Titel: Die atmosphärische Eisenbahn.
Fundstelle: Band 90, Jahrgang 1843, Nr. XIX., S. 86
Download: XML
XIX. Die atmosphaͤrische Eisenbahn.Zur Ergaͤnzung der Notiz im polytechnischen Journal Bd. LXXXIX S. 397. Aus dem Mechanics' Magazine. Aug. 1843, S. 149. Die atmosphärische Eisenbahn. Lezten Samstag wurde mit der atmosphärischen Eisenbahn ein vorläufiger Versuch gemacht, welcher die Erwartungen der Patentträger Clegg und Samuda und Aller, deren Interesse bei der Einführung dieses hochwichtigten Nationalprojectes in Irland betheiligt war, in jeder Hinsicht befriedigte. Der Versuch wurde lediglich zur Satisfaction der Ingenieure angestellt, indem die Arbeiten noch in einem rohen unvollkommenen Zustande sich befanden. Kurz nach Ankunft der eingeladenen Techniker und Gelehrten wurde der Dampf zugelassen und die riesenmäßige Luftpumpe begann ihre Arbeit. Nach 60 Kolbenhuben hatte die Queksilbersäule in dem Barometer eine Höhe von 20 und kurz darauf eine Höhe von 22 1/10 Zoll erreicht. Somit waren die kühnsten Erwartungen erfüllt, und hinsichtlich der Wirksamkeit und Fähigkeit des Mechanismus ein hinreichendes Vacuum herzustellen, konnte kein Zweifel mehr obwalten. Die Kraft kann auf folgende Weise geschäzt werden. Die durch jeden Zoll Queksilber im Barometer angezeigte Luftverdünnung ist im Stande ungefähr 9 Tonnen auf horizontaler Bahn, oder 2½ Tonnen auf 1/115 geneigter Bahn (Steigungsverhältniß der Dalkey-Linie) mit einer Geschwindigkeit fortzutreiben, welche von der Geschwindigkeit des Luftpumpenkolbens abhängt. Jeder doppelte Hub der Luftpumpe entspricht zwei Meilen in der Stunde; und da die Maschine zu Dalkey so eingerichtet ist, daß sie ungefähr 24 Doppelhube in der Minute liefert, so folgt, daß die Geschwindigkeit der Wagenzüge nöthigenfalls bis zu 50 Meilen per Stunde gesteigert werden kann. Es handelte sich nun zunächst darum, den Kolben an dem Gleichgewichtsventile in der Nähe der Glasthule-Brüke in die Röhre einzufügen. Während dieß bewerkstelligt wurde, löste sich der Keil am Schwungrad aus, wodurch eine Verzögerung von beinahe einer Stunde entstand. Nachdem die Bewegung des Schwungrades wieder rectificirt war, sezte man die Maschine wieder in Gang, ließ sie jedoch nicht mehr mit Condensation arbeiten, denn es fehlte an Condensationswasser, sondern mit Hochdruk und halber Kraft. Die Höhe der Queksilbersäule wechselte von 11–14 Zoll. Durch Männer, welche mit kleinen Flaggen längs der Linie aufgestellt waren, wurde das Signal gegeben, worauf der Kolbenwagen mit zwei Passagierwagen, einem zweiter und einem dritter Classe, sich unter freudigem Zuruf der versammelten Menge in Bewegung sezte. In 5 Minuten war die Streke von 1¼ Meilen durchlaufen; dabei wurde bei der Abfahrt durch Bremsen der Räder die Geschwindigkeit bedeutend gemäßigt, um die Triebkraft gehörig zu controliren, eben so bei der Ankunft, um zu verhüten, daß der Train über das Ende der Linie hinausschieße. Hr. Joseph Samuda befand sich auf dem Kolbenwagen; sämmtliche andere Gentlemen nahmen in den andern Wagen Plaz und sie beschreiben die Bewegung als ungewöhnlich sanft und ruhig; die Curven wurden, ohne daß der geringste Unterschied in der Bewegung der Wagen bemerkbar war, zurükgelegt; kurz es war nicht mehr ein Versuch, sondern eine vollständige Thatsache. Was den Uneingeweihten ein Problem schien, ist jezt vollkommen gelöst. Einige die Bahnlinie und Maschinerie betreffende Data dürften nicht ohne Interesse seyn. Die offene Röhre ist 9200 Fuß lang; die geschlossene, welche die Verbindung mit dem Luftrohre bildet, besizt eine Länge von 400 Yards. Die Maschine hat 100 Pferdekraft und arbeitet mit Expansion. Der Durchmesser der doppelt wirkenden Luftpumpe beträgt 67 Zoll, der Durchmesser der offenen Röhre 15 Zoll. Die Station zu Dalkey liegt 76 Fuß höher als die zu Kingstown. Das Steigungsverhältniß ist veränderlich; 1/57 ist die größte, 1/240 die geringste, 1/115 die mittlere Steigung. Man hat berechnet daß der Train von Dalkey aus vermöge seiner eigenen Schwere herabrollen wird, und zwar mit einer Geschwindigkeit von 30–35 Meilen in der Stunde. Die schärfste Curve besizt nur 547 Fuß Halbmesser.