Titel: | Ueber gallussaures und gerbestoffsaures Eisen und den Einfluß der verschiedenen Eisenoxyde beim Färben von Zeugen etc., von Hrn. Ch. Barreswil. |
Fundstelle: | Band 90, Jahrgang 1843, Nr. LXV., S. 298 |
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LXV.
Ueber gallussaures und gerbestoffsaures Eisen und
den Einfluß der verschiedenen Eisenoxyde beim Faͤrben von Zeugen etc., von Hrn.
Ch.
Barreswil.
Aus den Comptes rendus, 1843, 2tes Semester No.
15.
Barreswil, über gallussaures und gerbestoffsaures
Eisen.
Gießt man eine Auflösung von Gallussäure oder Gerbestoff (Gerbesäure) in eine solche
von schwefelsaurem Eisenoxyd, so erhält man einen dunkelblauen Niederschlag, welcher
in der Flüssigkeit suspendirt bleibt; dagegen bringen die Gerbesäure und Gallussäure
in Eisenoxydulsalzen bei Ausschluß der Luft keinen Niederschlag hervor.
Berzelius und Chevreul haben
gefunden, daß wenn man Gallussäure oder Gerbestoff in ein Eisenoxydsalz gießt, ein
Eisenoxydulsalz erzeugt wird. Dieß läßt sich auf sehr einfache Art beweisen, indem
man die blaue Auflösung, welche durch Vermischung von schwefelsaurem Eisenoxyd mit
Gallussäure entsteht, mit essigsaurem Blei oder kohlensaurem Kalk in Ueberschuß
versezt, welche die blaue Verbindung zugleich mit der Schwefelsäure niederschlagen;
die abfiltrirte farblose Flüssigkeit enthält Eisenoxydul. Man könnte vermuthen, daß
der Sauerstoff bei dieser Reaction sich mit der Gallussäure oder dem Gerbestoff
verbindet und sie in eine neue blaue Säure verwandelt; positive Versuche beweisen
jedoch das Gegentheil.
Gießt man eine Auflösung von Gerbestoff oder Gallussäure tropfenweise in eine
Auflösung von überschüssigem schwefelsaurem Eisenoxyd, so erhält man keine blaue
Färbung und wenn eine solche entsteht, ist sie nur vorübergehende. Eine solche
entsteht eben so wenig mit einer verhältnißmäßig geringen Menge des Eisenoxydsalzes
bei Gegenwart von Chlor; auch kann man sie nicht mit einem Eisenoxydulsalz durch
Gallussäure hervorbringen, welche in verschiedenem Grade zuvor oxydirt wurde,
entweder mittelst Chlor oder durch Einwirkung der Luft auf eine alkalische Auflösung
derselben.
Versezt man eine überschüssige Auflösung von Gallussäure mit schwefelsaurem Eisenoxyd
und fällt die Flüssigkeit durch essigsaures Blei, so erhält man ein blaues Magma,
welches mit Kleesäure behandelt ein auflösliches kleesaures Eisen bildet: die blaue
Farbe verschwindet hiebei vollständig. Die kleesaure Auflösung enthält sowohl
Eisenoxyd als Eisenoxydul.
Aus diesen Thatsachen kann man nach meiner Ansicht schließen, daß die blaue
Verbindung beide Eisenoxyde enthält und daß sie bei Anwendung eines
Eisenoxydulsalzes durch Aufnahme von Sauerstoff, bei Anwendung eines Oxydsalzes
durch Abgeben von solchem entsteht. Im ersteren Falle verbindet sich der Sauerstoff
der Luft bloß mit dem Eisenoxydul; im zweiten Fall zerstört ein Theil des
Sauerstoffs im Eisenoxyd eine entsprechende Menge Gallussäure oder Gerbestoff,
welche er in eine braune Substanz verwandelt: diese Substanz trägt nichts zur
Bildung des blauen Körpers bei, welchen man als ein gerbestoff- oder
gallussaures Eisensalz betrachten muß, dessen blaue Basis eine
Zwischenoxydationsstufe des Eisens und dessen Farbe durch diese braune Substanz
etwas verändert ist.
