Titel: | Bericht des Generalmajors Pasley, Generalinspectors der englischen Eisenbahnen, an das Handelsbureau (board of trade) in Betreff der Achsenbrüche und anderer Veranlassungen zu Unfällen auf Eisenbahnen. |
Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. CII., S. 415 |
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CII.
Bericht des Generalmajors Pasley, Generalinspectors der
englischen Eisenbahnen, an das Handelsbureau (board of
trade) in Betreff der Achsenbruͤche und anderer Veranlassungen zu
Unfaͤllen auf Eisenbahnen.
Pasley's über Achsenbrüche und andere Veranlassungen zu
Unglüksfällen auf Eisenbahnen.
Nach dem unglüklichen Ereigniß am 6. Decbr. v. J. auf der Bahn von London nach
BirminghamIn Folge eines Achsenbruchs der Locomotive, wodurch Maschine und Tender aus
den Schienen kamen und mit zwei Wagen umstürzten, wurden mehrere Angestellte
der Bahn, wie auch vier Reisende, tödtlich verwundet., begab ich mich in den Bahnhof der South-Western-Eisenbahn zu
Bauxhall, um eine gerichtliche Untersuchung eines ohne nachtheilige Folgen
gebliebenen Vorfalles aufzunehmen. Derselbe ereignete sich am 10. d. M. in Folge des
Bruches einer gebogenen Achse einer der Gesellschaft gehörigen sechsräderigen
Locomotive. Das Eisen, dessen Bruchstelle ich untersuchte, schien von guter
Qualität; allein es war nicht gehörig bearbeitet, indem die flachen Eisenplatten,
dem als besser anerkannten Gebrauche zuwider, parallel zusammengeschmiedet
waren.
Ich hatte auf dieser Station Gelegenheit, die vierrädrigen und sechsräderigen
Maschinen miteinander zu vergleichen, und da ich auch seitdem meine auf der
Croydon-Bahn in Betreff dieses Gegenstandes gemachten Erfahrungen wiederholt
geprüft habe, so erlaube ich mir hiemit Ew. Herrlichkeiten die Resultate meiner
Forschungen über die auf den Eisenbahnen – ob durch Construction der
Locomotive oder andere Ursachen – veranlaßten Unfälle nachstehend
vorzulegen.
1. Vergleichung der gewöhnlichen
Construction der verschiedenen Sorten von Locomotiven.
Die London-Birminghamer-Eisenbahngesellschaft, welche sich der Ansicht
des Hrn. Bury, Ober-Intendanten des Departements
der Locomotiven, anschließt, verwendet ausschließlich vierrädrige Maschinen mit
inwendigem Nahmengestelle.
Da häufig Achsen dieser Locomotive gebrochen sind, ohne irgend unglükliche Folgen zu
erzeugen, und diese Bahn, welche auf das Vollkommenste administrirt wird, wenn nicht
mehr als alle übrigen, doch mindestens eben so viel von Unfällen befreit blieb, so
war ich nicht vermögend, vor dem am 6. d. M. stattgehabten Ereignisse irgend eine
nachtheilige Bemerkung gegen die vierräderigen Maschinen auszusprechen.
An jenem Tag aber brach die Vorderachse einer solchen Locomotive ganz nahe am Innern
der Nabe quer durch, dergestalt, daß das Rad abgelöst und so zu sagen
weggeschleudert wurde. Die Locomotive, welcher nur noch drei Räder blieben, verlor
ihre frühere directe Richtung und nahm eine kreisförmige Bewegung, wodurch sie aus
den Schienen kam und die Böschung hinabstürzte; die Maschine hatte dabei eine
Wendung in einem Halbcirkel gemacht, so daß der Rauchfang gerade in entgegengesezter
Richtung sich befand, als sie stille stand. In meinem Schreiben vom 13. d. M. habe
ich Ew. Herrlichkeiten über alle andern auf diesen Unfall bezüglichen Details
berichtet.
Als ich mich mit dem Hrn. Bury und Hrn. Creed, dem Secretär der Gesellschaft, über den Gegenstand
unterhielt, sprachen beide Herren ihre Ansicht dahin aus, daß eine sechsräderige
Locomotive unter denselben Umständen ein gleiches Schiksal gehabt haben würde, und
da sich nur vierräderige Maschinen auf der Bahn befanden, so konnte ich damals keine
Vergleichung zwischen den beiden Constructionen anstellen.
