Titel: | Resultate der Probe von Germar's verbesserter Kies-Siebmaschine. |
Autor: | Germar , F. H. Germar |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XXIX., S. 117 |
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XXIX.
Resultate der Probe von Germar's verbesserter
Kies-Siebmaschine.
Resultate der Probe von Germar's
Kies-Siebmaschine.
Als ich im ersten Augusthefte 1843 dieses Journals die
Beschreibung und Abbildung einer verbesserten Kies-Siebmaschine mittheilte,
war es anfangs meine Absicht, zugleich die Resultate der damit
angestellten Proben hinzuzufügen; doch unterließ ich es, theils aus Furcht,
daß der Aufsaz dadurch eine zu große Ausdehnung erhalten werde, theils, weil die bis
dahin angestellten Proben nicht mit aller der Schärfe vorgenommen und constatirt
waren, welche ich zu einer völligen Beglaubigung nöthig hielt. Daher schien es mir
passender, das Resultat einer wiederholten größeren und schärferen Probe abzuwarten,
welche, durch zufällige Umstände verspätet, erst vor Kurzem in Gegenwart dreier dazu
erbetener herzoglichen Beamten angestellt werden konnte. Diese nahmen gleich nach
derselben folgendes Protokoll auf, welches ich hier mittheile:
ActumAugustenburg, den 11. Dec. 1843.
„In Anwesenheit der Unterzeichneten, nämlich 1) des Hofraths und
Oberinspectors Bahrt, 2) des Hausvogts Grotrian und 3) des Inspectors Haack ist mit der verbesserten Kies-Siebmaschine des Hrn.
Hofpredigers Dr. Germar heute
ein Versuch angestellt worden.
Das Material bestand in einer Ladung Meer-Kies.
Angestellt waren sieben Arbeiter, nämlich einer zum Drehen des Stoßrades, einer zum Klarhalten der Siebe, vier zum
Aufschaufeln des Kieses und einer zum Wegschaufeln des
kleinen Kieses, der sich hinter der Maschine anhäufte. Dieser Arbeiter würde völlig
überflüssig gewesen seyn, wenn nicht zwei Rollkästen zum Wegbringen resp. der übergroßen Steine und des kleinsten Kieses
gefehlt hätten, indem diese Arbeit von den sonst angestellten sechs Arbeitern fast
ganz in der nämlichen Zeit hätte mitbeschafft werden können, so daß also für das eigentliche Geschäft bei vorhandenen vier
Rollkästen nur sechs Arbeiter nothwendig gewesen seyn
würden.
Das Resultat des mit diesen Arbeitern angestellten
Versuchs ist folgendes: Gewonnen wurden
1)
von uͤbergroßem Kies
⅓
Maaß
à
24
Kubikf.
2)
von Normal-Kies à reichlich 2
Zoll
6⅓
—
à
—
3)
von dem kleinen Kies hinter der Maschine
6¼
—
à
—
4)
an Sand und Grand
1 1/6
—
à
—
––––––––––––––––––––––––––––
Summa
14 1/12
Maaß
à
24
Kubikf.
Alle diese verschiedenen Sorten waren nicht völlig gleichförmig, weil das Material
sehr feucht und es daher sehr schwer war, die Siebe klar zu halten; auch ist ein
durchaus gleichförmiges Resultat im strengsten Sinne schlechthin nicht zu erreichen,
weil manche kleine Steine überspringen und manche größere ihrer länglichen Form
wegen sich durcharbeiten.
Mit der Arbeit wurde präcise 9 Uhr begonnen und wurde sie 10 Uhr 45 Minuten beendigt;
es wurde also die Arbeit bei ermunterter Thätigkeit der Arbeiter innerhalb 1 Stunde und 45 Minuten beschafft.
Actum ut supra. Bahrt. Grotrian. A. Haack.“
Zur Erläuterung des vorstehenden Protokolls erlaube ich
mir folgende Bemerkungen:
1) Die Probe konnte nicht in Kiesgruben angestellt werden,
weil diese auf der Insel Alsen bisher nicht benuzt sind.
Der 15 Meilen lange Strand schien hinreichendes Material zur Wegebesserung
darzubieten und daher das Bedürfniß der Kiesgruben wegzufallen, ungeachtet deren
Aufsuchung jezt sehr vortheilhaft seyn würde. Denn durch den mehr als
hundertjährigen Verbrauch hat sich der gute, d. h.
einigermaßen gleichartige Kies schon so sehr vermindert und muß für manche
Wegestreken aus so bedeutender Entfernung herbeigeschafft werden, daß viele
Landleute es mit Recht vortheilhafter finden, ihren Bedarf an der hiesigen
Schiffbrüke zu kaufen, wohin der Kies aus entlegenen Strandgegenden zur See gebracht
wird. Denn, ungeachtet sie das Maaß von 24 Hamb. Kubikf. (= 1/12 hies.