Um evidenter zu beweisen, daß die blaue Färbung nicht von einer blauen Säure
herrührt, sondern von einem besonderen Oxyd, suchte ich mit Mineralsäuren, z. B
Schwefelsäure, andere blaue Salze zu erzeugen. Zu diesem Zwek bereitete ich Gemische
von schwefelsaurem Eisenoxydul und schwefelsaurem Eisenoxyd in verschiedenen
Verhältnissen, und um eine Trennung dieser beiden Salze in Folge ihrer verschiedenen
Auflöslichkeit zu vermeiden, entzog ich ihnen augenbliklich das Wasser, indem ich concentrirte Schwefelsäure in großem
Ueberschuß in die Auflösung goß, mit der Vorsicht jedoch, daß sie sich nicht zu
stark erhizte. Ich erhielt so ein dikes dunkelblaues
Magma, dessen Farbe nach dem Verhältniß der beiden Eisensalze mehr oder weniger rein
war. Als ich statt der Schwefelsäure Krystalle von phosphorsaurem Natron zusezte,
erhielt ich dunkelblaues phosphorsaures Eisen und schwefelsaures Natron, welches das
Wasser plözlich entzog.
Unter allen Mischungen von schwefelsaurem Eisenoxydul und Oxyd, welche ich versuchte,
enthält diejenige, welche mir mit Schwefelsäure, Gallussäure und phosphorsaurem
Natron das reinste Blau
lieferte, genau 3 Aequivalente Oxydulsalz und 2 Aeq. Oxydsalz und entspricht also
dem blausauren Fe7O9
oder Berlinerblau. Bekanntlich ist das Eisenoxydul und
sein Cyanid weiß, das Eisenoxyd und sein Cyanid roth. Pelouze hat ein zwischenliegendes grünes
Cyaneisen entdekt, welchem die Formel Fe Cy, F2Cy3entspricht und Berzelius ein grünes arseniksaures
Salz, worin Sauerstoff und Eisen in denselben Verhältnissen sind, FeO, Fe2O3. Auch andere Eisensalze haben folglich
die Farbe ihrer Oxyde.
Es ist sehr schwierig das blaue Eisenoxyd isolirt darzustellen; fällt man ein
Eisenoxydulsalz mit Ammoniak, so wird der weiße aus Oxydul bestehende Niederschlag
in Berührung mit der Luft bald grün, geht aber dabei durch Blau. Als Berthier Eisenoxyd in einem mit Kohle gefütterten Tiegel
erhizte, erhielt er eine aus drei besonderen Schichten bestehende Masse; die erste
war blau, die zweite grün, die dritte schwarz, vom Umfang oder dem am wenigsten
oxydirten Theil gegen den Mittelpunkt, also den am meisten oxydirten Theil zu.
Nach dem Vorhergehenden gibt es höchst wahrscheinlich zwei intermediäre Oxyde des
Eisens, welche sich mit den Säuren zu Salzen von der den Oxyden eigenthümlichen
Farbe verbinden. Dieß wirft einiges Licht auf die verschiedenen Färbungen, welche
man mit den Gerbestoffarten etc. erzielt; ferner auf die Erzeugung von Violett,
Schwarz, Puce (Flohbraun) und Grün mit rothen und gelben Farbstoffen bei Gegenwart
von Eisenoxydsalzen. Ich habe mich überzeugt, daß alle gelben Pigmente (z. B.
Curcuma) kein Grün hervorbringen, daß alle rothen Pigmente (unter anderen Aloësäure)
kein Violett geben und daß wenn Grün erzeugt wird, wie mit Gelbbeeren und
Quercitronrinde, oder Violett mit Krapp, Campecheholz etc. dieselben Erscheinungen
stattfinden, wie mit dem Gerbestoff und der Gallussäure. Diese Beobachtungen stimmen
übrigens vollkommen mit den von Hrn. Daniel Köchlin und
später von Hrn. Heinrich Schlumberger bekannt gemachten
ThatsachenPolytechn. Journal Bd. LXXIX S. 275. überein, daß nämlich die Eisenbeizen, um schöne Farben zu liefern, auf
einem bestimmten Oxydationsgrad seyn müssen.