Titel: | Verbesserungen an Locomotiven und andern Dampfmaschinen mit Expansion des Dampfs, worauf sich Robert Wilson, Ingenieur an den Eisenwerken der HHrn. Nasmyth, Gaskell und Comp. zu Patricroft bei Manchester, am 22. Dec. 1842 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XXIII., S. 89 |
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XXIII.
Verbesserungen an Locomotiven und andern
Dampfmaschinen mit Expansion des Dampfs, worauf sich Robert Wilson, Ingenieur an den Eisenwerken der
HHrn. Nasmyth, Gaskell und Comp. zu Patricroft bei Manchester, am 22. Dec. 1842 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Dec. 1843,
S. 345.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Wilson's Verbesserungen an Locomotiven und andern Dampfmaschinen
mit Expansion.
Vorliegende Verbesserungen bestehen theils in gewissen Anordnungen an den Ventilen
der Dampfmaschinen, um den Dampf mit Expansion wirken zu lassen, und zwar so, daß
die Expansion, während die Maschine im vollen Gange ist, nach Belieben verändert
werden kann; theils in andern Verbesserungen, von denen einige zu andern ähnlichen
Zweken anwendbar sind.
Ich schreite zunächst zur Beschreibung meiner Methoden, den Dampf mit Expansion
wirken zu lassen, insbesondere mit Bezug auf Locomotiven. Die Vortheile der
Expansion sind so allgemein anerkannt, daß sie keines weiteren Commentars bedürfen;
allein die Anwendung des Princips der veränderlichen Expansion auf die in voller
Bewegung befindliche Maschine, so daß sie ihre Kraft dem veränderlichen Widerstande
anpaßt, war ein längst gefühltes Bedürfniß. Es fehlte nicht an Bemühungen, diesen
Zwek zu erreichen, und verschiedene Methoden wurden versucht, jedoch wurde der
Dampf, mit wenigen Ausnahmen gezwängt (Wire-drawn), weil derselbe abgeschnitten wurde, ehe er in die
Ventilkammer eintrat, anstatt an den Dampföffnungen des Cylinders, wodurch der Dampf
zwischen dem Absperrungsventil und dem Cylinder sich mit dem Dampf in dem Cylinder
expandirte — ein Umstand, welcher den Vortheil verminderte. Indessen war der
ökonomische Vortheil doch so bedeutend, daß die Anwendung des Expansionsprincips auf
alle Dampfmaschinen gegenwärtig als ein großes Bedürfniß gefühlt wird. Seither war
die Anwendung der veränderlichen Expansion beinahe ausschließlich auf größere
Maschinen beschränkt, weil ihre verhältnißmäßig langsame Bewegung allein der
Anwendung des Apparates günstig war. Dagegen besizen die von mir für
Expansions-Dampfmaschinen erfundenen Ventile und der mit denselben in
Verbindung stehende Mechanismus eine so eigenthümliche Beschaffenheit und Anordnung,
daß sie auf alle
Gattungen von Dampfmaschinen, diese mögen mit noch so großer Geschwindigkeit
arbeiten, seyen es Schiffsdampfmaschinen, stationäre Dampfmaschinen oder
Locomotiven, anwendbar sind.
Fig. 66 ist
die Seitenansicht einer Locomotive mit außenliegenden Cylindern. Cylinder und
Ventile sind im Durchschnitte sichtbar. Der Cylinder A
ist von gewöhnlicher Construction mit langen Canälen a
und a′ und einer Ausmündung E. Diese Canäle besizen ein kurzes Ventil. Fig. 67 ist
der Durchschnitt eines gewöhnlichen Dampfventils, welches den Dampf an seinen beiden
Enden abwechselnd in die Cylindercanäle a, a einströmen läßt. Bei meinen an dem Cylinder Fig. 66
angebrachten verbesserten Ventilen dagegen hat der Dampf dergestalt durch die
Oeffnungen a, a′ zu
strömen, daß derselbe mittelst eines andern Ventils C an
jeder beliebigen Stelle des Kolbenhubes bei diesen Oeffnungen abgeschnitten werden
kann, ohne die Führung des ein- oder ausströmenden Dampfes zu verändern.