Seit dieser Zeit aber habe ich sie, wie Eingangs erwähnt, mit großer Aufmerksamkeit
geprüft, und halte für meine Pflicht – ungeachtet aller Achtung, die ich für
beide Herren hege – die Verschiedenheit meiner Ansicht von der ihrigen hier
auszusprechen.
In dem Falle, daß die Achse einer vierrädrigen, nach dem London-Birminghamer
Modell construirten Maschine am Innern der Nabe abbricht, muß sich nothwendig das
Rad plözlich abtrennen, weil es durch keinen auswendigen Rahmen mehr gehalten
wird.
Wenn aber im entgegengesezten Falle die Achse einer sechsräderigen Locomotive mit
auswendigem Nahmen bricht, so muß der Bruch – da die Längebalken außenher
umlaufen – innerhalb des Gestells stattfinden, wobei keine ernste Gefahr zu
befürchten ist, wie nicht allein die Erfahrung mit sechsräderigen, sondern auch mit
vierrädrigen Maschinen bewiesen hat. Man hat behauptet, und ich glaube mit Recht,
daß, wenn eine Achse zwischen dem Gestelle zerbricht, die Räder mehr derangirt und
leichter aus den Schienen kommen werden, wenn sie nach Außen, als wenn nach Innen
befestigt sind; die Vorderräder einer vierräderigen Maschine mit auswendigem
Rahmengestell können sich aber in keinem Fall plözlich ablösen, wenn nicht die Achse
gleichzeitig an zwei Stellen und zwar unmittelbar an beiden Seiten der Nabe eines
der Räder bricht, was indessen unmöglich ist.
Wenn wir also die Voraussezung eines doppelten Bruchs bei Seite lassen und nur den
einfachen Bruch der Achse einer sechsräderigen Locomotive, an welcher Stelle es auch seyn mag, annehmen,
so wird das Rad immer noch kräftig durch den starken äußern Rahmen und die Wand des
Kessels festgehalten und somit verhindert, sich ganz zu entfernen. Mag hiedurch
allerdings der Lauf des Convoi's beeinträchtigt und gestört werden, so wird doch die
Locomotive weder zusammenstürzen, noch heftig aus den Schienen gerathen; mit einem
Wort, es ist nicht wahrscheinlich, daß ein die Sicherheit der Reisenden verlezendes
Ereigniß eintrete. Sollte aber die mittlere Achse einer sechsräderigen Maschine
brechen, so reichen die vordern und hintern Räder hin, das Gewicht der Locomotive zu
tragen und deren Umsturz zu verhüten. Bricht die Hintere Achse und beide Räder kämen
dabei aus den Schienen – was jedoch nicht möglich ist – so könnte doch
daraus kein die Reisenden gefährdendes Resultat folgen, weil der Schwerpunkt bei
dieser Gattung von Locomotiven sich etwas nach der Vorderachse neigt, wodurch die
Maschine immer in hinreichendem Gleichgewicht erhalten würde.
2. Zusammenstoßen von Convois oder
Locomotiven.
Die gefährlichsten Ereignisse sind das Zusammentreffen zwei gegen einander fahrender
Convois. Sie können auf Bahnen mit doppelter Schienenlage nicht stattfinden, wenn
die Excentrics so construirt sind, daß sie sich von selbst richten, und einen in
Folge von Nachlässigkeit der Conducteurs schnell daher eilenden Wagenzug verhindern,
feine eigene Bahn zu verlassen, wenn er in die Nähe der Kreuzungspunkte gelangt.
Dagegen ist es unmöglich, durch mechanische Vorrichtungen das Zusammenstoßen zweier
sich folgenden Wagenzüge zu vermeiden. Wenn aber die Dienstreglements gehörig
abgefaßt, und die Maschinisten geschikte, urtheilsfähige Leute sind, die
Geistesgegenwart besizen, so können dergleichen Collisionen nur in Folge von
Trunkenheit vorkommen. Die Nüchternheit ist also bei dieser Classe von Angestellten
unerläßliche Bedingung, und alle übrigen Eigenschaften sind von weit geringerer
Bedeutung.
3. Zusammenstürzen der Locomotiven oder
Eisenbahnwagen.
