Titel: | Beschreibung der sogenannten atmosphärischen Eisenbahn; von Hrn. Teisserenc. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XXIV., S. 95 |
Download: | XML |
XXIV.
Beschreibung der sogenannten
atmosphaͤrischen Eisenbahn; von Hrn. Teisserenc.Nachdem sich einige der ausgezeichnetsten Ingenieure in England und Frankreich zu
Gunsten des atmosphaͤrischen Eisenbahnsystems ausgesprochen und dessen
Einfuͤhrung auf dem Continent beantragt haben, saͤumen wir nicht,
eine ausfuͤhrliche Beschreibung desselben nach
detaillirten Zeichnungen mitzutheilen; bezuͤglich der Vortheile dieses
Systems glauben wir Dr. Mohr's gruͤndliche Kritik desselben im polytechnischen
Journal Bd. LXXVIII. S. 321 in
Erinnerung bringen zu muͤssen.A. d. R.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Nov. 1843,
S. 520.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Teisserenc's Beschreibung der atmosphärischen
Eisenbahn.
Ehe wir in die Einzelnheiten der Construction dieses Systems eingehen, wollen wir an
die ersten Vorschläge, welche zur Entbehrung der Locomotiven gemacht wurden,
erinnern.
Bekanntlich besteht dieses System aus einer gußeisernen Röhre, welche sich zwischen
den Schienen befindet und in deren Innerem ein Kolben wirkt. Eine Luftpumpe, die
durch eine Dampfmaschine in Bewegung gesezt wird, dient dazu, die vor dem Kolben in
der Röhre enthaltene Luft auszupumpen. Der Luftdruk wird so auf der einen Seite des
Kolbens nach Verhältniß der Menge ausgepumpter Luft vermindert, und da der Druk auf
die andere Seite des Kolbens sich gleich bleibt, so muß der Kolben vorwärts bewegt
werden, und zwar mit einer Kraft, welche dem Unterschied des Luftdrukes vor und
hinter dem Kolben, multiplicirt mit der Quadratfläche des Kolbens, gleich ist, und
mit einer Geschwindigkeit, welche genau derjenigen gleich ist, womit der luftleere
Raum vor dem Kolben erzeugt wird. Diese Geschwindigkeit hängt von der Wirksamkeit
der Luftpumpe und dem Grade der Luftverdünnung in der Röhre ab.
Um die Bewegung dem Wagenzuge mitzutheilen, reicht es also hin, denselben mit dem
Kolben, welcher sich in der Röhre bewegt, zu verbinden, und dieß scheint die größte
Schwierigkeit bei der Ausführung des neuen Eisenbahnsystems zu seyn. Wie läßt sich
der Kolben mit dem Wagenzug verbinden, ohne daß die Luft in den ausgepumpten Theil
der Röhre eindringen kann? Um dieses Problem zu lösen, schlug Hr. Pinkus im Jahr 1834 folgende Anordnung vor:
Die gußeiserne Röhre a, Fig. 1, von einem
Durchmesser gleich der Spurweite der Bahn, war auf der oberen Seite der Länge nach
mit einer Nuth versehen, durch welche ein Arm sezte, welcher einerseits mit dem
Wagen g, und andererseits mit dem Kolben 1 verbunden
war. Diese Nuth wurde vor dem Kolben und nach Maaßgabe seines Vorwärtsschreitens durch
ein biegsames Tau verschlossen, welches durch eine an dem Wagen angebrachte Rolle
nieder gehalten wurde.
Fig. 1 ist ein
Längendurchschnitt der Röhre und des Wagens, welcher auf ihrer Außenseite steht.
Fig. 2 ist der
Grundriß der nämlichen Röhre. An demselben ist die Nuth, womit die Röhre
durchbrochen ist, zu sehen.
Fig. 3
Querdurchschnitt der Röhre.
Fig. 4
Querdurchschnitt der Rinne, welche an der Röhre angegossen ist und das biegsame Tau
aufnimmt, um die Spalte oder Nuth zu verschließen.
