Titel: Ueber einige neue Färbestoffe. Ein der Société industrielle in Mülhausen von Hrn. Heinrich Schlumberger erstatteter Bericht.
Fundstelle: Band 88, Jahrgang 1843, Nr. XLVIII., S. 178
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XLVIII. Ueber einige neue Faͤrbestoffe. Ein der Société industrielle in Muͤlhausen von Hrn. Heinrich Schlumberger erstatteter Bericht. Aus dem Bulletin de la Société industrielle, Bd. XVI, No. 77, S. 206. Schlumberger, über einige neue Färbestoffe. In Ihrer Sizung im Monat März erhielten Sie eine Mittheilung der Handelskammer in Mülhausen bezüglich mehrerer neuen Färbestoffe, welche derselben von dem Ministerium für Akerbau und Handel zugeschikt worden waren. Die Handelskammer ersuchte Sie, Färbeversuche damit anstellen zu lassen, um deren Werth und Nuzen kennen zu lernen. Diese von gewissen Pflanzen des westlichen Afrika's herstammenden Substanzen wurden von den HHrn. Jaubert und Galès, in Gorée (Senegal) etablirten französischen Kaufleuten, gesammelt und nach Frankreich gesandt. Hr. Jaubert fügte dieser Sendung eine kleine Notiz bei, in welcher er einige Aufschlüsse über diese Färbegewächse gibt, die er mit folgenden Namen bezeichnet: 1) Baobab-Blüthen, 2) Népnépe (Neb-neb), 3) Madagora oder Jungfernholz, 4) lange Curcumawurzel, 5) warziges Färbermoos (Orseille des mammelles), 6) Halme der diken Hirse, 7) Hirsenstroh. Die botanischen Namen der diese Pigmente liefernden Pflanzen sind leider nicht angegeben. Alle mit diesen verschiedenen Substanzen vorgenommenen Versuche wurden zugleich sowohl mit weißen, als auch mit Thonerdebeize, Eisenbeize und Zinnbeize verbundenen Baumwollen-, Seiden- und Wollengeweben angestellt. Zu diesem Behufe wurden auf Baumwollen- und Seidenzeuge folgende Beizen gedrukt: Beize für Schwarz, nämlich holzsaures Eisen von 6° Baumé. Beize für Püce (flohbraun), aus 1 Theil holzsaurem Eisen von 8° B. und 1 Th. essigsaurer Thonerde von 8° B. bestehend. Beize für Violet, nämlich holzsaures Eisen von 1 1/2° B. Beize für Lilas, holzsaures Eisen von 3/4° B. Beize für Roth oder essigsaure Thonerde von 5° B. Beize für Rosenroth oder essigsaure Thonerde von 1 1/2° B. Zinnbeize aus salzsaurem Zinnoxyd (Zinnchlorid) von 12° B. bestehend. Nachdem diese Beizen auf die Zeuge gedrukt waren, wurden sie gehörig fixirt. Die Wolle wurde mit Alaun und Weinstein, mit holzsaurem Eisen und mit salzsaurem Zinnoxyd gebeizt. Zum Färben wurde in der Regel destillirtes Wasser und ein vierekiges Stük des Zeuges von 32 Centimetern Seitenlänge genommen; das Ganze, in einer Glasstasche enthalten, wurde im Wasserbade nach und nach bis zum Sieden erhizt und diese Temperatur eine Zeit lang unterhalten. Baobab-Blüthen. Hr. Jaubert bezeichnet diese Blüthen auch mit dem Namen Färberblüthen, und bemerkt über dieselben nur, daß Ammoniak damit eine dunkelkastanienbraune Flüssigkeit liefert. Diese Blüthen haben einen großen, gelblichgrauen, haarigen Kelch; der Fruchtknoten ist ein abgestuzter Griffel, und die Krone mit den röhrenförmig vereinigten Staubfäden trägt an der Spize einen dunkelgranatbraunen Büschel. Nach Dr. Mühlenbeck ist dieses Färbematerial die Blüthe der Adansonia digitata, des Affenbrodbaums, welcher im Senegal wächst und der größte Baum ist, den man kennt; man findet solche, die über 6000 (?) Jahre alt seyn sollen. Er gehört in die Familie der Bombaceen. Nach Adanson soll der Same adstringirend seyn. Da diese Blüthe aus mehreren unter sich sehr verschiedenen Theilen besteht, glaubte ich die Versuche in Bezug auf Färberei mit jedem solchen Theile besonders anstellen zu müssen. Ich untersuchte so die Kelche, welche bald gelblich, bald röthlichbraun von Farbe sind, und zwar jede Art besonders, ferner die Blumenkronen und vereinigten Staubfäden und endlich die im Samengehäuse enthaltenen Samen. Das wässerige Decoct dieser Blüthen ist schwach graulichbraun und reagirt auf Lakmus ziemlich sauer. Ich machte, um diesen sauren Zustand zu neutralisiren, mehrere Färbeversuche unter Zusaz von kohlensaurem Kalk, kohlensaurem Natron und Ammoniak, fand aber, daß keiner der verschiedenen Theile dieser Blüthe Seide oder Baumwolle färbt, wenn die Zeuge im weißen Zustande sind, selbst nicht, wenn sie mit Thonerde gebeizt sind. Auf Wollengeweben hingegen erhielt ich eine schwache grauliche Nankinfarbe, welche von jener, die mit Alaun gebeizte Wolle lieferte, beinahe gar nicht verschieden war. Die Eisenoxyd-Beizen liefern hingegen ein mehr oder weniger dunkles Grau, woraus auf eine kleine Menge adstringirender Substanz zu schließen ist. Der Same, welcher nach Adanson's Beobachtungen das adstringirende Princip