Titel: | Technologie des Krapps; von Hrn. Girardin, Professor der Chemie in Rouen. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XXXIX., S. 141 |
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XXXIX.
Technologie des Krapps; von Hrn. Girardin, Professor der Chemie in
Rouen.
Aus dem Journal de Pharmacie, Dec. 1843, S.
434.
(Fortsezung und Beschluß von S. 65 im
vorhergehenden Heft des polytechnischen Journals.)
Girardin's Technologie des Krapps.
Das Garancin wurde zuerst im Jahr 1829 von dem Hause Lagier und Thomas zu Avignon, welches das Robiquet-Colin'sche
Verfahren und Patent an sich gebracht hatte, in den Handel gebracht; es war aber von
den Kattundrukereien nicht gesucht. Der neutrale Zustand, in welchem das Garancin
geliefert wurde, hatte durchaus keinen verbessernden Einfluß auf das in den Rouener
Fabriken gebräuchliche gewöhnlich kalkhaltige Wasser und die Wirkung des in
demselben enthaltenen Alkali's auf den Farbstoff des Garancins wurde nicht gehörig
gewürdigt, so daß die Versuche im Großen den im Kleinen angestellten bei weitem
nicht entsprachen und dieses Product in Mißcredit brachten. Erst später, im Jahr
1832, ließ dasselbe avignoner Haus, von den Chemikern darüber belehrt, neuerdings
Versuche mit dieser Substanz anstellen, welche befriedigende Resultate und die
Hoffnung gaben, daß ihre Anwendung noch wichtig werden könnte; doch konnten die
damals gangbaren Muster von in Krapp gefärbten Kattunen, welche sehr dunkelroth
waren und eine kräftige Färbung erheischten, nicht mit Garancin gemacht werden; die
große Menge dazu erforderlichen Farbstoffs machte des Preisverhältnisses wegen seine
Anwendung unmöglich. Im Jahr 1835 aber, wo gewisse Kattunartikel von großer
Lebhaftigkeit der Farben in Gebrauch kamen, wurde die Aufmerksamkeit der Fabrikanten
neuerdings auf das Garancin gelenkt und dessen Anwendung allgemein als vortheilhaft
anerkannt.
Viele, welche voraussahen, daß die Consumtion desselben sehr groß werden könnte,
verfielen auf seine Fabrication, und nachdem im Jahr 1838 obiges Patent abgelaufen
war, wurden mehrere derartige Geschäfte errichtet; eines zu Rouen, von einem Hrn.
Busnot, die andern zu Avignon. Mangel an Erfahrung
aber in dessen Darstellung, in Verbindung mit den Uebelständen jeder neuen
Schöpfung, verursachte, daß die ersten Erzeuger anfangs nur unvollkommene Producte
erhielten und einige auch diesen neuen Industriezweig wieder aufgeben mußten. Nach
einiger Zeit aber griffen Kaufleute, von den Bedürfnissen des Handels angeregt und
durch die Erfahrungen ihrer Vorgänger belehrt, diesen Fabricationszweig wieder auf
und man zählt
gegenwärtig 12–15 Garancinfabrikanten in Avignon, 1 oder 2 im Elsaß.
Die Fabrikanten zu Avignon verwenden nur Krapp aus der Grafschaft; die Elsasser aber
sollen ihrem Krapp etwas Avignoner zusezen müssen, um den Farbstoffgehalt ihres
Garancins zu erhöhen.
Erst vom Jahr 1839 angefangen, wurde dieses Product in mehreren Rouener Fabriken,
namentlich bei den HHrn. Barbet, Girard, Schlumberger-Rouff, Hazard, Prosper Pimont etc im
Großen angewandt. Hr. Schlumberger-Rouff
fabricirte damals seinen Garancinbedarf selbst, und zwar nach folgendem
Verfahren:
Nachdem man das Krapppulver auf einem Tische mittelst eines großen Rollholzes mit
zwei Handheben (ähnlich demjenigen der Pastetenbäker) zerrieben hatte, brachte man
es in einen bleiernen Kessel, befeuchtete es sodann mit ein wenig Wasser und
schüttete die Hälfte seines Gewichts Schwefelsäure von 66° Baumé darauf,
während zwei Personen die Masse durch Herumfahren mit Schaufeln rings um den Kessel
beständig umrührten. Nachdem der Krapp auf diese Weise gebrannt (verkohlt) war,
wurde er in Fässern 5–6mal mit Wasser ausgewaschen; man ließ ihn dann auf
Leinenfiltern abtropfen und in einer mit Dampf geheizten Trokenkammer troknen.
Endlich wurde er in einer Mühle von der Construction der Pfeffer- oder
Kaffeemühlen gemahlen. Dieses Garancin war sehr sauer und konnte zu Violett nicht
gebraucht werden. Das Kilogramm kam auf 3 Fr. 75 Cent. zu stehen.
Anfangs kostete das Garancin 6 Fr. per Kilogr. Seit 3
Jahren aber ist der Preis desselben, ohne Unterschied 4,50 Fr. bis 5 Fr. per Kil., mit einem Sconto von 6 Proc.
Bis jezt konnten die Garancinsorten nicht nach Qualitäten classificirt werden. Jeder
Fabrikant sucht die beste Waare hinsichtlich des Farbstoffgehalts und der
Lebhaftigkeit der damit erzielbaren Farben zu erhalten; aber die Unreinheit des
Rohstoffs und die Vernachlässigung der gehörigen Sorgfalt bei dessen Fabrication
machen die Producte einer und derselben Fabrik manchmal sehr verschieden. So kommt
im Handel Garancin vor, welches das vierfache Gewicht des zu seiner Bereitung
verwendeten Krapps ersezt, während anderes nur dem 2½fachen entspricht.
Diese Unregelmäßigkeit hat sowohl in dem mehr oder weniger großen Farbstoffgehalt des
angewandten Krapps, als in den zu seiner Verwandlung in Garancin nöthigen
Operationen ihren Grund; der Krapp wird so leicht um etwas zu viel oder zu wenig
verkohlt, daß es ganz unmöglich ist, ein Jahr lang immer dasselbe Garancin zu erhalten. Kaum läßt
sich in großen Fabriken eine Reihe von 15 bis 20 Fässern ziemlich gleich darstellen
und selbst dann muß die ganze Masse der erforderlichen Wurzel auf einmal in Arbeit
genommen werden.
Im Durchschnitt enthält gutes Garancin dreimal soviel Farbstoff als guter Krapp.
