Titel: Ueber die Bereitung der Chromsäure, von Professor A. Schrötter.
Fundstelle: Band 90, Jahrgang 1843, Nr. LI., S. 200
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LI. Ueber die Bereitung der Chromsaͤure, von Professor A. Schroͤtter. Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie. 1843. Nr. 8. Schrötter, über die Bereitung der Chromsäure. Bekanntlich hat Fritzsche gezeigt, daß Chromsäure erhalten werden kann, wenn man zu einer warmen concentrirten Auflösung von saurem chromsaurem Kali nach und nach eine hinreichende Menge concentrirter Schwefelsäure hinzufügt. Die so bereitete, auf Ziegelsteinen getroknete Säure ist aber, wie Fritzsche selbst angibt, mit 8,62 Proc. mechanisch anhängender Schwefelsäure (?) und etwas saurem schwefelsaurem Kali verunreinigt. Warington hat dieses Verfahren in etwas abgeändert, indem derselbe zu 100 Volumen einer kaltgesättigten Auflösung von saurem chromsaurem Kali 120 bis 150 Vol. concentrirter reiner Schwefelsäure hinzufügte, wo sich dann beim Erkalten ebenfalls die Chromsäure, wie bei Fritzsche's Methode abscheidet. Ich habe mich überzeugt, daß auch die so erhaltene Chromsäure noch ziemlich unrein ist; denn eine Analyse derselben gab: Chromsäure 92,128 Schwefelsäure 0,708 Kali 6,770 ––––––––– 99,606. Da das Kali theils an die Schwefelsäure, theils an die Chromsäure gebunden ist, so enthält die so bereitete Chromsäure eigentlich nur ungefähr 80 Proc. freie Säure. Fritzsche hat ferner noch durch Zerlegung des chromsauren Bleioxyds mittelst Schwefelsäure Chromsäure erhalten, und überhaupt nachgewiesen, daß die carmoisinrothen Krystalle, wenn auch mit Schwefelsäure verunreinigt, doch keineswegs eine chemische Verbindung beider Säuren sind. Wenn dieß noch eines Beweises bedürfte, so wäre er durch die obige Analyse der nach Warington's Methode bereiteten Chromsäure auf das Unwiderleglichste geführt. Da ich mich überzeugt habe, daß man durch die Zerlegung des chromsauren Bleioxyds mittelst Schwefelsäure auf eine ganz einfache und sehr vortheilhafte Weise eine sehr reine Chromsäure erhalten kann, so erlaube ich mir die näheren Umstände, unter welchen dieß der Fall ist, hier anzugeben, was ich um so eher thun zu dürfen glaube, als diese bisher ganz unbeachtet geblieben sind, und die Chromsäure der Leichtigkeit wegen, womit sie einen Theil ihres Sauerstoffs an andere Körper abgibt, immer mehr sowohl die Aufmerksamkeit der Chemiker als der Physiker auf sich zieht. Uebergießt man chromsaures Bleioxyd mit concentrirter Schwefelsäure, und zwar mit so viel, daß auf einen Theil des troknen Salzes 2 Theile Säure kommen, und läßt den so gebildeten dünnen Brei einige Zeit, etwa 12 Stunden, stehen, so ist die Zerlegung des chromsauren Bleioxyds vollständig erfolgt; bei gelinder Erwärmung der Masse ist dieß noch früher der Fall. Uebergießt man dann den Brei mit Wasser, so scheidet sich das gebildete schwefelsaure Bleioxyd als vollkommen weißes Pulver ab, und kann leicht von der rothen Flüssigkeit, welche nun ein Gemenge von Chromsäure und Schwefelsäure ist, getrennt werden. Bei einiger Verdünnung kann diese Flüssigkeit, ohne daß man eine Zersezung derselben zu befürchten hat, filtrirt werden, was aber der Leichtigkeit wegen, mit welcher sich das schwefelsaure Bleioxyd absezt, zu thun nicht nothwendig ist. Die klare rothe Flüssigkeit wird nun abgedampft, was am besten, um allen Staub abzuhalten, in einer Retorte geschieht. Man erhält die Flüssigkeit im Kochen, bis sie zu stoßen anfängt, und läßt sie dann erkalten, wobei sich ein großer Theil der Chromsäure in den schönsten karmoisinrothen Krystallen abscheidet. Beim weiteren Abdampfen derselben und abermaligen Erkalten erhält man noch, aber bedeutend weniger, Chromsäure als das erstemal. Hat aber die Flüssigkeit eine gewisse Concentration erreicht, nämlich ungefähr eine Dichte von 1,55, so scheidet sich fast alle Chromsäure aus. Es fand sich, daß 100 Th. dieser grünlich aussehenden Flüssigkeit nur 4,5 Th. Chromoxyd gaben, welches größtentheils als Säure darin vorhanden war, von der sich bei längerem ruhigem Stehen in einem geschlossenen Gefäße noch der größte Theil an den Wänden desselben in schönen rothen Krystallen absezte. Spätere Versuche haben ferner gezeigt, daß bei Anwendung einer reinen, von Chlorverbindungen freien Schwefelsäure nur eine höchst unbedeutende Menge Chromsäure zu Oxyd reducirt wird. Die auf diese Weise bereitete Säure enthält, nachdem sie auf Thonplatten getroknet wurde, außer 1,2 Proc. Schwefelsäure, keine andere Verunreinigung, ist also reiner als die auf irgend eine andere Art dargestellte. Es ist mir bisher nicht gelungen, ihr diesen geringen Gehalt von Schwefelsäure zu entziehen, obwohl ich sowohl mit chromsaurem Bleioxyd als mit chromsaurem Baryt mannichfaltige Versuche hierüber angestellt habe. Wenn man