enthalten soll, liefert, meinen Versuchen zufolge, kaum merkliche Spuren davon und weniger als die anderen Theile der Blüthe. Die Kronen und Staubfäden enthalten kaum mehr; der Kelch von gelblicher Farbe gibt das dunkelste Grau. Mit Zusaz von kohlensaurem Kalk, kohlensaurem Natron oder Ammoniak erhielt ich ein etwas dunkleres Grau; als ich 1/20 vom Gewichte des Baobab kohlensaures Ammoniak zusezte, erhielt ich noch dunklere graue Farben, als mit 1/50 dieses Alkali's. Bei diesen Versuchen lieferten die mit Eisenoxyd gebeizten Baumwoll-, Wollen- und Seidenzeuge ziemlich gleiche Resultate. Ich nahm bei meinen Versuchen bis 16 Gramme Baobab-Blüthen, um ein Stük Zeug von 32 Centimetern im Quadrat zu färben, erhielt aber schwächere graue Farben, als unter gleichen Umständen mit 25 Centigrammen Sumach oder Galläpfeln. Die Baobab-Blüthe hätte demnach ein wenigstens 60mal geringeres Färbevermögen, als der im Handel sehr wohlfeile Sumach. Hr. Jaubert sagt in seiner Notiz, daß Maceration mit ammoniakalischem Wasser eine kastanienbraune Farbe hervorbringt. Als ich diesen Versuch wiederholen wollte, erhielt ich nach vier Tagen eine gallertartige Masse von dunkelbrauner Farbe und noch geringerem Färbevermögen, als wenn diese Vorbereitung unterlassen wurde. Auch untersuchte ich die Wirkung des sauren chromsauren Kali's auf Baobab-Blüthenabsud, welcher auf Baumwollzeug gedrukt und eingetroknet worden war, aber diese Passage lieferte nur eine sehr schwache Nankinfarbe. Ein Rükblik auf die mit den Baobab-Blüthen angestellten Versuche zeigt, daß diese sehr schwach adstringirende Substanz für die Technik von gar keinem Interesse ist. Népnépe. Diese Substanz, welche, nach Hrn. Jaubert, von den Negern zum Gerben der Häute angewandt werden soll, ist dasselbe Product wie das Bablah, welches wir schon vor 15 Jahren in großer Menge von Indien her erhielten, und das die Galläpfel und den Sumach ersezen sollte. Um über ihre Identität keinen Zweifel übrig zu lassen, machte ich vergleichende Färbeversuche, welche in ihren Resultaten gar keinen Unterschied darboten; beide liefern mit Eisenbeizen bis ins Schwarze gehende graue Farben je nach der Stärke der Beizen. Im Jahre 1826 wurde dieses Bablah (die Schote einer Acacienspecies) in großen Quantitäten eingeführt und in den meisten Färbereien Versuche damit angestellt; troz des geringen Preises aber, zu welchem diese Waare ausgeboten ward, konnte sie die Concurrenz der anderen in den Fabriken gebräuchlichen Adstringentien doch nicht aushalten. Ich stellte daher leine weiteren Versuche mehr damit an. Madagora. Hr. Jaubert gibt über die Madagora oder das Jungfernholz keine näheren Aufschlüsse. Dieses Holz oder diese Wurzel von gelber Farbe erhielten wir in Stüken von ungefähr 1 Decimeter Länge und 3 bis 4 Centimetern Dike. Gepulvert färbt es kochendes Wasser schwach gelb. Alaun, salzsaures Zinnoxydul und- Oxyd, bringen im wässerigen Absud einen schmuzig strohgelben Niederschlag hervor. Kochenden Alkohol färbt dieses Pulver ebenfalls nur schwachgelb. Da die Madagora in ihrem Aussehen einige Aehnlichkeit mit dem Cubaholz hat, verglich ich sie mit diesem Farbholz. Ich fand dabei, daß sowohl weiße als mit Thonerde- und Eisenbeizen bedrukte Baumwollzeuge zum Farbstoff der Madagora gar keine Verwandtschaft haben, während das Cubaholz unter gleichen Umständen seinen Farbstoff abtritt, indem es mit den Eisenbeizen olivengrünlichgraue, mit den Thonerdebeizen hellgelbe Farben hervorbringt. Von beiden Hölzern färbt sich der weiße Grund nur sehr wenig ein. Die Seidenzeuge liefern beinahe gleiche Resultate wie die Baumwollzeuge, nur mit dem Unterschiede, daß die nicht gebeizte Seide selbst eine gewisse Quantität Farbstoff von ziemlich lebhaftem Strohgelb fixirt. Ein Zusaz von etwas Alaun und Weinstein zu diesen Färbebädern befördert die Befestigung ihres Farbstoffs auf den Seidenzeugen und bringt bei der Madagora nankingelbe Tone, beim Cubaholz ein sehr hübsches Gelb hervor. Wie das Cubaholz scheint auch die Madagora vorzüglich zum Färben der Wolle sich zu eignen. Mit Alaun und Weinstein gebeizte Wollenzeuge geben, mit Madagora gefärbt, nur ein sehr schwaches, etwas nankinartiges Gelb, während das Cubaholz unter gleichen Umständen ein dunkleres, reineres Gelb liefert. Ein Zusaz von etwas Essigsäure zu diesen Färbebädern brachte bei der Madagora eine etwas dunklere Farbe als außerdem, mit dem Cubaholz aber Olivenfarbe hervor. Ein Zusaz von etwas Alaun und Weinstein zum Färbebad begünstigt die Befestigung der Farbstoffe dieser beiden Hölzer auf Wolle sehr, indem er mit der Madagora sehr intensive nankinorangegelbe Farben, mit dem Cubaholz aber eben so intensive und noch reinere Farben erzeugt. 