Titel: Unmittelbare Erzeugung von Stabeisen in Puddelöfen; nach Thoma.
Fundstelle: Band 88, Jahrgang 1843, Nr. XCIII., S. 367
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XCIII. Unmittelbare Erzeugung von Stabeisen in Puddeloͤfen; nach Thoma. Thoma, über unmittelbare Erzeugung von Stabeisen in Puddelöfen. Der Verf. hatte Gelegenheit, den über das unmittelbare Verpuddeln von Brauneisenstein in Oberschlesien (auf den Werken des Hrn. v. Winkler) angestellten Versuchen beizuwohnen. Sie lieferten ein sehr mittelmäßiges Product. Seitdem hat der Verf. in Mähren an einem Puddelofen und einem Frischherde selbst Versuche angestellt, welche sehr günstig ausfielen. Das dabei beobachtete Verfahren war folgendes: Die Manipulation zerfällt in zwei gesonderte Processe, in die Darstellung von Rohballen in einem Puddlingsofen bei Steinkohlen, Holz oder gutem Torf aus geröstetem Erze, und in die weitere Verarbeitung dieser Rohballen im Frischherde. 1) Darstellung der Rohluppen. Das geröstete und in einem Quetschwerke der Art zerkleinte Erz, daß es durch ein Sieb von circa 40 Maschen auf den Quadratzoll geht, wird mit eben so zerkleinten Kohks, Stein- oder Holzkohlen gemengt, wobei man auf jede 100 Pfd. im Erze enthaltenes Eisen 40 Pfd. der zerkleinten Kohlensubstanz nimmt. Die Quantität dieses Zusazes wird nicht immer streng die richtige seyn, und läßt sie sich bei der Arbeit selbst bestimmen. Bleibt gegen das Ende derselben noch Erz zurük, geht diese überhaupt troken, so ist der Kohlenzusaz zu gering; bleiben dagegen noch kleine Kohlentheile übrig, geht die Arbeit überhaupt roh, so muß der Kohlenzusaz verringert werden. Ein zu kleiner Zusaz ist weit schädlicher als ein zu großer, da ersterer sehr unreine Rohballen gibt, ein Kohlengehalt derselben aber durch die lezte Bearbeitung im Frischherde leicht zu entfernen ist. – Von dieser Mengung werden 2–2 1/2 Cntr. in einen Puddelofen gebracht, in dem man eine möglichst hohe Hize hervorbringen kann und dessen Fuchsbrüke eine dem Zwek entsprechende Einrichtung hat, auch mit einer Oeffnung zum Abfluß der Schlake versehen ist. Ist das Erz eingeworfen, so wird tüchtig geschürt, wobei man den Rost so voll als möglich pakt, damit eine an Kohlenstoff reiche Luft das Erz bestreichen und die Reduction mit befördern kann. – Die Essenklappe wird gezogen und der durch das Eintragen des kalten Erzes abgekühlte Ofen in Hize gebracht. Dieß geschieht in 4–5 Minuten. Nun wird die Klappe herabgelassen, damit die nun eingeleitete Reduction in keiner höheren Hize, als nöthig, vor sich gehen kann, um dabei so viel als möglich an Brennmaterial zu sparen und möglichst wenige, der Güte des Eisens schädliche Bestandtheile – die zu ihrer Reduction einen höheren Hizegrad verlangen – mit zu reduciren. Auch streicht die kohlenstoffreiche Luft langsamer über die Oberfläche des Erzes, und hat so mehr Gelegenheit, ihren Kohlenstoff zur Reduction herzugeben. Der Puddler sucht abwechselnd mit der Krüke und mit einer Art Rechen die Oberfläche zu verändern und das unten liegende Erz nach Oben zu schaffen, damit immer andere Partien der Hize ausgesezt sind, und so die Reduction durch die ganze Masse gleichzeitig vor sich geht. Nach jedem Umwenden des Erzes wird die Arbeitsöffnung so lange geschlossen, bis das Erz glüht, also etwa eine Minute. Nach ungefähr 20 Minuten ist die Reduction durch die Kohle somit bewirkt, daß das ganze Aussehen des Erzes sich geändert hat, und nach etwa einer halben Stunde vom Einsezen an ist die Oberfläche zusammenhängend, dem Blumenkohl ganz ähnlich und hat helle Orangefarbe. Die Reduction des im Erze enthaltenen Eisens ist beendet. Ist dieß geschehen, so wird die Klappe etwas gezogen und von Neuem geschürt, wobei eine zu große Anhäufung von Brennmaterial auf dem Roste vermieden werden muß, damit