Man hat für das Garancin nicht denselben Eintheilungsgrund beibehalten, wie für den
Krapp; man unterscheidet es nur nach dem Namen des Fabrikanten. Die avignoner
Fabrikanten, welche ihr Product nach Rouen versenden, sind die HHrn. Lagier, Julian, Gebrüder Foule (s. g. Stern-Garancin, garancine de l'Étoile), J. Gindre (Sonnen-Garancin, garancine du
Soleil), Isnard, Clauzeau Bruder und Sohn, A. Dupuis, Bastet, Lazare
Amie, Pousel, Jouve, Delorme, Imer, A. Felix. Die vier
ersten haben gegenwärtig einen entschiedenen Vorzug. — Ein einziges elsasser
Haus, Hr. Sengenwald, hat eine Niederlage zu Rouen.
Das Garancin beider Gegenden wird zu Lande in Fässern von 200–300 Kilogr.
verführt: das avignoner Garancin in Fässern von weichem Holz, welche innen mit
blauem Papier ausgelegt und an den von den Böden mit den Dauben gebildeten Fugen mit
Theer überzogen sind; das elsasser in eichenen Fässern.
Seit drei Jahren ist der Verbrauch an Garancin ziemlich regelmäßig und kann im
Durchschnitt für jenes von Avignon zu 16 bis 1800 Fässern jährlich, und für das
elsasser zu 4 bis 600 Fässern angeschlagen werden.
Vor Einführung dieser Farbwaare in unsern Fabriken wurden in Rouen jährlich
3200–3500 Fässer avignoner und ungefähr 1000 Fässer elsasser Krapp
verbraucht; seitdem werden, nach den lezten drei Jahren berechnet, in der Regel nur
mehr 2000 Fässer avignoner und 200 Fässer elsasser Krapp verwendet. Diese
Verminderung des Krappverbrauches um beinahe die Hälfte wird durch das Garancin,
welches jezt alle Kattundrukereien eingeführt haben, mehr als ausgeglichen. Die
Färber bedienen sich desselben noch nicht, sondern färben immer mit Krapp und
Alizaris; dessen ungeachtet ist der Verbrauch dieser leztern seit 5–6 Jahren
beinahe null, indem er von allen Pläzen zusammengenommen jährlich nur zu
5–600 Ballen angeschlagen werden kann.
Das neue den Krapp verdrängende Product bietet der Speculation der Handelswelt bis
jezt nicht den geringsten Spielraum dar; es geht vom Producenten durch die einzige
Vermittelung des Commissionärs direct zum Consumenten über. Alle Versuche, diese Waare durch die Hände
der Kaufleute zu bringen, waren fruchtlos. Die Schwierigkeit, ihre Qualität zu
beurtheilen, die Befürchtung der Laune des Consumenten, die ihn ein Garancin als
gering verwerfen läßt, welches andere und oft er selbst schon als gut anerkannt
hatten, veranlaßt die Kaufleute, diesen Artikel nicht auf eigene Rechnung zu
halten.
Zu den Auflösungsmitteln verhält sich das Garancin wie folgt:
Kaltes destillirtes Wasser
Nach 24 Stunden wird es davon nur schwach gelblich gefaͤrbt.
Kochendes — —
Schwache roͤthlich gelbe Faͤrbung.
Kaltes kalkhaltiges Wasser
Nach 24 Stunden ist es weniger gefaͤrbt als kaltes destillirtes
Wasser.
Kochendes — —
Es faͤrbt sich etwas schwaͤcher als das kochende destillirte
Wasser.
Kaltes Kalkwasser
Nach 24 Stunden schwaͤchere Faͤrbung als kochendes
destillirtes Wasser und kochendes kalkhaltiges Wasser.
Mit Schwefelsaͤure angesaͤuertes Wasser
Nimmt nach einigen Stunden eine schwache gruͤnlichgelbe
Faͤrbung an.
Mit Salzsaͤure — —
deßgleichen etwas dunkler.
Kaltes destillirtes Wasser, mit Salpetersaͤure
angesaͤuert
deßgleichen, etwas dunklere Faͤrbung; das schwaͤrzlichgraue
Pulver wird braͤunlichroth und gleicht dann dem durch die Zeit
gebraͤunten Krapp.
— — — mit Essigsaͤure
angesaͤuert
Faͤrbt sich kaum gelb.
Essigsaͤure von 10° Baumé
Nimmt nach einigen Stunden eine schoͤne roͤthlichgelbe Farbe
an.
Aezammoniak
Faͤrbt sich sogleich roth; nach 24 Stunden ist die
Fluͤssigkeit so stark carmoisinroth gefaͤrbt, daß sie in Masse
nicht mehr durchsichtig ist.
Mit Ammoniak schwach alkalisch gemachtes Wasser
Nimmt sogleich eine schoͤne dem Bordeauxwein aͤhnliche rothe
Farbe an.
Aeznatron
Faͤrbt sich dunkelroͤthlichbraun.
Kohlensaure Natronloͤsung
Nimmt schnell eine roͤthliche helle Burgunderwein-Farbe
an.
Kaltes Alaunwasser
Wird beinahe augenbliklich chromroth gefaͤrbt.
Kochendes Alaunwasser
Nimmt augenbliklich eine noch dunklere rothe Farbe an und sezt beim
Erkalten blasser gefaͤrbte Floken ab.
Alkohol von 33 Proc.
Nimmt ziemlich schnell eine lichte roͤlhlichgelbe Farbe an.
Aetherhydrat (Weingeist)
deßgleichen.
Man färbt mit Garancin gerade so wie mit Krapp. Doch thut man besser, das Bad
sogleich auf 45° C. (36° Reaumur) zu erhizen, um es dann allmählig auf
75–80° C. (60–64° R.) zu steigern. Erst bei der
Siedehize tritt das Garancin seinen Farbstoff an den gebeizten Zeug ab. Das Wasser
des Bades nimmt keine Farbe an, selbst nicht nach dem Kochen.
Die Beizen sind dieselben wie bei der Krappfärberei.Zur Erzielung eines schoͤnen Scharlachroth, wozu sich das Garancin
besonders eignet, muß man jedoch den Mordant (die essigsaure Thonerde) mit
etwas Zinnsalz (salzsaurem Zinnoxydul) versezen; dadurch werden zugleich die
Eisenbeizen, wenn man solche mittelst der Walzendrukmaschine uͤber
das Roth drukt, reservirt. Man kann durch Vermehrung der Zinnsalzmenge das
Roth beliebig vom Ponceau bis zum lebhaften Hochorange
nuͤanciren.Mit folgendem Mordant erhaͤlt man ein feuriges und sattes Roth: man
erhizt 40 Maaß (80 Pfd.) Wasser zum Sieden, schuͤttet sie auf
12½ Pfd. Alaun und 10 Pfd. Bleizuker und gibt, wenn beide Substanzen
sich zersezt haben, 1½ Pfd. Salmiak hinzu. Von diesem Mordant werden
4 Maaß mit 1 Pfd. Stärke verdikt und der noch lauwarmen Farbe 8 Loth
Zinnsalz zugegeben. Der Zusaz von Salmiak macht die Farbe geschmeidiger und
haltbarer.E. D.