15 Minuten langes Eintauchen in eine Lösung von salzsaurem Zinnoxyd von 3° Baumé verändert die bei obigen Färbungen erhaltenen Nüancen nicht. Die Dauerhaftigkeit dieser beiden Farbstoffe betreffend, findet man, wenn man sie der Luft und dem Licht aussezt, daß die Madagorafarben schon nach zwei Tagen bedeutend abnehmen und matt werden, während hingegen die Cubaholzfarben, weit entfernt an Intensität zu verlieren, eher dunkler und bräunlicher werden. Ich versuchte auch den Farbstoff der Madagora auf Baumwollzeugen durch Passiren in saurem chromsaurem Kali zu befestigen; dasselbe erzeugt aber nur eine schwache gelblichgraue Nüance, während es bei dem Cubaholz sehr intensive zimmtgelbe Farben hervorbringt. Diesen Beobachtungen zufolge hat die Madagora Aehnlichkeit mit dem Cubaholz, weicht aber in einigen Beziehungen wieder davon ab und wir halten dafür, daß die uns vorgelegte Madagora als Färbematerial wenig Interesse darbietet. Wir müssen übrigens auch darauf aufmerksam machen, daß das Cubaholz je nach seinem Alter und seiner mehr oder weniger trokenen Aufbewahrung beim Färben sehr verschiedene Resultate geben kann, so daß es uns nicht wundern würde, wenn die Madagora unter anderen Umständen abweichende Resultate lieferte. Lange Curcumawurzel. Die von den HHrn. Jaubert und Galès überschikte lange Curcuma ist von kastanienbrauner Farbe und ungefähr 15 Millimeter dik. Nähere Aufschlüsse über diese Wurzel wurden von ihnen nicht gegeben, und sie bemerken nur, daß sie ein schönes Gelb liefert. Es lagen derselben einige Päkchen des Pulvers dieser Curcuma bei, wovon das eine röthlichbraun und das andere gelblichbraun und weniger lebhaft war. Ich stellte mit diesen dreierlei Producten die Versuche besonders an, um ihren relativen Werth kennen zu lernen und ihr Färbevermögen mit demjenigen der gewöhnlichen Curcuma zu vergleichen. Obgleich die Anwendung dieses Farbstoffs sich auf das Färben der Seide beschränkt, hielt ich es doch für interessant, ihn auch auf Baumwoll- und Wollengewebe anzuwenden. Ich brachte zu diesem Behufe 50 Centigramme von jedem dieser Pulver in 1/4 Liter destillirten Wassers, um ein vierekiges Stük Baumwoll-, Wollen- und Seidenzeug von 32 Centimeter Seitenlänge darin auszufärben; die die verschiedenen Farbebäder enthaltenden Gläser wurden im Wasserbade erwärmt, die Temperatur in einer Stunde bis zum Sieden gesteigert und eine Stunde lang darin erhalten. Da der Farbstoff der Curcuma im Alkohol sich gut auflöst, behandelte ich bei einigen Färbeversuchen diese Pulver mit einer kleinen Portion siedenden Alkohols, um dann das Ganze dem in den gläsernen Gefäßen enthaltenen Wasser zusezen zu können. Beim Vergleichen der so gefärbten Zeugstükchen fand ich, daß der Farbstoff dieser Curcumasorten zur Baumwolle nur eine schwache Verwandtschaft hat; doch ist ein nicht unmerklicher Unterschied zwischen den Resultaten mit der langen Curcuma und jenen der Curcuma des Handels. Leztere nämlich ertheilt der mit Thonerde- und Eisenbeizen bedrukten Baumwolle eine ziemlich lebhafte gelbe Farbe, dagegen der nicht gebeizten Baumwolle eine viel schwächere gelbe Farbe. Unter gleichen Umständen aber läßt die lange Curcuma die nicht gebeizte Baumwolle beinahe ganz weiß und färbt die Thonerdebeizen viel schwächer gelb als die Curcuma des Handels. Bei Wollenzeugen ist der Unterschied zwischen den beiden Curcumasorten noch bedeutender als bei der Baumwolle. Die Curcuma des Handels nämlich ertheilt der nicht gebeizten Wolle eine sehr intensive gelbe Farbe, während die lange Curcuma nur eine schwache strohgelbe Nüance liefert. Da der Farbstoff der Curcuma zur Seide die größte Verwandtschaft besizt, so mußte das Färben solcher Gewebe bei Bestimmung des Werths dieses neuen Farbstoffs im Vergleiche mit dem der Curcuma des Handels, mir besonders zum Anhaltspunkt dienen. Ich stellte zu diesem Zwek neue Färbeversuche an und verfuhr dabei wie bei den früheren, ich so viel Zeug nahm, daß die Färbebäder dadurch ganz erschöpft wurden. Nachdem ich einen vierekigen Seidenzeug von 32 Centim. Seitenlänge mit Farbstoff gesättigt hatte, sezte ich noch weißen Seidenzeug von 16 Centimetern im Quadrate zu; um die Erschöpfung vollständig zu bewerkstelligen, wurde dann noch eine dritte Portion Zeugs, aber nur von 8 Centimetern im Quadrate zugesezt. Als ich die bei diesen verschiedenen Färbeversuchen erhaltenen Farben untersuchte, fand ich, wie oben, einen großen Unterschied in den von den beiden Curcumasorten erzeugten Nuancen. Die käufliche ertheilt der Seide eine schöne reingelbe Farbe, ohne merklichen