Erreichung seines Ziels gelungen, und zwar zu
Anfang des Jahrs 1842. Diese neueste Gattung von Adhäsionslocomotiven hat drei Triebachsen mit sechs gekuppelten Rädern, wobei die
zwei vorderen Räderpaare mit einer Balanciervorrichtung versehen und in ihren
Büchsenlagern so eingerichtet sind, daß ihnen troz der Kuppelung zum Theil jene
Wendungsfähigkeit eigen ist, welche für Krümmungen von kurzen Halbmessern erfordert
wird. Durch Verwandlung der übrigen Drukräder in Triebräder hat Hr. Baldwin das ganze Gewicht der Maschine adhäsiv nuzbar
gemacht. Ist nun eine solche Locomotive wiederum 12 Tonnen schwer, so können bei der
fraglichen Maschine diese 12 Tonnen adhäsiv wirken, wobei jede Achse bloß mit 4 und
jedes Triebrad nur mit 2 Tonnen belastet ist. Das Angriffsverhältniß einer solchen
Locomotive wäre daher gegen eine sechsräderige, mit einer Triebachse nach Hrn. Norris' Manier wie 2 : 4, gegen seine achträderige mit
zwei Triebachsen wie 2 : 2, indeß das Adhäsionsverhältniß gegen beide gehalten sich
wie 12 : 8 herausstellt, d.h. sind die leztgedachten Locomotive im Stande, 400
Tonnen auf einer horizontalen Ebene zu fördern, so wird die des Hrn. Baldwin mit drei Triebachsen 600 Tonnen fortzuschaffen
vermögen, und hiebei die Bahn gegen die achträderige gehalten in demselben Maaße,
mit den sechsräderigen verglichen aber um die Hälfte weniger verderben. Hieraus
entsteht der Vortheil, daß die Schienen bei einer festgesezten Dauer der Bahn in
demselben Verhältniß leichter gemacht werden können. Eine 30 Pfd. per Yard schwere Schiene, von der Locomotive Baldwin und mit drei Triebachsen befahren, wird z.B. eben
so lange dauern, als eine 60 Pfd. schwere unter Verwendung der Maschine des Hrn. Norris, wenn leztere bloß mit einer Triebachse versehen
ist. Daß die gegebenen theoretischen Verhältnisse nur annähernd praktisch richtig
sind, muß jedem von selbst einleuchten; sie kommen jedoch den hiesigen Erfahrungen
über die Dauer der schmiedeisernen Radkränze an den Triebrädern so ziemlich nahe.
Man hat nämlich bemerkt, daß die Dauer von Radkränzen (welche auf dieselbe Art wie
die gewalzten Schienen erzeugt werden) bei Maschinen von gleicher Schwere und
gleicher Verwendung mit der Anzahl der Triebachsen in ziemlich gleichem Verhältniß
steht. Bei einer Triebachse beträgt sie durchschnittlich bloß 9, und bei zweien 15
bis 18 Monate. Ueber die Schienen selbst hat man noch keine Gelegenheit gehabt,
entscheidende Erfahrungen zu sammeln, da die achträderigen Maschinen mit zwei
Triebachsen nur seit 4
bis 5 Jahren in Gebrauch sind, erst aber seit 2 Jahren allgemein verwendet werden.
Uebrigens ist durchgängig bekannt, daß die sechsräderigen Maschinen des Hrn. Norris mit einer Triebachse vor dem Herde, die Bahnen viel schneller als die gleiche Gattung der
Maschinen des Hrn. Baldwin mit einer Triebachse hinter dem Herde verderben, und daß ihnen der Kunstgriff
dem größeren Theile des Gewichts durch das Ueberhängen der Basis auf eine Achse zu concentriren, eine unangenehme stoßende
Bewegung gibt.
Der bezeichnete Fortschritt der HHrn. Baldwin und Whitney hat die Firma Norris
bewogen, auch eine Locomotive mit drei Triebachsen, jedoch unter Beibehaltung des
vorerwähnten flexiblen Hinterdruks zu projectiren. Bei gleicher Schwere wird sie
dasselbe wie die des Hrn. Baldwin leisten, doch hat sie
den Nachtheil, sich nicht so leicht den Krümmungen anfügen zu können, indem das
einzige vordere Räderpaar bloß einen Seitenspielraum in den Büchsen hat. Uebrigens
zweifle ich keineswegs, daß nicht auch Maschinen mit vier
Triebachsen und acht gekuppelten Rädern sollten erbaut werden können. Ist eine
solche Locomotive abermals 12 Tonnen schwer, so wird sie, wie die vorerwähnten
sechsräderigen neuer Art das Maximum der Adhäsion besizen, die Bahn aber nur im
Verhältniß wie 1 1/2 : 4 und von 1 1/2 : 2 verderben, wenn man sie mit der alten
sechsräderigen des Hrn. Norris und mit seiner
achträderigen mit zwei, oder den sechsräderigen mit drei Triebachsen respective
vergleicht.