Manchmal wird dem Bade bei gewissen Artikeln, wobei kein Violett vorkommt, Sumach
(Schmak), ungefähr zu einem Drittheil des angewandten Garancins, zugesezt. Anderemal
wieder, z. B. für rothe Böden, kühkothet man die Stüke mit Zusaz von Quercitronrinde
vor dem Färben in Garancin, was dem Noth sehr viel Leben gibt, das Violett aber grau
macht.
Die Menge des zum Färben der Kattune erforderlichen Garancins ist je nach dem
gewünschten Ton der Farbe und der vom Dessin abhängigen Quantität Farbe verschieden.
Man braucht davon 0,50 bis 2,50 Kilogr., je nach dem Muster und dem Artikel zu einem
Stü von 70 Meter.
Wenn das Garancin neutral und das Wasser kalkhaltig ist, wie in der Normandie
gewöhnlich, so verbessert man dasselbe durch Versezen des Bades mit
Schwefel-, Essig- oder Oxalsäure. Man nimmt 1 Centiliter Schwefelsäure
von 4° auf 9 Liter Wasser, oder 15 Centigramme Oxalsäure per Liter Wasser. Wird Schmak angewandt, so braucht man
keine Säure.
Es gibt Garancin, das schlecht ausgewaschen und sauer ist, welchem man Kreide oder
kohlensaure Alkalien zusezen muß, um den zu großen und schädlichen Säuregehalt
abzustumpfen. So viel als möglich aber müssen Kreide und Alkalien vermieden
werden.
Der Hauptvortheil des Garancins besteht darin, daß es den weißen Boden nicht
bedeutend einfärbt und folglich das Ausbleichen der damit gefärbten Zeuge sehr
leicht ist. Muß der Boden der gefärbten Waare nicht ganz rein weiß seyn, so braucht
man sie nach dem Färben
nur hinlänglich zu walken und zu waschen; will man aber vollkommen reine Weißboden,
so passirt man die Stüke 15–20 Minuten im Kleienbad. Es gibt keine andere
Avivirung als mittelst heißen Wassers oder Kleie. In dieser Hinsicht hat also das
Garancin einen großen Vorzug vor dem Krapp, welcher die weißen Stellen ganz
einfärbt, so daß nach dem Färben mehr oder weniger oft wiederholte Seifenbäder und
Avivirbäder nöthig werden.
Die mittelst Garancin erhaltenen Nüancen sind in der Regel feuriger und lebhafter als
mittelst Krapp. Das Roth ist lebhaft, von Carminfarbe,
äußerst rein, während das daneben verglichene Krapproth immer etwas gelb oder fahl
und matt, hingegen satter ist. Das Püce (Flohbraun) und Granatroth vom Garancin ist
viel sammtartiger und satter als das vom Krapp. Das Violett fällt weniger zart und mehr grau aus, als mit Krapp. Alle mit
Garancin erzeugten Farben sind übrigens weniger dauerhaft und widerstehen den
Seifenbädern nicht, daher man auch sehr behutsam beim Aviviren derselben seyn muß.
Sie widerstehen auch weniger der Luft und Sonne.
Uebrigens gibt auch nicht jedes Garancin gleich satte und glänzende Farben. Manche
Sorte liefert ein schönes Roth, aber ein schlechtes Violett; manche wieder ein
prachtvolles Püce oder Violett, und dagegen ein braunes und mattes Roth.
Die Kattundrukereien der Normandie waren es, welche das Garancin zuerst einführten.
Die elsasser Fabrikanten sträubten sich lange gegen dasselbe; kaum sind es zwei
Jahre, daß sie den Gebrauch desselben den Rouenern nachahmten.
Hr. Leonhard Schwartz in Mülhausen liefert erst seit
kurzem ein aus den Rükständen des schon zum Färben benuzten Krapps bereitetes
Garancin. Diese sehr uneigentlich Garanceux benannte
Substanz ist viel weniger werth als gutes avignoner Garancin. 3½ bis 4 Theile
derselben ersezen nur einen Theil des leztern. Man kauft das Kilogr. davon um 2 Fr.
25 Cent.
B. Das Colorin, welches im
Handel vorkommt, ist nichts anderes als der Rükstand von der Destillation der
Tinctur, welche man bei Behandlung der schwefelsauren Kohle mit Weingeist erhält.
Dieser aus mit etwas Fettstoff verunreinigten Alizarin
bestehende Rükstand hat beim Herausnehmen aus der Destillirblase Extractform. Man
verdünnt ihn mit etwas Wasser und preßt ihn aus, um den Fettstoff möglichst davon zu
trennen, und pulvert ihn, wenn er troken ist. Es ist dieß das alkoholische Extract der schwefelsauren
Kohle von Robiquet und ColinMan vergl. polytechnisches Journal Bd. XXVII. S. 200., welches die
HHrn. Lagier und Thomas zu
Avignon im Jahr 1836 à 75 Fr. per Kilogr. in den Handel brachten.
Dieses Product ist ein sehr feines Pulver von okergelber Farbe, ohne besonders
hervortretenden Geruch und Geschmak; befeuchtet macht es auf den Fingern starke
gelbe Fleken, färbt aber kaum den Speichel. Es besizt alle chemischen Eigenschaften,
welche Robiquet und Colin dem
Alizarin zuschreiben.
Die von diesen Chemikern im Jahr 1827 ausgesprochene Vermuthung, daß sich das
Alizarin zu ächten Tafelfarben (Applicationsfarben) benuzen lassen dürfte, wurde im
Jahr 1837 zu Rouen von Hrn. Pariset, damals Chemiker in
der Fabrik der HHrn. Feer, Dolfuß und Comp. zu Dieppedalle, früher Schüler Chevreul's, und im Jahr 1838 von Hrn. Gastard,
Chemiker des Hrn. Stackler und des Hrn. Daniel Fauquet-Delarue,
Kattunfabrikanten zu Déville, realisirt. In Ammoniak aufgelöst und dann mit Gummi
verdikt, liefert das Colorin wirklich beim Aufdruken auf mit Thonerde gebeizte
Kattune mittelst Dämpfen derselben rothe und rosenrothe Farben, die den mit Krapp
gefärbten nicht nachstehen. Hr. Stackler nahm am 24. Nov.
