Titel: | Ueber die Fabrication von Eisenbahnschienen in Innerösterreich; von Prof. P. Tunner. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. LXXXIX., S. 348 |
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LXXXIX.
Ueber die Fabrication von Eisenbahnschienen in
Inneroͤsterreich; von Prof. P. Tunner.Aus dem zweiten Jahrgange des vom Verfasser
herausgegebenen Jahrbuches fuͤr den inneroͤsterreichischen Berg-
und Huͤttenmann: die steiermaͤrkischstaͤndische,
montanistische Lehranstalt zu Vordernberg, ihr inneres Streben und
Wirken, und die derselben zugewandten Unterstuͤzungen von
außen. Graͤtz 1843.A. d. R.
Tunner, über die Fabrication von Eisenbahnschienen.
Die technische Aufgabe bei der Railserzeugung kann auf den innerösterreichischen
Walzwerken bereits als so weit gelöst betrachtet werden, daß darin kein wesentliches
Hinderniß mehr gelegen ist, jeder billigen Anforderung zu entsprechen, denn die
bisherigen Erfahrungen über die Construction der Walzenkaliber, so wie der
Schweißöfen, und über die nöthige Betriebskraft, sind zureichend, selbst anders
geformte Rails als die bis jezt gelieferten, ohne viele Vorversuche fabriciren zu
können. Die fraglichen Seiten dieses Gegenstandes sind demnach gegenwärtig, welches
Quantum und zu welchen Preisen kann Innerösterreich an Rails liefern, und wie ist
deren Qualität im Vergleich zu den englischen?
Gewiß mit großer Beruhigung und Freude wurde die Kunde auf allen Eisenhütten
Innerösterreichs vernommen, daß das Quantum der ersten Railslieferung für die
Staatseisenbahnen, ungeachtet viel billigerer Anbote englischer Rails, durch die
angenommenen inländischen Offerte gedekt worden ist. Daß Innerösterreich im Stande
sey, seinen entsprechenden Antheil bei der nothwendig gewordenen Vergrößerung der
Eisenproduction zu liefern, kann der Unterrichtete nicht bezweifeln; aber ein wahres
Unglük für Innerösterreichs Eisenproduction ist der Umstand, daß der Besiz des
Bergbaues und der Hohöfen auf den wichtigsten Punkten in Steiermark und in Kärnthen von dem
Eigenthume der Frischhütten und Walzwerke getrennt ist. Nur ein Mißbrauch dieses
Verhältnisses kann nach meiner unmaßgeblichen Ueberzeugung Ursache werden, daß wir
vielleicht nochmals fremde Rails einführen sehen.
Die gewöhnliche Entgegnung wider eine vermehrte Roheisenproduction, der vorgeschüzte
Mangel an Holzkohle, kann aber hoffentlich klar genug widerlegt werden durch die
Gegenvorstellung der vermehrten Leistung desselben Kohlenquantums bei gehörig
verbesserter Manipulation durch die Zuhülfenahme des mineralischen Brennstoffes, und
vor allem durch verbesserte Waldcultur. Man bedenke, daß auf den Hüttenberger und
Vordernberger Hohöfen, wo allein jährlich über eine halbe Million Centner Roheisen
erzeugt wird, durch die Einführung der erhizten Luft und einer verbesserten
Röstmethode gegen 25 Proc. Kohlen erspart werden können; ferner daß in der Regel
mehr als das doppelte Quantum an Holzkohlen, welches bei der Roheisenproduction
erforderlich ist, bei dem Herd-, Frisch- und Schweißproceß gebraucht
wird, und zweifelsohne sollte, unseren Verhältnissen angemessen, wenigstens die
Hälfte unseres Roheisens bei Steinkohlen verfrischt, und ein großer Theil bei
Steinkohlen ausgeschweißt werden, wodurch also schon so viel Kohlen erspart würden,