Die gußeiserne Röhre a, von 40 englischen Zollen (1,216
Met.) innerem Durchmesser und 25 Millimeter Dike, ist sorgfältig in ein Mauerwerk
eingelassen und darauf mittelst angegossener Ohren befestigt. An dieser Röhre,
welche die ganze Spurweite einnimmt, befinden sich die Schienen b, b, worauf der Wagen
läuft; sie ist oben ihrer ganzen Länge nach mit einer Nuth c versehen, über welche die Rinne d
hervorragt, die aus einem Stüke mit der Röhre ist und das biegsame Tau e aufnimmt, welches eine Rolle f, die ihre Lager in dem Arme des Wagens g
hat, in die Rinne preßt, so daß die Nuth verstopft wird. Dieses Tau wird durch eine
in der Mitte des Wagens angebrachte Rolle h
gehalten.
Der Kolben 1, welcher in dem Inneren der Röhre gleitet, ist aus folgenden Theilen
zusammengesezt:
Auf dem Grunde der Röhre a und parallel mit der Nuth ist
der Länge nach eine Schiene k befestigt, worauf zwei
Scheiben l, l mit vertieften
Kränzen laufen, welche Scheiben ihren Drehungspunkt in einem Stüke m haben, das mit einem Arme n versehen ist, welcher durch die Nuth sezt. Dieser Arm, welcher aus einer
starken schmiedeisernen Platte besteht, reicht unter den Wagen und ist mit demselben
durch Schrauben verbunden; er trägt auch noch eine starke horizontale Stange, welche
mit zwei kleinen Rollen o, o, Fig.
2, versehen ist, die bei dem Durchgange durch die Nuth dem Arme als
Führung dienen, so daß er die Ränder der Nuth nicht berühren kann, um die Reibung zu
vermeiden.
Die Verlängerung des Stükes m ist durch eine Stange p gebildet, welche stark genug seyn muß, um sich unter
dem Gewichte des Kolbens nicht zu biegen. Der schirmförmige Kolben besteht aus einem
starken eisernen Rahmen, worauf eine Platte von Eisenblech genietet ist, die in das
Innere der Röhre paßt, doch so daß der Kolben sich leicht und ohne Reibung bewegen
kann. Der Erfinder hat an dem unteren Theile dieses Kolbens eine Klappe angebracht,
welche man mittelst
einer Kette r, die über eine Rolle geht, öffnen kann.
Diese Klappe ist dazu bestimmt, die Luft in die Röhre einströmen zu lassen, wenn man
den Wagenzug anhalten will. Um den Kolben vertical zu erhalten, ist er noch mittelst
Winkelstangen an der Stange p befestigt.
An dem Vordertheile des Wagens sind Federn angebracht, die mit einem Rahmen verbunden
sind, welcher horizontale Frictionsrollen s, s trägt, die außen an der Rinne, aber unterhalb ihres
Randes t, t laufen und dazu
dienen, die Räder des Wagens von der Röhre entfernt zu halten, damit keine Reibung
zwischen ihnen und der Röhre entsteht. Aehnliche Rollen sind an allen Wagen des
Zuges angebracht.
Das biegsame Tau, welches in der Rinne liegt, um die Nuth zu verstopfen, ist so lang
als die ganze Röhre. Es ist schwer genug, um sich schon bei einem schwachen Druk der
Rolle f auf den Grund der Rinne zu legen, und so die
Nuth zu verstopfen.
Dieses System welches sich Hr. Hosking am 20. Dec. 1834 in
Frankreich patentiren ließ, wurde in der Nähe von London versucht. Der Versuch wurde
aber aufgegeben, weil man die Vortheile nicht erreichte, welche sich der Erfinder
versprochen hatte, sey es nun wegen ungenauer Ausführung der einzelnen Theile, oder
wegen der Schwierigkeit in einer Röhre von so großem Durchmesser ein Vacuum
hervorzubringen.
Einige Jahre später griffen die HHrn. Clegg und Samuda die Sache wieder auf, wo sie Hr. Pinkus gelassen hatte, brachten aber an seinem Systeme
wesentliche Verbesserungen an.
Wir wollen uns nun mit diesem lezten Systeme beschäftigen, welches in Frankreich für
Hrn. Bonfil am 29. Sept. 1838 patentirt wurde. Wir
schöpfen die Einzelnheiten aus dem interessanten Berichte über die Eisenbahnen,
welcher von Hrn. Edmund Teisserenc dem Ministerium der
Staatsbauten übergeben wurde.