Stein-Faden à 288 Hamb. Kubikf., oder etwas mehr
als ½ Kubikmeter, da 42⅞ Hamb. Kubikf. = 1 Kubikmeter) mit 10 Schill.
Cour. (= ¼ Rthlr. preuß.) bezahlen müssen: so ersparen sie dennoch durch die
größere Nähe des Transports und durch die bessere Beschaffenheit des Materials. Doch
ist auch dieses nichts weniger als gleichartig, und der bei weitem größte Theil
besteht aus solchen Stoffen, welche in jedem Jahre von den Rädern zermalmt, folglich
von Wind und Wasser entführt werden, daher aber im folgenden eine fast vollständige
Wiederholung der nämlichen Arbeit erfordern, während eine Steindeke von gleichartiger
widerstandsfähiger Größe bleibenden Nuzen gewähren würde.
2) Von den vier zum vollständigen Apparat gehörigen Rollkästen sind bisher nur die zwei unter der
Maschine befindlichen angefertigt worden, weil diese zu jedem Versuche, so wie zur
Anwendung im Kleinen unentbehrlich, aber auch hinreichend waren, die beiden andern
aber bis zur Anwendung im Großen ausgesezt wurden, um die Kosten der
Versuchs-Periode nicht unnöthig zu vermehren.
3) Von den drei bei diesem Versuche eingesezten Siebgittern waren die beiden obern Kreuz gitter
von resp. 2 1/5 und 1 1/12 Zoll (52 und 25 Millim.)
Oeffnung im Quadrat. Die übergroßen Kiesel waren also
solche, welche von dem obersten Siebe nicht durchgelassen wurden, obgleich auch
einige wenige kleinere durch Aufschlagen auf größere oder auf die Gitterstäbe zum
Ueberhüpfen gebracht werden. Wenn nun der Normal-Kies zu reichlich 2 Zoll
angegeben wurde, so war dieses nur von dem Maximum seiner Größe zu verstehen, die
nothwendig zwischen diesem und dem Minimum, welches von dem zweiten Siebe bestimmt
wird, variiren mußte. Er ist Normalkies genannt, weil angenommen wird, daß er eine
hinreichende Größe habe, um von den Rädern nicht zermalmt zu werden und daher zur
eigentlichen Steindeke am geeignetsten sey. Das unterste der
Siebe besteht bloß aus Langstäben, weil es sonst unmöglich schien, dasselbe
klar zu halten. Der kleinste Kies variirte folglich
zwischen 1 1/12 und kaum ½ Zoll (zwischen 25 und 11 Millimeter).
4) Das Klarhalten des obersten Siebgitters hatte wenige
Schwierigkeit, da nur wenige Steine von keilförmiger Gestalt sich in demselben
festsezten. Der höhere Fall und die größere Schwere eines großen Theils der
Materialien trieb durch die weiten Oeffnungen Alles, was kleiner wie diese war, mit
großer Leichtigkeit. Die beiden untern dagegen erforderten die angestrengteste
Thätigkeit des Siebkamms, so daß der mit Führung desselben Beauftragte oft mit
demjenigen abwechseln mußte, der mit dem Drehen des Stoßrades beschäftigt war und
von allen die leichteste Arbeit hatte, weil es nicht bloß an sich einen sehr
geringen Kraftaufwand erfordert, sondern auch nicht zu schnell verrichtet werden
darf, wenn die Stöße der Maschine, besonders aber die horizontalen, welche durch das
Doppel-Scharnier hervorgebracht werden, die volle Wirkung thun sollen.
Allerdings war nun die große Feuchtigkeit eine Hauptursache jener Schwierigkeit;
aber es kam auch noch eine andere hinzu, welche dem Meerkies eigen ist. Dieser ist
nämlich fast immer mit kleinen Partien oder einzelnen Blättern des langen Seegrases
und anderer Seegewächse
vermischt, welche auf und in den Siebgittern um so mehr hängen bleiben, je enger
diese werden und die Schwere der Materialien abnimmt, welche sich hindurch arbeiten
sollen. Diese Schwierigkeit wird in Kiesgruben wegfallen, oder doch bei einiger
Vorsicht leicht zu vermeiden seyn. Hier aber verursachte sie bedeutenden
Zeitverlust, weil bei jeder Kastenleerung die Maschine einige Augenblike bloß zu dem
Zwek in Gang erhalten werden mußte, um die Klarheit der Siebgitter wieder
herzustellen.
