Titel: Versuche über die Lichtstärke und den Oehlverbrauch der Ruhl-Benkler'schen Lampen oder sogenannten Oehl-Gaslampen; von Karl Karmarsch und Dr. Fr. Heeren.
Fundstelle: Band 88, Jahrgang 1843, Nr. LVI., S. 223
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LVI. Versuche uͤber die Lichtstaͤrke und den Oehlverbrauch der Ruhl-Benkler'schen Lampen oder sogenannten Oehl-Gaslampen; von Karl Karmarsch und Dr. Fr. Heeren. Karmarsch und Heeren, Versuche über die Lichtstärke der Ruhl-Benkler'schen Lampen. Die HHrn. Karmarsch und Heeren haben zu zwei verschiedenen Malen Gelegenheit gehabt, mit den sogenannten Oehl-Gaslampen ausführliche Versuche anzustellen, welche sie in den Mittheilungen des hannover'schen Gewerbevereins 30. Liefer. S. 157–178 umständlich mittheilten. Bei diesen Lampen bestand der eigenthümliche Brennapparat in einer Blechkapsel (Hütlein), welche oben mit einem Loche zum Durchgang der Flamme versehen ist, auf einem Träger über dem Brenner ruht und auf die das hohe, enge Zugglas ohne weitere Verbindung gestellt wird. An zweien war das Hütlein im Innern des Glascylinders und ruhte nicht auf eigenen Trägern und fünf waren solche ohne metallene Hütlein mit Lampenglasröhren, die oberhalb des Brenners zu einer engen Oeffnung eingezogen sind.Alle diese Lampen-Constructionen wurden im polytechnischen Journal Bd. LXXXIV. S. 209 von Dr. Poppe jun. beschrieben und gezeichnet. Der hohle Docht wechselte bei den verschiedenen Lampen von 7/8 bis 7/16 hannov. Zollen im Durchmesser. Es wurde raffinirtes Rüböhl gebrannt, und zur Vergleichung auch die Lichtstärke eines gewöhnlichen gegossenen Talglichtes (6 Stük auf das Pfund) so wie jene einer sehr gut construirten gewöhnlichen Lampe mit Oehlflasche und hohlem Dochte untersucht. Die Versuche fanden in einem gänzlich verfinsterten Zimmer unter Beobachtung aller zwekmäßigen Vorsichten statt. Die Lichtstärke wurde durch Vergleichung der Schatten auf bekannte Weise bestimmt, der Oehlverbrauch durch genaues Wägen der Lampen vor und nach dem Versuche gefunden. Aus den gemachten Beobachtungen haben die HHrn. Karmarsch und Heeren nachstehende Folgerungen abgeleitet, durch welche die Frage über den praktischen Werth des neuen Lampen-Princips entschieden seyn dürfte: 1) In der Flamme einer gut adjustirten Benkler'schen Lampe findet die Verbrennung des Oehls auf sehr vollkommene Weise mit blendend weißem Lichte und unter starker Hizeentwikelung, ohne Rauch oder Qualm statt. Durch ihre schöne Farbe und ihre rauchfreie Beschaffenheit ist diese Flamme ein herrliches Beleuchtungsmittel, welches der besten Gasflamme gleichkommt. Dabei unterliegt sie keinem Flakern, sondern behält selbst beim Hin- und Hertragen der Lampe ihre gerade Gestalt und ihre Ruhe; in welcher Beziehung sich besonders die mittleren und kleinen Kaliber (mit Dochten von 5/8 Zoll Durchmesser und darunter) auszeichnen. 2) Eben diese mittleren und kleinen Kaliber geben auch ein dauerhaft gleichbleibendes Licht, welches namentlich innerhalb der ersten 4 bis 5 Stunden nach dem Anzünden keiner oder nur einer sehr unbedeutenden Verminderung unterworfen ist. Die großen Kaliber dagegen (mit Dochten von mehr als 5/8 Zoll Durchmesser) nehmen gewöhnlich ziemlich schnell und stark an Helligkeit ab, indem das brennende Dochtende durch die intensive Hize verkohlt, folglich die Oehlaufsaugung verringert, und entsprechend die Flamme verkleinert wird. 3) Um gleich viel Licht hervorzubringen, wird in den Ruhl-Benkler'schen Lampen durchschnittlich eben so viel Oehl verbraucht, als in sehr gut eingerichteten gewöhnlichen Lampen, sofern der Durchmesser des hohlen Dochtes über 1/2 Zoll beträgt. Mit ungefähr 1/2 Zoll weiten und noch engeren Dochten scheint dagegen bei den Benkler'schen Lampen eine etwas vortheilhaftere Verbrennung des Oehles, d.h. eine größere Lichterzeugung aus gleichem Gewichte Oehl stattzufinden. 