die durchstreichende atmosphärische Luft weniger Kohle aufnehme und so die größere Fähigkeit behalte, durch Aufnahme des Kohlengehaltes des Eisens die Arbeit zu befördern. Die Hize darf nicht derart gesteigert werden, daß die reducirte Masse aus dem steifteigigen Zustande in einen dem flüssigen näheren übergeht, indem bei ersterem die schnellste Entkohlung durch den freien Sauerstoff der Luft stattfindet, diese auch, durch die poröse Masse streichend, gleichzeitig mehr Oberfläche für die Entkohlung findet. Der Puddler bedient sich nun abwechselnd der Brechstange und der Krüke, wie dieß auch beim Roheisenpuddeln geschieht, da die Masse mehr an Zusammenhang gewinnt und auch ein Festsezen derselben an die Wände und den Boden verhindert werden muß. Auf der Oberfläche der auf dem Herde befindlichen Masse zeigt sich während der Arbeit in dieser Periode verbrennendes Kohlenoxydgas. – Ungefähr 3/4 Stunden nach dem Einsezen scheiden die ersten hellen Punkte (entkohltes Eisen) aus der Masse aus. Der Arbeiter hat nun darauf seine ganze Aufmerksamkeit zu richten, daß er die Oberfläche immerwährend verändert, um alles Eisen gleichzeitig zur Gare zu bringen, und wenn sich etwa eine Viertelstunde später Partien des entkohlten Eisens gruppiren, daß keine ungaren, sich durch eine dunkle Farbe charakterisirenden Massen davon eingeschlossen werden, in welchem Falle solche Klumpen auseinandergebracht werden müssen. Ueberhaupt muß in dieser Periode sehr fleißig und mit vieler Ueberlegung gearbeitet werden. Sobald sich diese Klumpen bilden, wird nachgeschürt und die Klappe zu drei Viertel gezogen. – Bald darauf hängt die ganze Eisenmasse zusammen und nimmt immer mehr ein weißes gares Aussehen an. Jezt wird die Essenklappe ganz gezogen, und in circa 1 1/2 St. nach dem Einsezen hat die Eisenmasse blendende Weißhize und die flüssige Schlake senkt sich plözlich und fließt durch die Fuchsbrüke ab. Daß dieß geschieht, hat man sehr zu beachten, sonst geht die nächste Charge roh. Die Schlake ist meistens Garschlake, wenn keine Zuschläge angewendet werden. Hieraus ist ersichtlich, daß sich arme Erze gar nicht werden unmittelbar verpuddeln lassen, weil in ihnen ein solches ungünstiges Verhältniß von Eisen und Erden stattfindet, daß aller Eisengehalt zur Bildung der Schlake, also Entfernung der Erben, hergegeben werden müßte, denn in der Praxis dürfte eine quantitativ immer richtige Bestimmung der Zuschläge, durch welche die Silicatbildung erfolgen soll, ohne daß Eisenenoxydul nöthig wird, höchst schwierig fallen. Es wird geschürt, und nach etwa 10 Minuten kann alles Eisen zu einzelnen Ballen geformt seyn. Hiemit ist die Darstellung des Puddelofen-Productes beendet, und die Rohballen werden nun an den Frischherd abgeliefert und dort sogleich verarbeitet. 2) Weitere Bearbeitung der Rohluppen im Frischherde. Hat der Frischer den Herd mit Holzkohlen – jedenfalls läßt sich auch Torfkohle mit Vortheil verwenden – gefüllt, so bringt er die Luppen darauf und gart sie durch einmaliges Niedergehen auf das vollständigste, wobei auch alle mechanischen Beimengungen ausgeschieden werden. Diese Manipulation dauert circa 1/2 Stunde, so daß ein Herd das von drei Puddelöfen fallende Product verarbeiten kann. Die weitere Bearbeitung des Eisens geschieht unter Walzen oder Hämmern. Drei Puddelöfen und ein Frischherd können je nach der Reichhaltigkeit der Erze in der Woche 240–360 Cntr. liefern. Das so dargestellte Eisen ist, wie dieß schon aus dem beobachteten Verfahren hervorgeht und auch die Versuche ergaben, von vorzüglicher Beschaffenheit. Einmal geht die Manipulation im Puddelofen dahin, um keine dem Eisen schädlichen Bestandtheile des Erzes mit zu reduciren, und die wegen ihrer nahen Verwandtschaft zur Kohle von dieser aufgenommen und durch sie dem Eisen beigebracht