1837 ein Erfindungspatent für 15 Jahre auf das Tafeldrukverfahren des Hrn. Gastard; allein der hohe Preis des Colorins der HHrn. Lagier und Thomas verhinderte
dessen Einführung in den Fabriken. Ebenso ging es mit dem Verfahren des Hrn. D. Fauquet, welcher im Großen ein noch intensiveres und
satteres Roth erzielte als Hr. Gastard. Ein anderer
Vorzug des Fauquet'schen Verfahrens war, daß er sein Roth
als Eindrukfarbe für Böden, die mit Campecheholz etc. schwarz gefärbt waren, benuzen
konnte und dieses Roth, um lebhaft und glänzend zu werden, der zahlreichen
Avivirungen nicht bedurfte, welche Hr. Gastard mit dem
seinigen vornahm. Hr. Fauquet fabricirte in England und
Schottland eine ziemliche Anzahl Kattune mit rothen und rosenrothen Tafelfarben,
konnte aber diese Fabrication wegen des überaus hohen Preises des Materials nicht in
Schwung bringen. Die Aufmunterungsgesellschaft zu Rouen erkannte, auf mein
Gutachten, den HHrn. Gastard und Fauquet Medaillen zu, weil sie zuerst eine wissenschaftliche Entdekung in
die Praxis einführten und die Richtigkeit der Ansichten der HHrn. Robiquet und Colin
unwiderlegbar darthaten.
Im Jahr 1840 verband ich mich mit Hrn. Grelley zur
völligen Lösung des Problems ächtes Tafelroth mittelst reinen Alizarins darzustellen, dessen
Wichtigkeit schon daraus hervorgeht, daß die Industriegesellschaft zu Mülhausen im
Jahr 1834 einen durch Subscription der bedeutendsten französischen
Kattunfabrikantenzusammen gekommenen Preis von 19,000 Fr. für die Entdekung eines
Krapptafelroth ausschrieb, wovon der Farbentopf (2
Liter) nicht mehr als 10 Fr. kosten würde. Dieser, auf das Jahr 1839 hinausgesezte
Preis wurde nicht erworben und deßhalb wieder eingezogen — ein Beweis, wie
schwierig diese Aufgabe war. Endlich gelang es uns doch, das Colorin zu einem Preis
darzustellen, welcher dessen Anwendung in Fabriken zur Bereitung ächter rother und
rosenrother Tafelfarben gestattete. Wir beschrieben unser Verfahren in zwei versiegelten
Paketen, welche wir im Archiv der französischen Akademie
der Wissenschaften unterm 21. Junius 1841 deponirten. Seitdem verbesserten wir noch
unser Extractionsverfahren. Unser Product ist so ächt als das beste Roth des
gewöhnlichen Färbeverfahrens, kann jede übliche Avivirung vertragen, und schon an
und für sich lebhafter, ist es auch leichter zu aviviren, als das gewöhnliche
Krapproth. In sehr kleiner Quantität angewandt, widersteht es den stärksten
Avivirungen, deren man sich zum Türkischroth bedient, für welche in der Regel ein
Ueberschuß von Farbstoff erheischt wird. Es läßt sich sehr leicht anwenden. Man
rührt es mit schwachem Aezammoniak an, läßt es darin anschwellen, verdikt es mit
Gummiwasser oder Gummipulver und drukt es dann auf den gebeizten Zeug auf. Da die
Operationen nach seinem Aufdruken nur im Dämpfen und nachherigen Auswaschen in
reinem Wasser bestehen, so kann man es in jedem Falle mit allen andern gewöhnlichen
Dampffarben aufdruken, vorausgesezt jedoch, daß man nicht zu aviviren beabsichtigt.
Die dem Aufdruken desselben vorausgehenden Vorbereitungen der Zeuge sind von der
Art, daß sie das Eindruken desselben in Schwarzböden oder andere unächt gefärbte
Böden gestatten. Man kann es auf dieselben Zeuge in verschiedenen Graden der Stärke
auftragen und so das blasseste Roth bis zum dunkelsten Roth erhalten.
Unser Colorin gestattet die Fabrication neuer Artikel, welche nach den gewöhnlichen
Methoden nicht so wohlfeil hergestellt werden können. Auch wendeten wir es
gemeinschaftlich mit Catechu an, wenn die Avivirung bloß in einem Seifenbade zu
bestehen hatte.
Die Anwendung dieses Products dürfte der Kattunfabrication eine neue Bahn
eröffnen.
5) Ueber die Verfälschung des Krapps und
ihre Ermittelung.
Wegen des hohen Preises des Krapps, vorzüglich aber bei der Leichtigkeit, womit ihm wegen
seiner Pulverform fremdartige pulverförmige Stoffe beigemengt werden können, die das
geübteste Auge nicht erkennt, ist er einer Menge Verfälschungen unterworfen.
Diese Verfälschungen sind zweierlei Art: bald vermengt man mit dem Krapppulver erdige
oder mineralische Substanzen, bald vegetabilische, deren Farbe jener dieser Wurzel
ähnlich ist, oder sie wenigstens nicht merklich verändert.
§. 1. Verfälschung des Krapps mit
mineralischen Substanzen.
Die mineralischen Substanzen, womit gemahlener Krapp verfälscht wird, sind:
gestoßene Ziegelsteine (Ziegelmehl),
rother und gelber Oker,
gelblicher Sand,
gelblicher Thon.
Krapp, welcher erdige Substanzen enthält, kracht zwischen den Zähnen.
Eine kleine Quantität solchen Krapps, etwa 25–30 Gramme, in einem großen
Glaskolben mit 5–6 Liter Wasser angerührt, sezt den größten Theil der in ihr
enthaltenen erdigen Substanzen bald auf den Boden des Gefäßes ab. Gießt man nach
etlichen Minuten die Flüssigkeit ab, in welcher das Krapppulver schwebt, und
schüttelt den Bodensaz mit frischem Wasser, um ihn von dem etwa darin
zurükgebliebenen Krapp zu befreien, so kann man eine hinreichende Menge erdiger
Substanz davon absondern, um eine Untersuchung derselben vorzunehmen.
Doch genügt dieses Verfahren nicht, um das Verhältniß in welchem diese Stoffe sich
darin befinden, quantitativ genau zu ermitteln. Am besten eignet sich hiezu die
gänzliche Einäscherung des Krapppulvers, welche man im Platintiegel vornimmt.