5) Dessen ungeachtet wurden in 105 Minuten 14 1/12 Kies-Maaße à 24 Kubikfuß, in zwölffüßiger Entfernung von der
Maschine, an den gesonderten Lagerstellen gefüllt und geleert, mit Ausnahme des
kleinsten Kieses, der, wie oben erwähnt ist, von dem siebenten Arbeiter
weggeschaufelt und erst nach der Arbeit gemessen wurde. Bei der vollständigen Zahl
der Rollkästen werden also von sechs Arbeitern, mithin für einen sechsfachen
Tagelohn, bei gleicher Thätigkeit in 10 Arbeitsstunden 80 solcher
Maaße (6⅔ hiesige Steinfaden oder 45 Kubikmeter) in vier Sorten
geschieden, gemessen und aufgelagert werden können. Zwar geschah jene Arbeit durch
ermunterte und daher ziemlich angestrengte Thätigkeit, welche vielleicht keine 10
Stunden hindurch fortgedauert hätte. Bringt man jedoch folgendes in Anschlag:
a) die zufälligen und besonders dem
Meerkies eigenen Schwierigkeiten des Klarhaltens der Siebe und den dadurch
verursachten Zeitverlust;
b) die Ungeübtheit der Arbeiter,
von denen nicht alle an den wenigen früheren und kleineren Versuchen theilgenommen
hatten, die aber, wenn sie im Geding arbeiten, sich manche beschleunigende Vortheile
aneignen werden;
c) die Verbesserungen, welche die
in dem oben angegebenen Hefte dieses Journals mitgetheilte Maschine vor der bei dem
Versuch angewendeten voraus hat, namentlich die zweifache Länge des
Doppel-Scharniers, wodurch die horizontalen Stöße verstärkt werden,
deßgleichen den größern Abstand und die stärkere Neigung des zweiten Siebgitters,
besonders aber die in der Beschreibung empfohlene prismatische Form der Gitterstäbe,
durch welches Alles das Klarhalten der Siebe sehr erleichtert werden muß, so läßt es
sich schwerlich bezweifeln, daß im Geding, zumal in einer Kiesgrube, eine gleiche
Zahl von Arbeitern, selbst bei größerer Entfernung und Höhe der Lagerstätten nicht
bloß eine gleiche, sondern vielleicht eine beträchtlich größere Quantität des
Materials an einem Arbeitstage sortiren, messen und auflagern werde. Beim Geding ist
aber keine Gefahr für die Genauigkeit der Arbeit, sobald nur auf richtiges Messen und auf das
Klarhalten der Siebe gehalten wird; denn für die übrige Güte derselben sorgt die
Maschine selbst.
Um endlich noch die pecuniären Vortheile, welche die
Anwendung der Kies-Siebmaschinen in Kiesgruben
bringt, in ein helleres Licht zu stellen, füge ich eine Vergleichung der Kosten,
welche sie verursachen wird, mit den Kosten des hiesigen Wegebaues hinzu, weil sich
oft die Meinung hören läßt, die Vorzüglichkeit der meisten hiesigen Wege sey kein
sonderliches Verdienst, da der Meerkies dem Wegebau eine so große Erleichterung
gewähre. Es läßt sich nämlich leicht zeigen, daß der oben angegebene Preis des
Meerkieses wenigstens das Vierfache von dem beträgt, was
ein weit besser sortirter Grubenkies kosten würde.
Da es nach dem angestellten Versuche sehr wahrscheinlich ist, daß in guten Kiesgruben
sechs Arbeiter in Einem Tage 80 Maaß Material sortiren können, so wird nach den
hiesigen Arbeitspreisen der Arbeitslohn für das Ganze im
Geding nicht höher als auf 6 Mark Cour. (2 Thlr. 12 Sgr. preuß. Cour. oder 9 Frcs.)
anlaufen können, welches für jedes Maaß nur 1¼ Schill. beträgt. Freilich ist
nun nur eine der gewonnenen Sorten zur eigentlichen Steindeke zu gebrauchen, aber
jede der übrigen, an der gehörigen Stelle angewendet, leicht nüzlicher als der
gemischte Meerkies: nämlich die übergroßen Kiesel zur
Grundlage an sumpfigen Stellen, zum Pflastern oder zum Zerschlagen, Sand und Grand zur Unterlage der Steindeke, der kleinste Kies zum Ebnen derselben, wenn sie vorläufig
befestigt ist.
