Titel: | Neue Maschine zum Spannen und Troknen der Tücher. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. LXVI., S. 262 |
Download: | XML |
LXVI.
Neue Maschine zum Spannen und Troknen der
Tuͤcher.
Aus dem Gewerbeblatt fuͤr das Koͤnigreich
Hannover. 5tes Heft 1843, S. 111.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Maschine zum Spannen und Troknen der Tücher.
Bei der Fabrication des gewöhnlichen Wolltuches wird dasselbe bekanntlich sowohl wenn
es nach der Walke fertig ausgewaschen ist, als auch nach dem Rauhen, auf dem
Spannrahmen, Trokenrahmen, in lothrechter Ebene zum Troknen aufgespannt, und dabei
zu gleichmäßiger, bestimmter Länge und Breite ausgedehnt. Die bisher gebräuchlichen
hölzernen, seltener eisernen Spannrahmen führen indeß mehrfache Unzwekmäßigkeiten
und Unbequemlichkeiten mit sich, die hauptsächlich in Folgendem bestehen:
1) Erfordern sie einen Raum von beträchtlicher Länge, indem die Länge des Rahmens
wenigstens der des Tuches gleichkommen muß, die zuweilen 100 Fuß und mehr
beträgt.
2) Die Längenspannung muß durch Zug an einem Ende bewirkt werden, weil das andere
beim Einrahmen gleich befestigt wird, wodurch begreiflicherweise eine ungleiche
Ausdehnung, wohl auch ein Beeinträchtigen der gleichmäßigen Dike und Festigkeit des
Tuches erzeugt wird.
3) Die Spannung der Breite nach wird nicht minder auf eine ungleichförmige Weise
bewirkt, wozu noch kommt, daß diese Arbeit sehr oft Stöße veranlaßt und nur zu oft
das Tuch der Breite nach zerreißt.
4) Erfordern alle die hiebei nothwendigen Operationen viel Arbeitspersonal.
5) Befinden sich die Spannrahmen im Freien, so machen die Witterungsverhältnisse zuweilen
nicht nur ein öfteres Ein- und Abrahmen des Tuches nothwendig, sondern es ist
dasselbe auch plözlichen Windstößen etc. ausgesezt.
6) Will man die Rahmen in besonderen Gebäuden, Trokenstuben, Trokenböden etc.
aufstellen, so erzeugt nicht nur die Herstellung derselben, sondern auch das dabei
nöthige Feuermaterial, sehr erhebliche Unkosten.
Alle diese Uebelstände werden durch eine Maschine beseitigt, die von den HHrn. Lacambre und Persac in Belgien
erfunden, bereits mehrfach ausgeführt, mit Nuzen verwendet wird, und wovon wir
Beschreibung und Abbildung dem Bulletin du Musée de
l'Industrie entlehnen.
Auf Tafel IV zeigt Fig. 16 die
Vorderansicht, Fig.
17 und 18 die Endansichten und Fig. 19 die eigenthümlich
gestaltete Welle der Maschine. Die vorzüglichsten Theile der Maschine sind:
1) Zwei Systeme radspeichenförmiger Gerippe A, A, E, E zur Aufnahme gerader Stäbe entsprechend gestaltet, welche lezteren so
gestaltet sind, daß sie gleichsam die mittleren Tangenten einer Spirallinie bilden
und die zur Befestigung des Tuches der Breite nach dienen.
2) Eine Walze B, auf welcher das zu troknende Tuch
aufgerollt wird.
3) Eine zweite Walze C und eine leztere tangirende Bürste
D.
4) Ein Windrad V zum schnellen Troknen des Tuches.
Die Gerippe (1) bestehen aus einer kleinen gußeisernen Scheibe E, E, in welcher schmiedeiserne Arme (Speichen
F, F) befestigt sind. Vom Umfange der Scheibe E an sind die Arme (gabelförmig) getheilt oder bilden
zwei parallel laufende Stangen, um zwischen sich die schmiedeisernen Stäbe G, G aufzunehmen, die mit
Stiften oder Spizen versehen sind, an welchen die Sahlleiste (Egge, Sahlband) des
Tuches befestigt wird. Die Stäbe G, G sind an den Speichen F,
F mittelst Schrauben b,
b befestigt, ferner dienen Klözchen X, X die Armstangen gehörig
von einander entfernt zu halten und zugleich als Träger für Horizontalstäbe M, M, die zur Unterstüzung
des Tuches bestimmt sind, wenn solches der Länge nach gespannt wird. Diese ebenfalls
aus Schmiedeisen gefertigten Stäbe (M, M) werden zwischen den Speichen F, F, welche dem Windrad V nahe stehen, völlig festgehalten, während sie zwischen
den gegenüberliegenden Speichen lose hindurchgehen.
Um Tuch von jeder beliebigen Breite auf die Maschine bringen zu können, ist die
Scheibe E nächst dem Windrad unverrükbar auf der Welle
A′, A′
befestigt, die zweite aber (rechts von Fig. 16) so aufgestekt,
daß sie sich zwar mit der Welle A′ gleichzeitig
drehen, jedoch auf
dieser in der Längenrichtung beliebig verschoben und respective festgestellt werden
kann. Die größere hölzerne Walze B, auf welche das aus
der Wäsche etc. kommende Tuch gerollt wird, läuft zwischen den Spizen zweier
Schrauben V″, V″, wodurch ihr nicht nur das Umdrehen erleichtert wird, sondern sie
auch leicht aufgebracht und weggenommen werden kann.