Die Röhre, welche zwischen den Schienen, und zwar in gleicher Entfernung von beiden
liegt, ist ihrer Länge nach mit einer Oeffnung versehen, welche breit genug ist, um
den verticalen mit dem Kolben verbundenen Arm durchzulassen; eine Lederklappe,
welche mit Eisenplatten beschlagen ist, bedekt diese Oeffnung, wenn man die Röhre
luftleer machen will, öffnet sich um den verticalen Kolbenarm durchzulassen und
schließt sich wieder, sobald er durchgegangen ist. Eine Art Kitt, welcher durch eine
besondere Vorrichtung an dem ersten Wagen den Rand der Klappe verschließt, macht die
Berührung der Klappe mit der Röhre vollkommener und das Eindringen der äußeren Luft schwieriger. Die
Röhre befindet sich also immer in dem Zustande, in welchem sie functioniren
kann.
Der Kolben, welcher aus einem gußeisernen Cylinder, dessen Durchmesser etwas kleiner
als derjenige der Röhre ist, besteht, und an den beiden Enden mit einem Lederstulpen
versehen ist, befindet sich 1,40 Met. vor dem Verbindungsarme, mit welchem er durch
einen eisernen Rahmen fest verbunden ist. Dieser Rahmen besteht aus zwei verticalen
Eisenplatten, die durch Bolzen mit einander verbunden sind; er trägt zugleich den
Kolben, den Verbindungsarm und an der hinteren Seite ein Gegengewicht, und dient
vier Rollen als Lager, wovon die einen zur Rechten, die anderen zur Linken des
Verbindungsarms angebracht sind und welche verschiedene Durchmesser haben. Ihre
Bestimmung ist, die Klappe nach und nach zu heben, um den Verbindungsarm
durchzulassen. Sobald der Verbindungsarm durchgegangen ist, fällt die Klappe durch
ihr eigenes Gewicht zu; sie wird dann augenbliklich durch ein kleines, an dem ersten
Wagen angebrachtes Rädchen gegen die Röhre angedrükt und durch den Kitt (aus Wachs
und Talg) verschlossen.
Durch diese Anordnung zwingt der Luftdruk, welcher auf den Kolben stattfindet, die
Lederstulpen an dem Kolben sich genau an die Innenwände der Röhre anzulegen, was die
Berührung vollkommen und das Eindringen der Luft zwischen Kolben und Röhre unmöglich
macht. Der Theil der Klappe, welcher durch die Rollen gehoben werden soll, hat den
Luftdruk auf beiden Seiten und drükt also nicht stärker auf die Rollen, als bloß
durch sein eigenes Gewicht. Die Klappe, welche beim Durchgang des Verbindungsarms
offen steht, ist noch geschlossen, wenn der Kolben darunter weggeht. Die Bewegung
ist ganz regelmäßig und erfordert keine Kraftanstrengung.
So vollkommen aber auch die Berührung der Klappe und des Kolbens mit der Röhre ist,
so findet die äußere Luft doch noch immer zahlreiche Zwischenräume, wo sie
eindringen kann. Da nun die Luftpumpe nicht nur diese eindringende Luft immer
wegzuschaffen hat, sondern auch die ursprünglich in der Röhre enthaltene Luft
auspumpen muß, um eine Bewegung des Kolbens hervorzubringen, so begreift man, daß
eine einzige Maschine nur eine Röhre von beschränkter Länge mit Vortheil bedienen
kann.
In dem Augenblik, wo ein Wagenzug auf der atmosphärischen Eisenbahn in Bewegung
gesezt werden soll, muß die Luft in der Röhre auf den gehörigen Grad verdünnt seyn,
um sogleich die Geschwindigkeit und die Triebkraft, welche man erreichen wollte,
hervorzubringen. Verläßt der Wagenzug die Wirkungssphäre einer Luftpumpe, um in die
einer nächstfolgenden einzutreten, so muß die Luft in der Röhre, in welche der
Kolben nun eindringen soll, bereits verdünnt seyn; alsdann ist aber die Röhre an
ihren beiden Enden verschlossen: es bietet sich also eine neue Schwierigkeit dar,
welche darin besteht, daß der Stoß des mit seiner ganzen erlangten Geschwindigkeit
ankommenden Kolbens gegen die Schlußklappe vermieden werden muß. Die Schlußklappe
muß also mit kleinem Kraftaufwand geöffnet werden können, so daß der Kolben in die
Röhre eindringen kann, ohne jedoch der äußeren Luft den Zutritt zu gestatten und
ohne den Wagenzug anzuhalten.
