Titel: | Ueber die natürlichen Weine; von Apotheker Clary in Figeac. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. CXXIV., S. 458 |
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CXXIV.
Ueber die natuͤrlichen Weine; von
Apotheker Clary in
Figeac.
Aus dem Journal de Chimie médicale, August 1843, S.
445.
Clary, über die natürlichen Weine.
Als Einwohner eines der bedeutendsten weinbauenden Departements (des Lot) Frankreichs
glaubte ich meinen Mitbürgern zum Verkaufe ihres Productes sehr behülflich zu seyn,
indem ich die Würdigung einer guten Qualität noch besser möglich zu machen suchte,
als dieß bisher schon der Fall war. Leider aber erzeugt nicht das ganze Departement
denselben Wein; in einigen Gegenden fängt er gerne zu spinnen an, welche Krankheit
weder vermieden noch geheilt werden kann. Obwohl dieß eigentlich nicht hierher
gehört, werde ich dennoch einige Umstände anführen, die, wie ich glaube, diese
zweite Gährung zur Folge haben. Nicht jeder Boden ist der Cultur des Weinstoks
günstig und am besten eignet sich, um eine gute Qualität Wein zu erzielen, ein
trokner und kalkiger Boden. Zur Zeit der Weinlese muß die Traube ganz reif seyn, zu
welchem Behufe der Weinstok der Sonne wohl ausgesezt seyn muß; sonst erhält man
einen sauren Wein, welcher leicht umschlägt. In gewissen Gegenden des Departements
wird die Qualität der Quantität zum Opfer gebracht und die Einwohner düngen, um eine
reiche Lese zu erhalten, ihre Gärten, wodurch der Wein nicht nur mit animalischen
und wässerigen Stoffen auf Kosten des Zukerstoffs überladen wird, sondern auch je
nach dem angewandten Dünger einen unangenehmen Geschmak erhält und gerade bei
Thonboden (d. h. Thonerdekalk, Thonerdekiesel u. s. f.), der sich zum Weinbau
ohnedieß nicht sehr eignet, findet dieß statt; auch läßt sich solcher Wein beinahe
gar nicht aufbewahren. Ferner bedienen sie sich beim Stehenlassen ihres Mosts an den
Trestern eines falschen, von der Gewohnheit nun einmal geheiligten Verfahrens,
welches nicht mehr auszurotten ist, sie nämlich Morgens und Abends zu begießen
(damit sie, wie sie sagen, nicht sauer werden), indem sie den Most abziehen und ihn
wieder auf die Trestern schütten; dadurch wird die Verdunstung des Alkohols,
namentlich bei recht warmer Witterung, statt verhindert, befördert. Ferner ist die
Reinheit des Fasses von keinem geringen Einfluß auf die Erhaltung des Weins, denn
der umgeschlagene hinterläßt eine Hefe, welche das Krankwerden des neuen Products
befördert. Uebrigens glaube ich, daß der Zusaz einer geistigen Flüssigkeit oder
einer sie zu erzeugen fähigen Substanz unsere Weine wohl schüzen könnte, die
übrigens, abgesehen von
dieser Krankheit, sehr gut wären; der Versuch wirb darüber entscheiden.
Da ich nicht alle Resultate hier mittheilen kann, so wurde immer das mittlere
Resultat mehrerer Versuche angegeben.
Es wurde schon gesagt, daß Kalkboden bessere Weine liefert als Thonboden; sie sind
auch alkoholreicher. Die weißen Weine, deren frühzeitigere Trauben leichter reifen, enthalten mehr Alkohol als die
rothen desselben Gewächses. Der rosenrothe Wein, von dem Moste, welcher während der
Lese der rothen und weißen Trauben von den reifsten von selbst abfließt, enthält
noch mehr Alkohol, als der weiße. Die umgestandenen Weine, obwohl sie eine neue
Gährung bestanden, verlieren weder, noch gewinnen sie an Alkohol, Extractivstoff und
salzigen Bestandtheilen und verhalten sich gegen die Reagentien wie die gesunden
Weine. Beim Altern nehmen die Weine allmählich an Alkoholgehalt zu, welchen sie aber
nach einer gewissen Zeit wieder verlieren.