Man troknet ein Muster des zu prüfenden Krapppulvers bei + 100° C. (80°
R.) aus, bis es nichts mehr an Gewicht verliert, wägt dann 5 Gramme genau ab und
bringt diese in einen tarirten Platintiegel. Man verschließt lezteren und erhizt ihn
allmählich, indem man von Zeit zu Zeit die verkohlte Masse mittelst eines langen
reinen Eisenstäbchens umrührt, um die Einäscherung zu beschleunigen. In dem Maaße,
als dieselbe fortschreitet, verstärkt man das Feuer. Man erkennt sehr leicht, daß
alle Pflanzensubstanz verbrannt ist und die Asche keine Spur von Kohle mehr enthält,
wenn im Rükstand keine rothglühenden Theile mehr zu sehen sind und derselbe mit dem
Eisenstäbchen
umgerührt, keine leuchtenden Fünkchen mehr gibt. — Nachdem man von diesem
Stäbchen die anhängende Asche gehörig abgestoßen hat, wird der Tiegel
herausgenommen; man läßt ihn erkalten und wägt ihn. Zieht man die Tara ab, so ergibt
die Differenz das Gewicht der erhaltenen Asche.
Diese Asche besteht:
1) aus fixen mineralischen Substanzen, welche in der Wurzel schon während des
Wachsthums enthalten sind;
2) aus der chemischen Constitution der Wurzel fremden, erdigen Substanzen, welche ihr
entweder zufällig oder absichtlich beigemengt wurden.
Versuche, welche von Hrn. Labillardière und mir im Jahr
1828 im Großen angestellt wurden, ergaben, daß ganz reiner, von jeder fremdartigen
erdigen Substanz und seiner ganzen Epidermis befreiter und sorgfältig getrokneter
Krapp beim Einäschern 5 Proc. Asche liefert;
daß die Alizaris aus der Provence, mit ihrer Oberhaut versehen, im Mittel 8,80 Proc.
Asche geben.
Nach Hrn. Heinrich Schlumberger geben 100 Theile elsasser
Alizari, mit destillirtem Wasser ausgewaschen und bei 100° C. getroknet, 7,20
Asche;
während 100 Theile Alizari von Avignon, ebenso zubereitet, 8,766 geben.
Nach Hrn. Chevreul geben 100 Theile Alizari aus der
Levante, bei 100° C. getroknet, 9,80 Asche.
Wenn ein avignoner Krapp SFF (die gewöhnlich
gebräuchliche Sorte) beim Verbrennen mehr als 5 Proc. Asche gibt (die aus
zahlreichen Versuchen mit von mir präparirtem Krapp hervorgehende Mittelzahl), so
muß der Mehrbetrag der Gegenwart fremdartiger erdiger oder sandiger Substanzen in
Folge eines betrügerischen Zusazes oder einer schlechten Zubereitung des Pulvers
zugeschrieben werden. Beläuft sich dieser Mehrbetrag nur auf 3–4 Proc., so
rührt er wahrscheinlich von einer fehlerhaften Zubereitung des Krapps her, indem der
Fabrikant die stets mit Erde verunreinigte Epidermis, welche die Wurzel umgibt,
nicht sorgfältig genug durch das Mahlen absonderte. Ueberschreitet er aber 4 oder 5
Proc., so findet sicher Betrug Statt.
Die Krappsorten, wie sie der Kaufmann führt, liefern hinsichtlich ihres Aschegehalts
sehr verschiedene Resultate, wie aus Folgendem zu ersehen:
In 6 Versuchen gab mir Mullkrapp von Avignon 4 Proc.
Asche.
In
7
Verschen
gab
mir
der Krapp
SF
von Avignon
12,40–20
Proc.
Asche
—
18
—
—
—
—
SFF
—
7,40–23
—
—
—
4
—
—
—
—
SFFRP
—
12–16
—
—
—
3
—
—
—
—
SFFP
—
10–10,80
—
—
—
7
—
—
—
—
EXTF
—
10 proc.
Wenn man einen Krapp durch Einäscherung probirt, so muß man, da man 5 Gramme zur
Probe nimmt, das Gewicht der Asche mit 20 multipliciren, um die Procente zu
erhalten, und dann von der erhaltenen Zahl 7 Theile abziehen, welche das mittlere
Gewicht der Asche eines guten Krapps mit dem zu bewilligenden Zugeständniß
repräsentiren; was mehr ist, ist die Quantität zugesezter oder geflissentlich von
dem Fabrikanten in dem Pulver gelassener erdiger oder sandiger Bestandtheile. Wenn
also ein Krapp 16,40 Proc. Asche liefert, so enthält er 9,40 Procent fremdartige
Bestandtheile.
Nach der Einäscherung und der Gewichtsbestimmung der Asche muß man manchmal noch die
Zusammensezung der Asche untersuchen; man verfährt dabei wie bei der Analyse einer
Erde.
Die Gegenwart erdiger Substanzen im Krapp ist dem Consumenten sehr nachtheilig, nicht
nur weil diese fremdartigen Körper die Stelle eines Antheils Krapp einnehmen und
daher die Anwendung des geeigneten Quantums erschweren, sondern auch, weil sie oft
mehr oder weniger Farbstoff auf Kosten des zu färbenden Stoffes absorbiren, falls
sie nämlich aus Thonerde oder Eisenoxyd bestehen.
§. 2. Verfälschung des Krapps mit
Pflanzenstoffen.
Die mit dem Krapp gemengten Pflanzenstoffe sind Pulver von gar keinem oder doch viel
geringerm Werth als diese Wurzel.
Es dienten dazu bisher vorzüglich:
Sägespäne,
Mahagoniholz,
Mandelschalen,
Campecheholz,
Kleie,
Sandelholz,
sogenannte Fichtenrinde,
Sapanholz.
Die Verfälschung des Krapps mit diesen Substanzen ist dem Färber noch viel
nachtheiliger, als die mit mineralischen Substanzen; denn abgesehen davon, daß diese
fremdartigen Pulver ebenfalls die in einer gewissen Menge Krapp enthaltene Quantität
Farbstoffs vermindern, haben sie noch den großen Nachtheil, beim Färben zu schaden,
sowohl durch Absorption von Farbstoff, als indem sie der Lebhaftigkeit der erzielten
Farben Eintrag thun.
Leider aber sind die Methoden zur Entdekung dieser Art von Verfälschung weder so
scharf noch so einfach wie das Verfahren zur Entdekung der mineralischen Stoffe. Es
läßt sich sehr schwer darthun, mit welcher Pflanzensubstanz ein Krapp verfälscht
ist; man kann in den meisten Fällen nur erkennen, daß eine Verfälschung vorhanden
ist. Am Ende ist dieß aber auch der wichtigste Punkt, indem der Praktiker bloß den
Werth eines Krapps als Färbematerial zu kennen braucht.