Unterschied, ob der Farbstoff mit Weingeist oder Wasser ausgezogen wurde. Die lange Curcuma hingegen bringt beim Färben mit der geistigen Auflösung ihres Pigments nankingelbe Farben, mit dem wässerigen Absud desselben aber nur grauliche Nankinfarbe hervor. Die drei verschiedenen Pulver, mit welchen ich getrennte Färbeversuche anstellte, weichen in den Nüancen, welche sie liefern, nur sehr wenig ab. In Bezug auf den Gehalt an Farbstoff kommt die lange Curcuma der Curcuma des Handels nahe, denn der dritte Zusaz von Seidenzeug bringt Farben von beinahe gleicher Intensität hervor, wie bei der Curcuma des Handels; durch die Töne aber unterscheidet sie sich. Vergleicht man die Haltbarkeit der mit langer Curcuma aus Seide erzeugten Farben mit denjenigen von unserer gewöhnlichen Curcuma, so findet man, daß nach zwei Tagen am Sonnenlichte und der Luft die Farben von der langen Curcuma in ihrer Intensität nur um etwas abnehmen, während die gelben Farben von der Curcuma des Handels in derselben Zeit sich stark verändern. Ein auf 40° R. erhiztes Seifenbad schwächt die von beiden Curcumasorten erhaltenen Farben gleich. Ein kochendes Seifenbad zerstört dieselben Farben beinahe gänzlich. Schwefelsäure von 2° Baumé erhöht die Farben der beiden Curcumasorten. Endlich hat eine Aezkalilösung von 2° B. auf die mit der Curcuma des Handels hervorgebrachten Farben einen zerstörenderen Einfluß als auf diejenigen von langer Curcuma. Die uns zugekommene lange Curcuma ist demnach von der Curcuma des Handels wesentlich verschieden. Sie unterscheiden sich eben sowohl durch die Färbung der Baumwollzeuge, als durch die der Wollen- und Seidenzeuge. Dieser neue Artikel könnte daher die Curcuma des Handels, welche in der Regel zum Färben der Seide in schönem lebhaftem und reinem Gelb dient, nicht ersezen, sie, wie wir eben gesehen, nur Nankingelb erzeugt. Wir glauben daher nicht, daß die lange Curcuma derzeit technische Anwendung finden könne. Warziges Färbermoos. Die von den HHrn. Jaubert und Galès als warziges Färbermoos bezeichnete Substanz ist die Roccella tinctoria, eine zur Bereitung der Orseille hauptsächlich dienende Flechte. Um mich von der Qualität dieser Flechte hinsichtlich ihrer Umbildung in Orseille zu überzeugen, nahm ich 100 Gramme derselben und befeuchtete sie mit 10 Gramme Aezammoniak enthaltendem Wasser. Am anderen Tage zeigte sich eine schwache violette Färbung; am dritten Tage war die Färbung, ein in Violet stechendes Granatbraun, vollständig. Ich sezte nun noch 10 Gramme Ammoniak hinzu, rührte, so lange die Maceration währte, täglich mehreremale um und sezte endlich nach einem Monat ein drittesmal noch 5 Gr. Ammoniak zu. Nach zweimonatlicher Maceration in einer weitmündigen Flasche beim Zutritt der Luft erhielt ich eine Substanz, welche an Consistenz und Ansehen der Orseille von den canarischen Inseln glich und 225 Gramme wog. Diese neue Orseille wurde zum Färben der Wolle im Vergleich mit der canarischen Orseille versucht, welche leztere dunklere und lebhaftere Farben lieferte als erstere. Es ist aber bekannt, daß die Orseille ein gewisses Alter haben muß, um den höchsten Grad der Färbekraft zu erlangen, ferner, daß die Fabrication derselben im Großen die Bildung des färbenden Princips sehr begünstigt, daher nicht zu zweifeln ist, daß durch die Behandlung im Großen und ein zwekmäßiges Verfahren aus der von den HHrn. Jaubert und Galès eingesandten Flechte eine eben so gute Orseille gewonnen werden könnte, wie die gegenwärtig im Handel vorkommende. Der gegenwärtige Preis der besten Orseillesorten des Handels ist 140 bis 150 Fr. für 100 Kilogr. Halme der diken Hirse. Die HHrn. Jaubert und Galès schreiben den Halmen der diken Hirse einen gewissen Gehalt an Farbstoff zu, welchen sie durch alkalische Infusionen zu entwikeln vorschlagen – ein Verfahren, welches sie bei allen von ihnen vorgelegten Farbstoffen befolgt wissen wollen. Der Halm der diken Hirse ist eine Juncus- (Binsen-) Art von 15 bis 20 Millimetern Durchmesser; die Epidermis ist strohfärbig, röthlichbraun gefielt; der innere Theil oder das Mark ist mehr oder weniger röthlichbraun gefärbt. Gepulvert theilt der Halm der diken Hirse durch bloßes Färben den weißen sowohl als den mit Thonerde oder Eisenoxyd gebeizten Baumwollzeugen gar keine Farbe mit. Seiden- und Wollengewebe aber werden beim Färben mit dieser Substanz schwach orangebraunroth, ohne daß die Thonerde- oder Eisenbeizen sich mit dem Pigment verbinden. Die Wolle scheint größere Verwandtschaft zu diesem Farbstoff zu besizen als die Seide und liefert unter gleichen Umständen etwas dunklere Farben als leztere. Obwohl ich 20 Gramme