als bisher zur Roheisenerzeugung verwendet worden sind; und endlich möchten wir den
Fingerzeig der gütigen Vorsehung einmal gehörig benüzen, die uns in den
Haupteisenbergen der Steiermark und in Kärnthen einen Naturschaz verliehen hat, wie
auf der cultivirten Erde kein dritter bekannt ist, und auch kaum bekannt werden
kann; möchten wir nämlich die Waldcultur in der nächsten Umgebung dieser Bergsegen
vorläufig nur auf jene Stufe bringen, wie sie an andern Orten, z. B. am Harz, schon
seit Jahren existirt und erprobt ist, so könnte allein die Roheisenproduction
abermals für die Dauer wenigstens verdoppelt werden. Die natürlichen Verhältnisse
gestatten also auf unsern Hauptpunkten das Mehrfache von dem jezigen Roheisenquantum
zu erzeugen und werden daher, weil alle die genannten Mittel zu diesem Zweke nicht
mit einemmale durch einen Zauberspruch in Wirksamkeit gesezt werden können,
wenigstens sogleich gestatten, jährlich um ein- bis zweihunderttausend
Centner Roheisen für den Frischproceß mehr zu erzeugen, was für den
innerösterreichischen Antheil des vermehrten Eisenbedarfes genügend wäre. Zudem
kommt noch zu berüksichtigen, daß die Railserzeugung in dem gegenwärtigen Maaße
nicht lange dauern wird, daher es kein schlechter Haushalt seyn würde, wenn für den
jezigen großen Bedarf der Waldstand etwas zu stark in Angriff genommen werden
sollte.
Ein oft besprochener Gegenstand, über den nicht selten einseitige, bisweilen ganz
unrichtige Urtheile gefällt werden, ist der Preis unserer Rails im Vergleich mit den
englischen, weil darin eine so große Differenz stattfindet, welche unter vielen
unserer Gewerken den Glauben veranlaßte, daß die englischen Gewerke oder
Eisenhändler weit unter den Gestehungskosten des Werkes verkaufen — ein
Verfahren, das denselben durch Lotterien möglich gemacht würde; fürwahr eine arge
Beleidigung des englischen Verstandes. Es dürfte daher nicht uninteressant seyn, die
Gestehungskosten der englischen und der unserigen Rails im Detail zu berechnen, was
ich im Nachfolgenden versuchen will, so weit dieß mir gestattet ist.
A. Gestehungskosten der englischen Rails.
Die Selbstkosten der Steinkohlen sind je nach den verschiedenen Localverhältnissen
verschieden, und man kann füglich die drei Districte, welche am meisten Rails
erzeugen, unterscheiden, nämlich: Süd-Wales, Süd-Staffordshire und
Ost-Shropsphire, in denen sich die durchschnittlichen Preise per 100 Pfd. Wiener Gewicht stellen:
in S.
W.,
in S.
St.,
in O.
Sh.
An unmittelbaren Gewinnungskosten
1, 6
kr.
3,5
kr.
3,0
kr.
Regie (mit Zinsen des Betriebscapitals)
3,4
—
3,5
—
3,5
—
Grundzins oder Frohn
—
—
2,0
—
1,0
—
Profit des Kohlengewerken
—
—
3,5
—
4,0
—
––––––––––––––––––––––––––––––
Also im Ganzen auf
5
kr.
12,5
kr.
11,5
kr.
d. h. wenn der Grundbesizer zugleich selbst Gewerk ist und
sich für die Kohlengruben keinen separaten Gewinn berechnet, wie dieses auf einigen
Werken in Süd-Wales geschehen kann, so kostet der Centner Steinkohle auf der
Hütte, die immer nahe bei den Kohlengruben selbst ist, 5 kr. C. M., dagegen bei
etwas schwächeren Kohlenflözen oder mehr drükendem Dachgestein, also bei etwas
kostspieligerer Gewinnung, und wenn der Eisengewerk sich die Kohlen ankaufen muß,
wie auf mehreren Hütten in Süd-Staffordshire und Ost-Shropshire,
kostet der Centner loco Hütte 11½ bis 12½
kr. C. M.