Es wurden schon viele Methoden zur Ermittelung des Färbevermögens des Krapps und der
absoluten Menge des in ihm enthaltenen Farbstoffs angegeben; die meisten aber sind
wegen der dabei nöthigen Genauigkeit oder ihrer Schwierigkeit und Langwierigkeit
nicht wohl brauchbar. Ich will diejenigen, welche mir den Vorzug zu verdienen
scheinen und deren ich mich bei den mir oft vorkommenden Krappproben bediene,
angeben.
Eine dieser Verfahrungsarten besteht in der Bestimmung des Färbevermögens mittelst
des (im polyt. Journal Bd. XXVII S. 54 beschriebenen) Labillardière'schen Colorimeters (Farbenmessers).
Das zweite Verfahren ist die Bestimmung dieses Färbevermögens, so wie der
Dauerhaftigkeit und Lebhaftigkeit der Farben mittelst eines Färbeversuchs.
Das dritte endlich hat zum Zwek, die absolute Menge des Farbstoffs zu ermitteln.
Die verschiedenen Proben wurden von mir immer vergleichungsweise angestellt, indem
ein sorgfältig präparirter und mit denselben Zeichen versehener Krapp, wie
derjenige, um dessen Prüfung es sich handelte, als Typus genommen wurde. Wie bei den
Indigos und andern Farbwaaren genügt auch hier eine einzige Probirart nicht, und
gerade wegen der Schwierigkeit, den Werth oder die Qualität der Krappsorten zu
bestimmen, ist es, um sich nur mit einiger Gewißheit aussprechen zu können,
unerläßlich, eine Probe durch die andere zu controliren. Allerdings ist dieses
Verfahren langwieriger und mühsamer, doch führt es zu einem befriedigenden
Resultate.
1) Bestimmung des Färbevermögens mit dem Colorimeter.
— Man läßt den Normalkrapp und den zu untersuchenden bei 100° C.
austroknen und berechnet die respectiven Mengen des darin enthaltenen
hygrometrischen Wassers.
Hierauf nimmt man 25 Gramme von jedem Muster und rührt sie mit 250 Grammen Wassers
von 20° C. (16° R.) an; nach dreistündigem Stehen bringt man das Ganze
auf ein Tuch; macerirt zum zweitenmal mit eben so viel Wasser und eben so lang,
wäscht hierauf den Krapp mit 250 Grammen kalten Wassers aus und troknet bei 100° C., wägt
ihn alsdann, um die Menge der auflöslichen, zukerigen und schleimigen Theile zu
erfahren, welche der Krapp durch die vorausgehenden Waschungen verlor und die nur
eine unbedeutende Menge Farbstoff mit sich fortreißen.
Man nimmt nun 5 Gramme von jedem der beiden Krappe, bringt sie in kleine Glaskolben
mit 40 Theilen Wasser und 6 Theilen sehr reinem Alaun, läßt eine Viertelstunde lang
kochen, filtrirt die noch siedendheiße Flüssigkeit und wascht den Rükstand mit 2
Theilen heißen Wassers aus. Man macht noch zwei ähnliche Abkochungen und wascht den
Rükstand jedesmal mit 2 Theilen heißen Wassers aus, gießt die Flüssigkeiten zusammen
und vergleicht nun am Colorimeter die von den beiden Krappmustern erhaltenen
Flüssigkeiten unter Beobachtung aller in meiner „Abhandlung über die
Verfälschungen des Orleans“Polytechn. Journal Bd. LX S. 457. angegebenen
Maßregeln.
Dieses Verfahren wurde, einige Modificationen abgerechnet, zuerst von Robiquet und ColinPolytechn. Journal Bd. XXIV S. 275 und 530.
angegeben. Man hat ihm vorgeworfen, daß dabei der rothe Farbstoff des Krapps nicht
ganz ausgezogen wird; allein es handelt sich nicht um den absoluten Farbstoffgehalt,
sondern um das Färbevermögen des Krapps; nun wird aber, wie ich mich überzeugte,
durch drei Abkochungen mit Alaunwasser beinahe aller rothe Farbstoff aus dem Krapp
gezogen und das vorgeschriebene Verfahren ergibt sehr annähernd den relativen Werth
der vergleichsweise darnach probirten Krappmuster. Allerdings könnte dieser Versuch
mit dem Colorimeter für sich allein nicht genügen, um ein sicheres Urtheil zu
fällen; allein er liefert schäzbare Angaben, welche, in Verbindung mit jenen der
nachfolgenden Proben, sich mit Bestimmtheit auszusprechen erlauben.
2) Bestimmung des Färbevermögens durch Ausfärben. —
Bei diesem Verfahren muß man zur Vergleichung einen Krapp von vorzüglicher Güte
wählen, mit welchem man, unter Anwendung bestimmter Proportionen des Pulvers, des
Zeugs und Wassers, vorher gebeizten Kattun ausfärbte. Auf folgende Weise müssen die
zur Vergleichung dienenden Muster präparirt werden.
Man wählt mit Rothbeize und Schwarzbeize bedrukten und im Kuhkothbade gehörig
gereinigten Kattun, theilt ihn in Stüke von gleich großer Fläche, nämlich 5
Quadratcentimetern, und färbt sie mit progressiv zunehmenden Quantitäten Krapp von 1
Gramm angefangen bis 10 Grammen, so daß man eine Scale von zehn Nüancen erhält,
deren Abstufungen allemal ein bekanntes Gewicht Krapp repräsentiren. Das Färben
dieser Stükchen geschieht auf folgende Weise.
In einen großen kupfernen Kessel mit flachem Boden, auf welchen leztern man eine Lage
Heu legt, werden drei bis vier Glasgefäße mit weiter Mündung, von 1½ bis 2
Liter Rauminhalt, gestellt. Man füllt den Kessel mit Wasser an, erhizt es auf
40° C. (32° Reaumur) und bringt dann in jedes Gefäß das Stükchen
gebeizten Kattun, den sorgfältig abgewogenen Krapp und zulezt ¾ Liter auf
40° C. erhiztes destillirtes Wasser. Man befestigt einen Thermometer in dem
Wasserbad und erhizt dasselbe so langsam, daß das Wasser erst in 1½ Stunden
75° C. (60° Reaumur) erreicht, vorzüglich aber unter Vermeidung von
Temperaturwechsel. Nach Verlauf dieser Zeit erhizt man bis zum Sieden und unterhält
das Kochen ½ Stunde lang, nimmt dann die Zeugstükchen heraus, wascht sie in
kaltem Wasser aus und troknet sie.
