Titel: | Ueber die Anwendbarkeit der Dampfkessel zur Erzeugung von Elektricität und die Wirkung des Dampfstrahls auf eine Kugel; von W. G. Armstrong. |
Fundstelle: | Band 87, Jahrgang 1843, Nr. CXVII., S. 459 |
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CXVII.
Ueber die Anwendbarkeit der Dampfkessel zur
Erzeugung von Elektricitaͤt und die Wirkung des Dampfstrahls auf eine Kugel; von
W. G.
Armstrong.
Aus dem Philosophical Magazine. Jan. 1843, S.
1.
Mit Abbildungen auf Tab.
IX.
Armstrong, uͤber Anwendbarkeit der Dampfkessel zur Erzeugung
von Elektricitaͤt.
Die Versuche über Dampf-Elektricität, welche ich seit meiner lezten
MittheilungPolyt. Journal Bd. LXXXIII. S.
271. anstellte, haben den Schluß, zu welchem ich früher gekommen war, daß nämlich
die Elektricitäts-Erregung dort stattfindet, wo der Dampf der Reibung
ausgesezt ist, vollkommen bestätigt; durch meine Verbesserungen im Verfahren den
Dampf zu entladen, habe ich aber die Intensität der Wirkungen so erhöht, daß ich
zweifle, ob je eine Elektrisirmaschine construirt wurde, welche so viel Elektricität
zu entwikeln im Stande wäre, wie mein elektrischer Dampfkessel. Jedenfalls bewährte
er sich mehr als siebenmal so stark als eine
vortreffliche Elektrisirmaschine mit einer Scheibe von 3 Fuß Durchmesser, welche
beim Messen ihrer Kraft in der Minute siebenzigmal gedreht wurde. Die Vergleichung
wurde mittelst eines entladenden Elektrometers angestellt, und folgende
Zusammenstellung wird von der Quantität der jedesmal erzeugten Elektricität einen
Begriff geben.
Capacitaͤt der
Elektrometerflasche, beinahe 1/2 Gallon.
Groͤße der belegten Flaͤche
auf beiden Seiten zusammengenommen
198 Quadratzoll.
Entfernung der Elektrometer-Kugeln
von einander
1/3 Zoll.
Anzahl der Entladungen in der Minute,
wenn das Instrument mit dem Hauptconductor
der Maschine in Verbindung gesezt wurde
29.
Anzahl der Entladungen in der Minute,
wenn es mit dem isolirten Dampfkessel
verbunden wurde
220.
Wenn der Elektrometer mit dem Kessel in Verbindung gesezt wurde, folgten die
Entladungen so schnell aufeinander, daß sie unmöglich genau gezählt werden konnten;
doch ist die hier angegebene Zahl sicherlich nicht zu hoch.
Der Dampfkessel ist ein schmiedeiserner Cylinder, mit abgerundeten Enden, von 3 Fuß 6
Zoll Länge und 1 Fuß 6 Zoll Durchmesser. Er ruht auf einem eisernen Gestell, welches
das Feuer enthält, und der ganze Apparat wird von isolirenden Glasfüßen getragen.
Das Feuer ist leider sehr unzwekmäßig angebracht, in Folge wovon der Kessel die zur
Erzeugung der erwähnten Wirkungen erforderliche Dampfmenge nicht längere Zeit fort
zu liefern vermag; nach kurzer Unterbrechung stellt sich jedoch der Druk wieder her
und die Versuche können fortgesezt werden.
Es ist weit zwekmäßiger, Elektricität vom Kessel aufzusammeln als von der Dampfwolke;
um jedoch die höchste Wirkung vom Kessel zu erhalten, muß die Elektricität des
Dampfes mittelst geeigneter Conductoren zur Erde geleitet werden.
Obgleich ungemein viel Elektricität, wenn die Spannung derselben groß ist, durch den
Staub und die Ausflüsse des Feuers, so wie durch die ekigen Theile des Apparats
verloren geht, kann ich dennoch aus den abgerundeten Enden des Kessels mit großer
Schnelligkeit 12 Zoll lange Funken ziehen, und wenn der Apparat in eine Kugel von
gehöriger Größe endigen würbe, so könnten wahrscheinlich noch weit längere Funken
erhalten werden.
Um viel Elektricität zu entwikeln, ist es durchaus nöthig, daß der Dampf mit etwas
Wasser vermengt entladen wird, obwohl dieß bei den früheren Versuchen mit einem
Dampferzeuger aus Stükmetall, aus einem Grunde, welcher nicht erst angeführt zu
werden braucht, nicht der Fall zu seyn schien.