Die englischen Eisensteine, mit geringer Ausnahme Sphärosiderite, kommen gewöhnlich
in denselben Gruben vor, wo auch die Steinkohlen gewonnen werden, so daß in deren
Preisberechnung dieselben Verhältnisse obwalten, und sich per 100 Pfd. Erz folgend stellen:
in S.
W.,
in S.
St.,
in O.
Sh.
An unmittelbaren Gewinnungskosten
12
kr.
9
kr.
7½
kr.
Regie (mit Zinsen des Betriebseapitals)
4
—
4
—
4
—
Grundzins oder Frohn
—
—
3
—
2
—
Profit der Berggewerken
—
—
7
—
8½
—
––––––––––––––––––––––––––––––
Also im Ganzen auf
16
kr.
23
kr.
22
—
d. h. ohne Grundzins und Profit für den Bergbau in
Süd-Wales 16 kr., mit Grundzins und Profit des Berggewerken aber in
Süd-Staffordshire 23 kr. und in Ost-Shropshire 22 kr. C. M.
Dieses sind somit die Preise der Rohmaterialien loco
Hütte, mit denen der englische Eisengewerk arbeitet. Von diesen Verbraucht er, um
100 Pfd. Roheisen zu produciren 2½ bis 3½ Centner ungeröstete Erze,
und 1½ bis 2½ Centner rohe Steinkohlen. Die Gestehungskosten des
Centners Roheisen mögen sich demnach unter Beibehaltung obiger Eintheilung folgend
stellen:
in S. W.,
In S. St.,
in O. Sh.
An Erzen
48
kr.
1
fl.
9
kr.
1
fl.
4
kr.
An Brennmaterial (eingerechnet die Roͤstung und den Betrieb der
Dampfmaschinen)
12
—
—
—
31
—
—
—
28
—
Arbeitslohn
6
—
—
—
8
—
—
—
8
—
Regie
18
—
—
—
26
—
—
—
24
—
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Also im Ganzen auf 1 fl.
24
kr.
2
fl.
14
kr.
2
fl.
4
kr.
Diese Gestehungskosten des englischen grauen und schwach halbirten Kohksroheisens
können von der Wahrheit nicht weit entfernt seyn, denn ich versuchte deren
Ermittelung an Ort und Stelle auf mehreren Werken zu wiederholtenmalen.
Die Railsfabrication, mit einem Artikel beschäftigt, der sehr ins Gewicht geht, auch
stets nur im Großen betrieben, wurde zu meiner Zeit in England nur auf solchen
Hütten ausgeführt, die ihr eigenes Roheisen von den dicht daran befindlichen Hohöfen
zu verpuddeln hatten. Obige Gestehungskosten des Roheisens sind demnach schon als
loco Frischhütte berechnet zu betrachten, und die
Kosten der fertigen Rails aus zweimal parketirtem Puddeleisen stellen sich demnach
per 1 Centner ungefähr folgend:
In S. W.
in O. Sh.
An Roheisen 145 Pfd.
2
fl.
2
kr.
3
fl.
—
kr.
An Brennmaterial 250 Pfd.
—
—
13
—
—
—
29
—
Arbeitslohn
—
—
30
—
—
—
40
—
Regie
—
—
25
—
—
—
30
—
––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Also im Ganzen auf
3
fl.
10
kr.
4
fl.