Wenn eine Locomotive oder deren Tender an der Spize eines Convoi's zusammenstürzt, so
leidet der Wagen, welcher sich unmittelbar hinter dem Tender befindet, am meisten,
aber der zweite und dritte Wagen können ebenfalls mehr oder weniger beschädigt
werden. Gewöhnlich wurde bei Unfällen dieser Art der vorderste Wagen in Stüke
zertrümmert und die darin befindlichen Personen getödtet oder schwer Verwundet, während jene
im folgenden Wagen unverlezt davon kamen oder nur geringe Beschädigungen erlitten.
Aus diesem Grunde wird das Anhängen eines leeren Wagens unmittelbar hinter dem
Tender als der Sicherheit förderlich betrachtet; ein mit schwerem Material beladener
Platformwagen aber würde an dieser Stelle mehr Unheil stiften als nüzen. Man hat in
dieser Beziehung den Wunsch, und wie ich glaube, mit Recht geäußert, daß zu diesem
Zwek besondere Wagen aus Kork und mit wirksameren Federn angefertigt werden möchten,
aber es ist noch viel wichtiger, Maßregeln zu treffen, welche den Sturz der
Locomotiven zu verhindern im Stande sind, und jedes Hinderniß beseitigen, welches
solchen veranlassen könnte.
4. Einstürzen der Durchschnitte und
Böschungen.
Diese Unfälle wurden unabänderlich durch die frühere Gewohnheit, die Abdachungen zu
steil anzulegen, erzeugt, vielleicht eine Folge des Mangels an Erfahrung der
Ingenieure, welche so zu sagen eine neue Kunst zu schaffen hatten; denn niemals,
selbst bei dem schlechtesten Terrain, hatten die Böschungen weniger Fall als 2 zu 1,
und ich selbst betrachtete dieses Verhältniß bei unzulänglicher Erfahrung für
vollkommen hinreichend. Die Beobachtungen, welche ich indessen seitdem gemacht habe,
haben mich aber zu der Ansicht gebracht, daß bei allen tieferen Einschnitten in
thonige Erde die Böschung auf einer Seite wie 4 zu 1 und auf der andern wie 3 zu 1
angelegt werden müsse, denn obschon beide Seiten in derartigem Boden zum Einstürze
geneigt seyn möchten, so ist doch immer die eine Seite in Folge der natürlichen
Steigung der Erdschichten mehr solchen Ereignissen ausgesezt als die andere.
Jedenfalls kann man sich überzeugt halten, daß nicht in allen Fällen Mangel an
Erfahrung die Ingenieurs veranlaßte, ungenügende Abdachungen zu adoptiren, denn in
dem Werke des Sir H. Parnell über die Construction der
Straßen ist als anerkannte Regel nach der Praxis und Erfahrung des berühmten
verstorbenen Civilingenieurs Hrn. Telford festgestellt,
daß zu London, so wie überhaupt zu allen gypsartigen Formationen es nicht ohne
Gefahr sey, die Neigung der Böschungen oder Einschnitte, welche 4 Fuß Höhe
übersteigen, unter 3 zu 1 anzulegen. Da die Mehrzahl aller Eisenbahnen seit dieser
Epoche erbaut wurden und diese Einschnitte und Aufdämmungen einiger von 15 bis 20,
ja sogar bis 70 Fuß betragen, so kann man wohl fragen, ob Unerfahrenheit allein die
Ursache war, welche jenes heilsame Princip vernachlässigen machte. Mag nicht
vielmehr die Besorgniß, das Publicum von Subscriptionen zu neuen Bahnen abzuhalten,
das ihrige beigetragen haben, in vielen Fällen starken Abdachungen den Vorzug zu geben, weil sanftere die
Kostenanschläge der Erbarbeiten bedeutend erhöht haben würden? Sey dem übrigens wie
ihm wolle, so hat die Erfahrung bewiesen, daß wenn die Dämme sich einmal gesezt
haben, dabei weniger Einstürze zu befürchten sind, als bei tiefen Einschnitten, an
welchen Erdeinstürze noch nach einer guten Reihe von Jahren vorkommen können, wenn
die Böschung nicht 2 zu 1 übersteigt. So haben z.B. auf beiden Seiten der
Croydon-Bahn zwei Jahre nach deren Eröffnung zahlreiche Verschüttungen
stattgefunden und der Einsturz an der westlichen Seite des Durchschnitts zu Bugbrook
auf der Bahn von London nach Birmingham ereignete sich, nachdem die Linie schon vier
Jahre im Betriebe war.