Die HHrn. Clegg und Samuda
haben diese Schwierigkeit durch eine sehr sinnreiche Einrichtung überwunden. Die
Klappe öffnet sich in dem Augenblik, wo der Kolben die Röhre schon verschließt und
zwar durch die Wirkung des Kolbens selbst; die Kraft welche der Kolben dazu braucht,
ist höchst unbedeutend und es dringt dabei keine Luft ein. Auch der Austritt des
Kolbens aus einer Röhre bewirkt keinen Stoß, obgleich sich eine Schlußklappe auch an
dem Ende der Röhre befindet.
Die Vorrichtung, welche von den Erfindern angewandt wurde, ist folgende: die
Luftpumpe y, Fig. 16, welche zur Seite
der Bahn angebracht ist, steht mit der Triebröhre durch ein Saugrohr z in Verbindung. Es genügte diese Saugröhre einige Meter
von der Schlußklappe entfernt anzubringen, um jedes Zusammenstoßen des Kolbens mit
der Schlußklappe unmöglich zu machen. Sobald der Kolben an der Saugröhre
vorbeigegangen ist, verdichtet sich die Luft vor dem Kolben, da sie nicht mehr
ausgepumpt wird, mehr und mehr, bis ihre Spannung größer als die der äußeren Luft
ist, wo sich dann die Klappe von selbst öffnet.
Fig. 5 ist eine
verticale Ansicht des ganzen Apparates.
Fig. 6 der
Grundriß desselben.
Fig. 7 der
Längendurchschnitt der Röhre und des ersten Wagens nach der Linie A B, Fig. 8.
Fig. 8 vordere
Ansicht des Apparates und des Wagens.
Fig. 9
Querdurchschnitt der Triebröhre vor der Ankunft des Kolbens. Tiese Ansicht ist in
einem größeren Maaßstabe gezeichnet, um zu zeigen wie die Längenklappe, welche hier
geschlossen ist, mit der Röhre verbunden ist. Der Dekel ist zugeklappt.
Fig. 10
Querdurchschnitt der Triebröhre, in dem Moment, wo die Klappe geschlossen ist und
unmittelbar nach dem Durchgange des Verbindungsarmes des Kolbens.
Fig. 11
Querdurchschnitt der Röhre, in dem Augenblik wo der verticale Verbindungsarm
durchgeht.
Fig. 12 zwei
Ansichten der Austrittsklappe. Sie besteht aus einem einfachen hölzernen, mit Leder belegten Dekel,
welcher sich um eine Angel dreht.
Fig. 13
horizontaler Durchschnitt der Büchse, in welcher die Eintrittsklappe enthalten
ist.
Fig. 14
Grundriß derselben, wenn sie bedekt ist.
Fig. 15
verticaler Durchschnitt der Büchse und des darauf befindlichen Schiebers nach der
Linie C D, Fig. 14.
Fig. 16 stellt
die gegenseitige Lage der Röhre und der Luftpumpen dar.
In allen Ansichten bezeichnen dieselben Buchstaben den nämlichen Gegenstand.
a gußeiserne Triebröhre, von der jedes Stük 2,743 Meter
lang ist, und 45 Cent. Durchmesser hat; diese Röhre ist im Innern mit einer Lage von
Wachs und Talg von 2–3 Millimeter Dike bekleidet, um die Unebenheiten des
Gusses auszugleichen und die Bewegung des Kolbens zu erleichtern; sie endigt in
einen Trichter, wie man aus Fig. 6 ersieht, damit der
Kolben leicht von selbst durch die erlangte Geschwindigkeit und ohne daß die
Bewegung unterbrochen wird, in dieselbe eindringen kann. b,
b Ohren, mittelst welcher die Röhre auf den
Querschwellen der Eisenbahn befestigt ist. c,
c Muffe, um die Röhren unter sich zu vereinigen. d verticaler Verbindungsarm: er ist umgebogen, wie man
aus Fig. 11
sieht, damit er durch die Nuth geht und doch die Lederklappe so wenig als möglich
hebt. e Verbindungsart dieses Armes mit dem ersten
Wagen. f arbeitender Kolben. g, g Rollen, welche an der Kolbenstange
befestigt sind und dazu dienen, die Lederklappe aufzuheben. h Gegengewicht am anderen Ende der Kolbenstange. i Eisenplatten, welche den Kolben, den Verbindungsarm d und das Gegengewicht mit einander vereinigen.