Da unser Departement zwei ganz verschiedene Sorten Weine liefert, nämlich nach der
Verschiedenheit des Bodens — welcher entweder ein Kalkboden ist und dann
einen der besten französischen Weine gibt, der unter dem Namen Cahors bekannt ist,
oder ein Thonboden, der einen Wein von geringerer, jedoch ebenfalls guter Qualität
trägt — so glaubte ich meine Untersuchungen in zwei Abtheilungen zerfallen
lassen zu müssen. Ich bediente mich des Duval'schen
DestillirapparatsBeschrieben im polytechnischen Journal Bd.
LXXXV S. 380., des
100theiligen Alkoholometers und des 100theiligen Thermometers zur Bestimmung des
Alkoholgehaltes dieser Weine, welche mit der möglichsten Genauigkeit vorgenommen
wurde.
Die erstern, stark gefärbten, viel Extractivstoff und salzige Bestandtheile führenden
besizen ein Bouquet, welches ihren hohen Werth zu erkennen gibt. Die leztern, zwar
gut, jedoch leichter, sind bei weitem nicht so viel werth. Mit verschiedenen
Reagentien behandelt gaben diese Weine Färbungen und wenig verschiedene
Farbstoffniederschläge, die ich in nachfolgenden Tabellen mittheile.
Oxalsaures Ammoniak erzeugte in ersterer Sorte etwas mehr als das Doppelte des
Niederschlags von oxalsaurem Kalk. Dagegen bewirkte Chlorbarium einen Niederschlag,
der nicht viel mehr betrug als bei lezterer Sorte.
Ich ließ von jeder Weinsorte 2 Liter eindiken und erhielt im Mittel von dem einen 98
Gramme, vom andern 80 Gramme Extract; die Hälfte eines jeden behandelte ich mit
Alkohol von 84°, um allen Extractivstoff auszuziehen; ich erhielt dann 3,85
Gramme doppeltweinsteinsauren Kali's aus den Cahors-Weinen und 3,25 Gramme aus
den andern. Durch Ausglühen des Rükstands erhielt ich Aschen, deren eine 4,25
Kubikcentimeter Schwefelsäure von 10° und die andere 3,75 Kubikcentim.
sättigte.
Die Differenz des Alkoholgehalts dieser Weine beträgt bei den einen 10 bis 13, bei
den andern 9 bis 11,66 Procente.
Da ich wegen ihrer großen Anzahl nicht alle Gewächse des Departements aufzählen kann,
so will ich die besten und feinsten derselben anführen; es sind dieß die von
Saint-Jean-de-Lourd, Albas, Merques und von einigen Orten in
der Umgegend von Cahors.
Die verschiedenen Weine von Kalkboden gaben im Mittel
folgende Alkohol-Procente:
1790
Rother
wein
11
1800
—
—
11,13
1802
—
—
11
1805
—
—
11,66
1808
—
—
11,33
1810
—
—
11,66
1811
—
—
12
—
Weißer
wein
12,33
1818
Rother
wein
10,66
—
Weißer
wein
11,33
1819
Rother
wein
11
1820
—
—
11
1821
—
—
11,33
1822
—
—
11,33
—
—
—
12
—
Weißer
Wein
12,33
1824
Rother
wein
11,33
—
Weißer
wein
12
1826
Saint-Jean-de-Lourd, rother Wein
13
1827
Rother
wein
11
—
Weißer
wein
12
1829
Rother
wein
11
1831
—
—
12
1832
—
—
von Saint-Jean-de-Lourd
12,33
1833
Rother
wein
12
1834
—
—
11
1835
—
—
10,66
1836
—
—
11
1837
—
—
10,33
1840
—
—
10,33
—
Weißer
wein
11
1841
Rother
wein
11
—
—
—
10,33
—
Weißer
wein
11
—
Roserother Wein
11,66
1842
Rother
wein
10
—
Weißer
wein
11
—
Rosenrother Wein
11,33
––––––––––
Mittlere Zahl
11,36
Die besten Jahrgänge waren 1811, 1822, 1832, 1834.
