Titel: Ueber die Bereitung eines Eisensyrups, welcher das Fleisch vollkommen conservirt; von Dr. J. B. Dusourd zu Saintes.
Fundstelle: Band 90, Jahrgang 1843, Nr. LIV., S. 228
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LIV. Ueber die Bereitung eines Eisensyrups, welcher das Fleisch vollkommen conservirt; von Dr. J. B. Dusourd zu Saintes. Aus dem Moniteur industriel 1843. No. 755 u. 756. Dusourd, über die Bereitung eines Eisensyrups, welcher das Fleisch vollkommen conservirt. Der Eisensyrup ist eine Verbindung von Zuker und Eisen, welche ich mittelst einer kräftigen galvanischen Batterie darstelle. Ich bereite einen Syrup aus Rohzuker, behandle denselben successive mit Thierkohle und Eiweiß, um ihn möglichst rein zu erhalten, seihe ihn durch und koche ihn so weit als möglich ein. Noch siedend vermische ich ihn in einem Mörser per Kilogramm mit 12 Grammen mittelst Wasserstoffs reducirten Eisens im Zustande eines unfühlbaren Pulvers und gieße diese Mischung in einen hohen Cylinder von Porzellan oder Holz. Der Boden dieses Gefäßes ist mit einer polirten Eisenplatte bedekt, von deren Unterfläche im Mittelpunkte eine durch den Boden des Gefäßes gestekte Eisenstange ausgeht, die, von einer Glasröhre umgeben, sich umbiegt und äußerlich längs der Wand des Gefäßes wieder hinaufsteigt, über welches sie einige Centimeter hinaufreicht. Oben am Gefäße befindet sich wieder eine polirte Eisenplatte von derselben Breite wie die Oeffnung des Gefäßes; diese Platte berührt den Syrup, auf welchem sie durch ein Stükchen Korkholz erhalten wird und aus der Mitte ihrer obern Seite reicht eine kleine Eisenstange hervor. Alles so vorgerichtet, kömmt in einen Kessel mit siedendem Wasser, welches das Gefäß bis zur Höhe des Syrups umgibt; man bringt nun die Enden der beiden Stangen mit den beiden Polen einer starken galvanischen Batterie in Verbindung und läßt zwei Stunden lang kochen, nach deren Verlauf man den Syrup abzieht, verdünnt und durch Filz laufen läßt. Es müssen 3 Gramme und einige Centigramme Eisen absorbirt worden seyn. Dieser Syrup gibt, stark mit Wasser verdünnt, einige sehr charakteristische Reactionen. Er ist von sehr wenig ins Grüne ziehender Goldfarbe, was man sehen kann, wenn man einen silbernen Löffel darin eintaucht und wieder herauszieht, so daß der Syrup davon abfließt; der Löffel sieht dann wie vergoldet aus. Der etwas caramelisirte und leicht zusammenziehende Geschmak dieses Syrups ist sehr angenehm. Er ist von öhliger Consistenz, klebrig, gährt niemals und krystallisirt nicht. Ich besize Eisensyrup, welcher schon seit zwei Jahren in der Flasche aufbewahrt wird und noch so gut ist, wie am ersten Tag. Der Eisensyrup besizt die Eigenschaft, mehrere Jahre fort und unter allen Wärmegraden selbst in den höchsten Wärmegraden der heißen Zone, rohes und halbgekochtes Fleisch zu conserviren, ohne es zusammenzuziehen, ohne in der Beschaffenheit, dem Geruche, der Farbe der Muskelfasern und anderer Gewebe etwas zu verändern. Verfahren bei der Anwendung. — Um das Fleisch mittelst des Eisensyrups aufzubewahren, unterwerfe ich es, je nachdem ich es nur einige Tage, oder sehr lange Zeit, roh oder halb gargekocht aufbewahren will und je nach der Jahreszeit, verschiedenen Behandlungsweisen; jedenfalls aber muß es gegen Fliegen und die Wärme bewahrt werden, welche leztere es erweicht und sofort es zu zersezen beginnt; wirklich ist auch das bei kalter Witterung präparirte Fleisch viel besser. Bei großer Hize nimmt das Fleisch, ehe es in den Syrup gebracht wird, oft einen schlechten Geschmak an, welchen es darin beibehält. Behandlung des aufzubewahrenden rohen und mit Syrup imprägnirten Fleisches. — Nachdem der Syrup bestmöglich concentrirt ist, schneide ich das aufgeblasene Fleisch in Stüke und