39
—
d. h. die Gestehungskosten der englischen Rails aus zweimal
parketirtem Puddeleisen betragen loco Hütte 3 fl. 10 kr.
bis 4 fl. 39 kr.; werden selbe aber zum größern Theile aus den Millbars erzeugt,
indem nämlich zum Railsparkete nur äußerlich schon einmal parketirte Schienen zu
liegen kommen, so fallen die Selbstkosten noch um 15–20 kr. geringer aus, und
betragen dann in Südwales unter den günstigsten Verhältnissen circa 2 fl. 50 kr. Jedenfalls können die am günstigsten gelegenen
Eisenhütten in England den Centner fertiger Rails unter 3 fl. und selbst die nicht günstig
situirten unter 5 fl. C. M. erzeugen.
Die Fracht von den meisten englischen Hütten bis zur See beträgt nur wenige Kreuzer,
und da der Seetransport von dort bis Triest nur bei 13½ kr. C. M. kostet, so
ist begreiflich, wie die Engländer den Centner Rails loco Trieft um 6 fl. anbieten können, ja einzelne Werke selbst bei einem
Preis von 4 fl. auszuhalten im Stande wären.
B. Gestehungskosten der innerösterreichischen Rails.
In eine detaillirte Berechnung der Selbstkosten unseres Roheisens brauche ich hier
nicht einzugehen, da gewiß jeder Fachverwandte, der an diesem Gegenstande näheres
Interesse hat, diese selbst vorzunehmen im Stande ist. Es mag genügen, wenn
angeführt wird, daß auf unsern Hauptpunkten der Roheisenproduction in Steiermark und
Kärnthen, troz der nicht durchaus musterhaften Gebahrung, der Centner Roheisen um
1½–2 fl. C. M. erzeugt wird. — Hieraus erhellt, das die
Gestehungskosten des Roheisens bei uns nicht höher sind als in England, und zwar um
so weniger, wenn zugleich die bessere Qualität unseres aus reinen Spatheisensteinen
erblasenen Holzkohlenroheisens gegen das englische Kohksroheisen in Anschlag
gebracht wird. Unsere wohlfeilen guten Eisensteine und die geringen Arbeitslöhne
ersezen uns bei der Roheisenproduction, was wir an theurem Brennmaterial und
größerer Regie (durch die kleinere Erzeugung Veranlaßt) gegen die Engländer
verlieren.
Dessenungeachtet werden die größten Selbstkosten der innerösterreichischen Rails vor
allem durch den höhern Roheisenpreis herbeigeführt, weil dieser durch die
15–30 kr. Betragenden Frachtkosten und durch den gegen 1½ fl.
betragenden Profit des Radgewerken so sehr erhöht wird; er mag den Railsfabriken,
die mit fremdem Roheisen arbeiten, durchschnittlich auf 4 fl. kommen, also ein Preis
für das Roheisen, um den in England auf den meisten Fabriken die Rails schon ganz
fertig gemacht werden können. Zwar haben wir in Innerösterreich zwei Railswalzwerke,
die ihr eigenes Roheisen verarbeiten; aber gerade diese haben sich eines geringeren
Bergsegens zu erfreuen, sind daher in ihrer Roheisenerzeugung beschränkt, und
produciren jedenfalls auch kostspieliger.
Bekanntlich haben wir vier Werke, die gegenwärtig für die Railserzeugung eingerichtet
sind: Prevali und Frantschach in Kärnthen, dann Neuberg und Krieglach in Steiermark,
obgleich das leztgenannte bisher auf diese Fabrication noch nicht eingegangen ist,
indem es seine Rechnung ungleich besser bei Erzeugung der Kesselbleche findet. Unter diesen
Railsfabriken dürfte Prevali die wichtigste und zugleich jene seyn, die am
billigsten zu fabriciren im Stande ist, weil dieses Werk mit eigenen sehr billigen
Steinkohlen arbeitet. Nach den Angaben des dortigen Werkdirectors Hrn. SchlegelSiehe dessen Artikel in dem ersten Jahrgange des Jahrbuches der k. k.
montanistischen Lehranstalt zu Vordernberg. werden daselbst
gebraucht, um 1 Centner fertige Rails darzustellen:
142 Pfd. Roheisen à 3½ fl. per Ctnr.
4
fl.