Tabelle über die Untersuchung des
Farbstoffs der Weine vom Kalksteinboden.
Textabbildung Bd. 089, S. 460
Reagentien; Reactionen mit den
alten Weinen.; Reactionen mit neuen Weinen.; Schwefelsaures Eisenoxydul;
Ammoniak; Aezkali; Alaun mit Zusaz von; Aezkali; Ammoniak; neutral. Kohlens.
Kali od. Natron; Schwarz; Gruͤnlichbraun; Olivengruͤn;
Schmuziggrau; Gruͤnlichbraun; Weißlichgrau; Violettschwarz;
Braͤunlichgruͤn; Dunkelgruͤn; Gruͤnlichgrau;
Braͤunlichgruͤn; Grau.
Alle diese Farben jedoch hatten einen violetten Grund.
Im Mittel lieferte mir der Liter Wein:
Oxalsauren Kalk
0,20
Gramme
Schwefelsauren Baryt
0,12
—
Weinextract
49
—
Dieses Extract mit Alkohol von 84° ausgewaschen, ist
doppeltweinsteinsaures Kali und wog
3,85
—
Ausgegluͤht neutralisirte dieses Extract Schwefelsaͤure von
10°
4,25
Kubikcentimeter.
Die verschiedenen Weine
von Thonboden gaben im Mittel folgende Alkohol-Procente:
1820
Rother
Wein
11
—
Weißer
Wein
11,33
1821
Rother
Wein
10,66
1822
—
—
9,66
—
Weißer
Wein
11
1824
Rother
Wein
10
1827
Weißer
Wein
11
1828
Rother
Wein
10,33
1829
—
—
10,66
1830
—
—
10
1833
—
—
10
—
Weißer
Wein
10,66
1836
Weißer
Wein
11
1838
Rother
Wein
9,33
1839
—
—
9
1840
—
—
9,66
—
Weißer
Wein
10
—
Rosenrother Wein
10,33
1841
Rother
Wein
9,33
—
—
—
10,33
—
Weißer
Wein
10,33
—
Rosenrothe Wein
10,66
1842
Rother
Wein
9
—
—
—
9,66
—
Weißer
Wein
10
—
Rosenrother Wein
10,33
–––––
Mittlere Zahl
10
Tabelle über die Untersuchung des
Farbstoffs der Weine von Thonboden.
Textabbildung Bd. 089, S. 461
Reagentien.; Reactionen mit den
alten Weinen.; Reactionen mit den neuen Weinen.; Schwefelsaures Eisenoxydul;
Schwarz; Violettschwarz; Ammoniak; Gruͤnlichbraun;
Braͤunlichgruͤn; Aezkali; Gruͤn; Dunkelgruͤn; Alaun
mit Zusaz von; Aezkali; Braun; Gruͤnlichbraun; Ammoniak; Schmuziggrau;
Dunkelgrau; neutral. Kohlens. Kali od. Natron; Weißlichgrau; Grau.
Auch diese Farben hatte alle einen violetten Grund.
Im Mittel lieferte mir der Liter:
Oxalsauren Kalk
0,08
Gramme
Schwefelsauren Baryt
0,10
—
Weinextract
40
—
Dieses Extract mit Alkohol von 84° ausgewaschen, oder
Weistein
3,25
—
Ausgegluͤht saͤttigte das Extract Schwefelsaͤure von
10°
3,75
Kubikcentimeter.