Titel: | Ueber die Verfertigung transparenter Rollogs in Oehlfarben; von Hrn. G. W. Bichon, d. Z. in Gießen. |
Autor: | G. W. Bichon |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XXXV., S. 133 |
Download: | XML |
XXXV.
Ueber die Verfertigung transparenter Rollogs in
Oehlfarben; von Hrn. G. W.
Bichon, d. Z. in Gießen.
Bichon, über die Verfertigung transparenter Rollogs.
Durch einen Sachkundigen unterstüzt und durch nähere Einsicht eine Fabrik von
transparenten Rollogs glauben wir den Leser im Nachstehenden mit einem
Industriezweig bekannt machen zu können, der einen neuen Hebel durch die Vortheile
erhalten hat, welche die graphischen Darstellungen von Maschinen, die sogenannten
MaschinentafelnDer Ingenineur Knab verfertigte zuerst auf Papier
gedrukte Maschinentafeln; spaͤter lieferte die Verlagsbuchhandlung
von Fr. Bassermann in Mannheim dieses
zwekmaͤßige Lehrmittel in Farbendruk (Wasserfarben) auf
Baumwollenzeug. bei Vorträgen an Unterrichtsanstalten
gewähren.
Als Material zu diesem Fabricat dient gut gebleichter schottischer Batist oder
Nesselzeug, welcher ein feines, regelmäßiges Gespinnst und ein nicht festes Gewebe
hat. Dieser Zeug wird, nachdem er mit einer Korde eingefaßt ist und etwaige
Unebenheiten mit der Schere entfernt worden sind, in vierekigen hölzernen Rahmen
aufgespannt. Zu bemerken ist, daß der Rahmen um vieles größer seyn muß, als der
Zeug, damit lezterer sich noch stärker ausziehen läßt, wenn die nächste Operation:
das Bestreichen mit Buchbinderkleister erfolgt ist. Zu diesem Zwek wird der Rahmen
auf ein Gerüst gelegt, so daß auf beiden Seiten jenes baumwollene Gewebe frei ist,
dasselbe mit frisch gekochter Stärke vermittelst einer großen Anstreicherbürste
bestrichen und mit einem biegsamen hölzernen Spatel überfahren werden kann, um die
überflüssige Stärke wieder zu entfernen. Hierauf wird das erforderliche sehr straffe
Aufspannen des Zeuges und das langsame Troknen desselben an einem vor Staub
geschüzten Ort bewerkstelligt.
Die Vortheile, welche das Bestreichen mit Stärke gewährt, sind groß, denn wie man
leicht einsieht, wird hierdurch eine größere Durchsichtigkeit bewirkt, die Farben
fließen nicht mehr, die faserige Oberfläche des Zeugs ist geglättet und dadurch das
Malen erleichtert, ferner kann jenes Aufspannen besser geschehen, indem der Zeug
nicht leicht zerreißt.
Nachdem der Nessel- oder Batistzeug auf erwähnte Art bearbeitet ist, folgt das
Vorzeichnen. Die Umrisse der auf Papier gemachten Musterzeichnung werden mit einer
feinen Nadel durchstochen, so daß sich ganz nahe liegende Löcher bilden und auf
diese Weise eine
Zeichnung entsteht, welche zu wiederholtenmalen als Chablone zum Vorzeichnen dient,
indem sie auf den Zeug gelegt, und ganz trokenes Farbepulver, welches mit Leimwasser
angerieben war, mittelst eines weichen Wischers durch die Chablone gerieben wird.
Das an dem Gewebe adhärirende Pulver bildet, wie sich von selbst versteht, einzelne
Punkte jener durchlöcherten Contour der Musterzeichnung, allein diese laufen in
einander über und werden förmliche Linien, wenn der Zeug durch einen
Heißwasserapparat gezogen und das Pulver dadurch fixirt wird. Gerade Linien werden
unmittelbar auf die Waare gezeichnet und zwar neben ein Lineal, welches mit dem
einen Ende aufgelegt, mit dem andern Ende aber in die Höhe gehalten wird, oder
gleichsam aus freier Hand mit einem Pinsel gezogen, welcher eine ziemlich
dikflüssige Leimfarbe enthält. Es erfordert einige Fertigkeit oder vielmehr Uebung,
dergleichen Linien gleichförmig zu zeichnen.
Zum Anfertigen der Chablonen wird eine Maschine benuzt, welche der von Hrn. Kohl beschriebenen Hülfsmaschine für den Vordruk
baumwollener Stikereiwaaren, der sogenannten Stüpfelmaschine (man sehe die vorhergehende Abhandlung) ähnlich ist.
Die lezte Vorbereitung zum Malen ist das Tränken mit klarem Mohnöhl, welches auf
beiden Seiten des Zeuges vermittelst einer Bürste geschieht. Es ist hiebei zu
beobachten, daß wofern die Stärke das Durchdringen des Oehls verhindert, solche
Stellen mehrmals bestrichen werden müssen, um dem Ganzen ein gleichmäßiges,
transparentes Ansehen zu geben.
Sobald der mit Oehl getränkte Zeug troken geworden ist, wird das Malen
bewerkstelligt, welches eine sehr einfache Operation ist. Man stellt den Rahmen auf
die gegenüber einem Fenster aufgerichtete Staffelei und trägt zunächst die
Localfarben auf, welche dann auf der Rükseite des Zeuges mit den verschiedenen Tönen
ausgearbeitet werden. In Betreff der Farben bleibt zu erwähnen übrig, daß nur solche
Farbstoffe angewendet werden können, welche durchschimmernde Farben geben, als z.
B.: italienische Erde (gebrannte und ungebrannte), Florentinerlak, Carmin,
Berlinerblau, Ultramarin Elfenbeinschwarz etc.; diese Farben werden theils mit
Lein-, theils mit Mohnöhl angerieben. Gummigutti
(Cambogium), welches sonst selten zu Oehlfarbeu
verwendet wird, liefert hier eine ausnehmend schöne Goldfarbe; sie wird möglichst
dikflüssig aufgetragen, um dem Fließen vorzubeugen, welchem diese Farbe unterworfen
ist; außerdem ist es zwekmäßig bei jedesmaligem Gebrauch diese Farbe frisch
anzumachen, da sie mit Wasser zum Aufbewahren überschüttet, eine theilweise
Zersezung erleidet.
Referent sah in jener Fabrik Rollogs, zu Dekorationen von Saalfenstern bestimmt,
welche nach dem beschriebenen Verfahren auf weiße Seide gemalt waren, und auf das
Täuschendste eingebrannte Glasmalereien nachahmten.