58
kr.
CM.
688 Pfd. Braunkohlen à 4 kr.
—
—
28
—
—
an Arbeitslohn naͤherungsweise
—
—
48
—
—
an Regie naͤherungsweise
—
—
50
—
—
–––––––––––––––––––––––––
also zusammen bei
7
fl.
4
kr.
CM.
jedenfalls bei einer etwas größeren Erzeugung unter 7½
fl. C. M. den Centner fertiger Rails. Hierbei ist zu bemerken, daß die so erzeugten
Rails zwar nur aus einmal parketirtem Puddeleisen bestehen, jedoch wegen des eigenen
Hizens und Auswalzens der gedrükten Puddelluppen reineres Eisen als einmal
parketirtes enthalten, um so mehr, da den Railsparketen zwei gelinde statt einer
starken Schweißhize gegeben werden.
Wird das Puddeln und Schweißen mit Holz vorgenommen, so gebraucht man auf den Centner
fertiger Rails bei einmal parketirtem Eisen circa
⅓ Zainklafter 36 Zoll langes Scheiterholz, bei zweimaliger Parketirung aber
nahe an ½ Zainklafter Fichtenholz, wovon die Klafter sammt Arbeitslohn für
Feinspalte und Dörren für 2½ bis 3 fl. anzuschlagen ist.
Es werden daher die bei Holzfeuerung erzeugten Rails gegen obige Berechnung von
Prevali wenigstens um 30 kr., wenn nicht nahe um 1 fl. C. M. theurer zu stehen
kommen; das wäre nahe 8 fl. bei einmal parketirtem Eisen, und über 8½ fl. C.
M. bei zweimal parketirtem Puddeleisen.
Der leztgenannte Gestehungspreis kann auch so ziemlich für die Selbstkosten gelten,
wenn die Rails aus, bei Holzkohlen selbst gefrischten, qualitätmäßigen Flammen, mit
einer Parketirung erzeugt werden.
Dieses sind also die Preise, zu welchen die innerösterreichischen Werke aller
Wahrscheinlichkeit nach die Rails gegenwärtig zu erzeugen im Stande sind; und es
erhellt daraus, daß Prevali ungeachtet der, im Vergleiche
zu den englischen schlechten Steinkohlen, dennoch nahe um den englischen Preis
erzeugen möchte, wenn es sein eigenes Roheisen hätte, und die Erzeugung verdoppeln
könnte, denn die noch zu kleine Erzeugung, verbunden mit den theuren Gußwaaren, und
dabei oft
schlechten Walzen sind die vorzüglichsten Ursachen der hohen Regie.
In Hinsicht der Qualität unserer und der englischen Rails findet man bei uns gerade
zwei entgegengesezte Meinungen; während unsere Gewerken einstimmig, nach ihrer
vollständigen Ueberzeugung, die inländischen Rails als vorzüglicher erkennen,
erklären viele der Eisenbahn-Ingenieure die englischen als die bei weitem
besseren.
Das sicherste Urtheil in derlei Fällen sollte aus der Erfahrung geschöpft werden, ein
Umstand, den die leztgenannte Partei anscheinend ohnedieß für sich hat, nachdem die
bisherigen Erfolge ihre Erklärung veranlaßten. Allein hiebei ist nicht zu vergessen,
daß die bisherigen Erfahrungen mit inländischen Rails von solchen stammen, die in
der ersten Periode erzeugt worden sind, wo man die Fabrication derselben noch nicht
gehörig kannte und nicht selten ein äußerst schlecht gefrischtes Eisen dazu
verwendet hat. Selbst gegenwärtig wird noch ein großer Unterschied in den
inländischen Rails von den verschiedenen Walzwerken zu treffen seyn, weil man dabei
in der Manipulation sehr verschieden zu Werke geht, ja sogar ein und dieselbe Hütte
befolgt, in verschiedenen Perioden, oder bei verschiedenen Rails, verschiedene
Erzeugungsarten, welche auf die Qualität der Rails einen wesentlichen Einfluß haben,
die aber bisher von Seite der Eisenbahnen gar nicht beachtet worden sind, so wie man
überhaupt mit der Abtheilung der Rails von den verschiedenen Fabriken, und selbst
zwischen in- und ausländischen nicht sehr genau vorgegangen ist, vielleicht
auch nicht immer konnte. In lezterer Beziehung wäre es daher wohl wünschenswerth,
daß von den inländischen Fabriken eine jede ihr eigenthümliches Merkzeichen (und
zwar bei den Enden) jedem einzelnen Rail aufschlagen möchte, wie dieses für die
currenten Stabeisensorten ohnedieß gesezlich bestimmt ist.