dieser Substanz zum Färben von Zeugstüken von 32 Centimetern im Quadrat anwandte, konnte ich doch keine große Intensität der Farben hervorbringen, was auf ein sehr geringes Färbevermögen der diken Hirse schließen läßt. Die geringe Quantität, welche mir von diesem Product zu Gebote stand, gestattete mir nicht zu untersuchen, ob man mit größeren Mengen dieses Halms dunklere Farben hervorbringen könne, oder ob die erhaltenen schwachen Farben von der schwachen Sättigung der Zeuge herrühren. Dieser Farbstoff, auf Seide und Wolle befestigt, ist von keiner großen Haltbarkeit; drei Tage der Luft und dem Sonnenlicht ausgesezt, verliert das Roth an Intensität und wird trüb. Die Behandlung mit siedendem Seifenwasser benimmt, vorzüglich den Seidenzeugen, den größten Theil des Farbstoffs. Schwefelsäure von 2° B. macht die Farben etwas gelber, ohne jedoch ihre Intensität zu schwächen. Aezkali von 2° B. macht die auf Wolle befestigten Farben etwas bräuner, schwächt aber die auf Seide. Eine Lösung von salzsaurem Zinnoxyd von 2° B. wirkt auf diese Farbe kaum ein. Die Farben auf Wolle widerstehen diesen verschiedenen Agentien besser als die auf Seide. Faßt man nun die mit dem Halm der diken Hirse angestellten Versuche zusammen, so ergibt sich, daß sein Farbstoff zur Baumwolle gar keine Verwandtschaft hat, auf Wolle und Seide hingegen ohne Vermittlung einer Beize eine bräunlich orangerothe Farbe von geringer Intensität hervorbringt, daß endlich dieses Product nicht reich an Farbstoff sey. Ich glaube daher, daß der Halm der diken Hirse für die Färberei von keinem Nuzen ist, im Vergleich mit den verschiedenen sowohl in- als ausländischen Farbstoffen, welche im Handel vorkommen und dieselben Farben liefern wie dieser Halm. Hirsenstroh. Das Hirsenstroh wird von den HHrn. Jaubert und Galès auch afrikanische Cochenille genannt, weil es, wie sie sagen, in gepulvertem Zustande der Cochenille gleicht und, mit Ammoniak, Natron oder Kalk behandelt, eine rothe Farbe entwikelt. Das Hirsenstroh ist eine Strohart von 1 bis 2 Centimeter Durchmesser und 2 bis 4 Decimeter Länge; es ist von dunkler Granatfarbe, stellenweise gelblichgrau geflekt. Kaltes Wasser wirkt auf das Pulver des Hirsenstrohs gar nicht ein. Kochendes Wasser färbt sich weinbraun. Dieses Decoct sezt beim Erkalten eine dunkelbraune Substanz ab, welcher Bodensaz sich durch die Verdampfung der Flüssigkeit noch vermehrt. Zur Trokne abgedampft gibt es ein bräunlichschwarzes Pulver, welches in concentrirter Schwefelsäure sich wieder auflöst und diese orange färbt. Ammoniak wird, ohne dieses Extract ganz aufzulösen, röthlichbraun davon gefärbt. Das wässerige Hirsenstrohdecoct bringt mit einer Gallertlösung gar keinen Niederschlag hervor. Weingeist wird davon braunroth gefärbt; die Lösung geht in der Wärme leichter vor sich. Wasser, diesem geistigen Aufguß zugesezt, bringt nicht sogleich einen Niederschlag hervor; nach einiger Zeit aber wird die Flüssigkeit trüb und sezt röthlichbraune Floken ab; vermischt man den geistigen Aufguß mit viel Wasser, so entsteht gar kein Niederschlag. Diese geistige Flüssigkeit mit Wasser verdünnt, röchet das Lakmuspapier. Beim Ausfärben von Baumwoll-, Seiden- und Wollenzeugen mit dem Hirsenstroh fand ich, daß dasselbe sehr reich an Farbstoff ist und daß es alle diese Gewebe sehr gut färbt, indem es durch Vermittlung der verschiedenen Beizen vom Schwarzen bis ins Rothe, und vom Grauen bis ins Violette wechselnde Farben hervorbrachte. Da das kalte Wasser beinahe ohne alle Einwirkung auf das Hirsenstroh ist, so erfolgt die Färbung erst beim Sieden des Bades; aus diesem Grunde wurde ein Theil dieser Färbeversuche in der Art vorgenommen, daß man in einer halben Stunde das Bad bis zum Sieden steigerte und es eine Stunde lang auf dieser Temperatur erhielt. Die Baumwollstükchen, welche ich mit Hirsenstroh ausfärbte, lieferten mit der Schwarzbeize aus holzsaurem Eisen von 6° B. ein sehr intensives Schwarz. Die Violetbeize aus holzsaurem Eisen von 1 1/2° B. brachte ein beinahe ebenso intensives Schwarz hervor, während die Lilasbeize aus holzsaurem Eisen von 3/4° B. ein ziemlich gesättigtes Perlgrau lieferte. Die aus holzsaurem Eisen und holzsaurer Thonerde bestehende Pücebeize liefert ein von dem mit bloßem Eisenoxyd erzeugten sehr wenig abweichendes Schwarz. Die essigsaure Thonerdebeize von 5° B. liefert ein sehr intensives und gesättigtes Granatbraun; mit Wasser bis auf 1 1/2° des Aräometers verdünnt, gibt sie eine graulichrothviolette Farbe. Die salzsaure Zinnoxydbeize, auf Baumwollgewebe befestigt, bringt beim Ausfärben vom Dunkelrochen bis ins Dunkelgranatbraune wechselnde