Als lezte Verbesserung muß ich noch einer Schnelllocomotive der HHrn. Baldwin und Whitney erwähnen,
die sie erst kürzlich erfunden haben. Sie soll 50 engl. Meilen in der Stunde
zurüklegen. Eine solche Locomotive könnte die Bahn von Straßburg nach Wien in 24,
die von Wien nach der russischen Gränze in 14 bis 16 Stunden zurüklegen.
Dieß ist der Standpunkt, auf welchem sich gegenwärtig die
Locomotiv-Fabrication in Amerika befindet. Der Maschinen des Hrn. Roßwinans habe ich nicht weiter umständlich gedacht, weil
sie keinen besonderen Ruf haben, und aus demselben Grunde überging ich die Fabrik
von New-Castle, weil sie bloß verbesserte Maschinen nach dem alten Princip
des Hrn. Norris sind.
Obwohl die Locomotiven-Fabrication in den Vereinigten Staaten weiter
vorgeschritten ist als in England, so soll dieses doch nicht dahin verstanden
werden, als sey jezt eine jener Perioden des Stillstandes eingetreten, wie wir sie
seit 1833 in der englischen Locomotiven-Fabrication wahrzunehmen Gelegenheit
haben. Das Bedürfniß der Schonung von Schienen und Rädern, so wie das bei der
Bewegung der Maschine auf Curven, die Haupttriebachse der Locomotive und die mit ihr parallel
stehenden anderen Triebachsen in die Richtung des Krümmungshalbmessers zu bringen,
wodurch die Räder immer nur die Tangentialpunkte der Curve berühren würden,
beschäftigt derzeit viele denkende Köpfe. Nicht minder ist man bemüht, den beim
Gebrauch stationärer Dampfmaschinen mit Seilen ohne Ende auf schiefen Ebenen
stattfindenden Uebelständen abzuhelfen. In keinem Lande der Welt häufen sich
Erfahrungen und Resultate so schnell auf einander wie hier; die Thatkraft des
Engländers wird hier durch den Unternehmungsgeist des Amerikaners überflügelt; die
Masse praktischer Erfindungen im Gebiete der mechanischen Künste ist hier größer als
vielleicht irgendwo in der alten Welt; nirgends findet das Sprüchwort:
„le mieux est l'ennemi du
bien“ eine thatsächlichere Anwendung. Es wäre daher wohl an der
Zeit, jezt wo so viele Eisenbahnen in Deutschland im Bau begriffen sind, diese
vielfältigen Erfahrungen zu sammeln, und nur das Beste, für alle praktischen Zweke
Tauglichste daraus zu wählen. Um hier nur Ein Beispiel anzuführen: wären die
achträderigen Maschinen mit zwei Triebachsen von der Erfindung der HHrn. Eastwick und Harrison bereits
im Jahre 1838 bekannt gewesen, so würden für die preußischen Bahnen nicht so viele
sechsräderige nach der alten Manier der HHrn. W. Norris
bestellt worden seyn, und es hätten deutsche Maschinenbauer ganz andere Modelle zur
Nachahmung erhalten.
Nicht minder thätig sind die Amerikaner in Erfindung von Apparaten zum Auffangen der
Feuerfunken gewesen, welche schon zu so vielen Feuersbrünsten Veranlassung gegeben
und den Passagieren überhaupt sehr zur Last fallen. Die Anzahl dieser Vorrichtungen
ist bedeutend und auch hier das Erkennen der bewährtesten von Wichtigkeit. Zu den
besten gehören jene der HHrn. Grimes, Phleger und French. Die liberale Firma Norris, welche das Protectorat aller auf das Eisenbahnwesen Bezug habenden
Erfindungen übernommen zu haben scheint, beschäftigt sich gegenwärtig mit
Experimenten an einem rauchverzehrenden Apparat von der
Erfindung des Hrn. Friedrich Dimpfel, die ihr bereits
mehr als 2000 Dollars gekostet haben. Weiters ist es dem Scharfsinn des Hrn. James
Murray und den Bemühungen des Hrn. Rudolph Niernsee gelungen, die Personenwagen und Lastkarren in
ihrer Construction wesentlich zu verbessern. Die neuen „Cars“
auf der Baltimore- und Ohio-Eisenbahn im Staate Maryland, die noch
diesen Monat (Dec. 1842) bis Cumberland (139 Meilen von Wheeling am Ohio) eröffnet
werden soll, dürften als Muster ihrer Art angesehen werden. Die von Hrn. Levi Bissel erfundenen Luftcylinder, die einzigen ihrer Art,
welche während 5 bis 8 Monaten keiner Nachfüllung bedürfen und hermetisch geschlossen
bleiben, sind in lezter Zeit von den Personenwagen auch auf die Locomotiven
übergegangen. Hr. Baldwin wendet sie bei seinen neuesten
Maschinen an und gibt ihnen in Bezug auf Dauer und Elasticität den Vorzug vor den
besten Stahlfedern. Ebenso erfreuen sich die von E. und T. Fairbanks und Comp. zu Johnsbury im Staate Vermont verfertigten
Platform-Wagen allgemeinen Anklangs, da durch sie die Abwiegung ganzer Trains
ungemein erleichtert wird. Hr. Walter Sherman, der Agent
dieses Hauses, wird im nächsten Frühjahr Europa bereisen und Bestellungen auf
dergleichen Wagen annehmen.