Jedenfalls sind die bisherigen Erfahrungen auf unsern Eisenbahnen für die vorliegende
Frage zwar nicht ganz unberüksichtigt zu lassen, aber als unvollkommen und
theilweise, selbst als unverläßlich zu erkennen. Dieses einsehend, wurden in Wien
schon einige Untersuchungen und Proben mit von verschiedenen Fabriken erzeugten
Rails vorgenommen, und sind gegenwärtig von Seite des innerösterreichischen
Industrievereins noch im Gange begriffen, deren Resultate mehrere Aufschlüsse geben
werden; indessen trifft die Einwendung, daß auf die Erzeugungsart keine Rüksicht
genommen ist, diese Proben ebenfalls.
In mehreren Ausschreibungen für Railslieferungen zu den englischen Bahnen las ich
selbst die ausdrüklichen Bedingungen, daß bei Erzeugung des Roheisens für die
Verfrischung zu Railseisen kein Frischschlakenzusaz gegeben werden dürfe und durchaus
zweimal parketirtes Puddeleisen in den fertigen Stangen enthalten seyn müsse. Diese
vorgeschriebenen Manipulationen zu überwachen, waren von Seite der Eisenbahnen
Commissäre auf den betreffenden Railsfabriken beständig anwesend. Wollte in England
eine oder die andere Fabrik bei Holzkohlen gefrischtes Stabeisen zu den Rails
verwenden, so würden die Eisenbahnen schwerlich dagegen seyn, indem dieses Eisen
dort hoch geschäzt ist, das höheren Preises wegen aber nur zu besondern Zweken
verwendet wird.Die Quantitaͤt des in England bei Holzkohlen gefrischten Eisens ist
nicht ganz unbetraͤchtlich; denn ich selbst sah gegen 20 solche
Frischfeuer, und ungefaͤhr eine gleiche Zahl mag zufolge meiner
Rachfragen noch existiren, die ich nicht besucht habe; das waͤren
also im Ganzen bei 40 Frischherde, die meistens Tag und Nacht betrieben
werden, und da sie nur bei Kohks raffinirtes Roheisen verarbeiten und der
Ausheizproceß ebenfalls wieder bei Kohks oder mit Steinkohlen vollzogen
wird, so erzeugt ein solches Frischfeuer mehr als zwei unserige. Dieses
Quantum englisches Holzkohleneisen findet so guten Absaz, daß die Tonne um 3
Pfd. St. oder der Centner um 1 fl. 40 kr. C. M. theurer bezahlt wird. Das
meiste Holzkohleneisen erzeugt in England Mr. Forster in Stourbridge, und dieses englische Eisen war es, das Hr.
Remi in Alf, der vielleicht das beste
Puddeleisen im noͤrdlichen Deutschland producirt, als von seiner
Huͤtte in der Qualitaͤt nicht erreichbar erklaͤrte.