Sowohl das Dampfventil D als auch die Absperrungsventile
C erhalten ihre Bewegung von den gewöhnlichen
Kurbeln oder excentrischen Scheiben; aber die Bewegung des Ventils C, welche etwas später als die des Ventils D erfolgt, bringt die Canäle d, d′ in dem Dampfventil abwechselnd
der Oeffnung c des Absperrungsventils gegenüber und
abwechselnd über die Oeffnungen a, a′ des Dampfcylinders. Dieß findet am Anfang
jedes halben Kolbenhubes statt, wenn der Krummzapfen eben im Begriffe ist den
Mittelpunkt zu passiren; das Ventil C bewegt sich noch
eine kurze Zeitlang in derselben Richtung fort, nachdem das Dampfventil D seinen Hub beendigt hat; wenn nun die Bewegung
rükgängig wird, so werden auf diese Weise die Canäle a,
a′ nicht nur gänzlich abgesperrt, sondern
bleiben es auch bis zur Beendigung des Hubes oder mit andern Worten, bis das
Dampfventil D die Oeffnung a
oder a′ verschlossen hat. Die Veränderung der
Expansion wird durch Abänderung der Hublänge des Ventils C bewerkstelligt. Wenn diese Hublänge ungefähr das Dreifache der
Oeffnungsweite der Canäle d, d′ beträgt, so befindet sich das Ventil C in der Fig. 66, 68 und 69 dargestellten relativen Lage zum Ventil D.
Wenn der Kolben die Hälfte seines Hubes zurükgelegt hat, so ist die Bewegung des
Ventils D rükgängig geworden; da jedoch die Bewegung des
Ventils C später als die des Ventils D ist, so werden sie sich jezt in entgegengesezten
Richtungen bewegen, und wenn der Kolben B das Ende
seines Hubes erreicht, hat der Canal des Dampfventils D
bereits angefangen, sich über dem Canal a des Cylinders
zu öffnen, und die Oeffnung c in dem Expansionsventile
C befindet sich über der Oeffnung d des Dampfventils. Demzufolge hat der Dampf freien Zutritt, bis das Ventil
C den Canal d bedekt,
und dieß geschieht, wenn der Kolben in der andern Richtung die Hälfte seines Hubes
zurükgelegt hat. Läßt man aber das Ventil C längs einer
Streke gleich der sechsfachen Breite der Oeffnung d oder
d′ sich bewegen, so bedekt dasselbe diese
Oeffnungen, wenn der Kolben 1/18 seines Hubes vollendet hat, und mithin 1/18 des
Dampfes zugelassen worden ist. Bleibt das Ventil C in
Ruhe, so befindet es sich über der Mitte des Dampfventils D, und bei dieser Stellung fällt alle der Wirkung des Ventils C zuzuschreibende Expansion hinweg, und das Ventil C ist alsdann in diesem Sinne wirkungslos. Kann daher
die Hublänge des Ventils C nach Belieben verändert
werden, so sind wir dadurch in den Stand gesezt, einen jeden beliebigen Grad der
Expansion herzustellen.
Diesen Zwek nun erreiche ich durch eine eigenthümliche Anordnung im Mechanismus des
Absperrungsventils C. Die Ventilstange E, Fig. 66, des
Absperrungs- oder Expansionsventils ist nämlich durch das Zwischenstük e′ mit dem Hebel F
verbunden, welcher wieder mit der Stange G in Verbindung
steht. Diese ist an ihrem andern Ende mit dem Stift I
vereinigt, welcher innerhalb des krummen Hebels H in
einem Einschnitte gleitet. Dieser krumme Hebel empfängt vermöge seiner Verbindung
mit der Excentricumstange M eine hin- und
hergehende Bewegung und theilt diese sofort dem Absperrungsventil C mit. Die Stange
M erhält ihre Bewegung von einem an der
Krummzapfenwelle befindlichen Excentricum. So weit wird es nun klar seyn, wie ich
einen bestimmten Grad der Expansion erziele.