Zwar sind mit jenem Arbeitslohn die Kosten keineswegs abgethan. Es müssen die Zinsen
und Unterhaltung des Apparats, die Expropriation und Abräumung der Kiesgrube auch
noch hinzugeschlagen werden. Doch glaube ich, daß diese zusammengenommen bei einer
vernünftigen Einrichtung nicht einmal die Größe des Arbeitslohnes erreichen
werden.
Die hier verfertigte Maschine kostet mit den beiden
vorhandenen Rollkästen circa 80 Rthlr. hiesigen Geldes,
sie würde also mit Einschluß der beiden fehlenden auf circa 90 Rthlr. (108 Thlr. preuß. Cour. oder 405 Frcs.) zu stehen kommen.
Bringt man aber dabei in Anschlag:
a) daß an kleinen Oertern, wo
geringe oder gar keine Concurrenz der Handwerker ist, und fast alle Materialien erst
aus der Ferne herbeigeholt werden müssen, Alles theurer wird, als an größeren;
b) daß die erste Arbeit dieser Art
nach bloßen Zeichnungen. Modellen und mündlichen Anweisungen, die Handwerker zu größerem
Aufwand an Zeit und Kräften nöthigt, als das bloße Nachmachen des schon
Vorhandenen;
c) daß die Ausführung einer neuen
Idee nie ohne alle nach den ersten Versuchen nothwendig oder nüzlich gefundenen
Veränderungen abgehen kann, wiewohl sie in diesem Falle nicht sehr erheblich
waren:
so darf wohl vermuthet werden, daß in der Folge der
vollständige Apparat (mit Holzbahnen und Lagerungsbrüken) nicht leicht über 100
Rthlr. hies. Cour. (120 Thlr. preuß. Cour. oder 450 Frcs.) steigen werde. Nimmt man
nun den jährlichen Verbrauch einer größeren Wegecommune,
welche sich zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Maschine vereinigt, zu 1000 solcher
Stein-Maaße (83⅓ hies. Stein-Faden, oder beinahe 560
Kubikmeter, circa 1500 zweispännige Fuder) Material an,
welche nach dem Obigen von sechs Arbeitern in 12½ Arbeitstagen sortirt,
gemessen und aufgelagert werden können: so betragen 4 Proc. Zinsen für jedes Maaß kaum 1/5 Schill. Von den 2½ Schill., als dem vierten
Theile vom jezigen Preise des Meer-Kieses, bleiben folglich noch 21/20
Schill. für jedes Maaß übrig, also für 1000 Maaß eine Summe von reichlich 21 5/6
Rthlr. (26 1/5 Thlr. preuß. Cour.), welche nicht bloß zur Verzinsung der
Expropriations-, Abräumungs- und anderer Einrichtungskosten, sondern
auch zu einem baldigen Abtrage derselben überflüssig hinreichen müssen. Die
Unterhaltungskosten der Maschine können dabei kaum in Anschlag gebracht werden, da
sie bei der dauerhaften Construction derselben nur sehr unbedeutend seyn können.
Doch den Gewinn von ¾ der Erwerbungskosten des Kieses betrachte ich so wenig,
als den einzigen, daß ich ihn nicht einmal für den größten halten möchte. Diesen
finde ich nämlich in der erleichterten Unterhaltung der Wege wegen der Sortirung der
Materialien. Denn durch diese allein wird es möglich, nur solche zur eigentlichen
Steindeke zu gebrauchen, welche nicht zermalmt werden, eben dadurch aber die
Danaiden-Arbeit zu vermeiden, welche fast alle Frucht der Mühe des einen
Jahrs im nächstfolgenden wieder verschwunden sieht. Rechnet man dazu noch die
Erleichterung des Transports zur Wegestreke, da in den meisten Hügellanden sich in
der Nähe derselben Kieslager werden finden lassen, und endlich, daß auch der
Arbeitslohn von den Landleuten selbst durch eigene Arbeit in der ihnen bequemsten
Zeit wird verdient werden können, so dürfte die Sache wichtig genug seyn, um einige
Beachtung zu verdienen.
Augustenburg auf der Insel Alsen, den 28. Dec. 1843.
Dr. F. H. Germar.