Farben hervor, je nachdem sich mehr oder weniger Farbstoff mit dem Oxyd verbindet. Der weiße Grund der Baumwolle nimmt während des Ausfärbens eine röthlichgraue Farbe an, welche innig mit demselben verbunden ist. Behufs der Bestimmung des Färbevermögens des Hirsenstrohs färbte ich mit 4, 8 und 16 Grammen dieser Substanz mit Beizen bedrukte Kattunstükchen von 32 Centimetern im Quadrat aus. Die erhaltenen Farben waren um so intensiver, je mehr von dem Stroh genommen wurde; mit 16 Grammen erhielt ich sehr gesättigte und intensive Farben. Ueberdieß fand ich, daß, wenn man das Stroh vorher mit etwas siedendem Alkohol infundirt, dadurch das Färbevermögen dieser Substanz sehr gesteigert wird, so daß dann 8 Gr. Stroh eher noch dunklere Farben geben, als 16 Gr. Stroh ohne alkoholische Infusion. Diesem Verhalten nach zu schließen wäre der Farbstoff des Hirsenstrohs harziger Natur; aber der schon erwähnte Umstand, daß der Niederschlag in der geistigen Infusion nicht unmittelbar nach dem Zusaze des Wassers entsteht, könnte wieder gegen diesen Schluß sprechen. Es ist daher wahrscheinlicher, daß der Alkohol vorzüglich auflösend auf eine harzige Substanz wirkt, welche im Stroh den Farbstoff umhüllt oder maskirt. Lezterer, so in Freiheit gesezt, löst sich dann leicht im Wasser sowohl als im Alkohol auf. Jedenfalls befördert der Weingeist sehr das Färben mit Hirsenstroh, indem er das Doppelte des Farbstoffs auszieht und dazu beiträgt, daß das Ausfärben bei niedrigerer Temperatur geschehen kann; das Färben geht auf diese Weise bei 32° R. schneller vor sich, als beim Siedepunkt, wenn der Weingeist weggelassen wird. Läßt man das Hirsenstroh eine halbe Stunde lang in siedendem Wasser und das Decoct dann auf 40° R. abkühlen, ehe man den gebeizten Baumwollzeug hineinbringt und wie gewöhnlich darin ausfärbt, so fallen die Farben etwas schwächer aus, als beim Ausfärben ohne vorgängiges Kochen. Dieses Verhalten ist ein weiterer Beweis, daß das kochende Wasser nicht im Stande ist, den Farbstoff aus dem Hirsenstroh vollständig auszuziehen; außerdem sieht man, daß ein zu lange fortgeseztes Sieden das Färbevermögen dieses Pigments vermindert. Das Infundiren mit Weingeist gewährt also doppelten Vortheil, einmal, indem es die Auflösung des Farbstoffs befördert und dann, indem es den schädlichen Einfluß eines zu lange fortgesezten Siedens des Färbebades beseitigt. Ein Zusaz von 4 Proc. kohlensauren Kalks beim Färben mit einem wässerigen Hirsenstrohabsud liefert auf Baumwollzeug etwas dunklere Farben, als ohnedem; ein gleicher Zusaz von krystallisirtem kohlensaurem Natron zum Färbebad hingegen bringt hellere Farben hervor. Die Seidenzeuge färben sich, wie die Baumwolle, in Abstufungen vom Schwarz bis zum Roth, mit dem Unterschiede, daß die schwachen Beizen auf Seide viel dunklere Nüancen geben als auf Baumwolle. So erhält man mit der Lilasbeize beinahe schwarze Farben, wo dieselbe Beize auf Baumwolle nur graue Farben gibt. Rosabeize aus essigsaurer Thonerde von 1/2°, welche auf Baumwolle ein grauliches Rothviolet gibt, bringt auf Seide ein so dunkles Granatroth hervor, wie die gewöhnliche Rothbeize. Die salzsaure Zinnoxydbeize, auf Seide befestigt, bringt, wie auf Baumwolle, ein schönes lebhaftes Dunkelroth hervor, wenn der Farbstoff nicht in Ueberschuß vorhanden ist, und Granatroth, wenn die Beize mit Farbstoff gesättigt ist. Mit Zinnoxyd durch Eintauchen in salzsaures Zinnoxyd gebeizte Seidenzeuge liefern ein weniger lebhaftes Granatroth, als mit derselben Beize bedrukte Stükchen. Sezt man dem Färbebad noch etwas salzsaures Zinnoxyd hinzu, wie dieß bei andern Pigmenten oft geschieht, so erhält man noch hellere, aber auch mattere Farben, als ohne diesen Zusaz. Die nicht gebeizten Stellen der Seidenzeuge nehmen eine viel intensivere röthlichbraune Farbe an, als bei der Baumwolle. Ein Zusaz von kohlensaurem Kalk zum Färbebad bewirkt auf Seidenzeugen etwas hellere Farben. Wollenzeuge werden beim Ausfärben mit Hirsenstroh ohne Vermittlung einer Beize hellbraun; mit Alaun gebeizte Wolle erhält vom Granatroth bis zum Granatschwarz wechselnde Farben, je nachdem man mehr oder weniger Hirsenstroh zum Ausfärben nimmt, Wolle mit Eisenoxyd gebeizt, liefert ein sehr intensives Schwarz. Mit salzsauren Zinnoxydbeizen wird auf Wolle sehr schönes Roth bis zum Granatroth hervorgebracht, je nach der mit dem Oxyd verbundenen Menge Farbstoff. Ein Zusaz von salzsaurem Zinnoxyd zum Färbebad beeinträchtigt die Befestigung des Farbstoffs auf der Wolle und bewirkt lichtere, weniger lebhafte Farben. Nach diesen Färbeversuchen suchte ich den Farbstoff des Hirsenstrohs direct aufzutragen