Ich will nun die Art und Weise erläutern, wie ich die Expansion beliebig verändere,
während die Maschine in Bewegung oder in Ruhe ist. Wenn sich der Stift I gerade im Centrum n der
Bewegung besindet, so erlangt er keine hin- und hergehende Bewegung, und
theilt mithin auch keine solche der Stange G und dem
Ventile C mit; wird er dagegen von dem Mittelpunkte n entfernt, so theilt ihm der Hebel L je nach seinem Abstande vom Mittelpunkte n eine größere oder geringere Oscillation mit. Der Stift
ist durch das Glied I′ mit dem Winkelhebel J, J′ verbunden,
welcher seinerseits durch die Lenkstange K mit dem Hebel
L in Verbindung steht. Dieser Hebel L erhält seine Bewegung von der Schraube und Kurbel s, s, welche von dem
Maschinisten gehandhabt werden kann, während die Maschine in Ruhe oder Bewegung sich
befindet. Es ist demnach ersichtlich, wie der Stift I
jeder Zeit bewegt werden kann, ohne die Maschine anzuhalten. Die auf diese Weise
mitgetheilte hin- und herwechselnde Bewegung wird auf das Ventil C übertragen, und die Absperrung im erwünschten
Verhältnisse erzielt; und da die Spize des Hebels L sich
längs einer Scale o bewegt, so deutet der Zeiger auf den
Grad der Expansion, d. h. desjenigen Theiles des Kolbenhubs, bei welchem der Dampf
abgesperrt wird. Die Krümmung des Hebels H bildet einen
Theil eines Kreises, dessen Halbmesser der Länge der Stange G gleich ist, so daß, an welchen Theil des Hebels auch der Stift bewegt
wird, um den verlangten Grad der Expansion zu erzielen, die Bewegung des Ventiles
C an beiden Enden des Ventiles D stets gleich ist. Wenn die Bewegung des Dampfventiles
D rükgängig wird, so muß auch die Bewegung des
Expansionsventiles rükgängig werden; dieß läßt sich auf verschiedene Weise
bewerkstelligen. Fig. 66 zufolge geschieht dieß, indem man den Hebel L nach der andern Seite der Scale hinbewegt, und dadurch
den Stift über den Mittelpunkt n des Hebels H, H bringt, wodurch eine
rükgängige Bewegung erzielt wird; die Scale zeigt alsdann den Grad der Expansion auf
ihrer anderen Hälfte. Der Hebel L muß in vorliegendem
Falle stets dem Umkehrungshebel r folgen. Dasselbe
findet mit Bezug auf Fig. 68 statt, wo der
krumme Hebel von der gegenüberliegenden Kolbenbewegung aus in Thätigkeit gesezt
wird, indem die Krummzapfen rechtwinkelig zu einander gestellt sind, was genau
dieselbe Bewegung gibt, wie das rechtwinkelig zur Kurbel gestellte Excentricum an
der Krummzapfenwelle Fig. 66; dieß kann jedoch
nur bei doppelten Maschinen oder Locomotiven stattfinden.
Fig. 68 zeigt
die Art, wie ich das Expansionsventil des einen Cylinders mit Hülfe der
Kolbenbewegung des andern Cylinders bewege. P ist das
Querstük des einen Cylinders, welches die Bewegung auf den Winkelhebel Q, Q überträgt. Dieser Hebel
theilt die Bewegung mit Hülfe des Gelenkes R dem Hebel
S mit, von wo aus sie durch eine hohle Stange auf
den Hebel T übertragen wird. Dieser ist an dem anderen
Ende des dem zweiten Cylinder gegenüberliegenden Ventils befestigt; von da wird die
Bewegung vermittelst der Stange M dem krummen Hebel H, H mitgetheilt, und durch
Verrükung des Stiftes i läßt sich der Grad der
Expansion, wie in Fig. 66, beliebig verändern.
In Fig. 69
habe ich jeder der Excentricumstangen noch eine Gabel V,
V′ gegeben, um dem Krummhebel H, H die erforderliche
hin- und herwechselnde Bewegung zu ertheilen. Wenn eine der excentrischen
Scheiben mit dem gewöhnlichen Dampfventilhebel ausgelöst wird, so erfolgt die
Auslösung der andern durch den Expansionsventilhebel W,
welcher, da er mit dem Hebel W′ verbunden ist,
die Bewegung der Excentricumstange mittelst der Stange M
dem Krummhebel H, H mittheilt. Da bie
Bewegung des mit dem Hebel W′ verbundenen
Expansionsventils diejenige der Excentricumstange auf den Krummhebel H, H fortpflanzt, indem die
Bewegung des Expansionsventils gleichzeitig mit der Reversion des Dampfventils
rükgängig gemacht wird, so braucht der Krummhebel H im
vorliegenden Falle nur halb so groß wie in Fig. 66 und 68 zu seyn.
Der einzige Unterschied in den Figuren 66, 68 und 69 liegt in
der Methode, den Hebel H zu bewegen.