Ein durchbohrtes Stük hartes Holz, wie Ebenholz, taugte mir am besten zum
Hindurchleiten der entladenen Elektricität; doch gelang es mir vorzüglich dadurch,
daß ich der hölzernen Röhre einen messingenen Aufsaz von ganz besonderer
Construction vorstekte, sehr kräftige Wirkungen zu erzielen. Das durchbohrte
Holzstük ist behufs der zwekmäßigen Befestigung wie ein Pfropf geformt, siehe Fig. 31. Der
messingene Aufsaz wird an dem dünnern Ende des Pfropfs befestigt, wie in der
Abbildung zu sehen. Fig. 32 ist ein Längendurchschnitt desselben; er zeigt die Aushöhlung des
Holzes und die Construction des Aufsazes. Die Pfeile zeigen die Richtung des Dampfes
an, welcher zuerst durch einen seitlichen, 1/30 Zoll weiten Schliz im Messing, dann
durch ein rundes, 1/10 Zoll weites Loch in der Mitte des Aufsazes, und endlich durch
die hölzerne Röhre geht, von wo er in die Luft austritt. Die Durchbohrung des Holzes ist cylindrisch und
von etwas größerm Durchmesser als das runde Loch in der Mitte des Messings. Fig. 33 ist
ein Sperrhahn mit einem trichterartigen Rohre, in welches der Pfropf eingeschoben
und worin er oben durch eine Schraubenmutter fest niedergehalten wird.
Mehrere Hähne dieser Art, mit dem beschriebenen Holzpfropf versehen, werden in ein
mit dem Kessel in Verbindung stehendes Gefäß geschraubt, in welchem sich die
erforderliche, mit dem Dampf hinauszuführende Quantität Feuchtigkeit durch
Condensation von Dampf absezt. Der Dampf wird unter einem Druk von 70 Pfd. auf den
Quadratzoll horizontal in divergirenden Strahlen ausgelassen. Jeder Strahl gibt eben
so viel Elektricität wie eine gute Elektrisirmaschine von gewöhnlicher Größe;
bedenkt man nun, daß ein Dampfkessel von der Verdampfungskraft einer Locomotive
fortwährend 100 solche Strahlen zu geben im Stande ist, so kann man sich eine
Vorstellung machen von der ungeheuren Elektricitäts-Entwikelung, welche durch
Wirkung des Dampfs bewerkstelligt werden kann.
Obgleich es vollkommen klar ist, daß die Elektricität in dem hölzernen Rohr erregt
werden muß, durch welches der Dampf austritt und worin er einer großen Reibung
ausgesezt ist, so finde ich doch, da die beschriebene Art der Auslassung sich weder
durch eine sehr bedeutende Friction, noch durch eine dem Dampf gegebene große
Reibungsfläche charakterisirt, große Schwierigkeit in der Erklärung der
außerordentlichen Wirkung bei der Annahme, daß die Reibung die ausschließliche Ursache der Erregung sey.
Im Verlauf meiner Versuche beobachtete ich eine sehr auffallende Eigenschaft des
Dampfstrahls, welche meines Wissens bisher noch nicht bekannt wurde, und die ich
hier zu erwähnen Gelegenheit nehme, obwohl sie mit der Elektricität nichts zu
schaffen hat.
Wenn nämlich eine Kugel A, Fig. 34, in einen
verticalen Hochdrukdampfstrahl gebracht wird, so bleibt sie in demselben schwebend,
ohne andere Unterstüzung als die des Dampfes; wird sie mittelst einer Schnur aus die
eine Seite gezogen, wie die Abbildung zeigt, so ist eine ziemliche Kraft nöthig, um
sie ganz aus dem Strahle herauszubringen. Das Experiment kann abgeändert und sehr in
die Augen fallend gemacht werden, indem man den Dampf in schiefer Richtung, wie in
Fig. 35
ausläßt, wo dann die Kugel ihre Stellung in größerer Entfernung von der
Kesselöffnung nimmt, sich aber dennoch im Dampfstrom erhält. Eine hohle Kugel aus
dünnem Messing oder Kupfer, von 2 bis 3 Zoll Durchmesser ist hiezu ganz geeignet,
wenn der Dampf aus einer Oeffnung von nicht weniger als 1/20 Quadratzoll Querschnitt
ausströmt.
Bei dem bekannten Versuche, wo eine Kugel auf der Spize eines Wasserstrahls getragen
wird, ruht sie lediglich in der Höhlung, welche die Flüssigkeit bildet, während sie
umschlägt, um zu Boden zu fallen, was ein ganz verschiedener Fall ist.