nehme das ganze schlaffe und mit Luft erfüllte Zellgewebe, welches die Muskeln umgibt, heraus, was aber unnöthig ist, wenn das Fleisch sich nicht in diesem Zustande befand. Ich presse es nun einige Stunden lang, um Blut und Saft möglichst zu entfernen, bringe dann in ein Gefäß ungefähr 4 Pfd. Fleisch, und halte es in demselben auf dem Boden, damit es ganz unter Syrup ist. Nach 2 bis 3 Stunden im Sommer und 4–5 Stunden im Winter nehme ich das Fleisch wieder aus dem Syrup, lasse es abtropfen und werfe den kleinen schlammigen und schwarzen Saz, welchen man nach dem Abgießen des Syrups auf dem Boden des Gefäßes findet, weg, koche den Syrup ein, um ihn zu concentriren und die darin enthaltenen animalischen Stoffe zum Gerinnen zu bringen, beseitige den beim Kochen sich bildenden sehr starken Schaum, lasse den Syrup durch Filz laufen und gieße ihn nach dem Erkalten über das Fleisch, welches ich dabei, in demselben Gefäß, in welchem es schon war, bewege und gieße frischen Syrup zu, um den vom Fleisch etwa absorbirten zu ersezen. Nach sechs bis sieben Tagen verfahre ich wieder ebenso und wiederhole diese Operation ein oder zweimal, je nachdem der Syrup durch Absorption der Feuchtigkeit des Fleisches sich wieder verdünnt. Wenn ich in heißer Jahreszeit mehr als 10 Tage wartete, bis ich den durch den Saft des Fleisches verdünnten Syrup, namentlich das erstemal wieder zum Kochen brachte, so verlor er einen Theil seines Eisens, wurde zur Gährung geneigt und sauer; das Fleisch ging zwar nicht in Fäulniß über, nahm aber einen sehr widerwärtigen sauren Geschmak an. — Ich erneuere den Syrup, wenn er durch das wiederholte Kochen mit dem Fleischsafte und durch seine äußere Berührung mit dem Fleische viel von seinem Eisen verloren hat. Wenn der Syrup Eisen abgibt, verliert er seine Farbe und wird gährungsfähig. Nimmt derselbe keine auf seiner Oberfläche sichtbare rothe blutartige Färbung mehr an und verdünnt sich nicht mehr auf Kosten des Fleisches, wozu ungefähr zwei Monate erforderlich sind, so nehme ich das Fleisch heraus, lasse es abtropfen, lege es schichtenweise in ein Gefäß und gieße frischen Syrup auf, um die Räume zwischen demselben auszufüllen und es zu bedeken. Das auf diese Weise präparirte Fleisch kann, ohne zu verderben, jeden Temperaturwechsel vom stärksten Frost bis zur größten Hize aushalten. Ich bewahrte solches drei Jahre lang in einem bedekten Topf in einem Winkel des Gartens auf, wo die Hize durch das Zurükprallen von zwei geweißten Mauern verdoppelt war und die Sonne den ganzen Tag hinbrannte. Beim Herausnehmen aus dem Syrup ist das Fleisch im Innern der Muskeln von etwas dunklerer Farbe als der Syrup; die faserigen Theile sind bronzeartig blau, das Fettgewebe ist etwas gelb geworden, die Sehnen gelb und durchscheinend, und das rothbraun erscheinende Innere desselben ist schön rosenroth, wenn man eine dünne Schnitte desselben zwischen Licht und Auge bringt. Es ist fest, biegsam, nicht feucht, wiewohl fleischig unter den Fingern; sein Geschmak ist eisen- und zukerartig, der Geruch derjenige des Syrups. Um das Fleisch troken aufzubewahren, nehme ich es nach drei Monaten aus dem Syrup, lasse es abtropfen und seze es einige Tage trokner Luft aus, bis es äußerlich nicht mehr schlüpfrig ist. Es troknet, selbst im Trokenzimmer, unter Beibehaltung des größten Theils seines Volums und seiner Biegsamkeit aus. In diesem Zustande läßt es sich, wenn es nur immer an freier Luft ist, unendlich lang aufbewahren; in einem wohlverstopften Krug eingeschlossen, ehe es vollkommen ausgetroknet ist, nimmt es einen unangenehmen Geruch an, ohne jedoch faul zu seyn und bedekt sich mit einem rothen Staube, was, wenn das Gefäß offen steht, niemals der Fall ist. Wenn man das Fleisch beim Herausnehmen aus dem Syrup