Nun theilt man jeden ausgefärbten Flek in zwei Hälften, deren eine man, so wie sie
ist, aufhebt, die andere aber folgendermaßen avivirt. Man beginnt mit einem
Seifenbad von 50° C. (40° R.), aus 2½ Grammen weißer Seife per Liter Wasser bestehend. Nach ½stündigem
Belassen in diesem Bade wascht man den Flek in kaltem Wasser gut aus; hierauf gibt
man ein neues Seifenbad, dem man ½ Gramm Zinnsalz zusezt und welches man eine
halbe Stunde lang kochend erhält, worauf man den Flek wieder gut auswascht. Die
ausgewaschenen Fleke werden sorgfältig getroknet und vor dem Licht geschüzt
aufbewahrt.
Hat man auf diese Weise eine Reihe Nüancen in zwei verschiedenen Zuständen
dargestellt, d. h. eine Ausfärbung ohne und mit Avivirung, so ist der relative Werth
eines zu probirenden Krapps sehr leicht zu ermitteln. Man braucht nur 10 Gramme von
demselben, wie er aus dem Fasse kommt, abzuwiegen, mit 5 Quadrat-Centimetern
gehörig gebeiztem Kattun alle obigen Operationen vorzunehmen und die erhaltenen
Farben vor und nach dem Aviviren mit den zehn Nüancen des Muster-Krapps zu
vergleichen. Wenn nun z. B. diese Nüance der Nr. 5 des Muster-Krapps
gleichkommt, so ist daraus zu schließen, daß der zu prüfende Krapp dem
Normal- oder Musterkrapp um die Hälfte nachsteht, weil 10 : 5 = 100 :
× = 50.
Welche vegetabilischen Pulver betrügerischer Weise dem Krapp auch beigemengt wurden,
färbende oder indifferente, so können sie bei dieser Probe über den wahren Werth
desselben als Färbematerial niemals in Irrthum führen, weil die Farben, welche diese
Pulver liefern, indem sie die Beizen zu gleicher Zeit mit dem Farbstoff des Krapps sättigen, nicht
wie lezterer dem Aviviren zu widerstehen vermögen; sie lassen
nach, wie man zu sagen pflegt, sowohl in den Seifenbädern, als in den
Zinnsalzbädern und zulezt bleibt auf dem Zeuge nichts, als die vom Krapp herrührende
Farbe zurük. Die Avivirungen sind daher unentbehrlich, um die Dauerhaftigkeit und
Lebhaftigkeit der erhaltenen Farben zu prüfen.
Statt gedrukter Kattune kann man zu diesen Färbeversuchen auch geöhltes und gebeiztes
Baumwollgarn, wie man es zum Türkischrothfärben vorbereitet, anwenden. Man nimmt in
diesem Fall 10 Gramme schwere Strähne und färbt sie mit verschiedenen Gewichten, von
20 bis 30 Grammen guten Krapps aus, um so eine Scala von zehn verschiedenen Nüancen
zu erhalten. Im Uebrigen verfährt man ganz wie mit den gedrukten Kattunstükchen.
Der so eben beschriebenen Färbeprobe bediene ich mich seit dem Jahr 1831 und sie
wurde seitdem in allen Kattunfabriken in Rouen und Bolbec eingeführt, wo meine
Schüler sie verbreiteten. Sie weicht von der im Jahr 1835 von Heinrich Schlumberger zu Mülhausen mitgetheilten wenig ab.Polytechn. Journal Bd. LVII S. 457.
3) Bestimmung des Farbstoffgehalts. — Von allen
bisher zu diesem Zwek angegebenen Methoden ist die genaueste unstreitig jene, welche
Heinrich Schlumberger im Jahr 1838 beschriebPolytechn. Journal Bd. LXX S. 138. und H. Scheurer so glüklich abänderte.Polytechn. Journal Bd. LXX S. 139. Allein dieses
auf der Auflöslichkeit des rothen Farbstoffs in schwacher Essigsäure — eine
Eigenschaft desselben, welche im Jahr 1829 von einem ungenannten Chemiker entdekt
wurdePolytechn. Journal Bd. XXXIX S. 392. —
beruhende Verfahren ist leider zu subtil und erfordert zu viel Gewandtheit in
chemischen Manipulationen, als daß es allgemein benuzt werden könnte.
Folgenden Verfahrens bediene ich mich schon seit langer Zeit.
Man nimmt 50 Gramme Krapp und rührt daran 50 Gram. concentrirter Schwefelsäure, läßt
das Gemisch einige Stunden stehen, unter Vermeidung einer zu starken Erhizung,
zerrührt dann die erhaltene Kohle in Wasser und bringt Alles auf das Filter. Man
wascht die Kohle so lange aus, bis das Wasser ganz geschmaklos ablauft und troknet
sie bei 100° C. in Gay-Lussac's
Trokenapparat.
Diese Kohle zerreibt man nun zu einem feinen Pulver und läßt dasselbe 2 Stunden lang
und zu wiederholtenmalen mit kaltem Alkohol maceriren, dem man etwas Aether zugab,
um ihr eine darin zurükbleibende fette Substanz zu entziehen. Endlich kocht man das Pulver
in Alkohol von 36 Proc. dreimal aus, wozu man jedesmal ungefähr 250 Gramme Alkohol
nimmt. Wird dieser durch das Kochen über dem Pulver nicht mehr gefärbt, so vereinigt
man alle alkoholischen Flüssigkeiten, destillirt sie in einer kleinen Glasretorte
bis zur Syrupsconsistenz ab und dampft dann die Flüssigkeit in einer tarirten
Porzellanschale im Wasserbade vollends ab. Ist das Extract ganz troken, so wägt man
es. Dasselbe repräsentirt den Gehalt des Krapps an rothem Farbstoff.
Zwar ist dieses Verfahren etwas langwierig und gibt, besonders im Kleinen, den
Farbstoffgehalt des Krapps nicht genau an, denn es geht etwas davon verloren;
verfährt man aber vergleichend, so kann man auf eine hinlängliche Annäherung
zählen.
Dieß sind die verschiedenen Methoden zur Erkennung der Güte, Reinheit oder der
Verfälschungen des Krapps. In den meisten Fällen genügt schon die Einäscherung und
im strengern Fall gestattet die Einäscherung in Verbindung mit dem Färbeversuch dem
Praktiker ein sicheres Urtheil über den ihm angebotenen Krapp.