Diese beiden Fälle hatten, obgleich beide Schienenlagen durch die ungeheuren
Erdmassen ganz verschüttet waren, dennoch für die Reifenden keine gefährlichen
Folgen, weil die Durchschnitte glüklicherweise sorgfältig überwacht wurden. Eine
beständige und gute Aufsicht ist also bei Dämmen und Einschnitten in thoniger Erde
und besonders bei den lezteren unerläßlich, denn eine noch so unbedeutende
Verschüttung, die vielleicht in wenigen Stunden hätte beseitigt werden können, kann,
indem sie eine schnell daher eilende Locomotive plözlich aufhält, das Leben aller in
den vordersten Wagen befindlichen Reisenden gefährden, wie ein vor zwölf Monaten auf
einer andern Bahn stattgehabtes Beispiel gezeigt hat.
Wird aber der Zustand der Böschungen und Einschnitte mit Sorgfalt überwacht, so ist
kein ernster Unfall von einem auch noch so bedeutenden Einsturze zu befürchten. Ich
füge nur bei, daß es sich wohl bewährt hat, wie nicht allein die Natur der
Abdachungen, sondern auch der Abflußcanäle bei Einschnitten und Dämmen sehr
wesentliche Punkte sind, welche alle Beachtung verdienen, sowohl um Einstürzen in
Folge des zu Grunde liegenden Princips vorzubeugen, als auch deren Wiederholung auf
ungünstigem Boden zu verhindern.
5. Achsen und Räder der
Eisenbahnwagen.
Der Bruch von Locomotiv-Achsen kömmt, wie ich glaube, häufiger vor, als das
Publicum sich vorstellt, und obgleich derselbe nur selten verderbliche Folgen hat,
so kann dieß doch auch der Fall seyn, wie der Unfall auf der
London-Birminghamer-Bahn am 8. d. M. erwiesen hat. Wahr ist, daß ein
Achsenbruch solcher Art mit unglüklichen Folgen an vierräderigen Locomotiven dieser
Gesellschaft nur ein einzigesmal binnen sechs Jahren sich ereignet hat; nimmt man
indessen an, daß ein ganz ähnlicher Achsenbruch wiederholt vorkommen kann, so müssen
auch die gleichen Resultate zugegeben werden. Ich sehe kein anderes Mittel, um sich
gegen diese Gefahr bei vierräderigen Locomotiven mit inwendigem Gestelle zu versichern, als
einen leichten auswendigen Rahmen anzubringen, welcher nicht so schwer beschlagen zu
seyn brauchte, als der innere, und noch weniger auf die Achse einwirken müßte, wenn
die Maschine in ihrem vollkommenen Stande ist. Dieser zweite Rahmen müßte, obgleich
nicht in Berührung mit der Achse, doch so nahe gerükt seyn, um im Falle eines
Achsenbruchs die entsprechende Wirkung zu thun. Mit Hülfe solcher Vorrichtung
könnten sich die Räder unter keinen Umständen ablösen.
Auf der South-Western-Bahn habe ich eine derartige Einrichtung an der
Vorderachse einer sechsräderigen Maschine, mit Gestelle und Spindeln außerhalb,
gesehen. Hr. John Gooch, Ober-Intendant des
Locomotivwesens, hatte am Innern der Räder sogenannte Hörner (cornes) angebracht, welche dazu bestimmt waren, vom Augenblik eines
etwaigen Achsenbruchs an – aber auch nur dann – zu wirken; diese
Vorsichtsmaßregel, so gut sie auch ist, bleibt indessen bei sechsräderigen Maschinen
überflüssig. Ich habe ferner Mittel- oder Triebräder einer sechsräderigen
Maschine mit doppelten Rahmen, Federn und Beschläge sowohl an einer alten Locomotive
von N. Stephenson und einer andern der
South-Western-Bahn gehörigen, als auch an einigen neuen Maschinen von
Sir John und von Hrn. George Rennie gesehen. Nach sorgfältiger Prüfung des Gegenstandes bin ich
indessen der Ansicht, daß auswendige Rahmen für die Vorder- und Hinterachsen
mit inneren Rahmen für die Kurbelachse sechsräderiger Maschinen ganz entsprechende
Vorrichtungen sind und hinreichende Sicherheit gewähren, insbesondere wenn man sich
der „Hörner“ bedient, die wir vorstehend als eine Art von Stüze
der Vorderachse im Falle eines Bruchs bezeichnet haben. Ich hatte mir diese Ansicht
schon gebildet, als man mir berichtete, daß Hr. Gray auf
der Hull-Selby-Bahn, deren Locomotiven ich noch nicht gesehen habe,
diese Vorrichtung adoptirt und in Ausführung gebracht hätte. Von dieser Idee
durchdrungen, kann ich die Abänderung des Hrn. Stephenson, welcher die inwendigen Gestelle für alle Achsen seiner neuen
patentirten sechsräderigen Maschinen adoptirt hat, für keine Verbesserung halten;
ich betrachte unter andern die Weglassung von Randleisten um die mittleren Räder
(welches eine der besonderen Eigenthümlichkeiten seiner Locomotive ist) vielmehr für
einen Mangel als für einen Vorzug.