Eben so sind die Eigenschaften des Holzkohleneisens von Kolniz in
Kaͤrnthen den englischen Maschinisten bei der Nordbahn rühmlichst
bekannt, und alle feinen Eisendrähte werden meines Wissens noch zur Stunde
allerorts von aus Holzkohlen gefrischtem Stabeisen erzeugt. Alles dieß
beweist hoffentlich zur Genuͤge die gute Qualitaͤt des
Herdfrischeisens wenn dasselbe mit Umsicht gefrischt worden
ist.
Bei so bewandten Umständen, wo sich aus den bisherigen Erfahrungen nicht Bestimmtes
über den Qualitätsunterschied der verschiedenen Rails sagen läßt, dürfte es nicht
überflüssig seyn, diesen Gegenstand von der theoretischen Seite, mit stetem Hinblik
auf die Erfahrung, näher zu beleuchten.
Daß die Beschaffenheit des Roheisens, sey die Verfrischung welche sie wolle, auf die
Qualität des daraus erzeugten Stabeisens einen wesentlichen Einfluß habe, ist nicht
bloß eine theoretische Lehre, sondern eine jedem praktischen Eisenhüttenmanne zur
Genüge bekannte Erfahrung. Eben so bestimmt ist, daß das bei Holzkohlen erblasene
Roheisen, unter übrigens gleichen Umständen, reiner ausfällt, und, mit gleicher
Sorgfalt verfrischt, ein in jeder Beziehung besseres Stabeisen gibt, als das mit
Kohks oder rohen Steinkohlen erzeugte; und endlich eine gleichfalls anerkannte
Thatsache ist es, daß die Spatheisensteine, wie sie bei Vordernberg und Hüttenberg
vorkommen, an Reinheit und Leichtflüssigkeit, mit einem Worte an Güte von den besten
englischen Eisenerzen nicht erreicht werden. Die Natur hat folglich alles gethan,
der Qualität des innerösterreichischen Stabeisens im Allgemeinen den Vorzug vor dem
englischen zu geben, und es kommt somit nur darauf an, diesen von der Natur gebotenen
Vorzügen nicht durch fehlerhafte und unvollkommene Manipulationen entgegen zu
arbeiten, wie dieses bisher geschah, und theilweise noch geschieht.
Da das Unbrauchbarwerden der Rails entweder durch Abnüzung, besonders durch
ungleiches Auslaufen oder durch Biegen oder gänzliches Abspringen herbeigeführt
wird, so muß als das beste Eisen für Rails offenbar dasjenige anerkannt werden,
welches bei der größten Festigkeit die meiste Zähigkeit und Gleichartigkeit besizt;
die möglichste Hätte wird dabei keine gewünschte Eigenschaft seyn können, weil die
dadurch verminderte Abnüzung der Rails nur auf Kosten der darüber laufenden
Radkränze bezwekt wird, und mit der größten Härte zugleich auch ein früheres
Glattwerden der Rails eintreten dürfte, was gleichfalls zu vermeiden getrachtet
wird.
Gleichartigkeit und Zähigkeit sind Eigenschaften, welche dem guten Puddeleisen mehr
als dem Herdfrischeisen zukommen, und dieserwegen wahrscheinlich hat man in der
dießjährigen Ausschreibung der Railslieferung für die Staatseisenbahnen dem erstern
den Vorzug zugesprochen.