Berüksichtigt man die Genauigkeit und die Anzahl der Operationen, welche erforderlich
sind, um den relativen Werth der Krappsorten genau zu erfahren, so wird man
einsehen, daß die Prüfung des Krapps durch bloßes Ansehen, wie sie von den
Kaufleuten vorgenommen wird, keinen gehörigen Aufschluß geben kann, in den meisten
Fällen sogar zu falschen Schlüssen führen muß. Das Verfahren der Kaufleute besteht
darin, ungefähr 30 bis 40 Gramme jedes Krappmusters, eines neben dem andern, auf
einem Bogen Papier auszuschütten und kleine Haufen davon zu bilden, deren Oberfläche
man mit dem Rüken einer Elfenbeinspatel abplattet und glatt streicht. Man bringt sie
hierauf in den Keller oder an einen etwas feuchten Ort und läßt sie daselbst 12 bis
15 Stunden verweilen, nach deren Verlauf man nach der Lebhaftigkeit und der Nüance
des Pulvers seine Qualität beurtheilt.
Dieses Verfahren gibt aber, wie Hr. Schlumberger schon
zeigtePolytechn. Journal Bd. LXX S. 128., nicht einmal
annähernd das Färbevermögen des Krapps an, indem schon eine sehr kurze Berührung mit
der Luft hinreicht, um ihn dunkler zu machen und viele Umstände seine Farbe
verändern können, ohne daß deßwegen mit seinem Färbewerth eine Veränderung vorgeht.
Andererseits kann auch alter Krapp von matter Farbe besser als eine Sorte von
schöner, beliebter Farbe seyn. Das Probirverfahren der Kaufleute und Mäkler sezt den
Krappfabrikanten oft in
eine falsche Stellung, indem es ihn zwingt, die Farbe seiner Pulver zu beleben, um
sie verkäuflicher zu machen und zwar manchmal auf Kosten ihres Färbevermögens. Auch
erleichtert man dadurch der Betrügerei das Vermengen des Krapps mit fremdartigen
Substanzen, welche gehörig gefärbt und wohl gepulvert werden, um zur Erhöhung der
Farbe des Krapppulvers beizutragen; auch ist es, wie ich mich überzeugt habe,
unmöglich, diese Beimengungen durch die sogenannte Arbeit im
Keller zu entdeken.
Ich machte absichtlich Gemenge von Krapp, Mahagoni- und Sandelholzpulver in
gewissen Verhältnissen und sie wurden von Kaufleuten, welche sich in der
Beurtheilung des Krapps für sehr erfahren ausgaben, bloß durch die Arbeit im Keller
geprüft, für reinen Krapp erster Qualität erkannt!
Prüfung des Garancins. — Die Qualität des Garancins
wechselt, wie ich schon sagte, beständig, nicht nur in verschiedenen Fabriken,
sondern bei einem und demselben Hause von einer Lieferung zur andern. So sendet ein
Fabrikant eine Reihe von 15 bis 20 Fässern von vorzüglicher Güte und 14 Tage darauf
sendet derselbe Producent eine andere, welche 20 bis 25 Proc. weniger werth ist als
die frühere. Oft kommt sogar in einer und derselben Sendung gutes und schlechtes
Garancin vor; wirklich sollte man auch jedes Faß dieser Waare vergleichend
untersuchen. Es ist jezt ziemlich üblich, daß der Verkäufer dem Kattundruker das
gelieferte Garancin wieder abnimmt und ihn für die fehlerhaften Stüke entschädigt,
wenn die Qualität des Pulvers der versprochenen nicht entspricht.
Man probirt das Garancin durch Ausfärben im Großen und im Kleinen. Im leztern Fall
verfährt man dabei folgendermaßen:
Man nimmt die Muster aus den Fässern so wie sie ankommen und verstopft die Flaschen,
in welche man sie bringt, jedesmal sogleich, damit sie nicht austroknen, was,
vorzüglich im Sommer, wegen der Verdunstung des Wassers in wenigen Tagen eine
Verbesserung des Garancins um 5 bis 6 Proc. ausmachen könnte.
Man nimmt ein in Streifen mit den Beizen für Roth, Violett, Püce und Granatroth
(Schwarz ist unnüz, weil dieß jedes Garancin sehr gut liefert) bedruktes, dann wie
gewöhnlich gereinigtes und getroknetes Kattunstük, schneidet so viele Decimeter
davon herunter als Garancinsorten zu probiren sind und bezeichnet diese Zeugstükchen
durch eine der Nummer der Flaschen entsprechende Anzahl Einschnitte mit der
Schere.
Man wägt nun 1,90 oder 2 Gramme als gut bewährtes Garancin ab, welches zur Norm dient
und nimmt von den zu probirenden Garancinsorten 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 10 Procente
mehr oder weniger als
1,90 oder 2 Gramme, je nachdem sie 1, 2, 3, 4 etc. Proc. mehr oder weniger kosten
als das Normal-Garancin. Von den abgewogenen Mustern bringt man jedes in ein
Gefäß von ½ Liter Rauminhalt mit weiter Oeffnung, mit 2 bis 2½
Deciliter Wasser, dem per Liter 15 Centigramme Qxalsäure
zugesezt werden. Diesen Gefäßen gibt man den Garancin- und Zeugmustern
entsprechende Nummern. Man stellt sie ins Wasserbad in einen kupfernen Kessel mit
flachem Boden, bringt dann die bedrukten Kattunfleke hinein, färbt dieselben aus,
wie beim Probiren des Krapps, indem man das Feuer in der Art regulirt, daß das Bad
in 1½ Stunden auf 70° C. (56° R.) steigt und dann ½
Stunde kochend bleibt. Nach dem Ausfärben nimmt man die Zeugstükchen möglichst
schnell aus den Gefäßen, spült und panscht sie im Wasser aus, troknet sie, oder
bringt sie vorher noch 5 bis 6 Minuten lang in ein Kleienbad von 75° C.
(60° R.). Wenn sie troken sind, vergleicht man sie und kann auf diese Weise
so genau wie möglich den relativen Werth der Garancinsorten beurtheilen.
Durch Anwendung eines Kattuns, welcher in Streifen für Roth, Violett, Püce und
Granatroth bedrukt ist, kann man auf einmal sehen, ob die Garancinsorten gleich
vortheilhaft für alle diese Farben brauchbar sind, oder zu welchen Farben sie
vorzüglich taugen. Ich habe oben schon gesagt, daß dasselbe Garancin nicht immer
gleich gutes Roth, Püce und Violett liefert.