6. Hohle Achsen etc. etc.
Es ist gebräuchlich geworden, die Achsen der Locomotiven und Eisenbahnwagen mehr oder
weniger streng zu Probiren und jene zu verwerfen, welche sich als schlecht erweisen; man glaubt
aber auch, daß ursprünglich gute Achsen mit der Zeit verderben, und zwar nicht
allein durch Abnüzung, sondern auch wegen der Eigenthümlichkeit des Metalls, daß es
gradationsweise die fibröse Textur weichgeschmiedeten Eisens verliert, um sich zu
krystallisiren und zerbrechlich wie Guß zu werden. Außer dem magnetischen Einflüsse,
welcher zwischen den eisernen und kupfernen Wellen besteht, und der von mehreren
Personen als die Hauptursache dieser Verschlechterung betrachtet wird, sind die
Achsen der Locomotiven und Eisenbahnwagen noch zwei anderen schädlichen Einwirkungen
ausgesezt:
1) Den Stößen und Sprüngen, welche bei großer Geschwindigkeit durch die kleinen
Unebenheiten der Schienen entstehen, und deren Einfluß dem Hämmern im kalten
Zustande gleichkommt.
2) Den Windungen, welche statt haben, wenn die Locomotive den Krümmungen der Curven
etc. folgt. Bei meinen Fahrten auf sechs- und vierrädrigen Maschinen habe ich
beobachtet, daß die ersteren gewöhnlich einen weit sanfteren Gang haben, woraus
hervorgeht, daß die Stöße viel heftiger auf die Achsen der lezteren wirken
müssen.
Hr. John Olivier York hat kürzlich ein Patent auf hohle
Achsen genommen, bei welchen die beiden halbzirkelartigen Stangen weichen Eisens
allein zusammengeschweißt sind, während bei dem gewöhnlichen Verfahren eine große
Menge Barren zusammengerollt und mit einander verbunden werden, um eine volle Achse
zu bildenSie sind beschrieben und abgebildet im polyt. Journal Bd. LXXXVII S. 241; man vergl. auch
in demselben Bande S. 392 den Bericht über die damit angestellten Versuche.
A. d. R.. Es ist bekannt, daß besonders die ursprüngliche Operation des
Zusammenschweißens die Ursache ist, welche das Eisen verdirbt, und sey diese Theorie
nun wahr oder falsch, so habe ich durch angestellte Versuche mit hohlen Achsen von 4
Zoll äußerem Durchmesser und massiven Achsen von 3 1/2 Zoll Durchmesser, welche alle
den Schlägen eines 38 Pfd. schweren Hammers ausgesezt wurden, die Ueberzeugung
erlangt, daß erstere viel stärker waren, obgleich sie weit weniger Eisen enthielten.
Wenn nun die hohlen Achsen auch in Betreff der Windung dieselbe Superiorität gegen
massive, wie bei den Schlägen bewähren, worüber Versuche auf der Station von Camden-Town der
London-Birminghamer-Bahn nach dem Wunsche des Hrn. Bury angestellt werden sollen, welcher die Wirkungen der
Windungen für gefährlicher hält, als jene der Stöße – so ist es
wahrscheinlich, daß alle Eisenbahncompagnien sich alsbald für Anwendung der hohlen
statt der bisherigen massiven Achsen entscheiden werden. – In Bezug auf die
Kurbel- oder Triebachsen der Locomotiven ist das hohle System durchaus
unanwendbar, dagegen kann es ohne Ausnahme für die übrigen Achsen der Locomotive,
für jene des Tenders, Wagen und Platformen auf Eisenbahnen benuzt werden, und ich
betrachte diese Erfindung als recht glükliche Resultate versprechend.