Dagegen ist Festigkeit eine Eigenschaft, welche dem guten Herdfrischeisen mehr eigen
zu seyn pflegt als dem Puddeleisen; sie kann übrigens in lezterer Eisensorte
beträchtlich vermehrt werden, wenn dasselbe einer öftern Erhizung und damit
verbundenen mechanischen Bearbeitung ausgesezt wird, was am vollständigsten durch
das Parketiren zu bezweken ist, und womit zugleich auch die Zähigkeit und
Gleichartigkeit des Eisens sehr gewinnen. Für alle aus Puddeleisen gefertigten Rails
stellt sich demnach die ausdrükliche Bedingung, daß nur zweimal parketirtes Eisen
darin enthalten seyn darf, wie dieses von englischen Bahnen gefordert wird, als
höchst zwekmäßig dar; denn die dadurch erzielte größere Festigkeit gestattet die
Anwendung schwächerer Rails, was allein schon vollends zureichen dürfte, die
größeren Manipulationskosten zu deken, und die dadurch zugleich erlangte größere
Gleichartigkeit, Zähigkeit und Dauer der Rails erscheint dann als reiner Gewinn, zu
welchem überdieß noch der größere Werth der als solche unbrauchbar gewordenen Rails
zu rechnen kömmt. In diesem Umstand liegt ein Vorzug (welcher indeß auf dem eben
gezeigten Wege entsprechender zu erreichen ist), den die schwierigern Railsformen
vor den einfacheren haben, indem erstere nur aus zweimal parketirtem Eisen
angefertigt werden können, während leztere auch theilweise oder gänzlich aus einmal
parketirtem herzustellen sind; dadurch also ist erklärlich, wie man finden konnteBei durch Hrn. Prof. A. Burg am k. k.
polytechnischen Institute in Wien angestellten Railsproben hat sich die
beruͤhrte Thatsache ergeben., daß die Railsform der
Wien-Gloggnitzer-Bahn verhältnißmäßig ein größeres Tragvermögen habe
als die der Nordbahn, was im Grunde nur für die zweimalige Parketirung, nicht für
die erstgenannte Railsform spricht, insofern es sich dabei um das Tragvermögen
handelt.
Welche Rails mehr Festigkeit besizen, die aus zweimal parketirtem Puddeleisen, oder
aus einmal parketirten Herdfrischflammen, ist eine Frage, die a priori nicht mit Bestimmtheit beantwortet werden kann, und für unsere
Verhältnisse einer genauen Untersuchung wohl werth wäre. Nach meinem unmaßgeblichen
Dafürhalten sollte den leztern eine größere Festigkeit, eine größere Dauer und ein
größerer Werth im abgenuzten Zustand beizulegen seyn, und deren Gleichartigkeit und
Zähigkeit sollte bei gut gefrischten Holzkohlenflammen kaum etwas zu wünschen übrig
lassen, besonders dann, wenn man noch die Vorsicht anwenden möchte, das Auswalzen
der Railspakete so vorzunehmen, daß die hohe Kante der Railsflammen in die Richtung
der Railshöhe zu liegen kommt, wodurch die Bahnfläche der Rails eine Mengung von
allen einzelnen Flammen, also gleichartiger werden müßte. Es ist einigermaßen zu
bedauern, daß sich die Eisenbahnen durch die schlechten, ungleich gefrischten
Railsflammen, welche von mehreren unserer Hammergewerken geliefert worden sind,
bereits veranlaßt sahen, den aus Hammereisen erzeugten Rails mehr zu mißtrauen, als
den aus Puddeleisen fabricirten, weil bei aufmerksamer Manipulation unter manchen
Localverhältnissen unserer Hütten erstere wahrscheinlich die profitablern wären,
obschon dieser Umstand auf einer andern Seite unsern Hammergewerken zur heilsamen
Lehre, und dem Puddeleisen zum gebührenden Credit dienen mag. Uebrigens erhellt aus
dem, was vorhin über de Roheisenqualität von unsern beiden Haupterzbergen bemerkt
worden ist, daß unsern Rails, auch aus gepuddeltem Eisen erzeugt, bei gleicher
Manipulation mit dem englischen eine größere Festigkeit zukommen muß; wenn dieß aber
von den bisherigen Erfolgen nicht bestätigt wird, so kann der Grund nur in einer
mangelhaften Fabrication der Rails auf unsern Hütten liegen, wie dieses durch die
Verwendung eines zu roh erblasenen Waldeisens oder zu schlecht gefrischten
Stabeisens, und die einmalige Parketirung des Puddeleisens geschehen ist.