in kaltem Wasser wohl auswascht, so troknet es weit besser aus, wird hart und spröde; äußerlich ist es dann schwarz, innerlich aber sind die Muskelfasern roth. Man kann es abwechselnd befeuchten und wieder troknen, ohne daß es viel Schaden erleidet; wenn man es aber im befeuchteten Zustande an einen feuchten, nicht luftigen Ort stellt, so schimmelt es, ohne einen faulen Geruch anzunehmen und innerlich zu verderben. Ich conservirte so präparirte Stüke Fleisch ein Jahr lang in einem Korb, der mit einem einzigen Bret bedekt war, welches kaum über dessen Rand hinausging. Dieser Korb, der Mittagseite gegenüber aufgehangen, hatte abwechselnd Sonne und Regen. Der untere, den Korb berührende Theil des Fleisches allein war etwas schimmelig geworden. Stüke Fleisch, welche drei Jahre lang an eine Wand genagelt waren, sind schwarz und sehr hart; beim Zerreißen aber findet man noch sehr rothe innere Muskelfasern. Beim Aufweichen des Fleisches nimmt die frische Schnittfläche desselben eine leichte Bronzefarbe an, und zwar um so merklicher, je weniger es aufgeweicht ist. Diese Farbe zeigt sich nicht, wenn es hinlänglich aufgeweicht ist und verschwindet gänzlich, wenn man es neuerdings mit essiggesäuertem oder gesalzenem kaltem Wasser infundirt. — Mit Meerwasser oder essiggesäuertem Wasser aufgeweicht, bleibt das Fleisch roth und verliert seinen Eisen- und Zukergeschmak, ohne einen salzigen Geschmak anzunehmen. Es kann, ohne zu verderben, viel länger und bei weit größerer Hize darin bleiben, als im Süßwasser. — In Regenwasser von 10° C. erhält es sich, ohne Geruch anzunehmen, 25 Tage; in solchem von 15° C. 20 Tage; von 25° C. 30 Tage. Bei längerm Einweichen geht es in Fäulniß über und schwimmt in die Höhe. Troknet man das Fleisch, nachdem man Einschnitte darein gemacht und es 2–3 Tage eingeweicht hatte, so verliert es sehr an Volum und wird durch und durch schwarz. Andere Präparirung des Fleisches. — Nachdem das Fleisch in Stüke geschnitten, werfe ich es in den kochenden concentrirten Syrup und lasse es fortkochen, bis es, je nach der Größe des Stüks, 1–2 Centimeter tief gar gekocht ist; ich nehme es dann heraus, lasse den Syrup noch ein paar Augenblike fortkochen, seihe ihn durch und gieße ihn dann über das Fleisch. Zwei Tage darauf wechsle ich den Syrup, erneuere ihn aber dann nicht mehr, weil das gekochte Fleisch sich auf der Oberfläche zusammenzieht und nichts mehr abgibt. Durch dieses leichtere und schnellere Verfahren erhalte ich einen großen Theil des Saftes im Fleisch, allein das äußere Häutchen wird schwarz. Ist das Stük ganz, so erhält es sich im troknen Zustand oder im Syrup eben so gut wie beim ersten Verfahren. Dieselben Versuche damit gaben dieselben Resultate. Ich kann nicht sagen, welches in einem oder dem andern Fall das bessere Verfahren ist; nur lange Erfahrung kann darüber entscheiden. Der einzige Uebelstand, den man bei dem nach einer dieser beiden Verfahrungsweisen conservirten Fleisch finden kann, ist, daß es durch sehr langes Einweichen in Meerwasser oder in mit Essigangesäuertem Wasser einen leichten Eisengeschmak behält, an welchen man sich aber leicht gewöhnt. Ich präparirte nach dem ersten Verfahren sehr große Stüke Fleisch, ja sogar einen ganzen Ochsen, welcher nicht aufgeblasen worden war. Es gelang mir jederzeit mit Hülfe einiger Vorbereitungen, ganze Thiere in ihrer natürlichen Gestalt und mit ihren Haaren zu conserviren, wobei sich die leztern je nach der Natur des Thieres veränderten. Die Umstände erlaubten mir nicht, auch mit menschlichen Körpern Versuche anzustellen, ich glaube aber, daß dieses Verfahren sehr vortheilhaft zur Einbalsamirung sich anwenden ließe; das Volum des Thieres wird unbedeutend dabei vermindert und es behält seine Gestalt. Menge des in dem