das chromsaure Bleioxyd, bevor es mit concentrirter Schwefelsäure behandelt wird, mit so viel Wasser übergießt, daß dasselbe einen dünnen Brei bildet, so findet nur eine theilweise Zerlegung desselben statt, man mag auch noch so viel Schwefelsäure hinzusezen. Bei 1 At. dieser Säure auf 1 At. Bleisalz ist die Reaction unbedeutend, selbst wenn man bis zum Kochen erwärmt, nimmt man aber 7 At. Säure auf 1 At. Salz, das ist ungefähr 2–2½ Th. derselben, so scheidet sich fast augenbliklich ein schweres blaßgelbes Pulver ab, welches wahrscheinlich nur ein Gemenge von schwefelsaurem und chromsaurem Bleioxyd ist. Es kann indeß, selbst durch concentrirte Schwefelsäure, wenn diese auch damit gekocht wird, nicht weiter zerlegt werden, und auch die Zusammensezung scheint stets dieselbe zu seyn; denn es gab, obwohl von zwei verschiedenen Operationen herrührend:  1.  2. 92,44 92,60 schwefelsaures Bleioxyd, 7,56 7,40 chromsaures Bleioxyd. Da jedoch dieser Zusammensezung eine sehr ungewöhnliche Formel entspricht, so ist es wohl nur als ein Gemenge zu betrachten. Man sieht hieraus, daß es nicht vortheilhaft wäre, die Zerlegung des Bleisalzes mit verdünnter Schwefelsäure zu bewerkstelligen, da man mehr Zeit hiezu bedarf und noch überdieß beiläufig 8 Proc. Bleisalz verliert. Bemerkenswerth bleibt es jedoch immer, daß sowohl bei Anwendung concentrirter als verdünnter Schwefelsäure die Zerlegung erst recht rasch vorwärts schreitet, wenn hiezu eine weit größere Menge dieser Säure angewendet wird, als zur Bildung des schwefelsauren Bleioxyds nothwendig ist. Wenn man das oben angeführte Verhalten näher beachtet, welches eine Flüssigkeit beim Abdampfen befolgt, die aus Schwefelsäure, Chromsäure und Wasser besteht, so muß man daraus schließen, daß die Schwefelsäure bei einem gewissen Wassergehalte keine oder nur wenig Chromsäure zu lösen vermag. Diese schon an sich befremdende Erscheinung muß noch mehr auffallen, da sich eine bedeutende Menge Chromsäure in concentrirter Schwefelsäure lösen kann, indem sie damit schon bei gewöhnlicher Temperatur eine schöne dunkelrothe Flüssigkeit bildet. Es folgt also hieraus, daß die Chromsäure nur in einer Schwefelsäure von gewisser Concentration unlöslich oder wenigstens nur sehr wenig löslich ist, daß dieß aber sowohl bei einem größeren, als auch bei einem geringeren Wassergehalte in reichlichem Maaße der Fall ist. Dieß vorausgesezt, muß auch concentrirte Schwefelsäure, in der eine hinreichende Menge Chromsäure aufgelöst wurde, beim Zusezen einer größeren Menge Wasser, den größten Theil dieser Säure fahren lassen, beim Hinzufügen von einer noch größeren Menge Wasser aber muß sich alles wieder auflösen. Dieß geschieht auch wirklich, denn sezt man zu einer solchen Lösung von Chromsäure in Schwefelsäure nach und nach etwas Wasser hinzu, so schlägt sich plözlich eine solche Menge Chromsäure nieder, daß die Flüssigkeit davon anfangs ganz breiartig ist, bei Zusaz von mehr Wasser aber wird wieder alles gelöst. Dieses Verhalten der beiden Säuren in ihrer wässerigen Lösung macht eigentlich die obige Bereitung der Chromsäure möglich, denn würde sich diese in desto größerer Menge in Schwefelsäure lösen, je concentrirter diese ist, so würde sie sich beim Abdampfen nicht abscheiden lassen, da die Hize, bei welcher die Schwefelsäure weggetrieben werden könnte, auch schon die Chromsäure zerlegte. Obwohl es keinem Zweifel unterliegt, daß die karmoisinrothen Krystalle der Chromsäure keine chemisch gebundene Schwefelsäure enthielten, so ist es doch sehr wahrscheinlich, daß es eine solche Verbindung gibt; diese ist aber dann nicht roth, sondern gelbbraun. Bringt man nämlich etwas Chromsäure in ganz bleifreie Schwefelsäure, so löst sich dieselbe darin mit rother Farbe schon bei gewöhnlicher Temperatur; bringt man aber nach und nach mehr Chromsäure in diese Lösung, so nimmt dieselbe eine gelbbraune Farbe an, und nach mehreren Stunden hat sich ein eben so gefärbtes Sediment gebildet, während die darüber schwebende Flüssigkeit eine nur ganz unbedeutende Menge Chromsäure enthält. Dieser gelbbraune Niederschlag ist in concentrirter Schwefelsäure nicht weiter löslich; wird derselbe aber damit ungefähr bis 250° C. erwärmt, so löst er sich auf und scheidet sich beim Erkalten zum Theil wieder aus. Ein Tropfen Wasser auf denselben gebracht, scheidet augenbliklich rothe Chromsäure aus. Derselbe braune Körper bildet sich auch, wenn man wasserfreie Schwefelsäure mit Chromsäure zusammenbringt. Es ist mir zwar bisher nicht möglich gewesen diesen Körper vollkommen zu isoliren: einige Analysen aber, welche unter abgeänderten Umständen angestellt wurden, haben gezeigt, daß derselbe höchst wahrscheinlich durch die Formel CrO3, 3SO3 dargestellt werden könne, woraus folgt, daß sich die Chromsäure gegen die Schwefelsäure wie eine Basis verhält.