werden – Phosphor und Schwefel – werden auch bei der nachherigen Entkohlung des Eisens wieder mit ihr entfernt. Das bei der Reduction entstandene weiße Roheisen mit wenigem Kohlenstoff ist dasjenige, welches durch freien Sauerstoff in seinem Halbstarren Zustande in möglichst kurzer Zeit auf das vollständigste entkohlt werden kann, daher dabei ein Gewinn an Zeit und hiedurch geringerer Verbrauch an Brennmaterial und verminderter Eisenabbrand. – Das Niedergehen im Frischherde bringt nicht nur das Eisen zur vollständigsten Gare, sondern alle mechanischen Beimengungen werden ausgeschieden. Hat der Rohballen Blei- und Zinkgehalt, so wird dieser ebenfalls entfernt, wie dieß frühere, in Oberschlesien angestellte Versuche, dann auch die des Verfassers zur Genüge bewiesen haben. In wie weit beim Erzpuddeln die Production bei demselben Brennmaterialquantum vergrößert werden kann, und wie viel geringer die Erzeugungskosten wegen Brennmaterialersparniß seyn können, also in wie weit man die Vortheile, welche die Natur England geboten, durch das unmittelbare Verpuddeln des Erzes herbeiführen kann, läßt sich aus nachstehender Zusammenstellung entnehmen: um auf einem oberschlesischen Puddelwerke 17,500 Berliner Cntr. feineres Stabeisen darzustellen, braucht man circa 24,000 Cntr. Roheisen, zu deren Erzeugung bei Holzkohlen 8000 Klaftern (zu 108 rheinländ. Kubikfuß) Holz nothwendig sind. Hiezu kommen bei der weiteren Verarbeitung 27,250 Tonnen (zu 7 1/2 rheinländ. Kubikfuß) Steinkohle, oder wenn die weitere Verarbeitung im Frischherde geschehen soll, noch 5833 Klaftern Holz, 1 Klafter à 3 Cntr. Stabeisen, also im Ganzen 13,833 Klaftern. Dagegen würde man zur Darstellung derselben 17,500 Cntr. Eisen, wenn man Erz verpuddelt, und wenn man Steinkohle und Holz anwendet, 30,483 Tonnen Steinkohlen, 8860 Cntr. kleine Kohks, die aus dem Zünder ausgesiebt werden können, 442 Klaftern Holz bedürfen. Wendet man nur Holz an, so beträgt der gesammte Verbrauch 5642 Klaftern; es ergibt sich demnach eine Holzersparniß von 8191 Klaftern, oder mit den 13,833 Klaftern Holz ließen sich statt 17,500 Cntr. 42,900 Cntr. Stabeisen produciren. Fast jedes bestehende Frischfeuer läßt sich in eine Erzpuddelhütte umändern. Die vollkommenste Darstellungsmethode des Stabeisens, namentlich sehr vortheilhaft für Gegenden, die reichhaltige Erze, dagegen Brennmaterial von geringerer Güte haben, wäre: in einem besonderen Apparate wird Kohlenoxydgas erzeugt, wozu sich sehr gut ein Brennmaterial verwenden läßt, das zu hüttenmännischen Arbeiten sonst unbrauchbar ist. Die Menge der zur Verbrennung des Gases nöthigen erhizten atmosphärischen Luft wird der Art regulirt, daß die Gasstamme reducirend wirkt. Sie wird in einen Puddelofen, auf dessen Herde sich zerkleintes Erz befindet, geleitet, um die Reduction des im Erz enthaltenen Eisens zu bewirken. Ist diese beendet, so wird die Beschaffenheit der brennenden Gase durch größere Luftmenge dahin geändert, daß dieselbe oxydirend wirkt und die Darstellung von Stabeisen auf die vorher gezeigte Weise zuläßt. Auch wird dieß vielleicht die einzig mögliche Methode seyn, um im Puddelofen Stahl zu erzeugen. Wenn man damit am Schlusse der (im 1sten Maiheft des polytechn. Journals S. 264) mitgetheilten Abhandlungen die von Delesse und Pfort ausgesprochenen Hoffnungen vergleicht, so kann man nicht verkennen, daß das Ziel, der Eisenerzeugung durch Beseitigung der Hohöfen eine ganz andere Richtung zu geben, in nicht zu langer Zeit erreicht werden dürfte. (Aus dem innerösterreich. Industrie- u. Gewerbeblatt, 1843, Nr. 9, durch das polytechn. Centralblatt Nr. 9. Wir verweisen auf die im 1sten Maiheft des polyt. Journ. S. 206 mitgetheilten Versuche v. Gersdorff's über Eisenerzeugung bei Flammfeuer und unsere darauf bezüglichen Bemerkungen. Die Red.)