Fleische sich fixirenden Syrups. — Die Quantität des in dem Fleische sich fixirenden Syrups wechselt nach der Thierart, dem Alter desselben, der Beschaffenheit des Fleisches und der Körperstelle, von welchem es genommen ist. — Ohne für jede Fleischart eine Verhältnißscala aufstellen zu wollen, indem dieses nicht genau bestimmt werden kann, kann ich nur sagen, daß wohlgekochter Syrup vom Fleisch in einem Verhältniß von 55–75 Gr. auf das Kilogramm Fleisch absorbirt wird, jenen nicht mit eingerechnet, der sich in die Höhlungen des Zellgewebes sezt und das Gewebe des Fleisches selbst nicht durchdringt. Der beim Einweichen des Fleisches in kaltem Wasser austretende Syrup hat keine merkliche Veränderung erlitten und der Syrup, welcher einen Antheil Eisens an das Fleisch abtritt, scheint sich nicht darin zu fixiren. Die Quantität Eisensyrups, welche in dem in Schnitten getheilten und lange eingeweichten Fleisch zurükbleibt, ist so unbedeutend, daß sie troz des geringen, sich darin noch erhaltenden Eisengeschmaks, höchstens 5–8 Gramme Syrups auf das Kilogramm Fleisch beträgt. Das sich darin erhaltende und das sich damit verbindende Eisen können zusammen 4–6 Centigramme betragen. Der Eisengeschmak, welchen die Fleischbrühe in einem nicht verzinnten eisernen Topf annimmt, ist oft weit fühlbarer, als jener des im Syrup conservirten Fleisches und seiner Brühe. Anwendung dieses Fleisches als Nahrungsmittel. — Das auf eine dieser beiden Verfahrungsweisen conservirte Fleisch ist eine angenehme und gesunde Nahrung. Der unbedeutende Eisen- und Zukergeschmak, welcher nach sehr langem Einweichen in kaltem Wasser darin zurükbleibt, kann ihm durch nochmaliges Einweichen in mit Essig angesäuertem Wasser oder Meerwasser benommen werden; man kann es dann zu allen Fleischgerichten brauchen, nur nicht zu voluminösen Braten, denn es erforderte zu viel Zeit, um es auszuziehen, ohne Einschnitte in dasselbe zu machen; als Beefsteaks aber, als Ragouts, Salmis u. dgl. gibt es ein angenehmes Gericht; im Fleischhafen gibt dieses Fleisch eine gute Fleischbrühe ohne Eisengeschmak. Als gesottenes Fleisch ist es gut, aber mürbe und roth; diese rothe Farbe erhält sich, wie man es auch zurichten mag. Das schwarze Häutchen, welches das Fleisch bedekt, geht durch das Sieden nicht weg und theilt der Fleischbrühe gar keine Farbe mit. Solches Fleisch kocht sich schneller gar als anderes Fleisch; kocht man es länger oder auch nur so lange wie frisches Fleisch, so wird es so weich, daß es sich zwischen den Fingern zerdrüken läßt. Kosten der Zubereitung. — Diese Zubereitung, welche auf den ersten Blik kostspielig erscheint, ist es keineswegs, wenn man sie im Großen vornimmt und alles zunuze macht. Nimmt man demnach auch das Maximum an, so sättigen 75 Gramme Syrup 1 Kilogramm Fleisch. Der auf der Oberfläche sich fixirende Syrup beträgt nebst dem im Zellgewebe des nicht aufgeblasenen Fleisches (ohne in das eigentliche Fleischgewebe einzudringen) zurükbleibenden Syrup im Mittel 50 Gramme, im Ganzen werden also 125 Gramme Syrup per Kilogr. Fleisch verbraucht. Sonach vermag 1 Kilogr. Eisensyrup, das, wenn man 50 Kilogr. Rohzuker zu 65 Fr. berechnet, auf 1 Fr. zu stehen kömmt, mehr als 6 Kilogr. Fleisch zu conserviren, was den Preis dieses leztern um 8 Centimes per Kilogr. erhöht. Sobald der Syrup seine Dienste gethan hat, behandelt man ihn mit Thierkohle, um ihm alle thierischen Substanzen zu entziehen, dann mit Eiweiß, um ihn zu klären und hierauf bringt man ihn in den Apparat, um ihn wieder mit Eisen zu sättigen; ist dieß geschehen, so ist er wieder so gut wie vorher. Man kann ihn auch, ohne daß er seine conservirende Eigenschaft verliert, zehn bis eilfmal benuzen, indem man ihn, so oft ihm Eisen entzogen wurde, wieder damit sättigt.