und machte zu diesem Behufe einen ziemlich concentrirten Absud davon mit Wasser; demselben sezte ich etwas salzsaures Zinnoxyd zu, welches einen röthlichbraunen Niederschlag hervorbrachte. Diese Flüssigkeit wurde auf Baumwollenzeug aufgedrukt, welcher nach einigen Tagen mit Wasser ausgewaschen, eine schwache und trübe ziegelrothe Farbe lieferte. Der Zusaz einer größern Portion salzsauren Zinnoxyds konnte den Niederschlag nicht wieder auflösen und gab kein befriedigenderes Resultat als der vorhergehende Versuch. Ich stellte noch einige Versuche an, um den Farbstoff des Hirsenstrohs mittelst Chromoxyd zu fixiren; es wurden zu diesem Behufe die geistigen oder wässerigen Aufgüsse auf Baumwollzeug gedrukt. Die getrokneten Zeugstükchen wurden in zwei Theile abgetheilt, wovon man den einen dämpfte und dann beide zugleich durch ein auf 48° R. erhiztes Bad von saurem chromsaurem Kali passirte. Es wurden auf diese Weise gelblich- und röthlichgraue Nüancen von geringer Intensität erhalten, welche mir wenig Beachtung zu verdienen schienen. Den Grad der Haltbarkeit dieser verschiedenen mit Hirsenstroh erhaltenen Farben und den Einfluß, welchen einige chemische Agentien auf sie üben, betreffend, verändert eine Lösung von salzsaurem Zinnoxyd von 3° B. die verschiedenen auf Baumwoll-, Seiden- und Wollenzeuge fixirten Farben in Roth, erhöht sie jedoch dabei. Die beim Ausfärben mit Kreidezusaz erhaltenen Farben werden vom salzsauren Zinnoxyd stärker angegriffen. Eine Lösung von salzsaurem Zinnoxydul von 3° B., in welche die in Hirsenstroh ausgefärbten Zeugstükchen 15 Minuten lang getaucht werden, wirkt eben so wie das salzsaure Zinnoxyd; die Farben werden größtentheils in Roth umgeändert und scheinen etwas lebhafter zu werden, als mit salzsaurem Zinnoxyd. Sezt man die verschiedenen, mit Hirsenstroh erhaltenen Farben sechs Sommertage lang der Luft und der Sonne aus, so werden die schwarzen Farben auf allen Stoffen etwas intensiver. Farben mit schwacher Eisenoxydbeize hingegen, auf Baumwollzeugen, verlieren an Intensität und lassen nach sechs Tagen eine gelblichgraue Farbe zurük. – Auf Seiden- und Baumwollgeweben verlieren die Farben mit Thonerdebeize etwas von ihrer Lebhaftigkeit, wenn man sie sechs Tage der Sonne aussezt und werden bedeutend schwächer. Diese zerstörende Wirkung ist viel geringer bei den mit Alaun gebeizten Wollenzeugen. Die mit Zinnoxydbeizen erhaltenen rothen Farben verlieren an der Sonne, während die eben so gebeizten, aber beim Ausfärben bis zum Granatrothen gesättigten rothen Farben der Luft und Sonne weit besser widerstehen. Die nicht gebeizten Stellen des Baumwollzeugs bleichen sich an der Sonne. Schon nach dem ersten Tag ist die Wirkung sichtbar und nach sechs Tagen ist der Grund beinahe rein weiß. Auf Wollen- und Seidengeweben behalten die nicht gebeizten Stellen troz eines sechstägigen Auslegens immer eine ziemlich starke Zimmtfarbe bei. Ein Seifenbad aus 10 Grammen Seife und 4 Liter Wasser bereitet, ist bei 40° R. von sehr geringer Einwirkung auf die Farben mit Eisenoxydbasis; während die Farben mit Thonerdebasis dadurch etwas an Intensität und Lebhaftigkeit verlieren. Die Farben mit Zinnoxydbasis widerstehen demselben wieder mehr als die mit Thonerdebasis. Die nicht gebeizten Stellen der Baumwollzeuge werden durch diese Passage unvollkommen gebleicht; das Weiß stellt sich auf den ohne Beihülfe von Weingeist gefärbten Stükchen viel leichter wieder her. Die mittelst Zusaz von kohlensaurem Kalk zum Färbebad erhaltenen Farben zeigen weniger Haltbarkeit als die ohne diesen Zusaz erzeugten. Die auf Seiden- und Wollengeweben befestigten Farben widerstehen in der Regel besser der Einwirkung der Seife, als die auf Baumwollenzeugen. Eine Passage in kochendem Seifenbad wirkt in der Regel stärker auf diese verschiedenen Farben als die vorhergehende Behandlung und besonders ist diese Einwirkung stärker bei Farben mit Thonerdebasis. Ein kochendes Kleienwasserbad hatte gar keine Einwirkung auf die Hirsenstrohfarben. Chlorkalklösung von 6° B. wirkt sehr stark auf diese verschiedenen Farben ein. Jene auf Baumwolle und Seide werden in ein paar Minuten ganz zerstört. Auf Wollenzeugen widerstehen die Farben etwas besser diesem Entfärbungsmittel. Kalkmilch ist von sehr schwacher Einwirkung auf die Eisenoxydfarben; die Farben mit Thonerdebasis werden etwas gebräunt und die nicht gebeizten Stellen des Baumwollzeugs entfärben sich ein wenig. 