Einzelne Theile der Lederklappe, welche die Röhre der
Länge nach verschließt. j Lederklappe mit den zwei
Eisenbeschlägen, welche sie verstärken (Fig. 9). k eiserne Rolle, welche nach dem Durchgange des
Verbindungsarmes die Klappe zudrükt. l Dekel, welcher
die Klappe gegen die Witterung schüzen muß: er besteht aus Eisenplatten, und fällt
durch sein eigenes Gewicht zu, nachdem der Verbindungsarm durchgegangen ist. m Rolle, welche den Dekel hebt. n eiserne Büchse, welche an den Seiten mit Löchern versehen ist und die
man kurz vor der Abfahrt mit glühenden Kohlen füllt: da sie beständig auf einer
hohen Temperatur erhalten wird, so schmilzt die Röhre, welche die Verlängerung der
Büchse bildet, die in der Ninne o enthaltene Mischung
von Talg und Wachs.
Die Seite 1 der Klappe ist fest an der Röhre und mit ihr zusammengegossen. Ist die
Lederklappe an ihren Plaz gebracht, so legt man den Eisenstab 2 darauf, welchen man
mit der Metallplatte 3 bedekt; man preßt hierauf 3 stark gegen 1 und 2, indem man
die Schrauben 4 anzieht, dann regulirt man durch die Schrauben 5 die Entfernung von
1 und 2.
p ist die Austrittsklappe: sie besteht aus einem sich um
eine Angel drehenden Dekel, welcher mit Leder garnirt ist. q halbcylindrische gußeiserne Büchse, welche an der Seite der Röhre
angebracht ist: sie verschließt eine doppelte Eintrittsklappe s und t, die sich um eine aufrecht stehendc
Achse dreht. Ueber diesem allenthalben vollkommen verschlossenen Halbcylinder
befindet sich ein Schieber u, welcher sich über die zwei
Oeffnungen v, v′, die
im Dekel der Büchse angebracht sind, bewegen, und wenn die Klappe s die Verbindung zwischen dem Raume A und B unterbricht, diese
Verbindung nach Art der gewöhnlichen Schieberventile der Dampfmaschinen wieder
herstellen kann.
Betriebsart der atmosphärischen Eisenbahn. Um die Röhre
luftleer zu machen, schließt man die der Maschine zunächst liegende Klappe. Die
Klappe s wird in die Stellung gebracht, welche sie in
Fig. 13
einnimmt; der Schieber schließt die Oeffnung v und läßt
v′ in Verbindung mit der äußeren Luft.
Hierauf sezt man die Luftpumpe in Bewegung.
Sobald die Barometerröhre den Grad von Luftverdünnung anzeigt, wobei man fahren will
und welcher gewöhnlich 18 Zoll Queksilberhöhe beträgt, bringt man den Kolben in die
Röhre und schiebt den Schieber so, daß er die Oeffnungen v und v′ mit eineinander verbindet. Die
Klappe s öffnet sich dann sogleich und die Klappe t legt sich an die Röhre an, so daß der Bewegung des
Kolbens nichts mehr entgegensteht, der dann auch augenbliklich seinen Lauf
beginnt.
Dieß geschieht nun auf folgende Weise: die Klappen s und
t haben verschiedene Durchmesser; den größeren
Durchmesser hat t: ist nun der Luftdruk auf s und t gleich, so wird t die Stellung von s
bestimmen.
Anfangs sind die Seiten B und C der Klappen s und t der Wirkung der Luftpumpe ausgesezt. Der Druk der atmosphärischen Luft
wirkt auf die Seiten A und D. Sobald man nun den Schieber so bewegt, daß er die Oeffnungen v und v′ mit einander
in Verbindung bringt, wird die Luft, welche in dem Theile A enthalten war, sich sogleich mit derjenigen in B, oder was dasselbe ist, mit derjenigen in der Röhre ins Gleichgewicht
der Spannung sezen. Der Druk auf t wird nun kleiner seyn
als der Druk der Atmosphäre auf s, und da die stärkere
Kraft auf diese lezte Klappe wirkt, so beginnt eine rotirende Bewegung von s gegen B, die Klappe s stellt sich nach der Richtung der Röhre und t legt sich an die ihm gegenüberstehende Wand.