Die kleinere Walze C ist mit grobem Tuch überzogen, an
ihr geht das Tuch (wie in der Zeichnung durch die punktirten Linien angegeben)
tangential vorbei, dabei wird es von der Bürste D
gebürstet und gleichzeitig, indem leztere wie eine Bremse wirksam gemacht ist, der
Länge nach gespannt. Bürste und Walze (C) haben
natürlich eine Länge, die der größtmöglichen Breite vorkommender Tuchsorten
entsprechend ist. Die Bürste ist übrigens mittelst Armen P′, P′ an der Welle a′, a′
befestigt, außerdem befinden sich an der Welle zwei Hebel L,
L, die vermöge aufgehangener Gewichte p, p die Bürste in der erforderlichen Stärke gegen die
Walze C pressen und wodurch eine Regulirung der
Längenspannung des Tuches möglich wird.
Das Windrad V, V, Fig. 16,
besteht aus vier ebenen Flügeln, deren Arme auf einer gußeisernen Hülse T sizen, mittelst welcher sich dasselbe frei um die
Welle A′, A′
drehen kann; zur Bewegung des Windrades dient übrigens eine besondere Riemen-
oder Schnurscheibe Q, die mit der Hülse T aus einem Stüke gegossen ist. Wie bereits bemerkt,
dient dieß Windrad allein zum Troknen des Tuches, und zwar auf nachbenannte
Weise.
Die unmittelbar neben dem Windrade befindliche (linke) speichenförmige Scheibe ist
nahe dem Centrum offen, während die gegenüberliegende (rechte) völlig geschlossen
ist. Es wirkt nun das Windrad als Sauger und veranlaßt, daß die äußere Luft zwischen
O′, O′
eintritt, nach und nach bei allen Conturen des Tuches vorbeigeht und durch die Mitte
der linken Scheibe entweicht. Die Welle A′, A′ der Maschine ist Fig. 19 im Durchschnitt
und im vergrößerten Maaßstabe gezeichnet. Der hohle Theil derselben nimmt eine
Schraube V′ auf, der bloß eine Drehbewegung
gestattet ist, während die Mutter Z derselben nur eine
Längenbewegung anzunehmen vermag, und zu welchem Ende die Welle mit einem
Längenschlize versehen ist, durch welchen die äußern Partien der Mutter
hindurchtreten. Mit dem aus der Welle hervorragenden Theile der Mutter ist aber die
Scheibe E des rechten, wie bereits früher bemerkt, auf
der Welle A′, A′ los sizenden speichenförmigen Gerippes fest vereinigt und man
erkennt daher leicht, wie durch Umdrehung der Kurbel M″ nach der einen oder andern Seite die Scheiben A, E der jedesmaligen Tuchbreite entsprechend
einander näher oder entfernter gestellt werden können.
Alle sonstigen Theile der Maschine bedürfen jedenfalls keiner besondern Beschreibung.
So das Räderwerk R, R′, um mittelst der Kurbel M die Maschine
in Gang zu sezen und die nothwendige Zahl von Umdrehungen zu bewirken, das Gestell
C′, C′ und
das Holzschwellenwerk S, S
zur gehörigen Befestigung des Ganzen am Boden.
Der Gang der Arbeit ist folgender.
Das freie Ende des auf B gerollten Tuches wird zwischen
die Walzen C und die Bürste D geführt und an einem mit Stiften besezten Horizontalstab M befestigt, welcher nahe der Scheibe E am Anfange O′, O′ der Spiraltangenten angebracht wird. Durch
gehörige Stellung der Gewichte p gibt man der Bürste die
erwünschte Pressung; hierauf versezt ein Arbeiter mittelst der Kurbel M′ und des Räderwerkes R, R′ das ganze Rahmenwerk in eine sehr
langsame Umdrehung, während ein zweiter Arbeiter das Tuch mit dessen Egge oder
Sahlleiste an den zu beiden Seiten befindlichen Stiften H, H befestigt. (Die entfernter von der Achse
liegenden Spiraltangenten G, G und Horizontalstäbe M, M hindern diese Operation nicht, da sich erstere nur an
beiden Enden der Maschine vorfinden, leztere entfernt genug stehen, um das Tuch und
die Arme des Arbeiters hindurch zu lassen.) Mit dieser Arbeit wird so lange
fortgefahren, bis das ganze Stük Tuch eingerahmt und zugleich der Längenrichtung
nach gespannt ist. Hierauf bewirkt man die Breitenspannung durch Umdrehung der
Schraube V′ (Fig. 19) mittelst der
Kurbel M″, wodurch, wie oben beschrieben, die
Scheibe E rechts (Fig. 16) und mit ihr das
ganze System von Stäben, die in lothrechter Ebene liegen, auf der Welle A′, A′
fortgerükt und somit auf eine einfache Weise, ohne irgend Stöße, das Tuch der Breite
nach gleichförmig ausgedehnt wird.
Nach verrichteter Spannung des Tuches schreitet man zum Troknen desselben, indem man
das Windrad mit einer Geschwindigkeit von 600 bis 800 Umdrehungen per Minute in Bewegung sezt, wodurch dieser Proceß
sicher und schnell selbst ohne heiße Luft verrichtet wird. In der Regel wird auf
diese Weise ein Stük Tuch in der Zeit von zwei Stunden völlig getroknet.
Das Abrahmen nach dem Troknen verrichtet der Arbeiter sehr einfach durch Ziehen an
dem freien Ende des Tuches und dessen gleichzeitiges Abheben von den Stiften H, H.
Aus diesem Allem wird man aber die vorher gerühmte Zwekmäßigkeit der ganzen Maschine
leicht erkennen, und wir dürfen daher den Wunsch aussprechen, daß sie auch in
Deutschland recht bald Anwendung finden möchte.
R.