15 Minuten langes Eintauchen dieser verschiedenen Hirsenstrohfarben in Aezkalilösung von 2° B. schwächt im Allgemeinen die Nüancen; die schwarzen werden bräunlich; die grauen, mit Eisenoxyd erhaltenen, widerstehen aber dem Alkali ziemlich gut. Die Farben mit Thonerdebasis verändern sich gänzlich und werden nußbraun; jene mit Zinnoxydbasis widerstehen dem Alkali etwas besser und werden nur schwächer. Eine Lösung von kohlensaurem Natron von 3° B. verändert die Hirsenstrohfarben gar nicht. Schwefelsäure von 1° B. wirkt nur sehr schwach darauf. Die Farben mit Eisenoxyd- und Zinnoxydbasis erleiden durch 10 Minuten langes Eintauchen in diese Säure gar keine Veränderung; die mit Thonerdebasis werden etwas lichter. Die nicht gebeizten Stellen auf Baumwollzeugen nehmen eine gelbliche Farbe an, ohne an Intensität zu verlieren. Oxalsäurelösung von 1° B. wirkt sehr schwach auf diese Farben ein. Der Einwirkung der Schwefelsäure entgegengesezt, wirkt diese Säure stärker auf die Farben mit Eisenoxydbasis und schwächer auf die mit Thonerdebasis ein. Faßt man die mit dem Hirsenstroh angestellten Versuche zusammen, so ergibt sich, daß diese Substanz für die Färberei von großem Interesse ist und von den meisten bisher zu gleichem Zwek benuzten Pigmenten verschieden ist. Mit Eisenbeizen gibt es auf Baumwoll-, Seiden- und Wollenzeugen ein sehr intensives und sehr haltbares Schwarz, welches der Luft, der Sonne, der Seife, den kohlensauren Alkalien und den Säuren vollkommen widersteht. Mit den Thonerdebeizen erhält man Granatroth, welches durch Behandlung mit salzsaurem Zinnoxydul oder -Oxyd sehr belebt wird, aber nicht so haltbar ist, als die schwarzen Farben. Die Zinnoxydbeizen geben vom Rothen bis zum Granatrothen abgestufte Nüancen von mehr oder weniger Lebhaftigkeit, welche aber ebenfalls nicht so dauerhaft sind als die schwarzen Farben. Der weiße Grund oder die nicht gebeizten Stellen ziehen einen Farbstoff aus dem Hirsenstroh an, welcher ziemlich fest hält; doch wird er beim Auslegen der Zeuge an der Sonne oder durch Seifenpassagen zum Theil zerstört, wahrscheinlich gelingt es auch noch, durch weitere Versuche einen reinern Weißgrund darzustellen. – Jedenfalls läßt sich das Hirsenstroh zum Glattfärben der Baumwolle, Seide und Wolle benuzen und wäre namentlich zum Schwarzfärben der leztern schäzbar. Wir haben gesehen, daß das Hirsenstroh ziemlich reich an Farbstoff ist; denn mit 8 Grammen werden die Beizen eines Zeugstükchens wohl gesättigt, welche 20 Gramme Krapp erfordert hätten. Uebrigens ist es wohl möglich, daß die Anwendungsweise dieses Farbstoffs sich noch sehr vervollkommnen läßt. Es müßte der Einfluß des Anbaues bei dieser Pflanze, das geeignete Alter und die zu ihrer Ernte passendste Zeit, die Art und Weise ihrer Troknung und Aufbewahrung, um den größtmöglichen Ertrag an Farbstoff zu erzielen, untersucht werden. Endlich wären noch viele Versuche über ihre Anwendung zum Färben anzustellen, um das zwekmäßigste Verfahren dabei zu ermitteln. Stelle ich die Resultate der von mir zur Bestimmung des Werthes der verschiedenen untersuchten Farbstoffe angestellten Versuche zusammen, so ergeben sich folgende Schlüsse: 1) Die Baobab-Blüthen sind schwach adstringirend, bieten aber für die Färberei gar kein Interesse dar. 2) Das Népnépe (Neb-Neb), eine adstringirende Substanz, ist seit 15 Jahren unter dem Namen Bablah bekannt und diese Substanz fand bisher, ungeachtet ihres niedern Preises, noch keine vortheilhafte Anwendung. 3) Die Madagora hat einige Aehnlichkeit mit dem Cubaholz; lezteres aber, welches sehr wohlfeil ist und haltbarere und mannichfaltigere Farben gibt, ist ihm zur Zeit noch vorzuziehen. 4) Die lange Curcuma kann die käufliche Curcuma nicht ersezen und besizt keine Eigenschaften, welche ihr Anwendung in der Färberei versprechen können. 5) Die warzige Orseille ist dieselbe Pflanze, welche die im Handel vorkommende Orseille liefert, und nur der Preis, wie man sich jene verschaffen kann, wird über ihre Anwendung entscheiden. 6) Der Halm der diken Hirse bietet gar kein Interesse für die Färberei dar, indem diese Substanz nur wenig Farbstoff enthält und keine besondern Farben liefert. 7) Das Hirsenstroh ist die einzige unter den von den HHrn. Jaubert und Galès eingesandten Substanzen, welche Beachtung verdient. Dieses Product besizt Eigenschaften, wodurch es sich von allen andern bisher bekannten Pigmenten unterscheidet. Wir stellen an die Handelskammer von Mülhausen den Antrag, den Herrn Minister zu bitten, eine gewisse Quantität Hirsenstroh zu acquiriren, die HHrn. Jaubert und Galès zu veranlassen, ihre Aufmerksamkeit auf die Cultur und die Einsammlung dieser Pflanze zu richten, und mehrere Fabrikanten mit Proben davon zu versehen, um seine Anwendbarkeit im Großen zum Druken und Färben der Wollen-, Seiden- und Baumwollzeuge zu prüfen.