Bei Eisenbahnen von großer Länge, welche aus mehreren auf einander folgenden Röhren
bestehen, ist es der in Bewegung gesezte Wagenzug, der den Schieber u verstellt, sobald der Kolben in die Röhre eingedrungen
ist, und die Klappe wird um so rascher geöffnet, da der Kolben, welcher mit seiner
erlangten Geschwindigkeit ankommt, die in D enthaltene
Luft vor sich comprimirt und so den Unterschied des Luftdrukes vor und hinter der
Klappe beträchtlicher macht.
Bei der Eisenbahn zwischen Kingstown und Dalkey in Irland (deren Länge 2,722 Meter
beträgt) befindet sich die Dampfmaschine mit der Luftpumpe, welche sie in Bewegung
sezt, auf dem höchsten Punkte der Bahn, d. h. in Dalkey. Diese Maschine, eine
Condensations- und Expansionsmaschine von 100 Pferdekräften, gehört in die
Classe der direct wirkenden, ohne Balancier. Sie ist mit der Triebröhre durch ein
Saugrohr von 5 Centimeter Durchmesser verbunden. Die Triebröhre besteht aus einer
Reihe von Röhren, von denen eine in die andere gestekt ist, gerade so, wie
gewöhnlich die Gasleitungsröhren verbunden werden; nur bringt man, um sie ganz
luftdicht mit einander zu verbinden, in den Zwischenraum zwischen Muff und Röhre
zuerst eine Lage von Tauen, die in Leinöhl eingeweicht sind, dann einen Kitt von
Wachs und Oehl, dann Taue, die mit Theer getränkt sind.
Die Nuth oben auf der Röhre wird zulezt mit der Hobelmaschine gemacht; sie ist 31
Millimeter breit.
Die atmosphärische Eisenbahn geht vom Bahnhofe der Eisenbahn, welche nach Dublin
führt, in Kingstown ab, dann in einem Tunnel unter dem Thorwalle weg, bleibt 800
Meter lang horizontal und steigt hierauf gleichmäßig 9 Millimeter per Meter bis bei Dalkey, wo sie mit einem Falle von
17½ Millimeter endigt.
Die HHrn. Clegg und Samuda
haben sich verbindlich gemacht einen Apparat zu liefern, der im Stande ist, 26
Tonnen mit einer Geschwindigkeit von 48 Kilometern in der Zeitstunde zu bewegen.
Der erste vorläufige Versuch mit diesem Bahnsystem wurde am 19. August 1843 gemacht;
er fiel vollkommen befriedigend aus und man erlangte eine Geschwindigkeit von 2
Kilometern in 4 Minuten oder 30 Kilom. in der Zeitstunde. Andere spätere Versuche
sichern den Erfolg der Unternehmung. Eine große Anzahl von Reisenden hat während
dieser Zeit ohne den geringsten Unfall die Bahn befahren, ungeachtet der zahlreichen
Krümmungen, über welche man jedesmal mit Leichtigkeit gelangte.
Hr. Mallet, Divisionsinspector des Straßen- und
Brükenbaues, welcher von der französischen Regierung beauftragt war die
atmosphärische Eisenbahn zu untersuchen, ist von seiner Sendung zurükgekehrt. Der
Versuch, welchem er beiwohnte, fiel vollkommen befriedigend aus; viel
beträchtlichere Steigungen, als man bei den gewöhnlichen Eisenbahnen anwenden kann,
stören den Dienst nicht im geringsten; Krümmungen, deren Radius den vierten Theil
derjenigen beträgt, die in Frankreich als Minimum vorgeschrieben sind, wurden ohne
Anstand befahren. Die Geschwindigkeit war 12, 16 und sogar 18 Lieus in der Stunde.
Der Mechanismus arbeitet gut, und jedes Zusammenstoßen der Wagen ist unmöglich.
Die Vortheile des neuen atmosphärischen Systems bestehen hauptsächlich: 1) in
ziemlich beträchtlicher Ersparniß bei den Anlags- und Unterhaltungskosten; 2)
in Vermehrung der Geschwindigkeit; 3) Sicherheit gegen Unglüksfälle, welche
heutzutage so häufig sind, wie Achsenbrüche, Brandunglük, Ausspringen der Wagen aus
den Schienen etc. 4) in der Möglichkeit, die Eisenbahnen neben den gewöhnlichen
Straßen anzulegen, und so den sehr theuren Ankauf von Grundstüken und die
kostspieligen Erdarbeiten zu vermeiden.