Anstatt des Krummhebels H läßt sich auch mit gleichem
Erfolge der Mechanismus Fig. 70 anwenden. Wenn
der Winkelhebel x, x um
seinen Drehungspunkt n oscillirt, so beschreiben die
Enden desselben einen dem Abstande von dem Mittelpunkte n proportionalen Bogen, und da das Ende der Stange y mit dem Ende des längeren Hebelarms verbunden ist, so bewegt es sich
also mit ihm in demselben Bogen, während sich das andere Ende y′ in einem andern seinem Abstande von dem Mittelpunkte n proportionalen Bogen bewegt. Da nun dieses Ende y′ der Stange durch dieselben Mittel, wie der
Stift in dem Hebel H, H,
Fig. 66,
68 und
69, dem
Centrum n genähert oder von demselben entfernt wird, und
durch die Stangen G und e
mit dem Absperrungsventil verbunden ist, so ist der Erfolg hinsichtlich des
Expansionsventils C genau derselbe, wie in den
vorhergehenden Fällen.
Die Figuren
71, 72
und 73
erläutern eine andere von den obigen abweichende Methode, womit derselbe oder nahe
derselbe Erfolg erzielt wird. Im vorliegenden Falle ändert sich nämlich die
Bewegungsstreke des Absperrungsventils C nicht, wogegen
die Stellung der hinteren Theile des Dampfventils D eine
Aenderung erleidet. Die Bewegung des Absperrungsventils Fig. 71 und 73 wird von
der Kolbenbewegung hergeleitet. In Fig. 71 ist die Bewegung
des Ventils C der Bewegung des Kolbens entgegengesezt,
indem das Centrum n der Bewegung zwischen den
Verbindungspunkten P und G
liegt. Das Expansionsventil C ist eine Platte ohne
Oeffnung, wie Fig.
72 zeigt. Vorliegende Methode eignet sich am besten für Maschinen, die
selten den vollen Dampf erfordern, indem die Absperrung bei vollem Dampfe sehr
langsam, dagegen bei geringem Dampfverbrauch, oder nahe am Anfang des Kolbenhubes
sehr schnell vor sich geht. Um den Grad der Expansion zu ändern, werden die Platten
D, D′ mit Hülfe
einer rechts und links gewundenen Schraube s bewegt, und
diese Bewegung wird vermittelst der Winkelräder W, W auf irgend eine geeignete Weise eingeleitet. Je näher
nun diese Ventile gegen die Mitte hingerükt werden, desto bälder wird das Ventil C
die Oeffnung d, d′ bedeken, und je
weiter sie sich von der Mitte entfernen, desto länger wird diese Bedekung
dauern.
Meine Verbesserungen an Locomotiven beziehen sich ferner auf die an den Rädern
derselben anzubringenden Hemm- oder Bremsvorrichtungen, so wie auf die
Vorbereitung der hölzernen Bremsklöze, so daß die durch Friction erzeugte Hize das
Holz nicht verkohlt oder verbrennt, wie dieß gewöhnlich der Fall ist.
Fig. 74 stellt
meine an dem Treibrad der Locomotive anzubringende Bremsvorrichtung dar. Sie besteht
aus einem eisernen Bremsbande Q, Q, dessen eines Ende an einen mit dem Maschinengestell fest verbundenen
Bolzen z befestigt ist, während das andere Ende in das
kürzere Ende eines Hebels x, x, der beliebig gehoben oder niedergedrükt werden kann, eingehängt ist.
Läßt man nun über oder unter den Kolben eines kleinen Cylinders W aus dem Kessel Dampf einströmen, so wird der Kolben
und mit diesem das Hebelende x niedergedrükt oder
gehoben, und somit das Bremsband entweder gegen die Peripherie des Rades festgedrükt
oder von derselben entfernt, und zwar mit einer von dem Dampfdruk gegen den kleinen
Kolben und von dem Hebelverhältniß x, x′ abhängigen Kraft. Der Vortheil dieser
Bremsmethode liegt in der Ausübung eines constanten und kräftigen Drukes mittelst
eines äußerst geringen, nur auf das Oeffnen eines kleinen Hahnes sich beschränkenden
Kraftaufwandes.
Das Mittel, wodurch ich den an dem Rade sich reibenden Bremsklözen eine weit größere
Dauerhaftigkeit gebe, besteht darin, daß ich das Holz vor seiner Benüzung mit einer
Auflösung von salzsaurer Magnesia oder mit irgend einem andern Salze sättige,
welches die bekannte Eigenschaft besizt, die Verbrennung des Holzes zu hindern. Ich
gebe indessen der salzsauren Magnesia den Vorzug. Wenn das Holz vorher getroknet
worden ist, so wird ein einfaches Einsenken des Holzes in die Auflösung während
einiger Tage hinreichen.