7. Signale auf Eisenbahnen.
Diejenigen Signale, welche ich auf Eisenbahnen inspicirt habe, sind sich beinahe alle
gleich. Die Farbe oder rothes Licht ist das Zeichen der Gefahr, und fordert zum
Anhalten des Convoi auf; grün ist das Signal zur Vorsicht. Auf einigen Bahnen ist
aber das rothe Zeichen, welches sich am lezten Wagen des Convoi befindet, so tief
unten angebracht, daß es durch den geringsten Gegenstand verdekt und der Maschinist
eines nachfolgenden Wagenzuges verhindert werden kann es zu erbliken; dieß war auch
die Veranlassung zu der Collision auf der Croydon-Bahn. Es ist deßhalb sehr
zu wünschen, daß alle Bahnen dem Beispiele einiger Hauptlinien folgen, und dem
lezten Wagen eines jeden Convoi's zwei rothe Lichter, auf jeder Seite eins,
beigeben, welche so hoch angebracht werden müssen, daß sie durch nichts verdekt
werden können. Auf den Bahnen, von welchen ich spreche, hat man auch das Licht in
der Mitte beibehalten, obgleich dieß weniger nothwendig ist. Bei Nebel sendet man
von jeder Station ein rothes Licht auf hinlängliche Entfernung aus, um die Convois
zum langsamen Fahren aufzufordern, und im Fall ein Convoi auf der Bahn zu halten
genöthigt ist, so schikt man Jemand mit einem rothen Lichte rükwärts, um den
nachfolgenden Train stille stehen zu lassen und einer Collision vorzubeugen.
Auf der London-Birminghamer-Bahn hat man kürzlich eine sehr sinnreiche
Idee für Nebel oder Gefahren eingeführt; sie besteht darin, daß man Jemanden
absendet, welcher eine eisenblecherne Büchse, die eine Ladung Pulver mit etwas
Knallpulver enthält, auf die Oberfläche der Schienen sezt, über welche der Convoi
ankommen muß. Sobald das Rad der Locomotive über die Büchse geht, entzündet sich die
Ladung und die Explosion ist stark genug, um selbst in der stürmischsten Nacht
gehört zu werden, ohne dabei so viel Gewalt zu haben, um der Locomotive oder den
Schienen Schaden thun zu können. Diese Einrichtung ist vorkommenden Falles als
nächtliches Signal einem rothen Lichte weit vorzuziehen, weil weder Nachlässigkeit
noch Unaufmerksamkeit des Locomotivführers, Heizers oder anderer Angestellten
Veranlassung geben kann, vorüber zu fahren, ohne die Explosion zu bemerken, welche
unausbleiblich stattfinden muß.
Indessen würde vielleicht eine Combination beider Systeme noch zwekmäßiger seyn, als die
einseitige Anwendung eines jeden derselben für sich allein.
8. Noch nicht erprobte Erfindungen zur
Verhinderung von Unfällen auf Eisenbahnen.
Viele Erfinder haben mir seit einem Jahre eine große Menge angeblicher Verbesserungen
an Locomotiven, Wagen und Signalen auf Eisenbahnen, als auch an den Schienen,
Excentrics etc. etc. mitgetheilt, um eine vermehrte Sicherheit zu erlangen und dem
Einsturze der Böschungen vorzubeugen. Viele dieser Erfindungen sind äußerst
sinnreich, aber manche sind auch sehr complicirt.
Stets habe ich indessen den Erfindern die gleiche Antwort gegeben, wie ich mich
glüklich schäzen würde, ihre Entdekungen für meine Person zu prüfen, dieselben aber
weder empfehlen, noch auch nur meine Ansicht darüber sagen könne, indem die
Anwendung von Neuerungen ausschließlich den Directoren der Compagnie überlassen wäre
und das board of trade dieselben nicht verbindlich
machen wolle, kostspielige Einrichtungen versuchsweise auszuführen. (Aus dem
Archiv für Eisenbahnen,
1843, Nr. 5.)
London, den 29. Dec. 1842.