4) Die verschiedenen Abänderungen, mit welchen die Ruhl-Benkler'schen Lampen ausgeführt werden, äußern keinen erheblichen Einfluß auf die Lichtgewinnung. Es ist zwar unzweifelhaft, daß ein Apparat, wobei der Brenner mit keinem undurchsichtigen (metallenen) Bestandtheile umgeben ist, eine etwas größere Lichtstärke geben muß, als ein anderer, wo der unterste Theil der Flamme von einer blechernen Kapsel verdekt wird; und man möchte deßhalb geneigt seyn, den Lampen mit Glaskapseln und Metallscheibe, noch mehr jenen mit eingeschnürten Zuggläsern, einen bedeutenden Vorzug einzuräumen. Allein es kommt zu bemerken, daß der kleine, unter der Kapsel verborgene Theil der Flamme meist blaß ist und wenig leuchtet; wonach der durch dessen Sichtbarmachung zu erreichende Lichtgewinn nicht eben ansehnlich ausfällt. Andere Umstände, wie z.B. die Höhe des Oehlniveau's im Brenner, die Weite des Dochtraumes ebendaselbst, die Adjustirung des Dochtes und des Zugglases und dergleichen mehr, sind von viel folgenreicherem Einflusse auf den Nuzeffect der Lampe, und bringen in lezterem Schwankungen hervor, gegen welche der Nachtheil einer undurchsichtigen Kapsel leicht verschwindet. Daher kommt es ohne Zweifel, daß durchaus kein Vorzug der eingeschnürten Gläser gegen die Blechkapseln sich offenbart. Man darf jedoch hieraus nicht schließen, daß die Praxis aus einer durchsichtigen Hülle um den Brenner keinen Vortheil habe. Ein solcher ist vielmehr in der That vorhanden, und zwar dadurch, daß kein Schatten nach Unten geworfen wird, was von besonderer Wichtigkeit alsdann ist, wenn es sich um Kranzlampen handelt. Es wird außerdem dafür gehalten, daß die von der Metallkapsel zurükstrahlende Hize die Verkohlung des Dochtes befördere, und daß demnach die eingeschnürten Gläser, welche weniger Wärme ausstrahlen, eine mehr gleichbleibende Lichtstärke bedingen; allein aus unsern Versuchen geht nichts hervor, was diese Annahme entschieden rechtfertigen könnte. 5) Die Ruhl-Benkler'schen Lampen gewähren den nicht unwichtigen Vortheil, daß sie (weil ein längeres Dochtstük in Brand gesezt wird) mit Dochten von bestimmter Größe ein stärkeres Licht geben, als gute gewöhnliche Lampen mit eben so großem Dochte. Es läßt sich hierüber kein Verhältniß festsezen, da ungemein viel von der Adjustirung der Dochte abhängt; indessen haben unsere Versuche gezeigt, daß der nämliche Docht in einer Benkler'schen Lampe leicht mit 1 1/2 und selbst 2 Mal so heller Flamme brennt, als in einer gewöhnlichen. Man wird daher zur Hervorbringung eines festgesezten Grades von Erleuchtung eine kleinere Lampe anwenden können, oder statt drei bis vier gewöhnlicher Lampen nur zwei Benkler'sche von gleicher Größe nöthig haben. Die Anschaffungskosten werden hiedurch vermindert und die Unterhaltung der Lampen ist leichter. 6) Gutes, gereinigtes Oehl ist für die Ruhl-Benkler'schen Lampen eben so sehr Bedürfniß, wie für jede andere Lampe, wenn man eine schöne und möglichst gleich stark bleibende Flamme erhalten will. Thran verbrennt zwar in der Benkler'schen Lampe mit wenig Geruch und mit schönem Lichte, aber er sezt an dem Dochte so viel Kohle ab, daß die Flamme sich schnell mindert und die Lichtschwächung in einem praktisch nicht zulässigen Maaße eintritt.