Titel: | Verfahren um den in den Bodensäzen der kalten Indigoküpen noch enthaltenen Indigo wieder zu gewinnen; von dem Färbereibesizer J. F. Krause in Drossen. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LIX., S. 223 |
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LIX.
Verfahren um den in den Bodensaͤzen der
kalten Indigokuͤpen noch enthaltenen Indigo wieder zu gewinnen; von dem
Faͤrbereibesizer J. F. Krause in Drossen.Wir beabsichtigten diese Abhandlung aus dem zu St. Petersburg in russischer
Sprache erscheinenden Journal fuͤr Manufacturen und Handel, Juniusheft
1843 S. 391, mitzutheilen, als sie uns durch das Berliner Gewerbe-,
Industrie- und Handelsblatt, 1843 Nr. 25 und 26 zukam, welches sie den
Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des
Gewerbfleißes in Preußen entnahm. Die Abbildung des von Hrn. Krause angewandten Apparats haben wir nach dem
russischen Journal beigefuͤgt.A. d. R.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Krause's Behandlung des Sazes der kalten Indigoküpen.
Man bringt den abgefärbten Bodensaz der kalten Indigoküpen in ein hohes Gefäß A, Fig. 45, füllt dasselbe
mit Wasser bis auf einige Zoll unter dem Rande voll und rührt den Inhalt gut unter
einander; hierauf
gibt man nach UmständenOb uͤberhaupt, und wie viel Kalk und Eisenvitriol zuzusezen ist, wird
jeder Faͤrber, welcher die kalte Kuͤpe zu fuͤhren
versteht, wissen. Es richtet sich in der Regel nach der Menge des zugesezten
Wassers. Sehr oft wird nicht bloß der Bodensaz einer Kuͤpe, sondern
der ganze Inhalt derselben weggeschuͤttet. Wenn dann damit das erste
Gefaͤß A ganz gefuͤllt wird, darf
weiter nichts zugethan werden. gelöschten Kalk und aufgelösten
Eisenvitriol hinein, und rührt dann das Gemisch gut und öfters auf, bis der Inhalt
wachsgelb aussieht. Dann deke man das Gefäß zu und lasse es ruhig stehen. Nach 12,
18 auch wohl 24 Stunden, je nachdem man mehr oder weniger Bodensaz genommenUm zwekmaͤßig zu operiren, muß nur so viel Bodensaz in das erste
Gefaͤß geschuͤttet werden, daß er sich nach dem
Aufruͤhren in 24 Stunden bis einige Zoll unter dem Hahn gut absezt.
So oft der Hahn geoͤffnet wird, muß jedesmal das erste in einem
kleinen Handgefaͤß aufgefangen werden, weil sonst der im Hahn etwa
befindliche Bodensaz das zweite Gefaͤß verunreinigen und das Absezen
verhindern wuͤrde., öffne man einen in der Mitte des
Gefäßes angebrachten Hahn B und lasse die gelbe,
weinklare Flüssigkeit in ein kleines, daneben stehendes Gefäß C, in welches man zuvor einige Pfund frischen und zu Milch gut klar
gelöschten Kalk gethan hat.Wie viel Kalk in das zweite Gefaͤß C
genommen werden muß, richtet sich nach dem Umfang der Gefaͤße und der
Menge des Bodensazes im Gefaͤße A. Wenn
dasselbe uͤberhaupt 1000 Berliner Quart faßt, so koͤnnen 450
Quart Bodensaz vorhanden seyn. Hierzu wuͤrden 5–6 Pfd. Kalk,
welcher frisch in Stuͤken gut geloͤscht und sehr klar
geruͤhrt seyn muß, hinreichend seyn. Sollte sich der Inhalt im
Gefaͤße C in 24 Stunden nicht gut
absezen, so muß mit etwas Kalk nachgeholfen werden. Man nimmt
dann den blauen Schaum (Blume), welcher während des Einfüllens auf dem zweiten
Gefäße C entstanden ist, ab und thut ihn in das erste
Gefäß A, welches nun wieder mit frischem Wasser gefüllt,
ebenso wie das erstemal behandelt, dann zugedekt und in Ruhe gelassen wird.
In der Zwischenzeit rühre man den Inhalt des zweiten Gefäßes einigemal gut auf: statt
der blauen Blume wird nun bald ein weißer Schaum entstehen, welchen man nach dem
Umrühren abnimmt und wegwirft. Die Flüssigkeit wird nun fast wasserklar. Man rühre
nun nicht mehr den ganzen Inhalt auf, sondern nur die Oberfläche desselben dann und
wann um, und nehme die sich darauf bildende Haut öfters ab, damit der obere Inhalt
des Gefäßes stets mit der freien Luft in Berührung bleibe. Zugedekt wird das Gefäß
C gar nicht.
Wenn nun am andern Morgen der Inhalt des zweiten Gefäßes C sich gut abgesezt hat, so öffne man einen Hahn D nahe am Boden desselben und lasse die nun fast wasserklare Flüssigkeit
durch die Rinne E in eine Grube F fließen. Ist nun hierdurch das Gefäß bis auf einen kleinen blauen
Bodensaz, welcher immer
darin bleibt, geleert, so öffne man den Hahn B des
Gefäßes A und fülle das Gefäß C wieder ganz voll. Nun wird eben so verfahren, wie das erstemal, nur daß
kein Kalk weiter hinzugethan wird.
Die in der Grube F befindliche Flüssigkeit wird
vermittelst einer Pumpe G in das erste Gefäß A befördert und dasselbe mit Wasser nachgefüllt, wieder
gut aufgerührt, zugedekt und bis zum andern Morgen ruhig stehen gelassen, dann das
Verfahren wie am vorigen Tage wiederholt, und so immer fort.
So wäre nun der Kreislauf eingerichtet; denn während der Zeit, in welcher sich im
Gefäße A der Indigo aus dem Bodensaz hebt, fällt er in
dem Gefäße C zu Boden. Es muß überhaupt so eingerichtet
werden, daß alle 24 Stunden die beiden vorgenannten Gefäße sich so abgeklärt haben,
daß sie abgelassen werden können. So mühsam auch das hier beschriebene Verfahren
erscheint, so ist es doch, wenn der Kreislauf erst gehörig eingerichtet ist, so
einfach, daß ein Arbeiter jeden Morgen nur 25–30 Minuten dabei beschäftigt
wird. Dieß wird nun so lange fortgesezt, bis der Indigo aus dem Bodensaze spurlos
verschwunden, welches daran zu erkennen ist, wenn sich bei dem Aufrühren des Gefäßes
A keine blauen Adern auf der Oberfläche mehr zeigen.
Dann wird der am Boden befindliche Zapfen gezogen, das Gefäß ganz geleert, der
Inhalt weggeschüttet und das Gefäß A wieder mit anderen
noch Indigo enthaltenden Bodensäzen, wie im Anfang beschrieben, gefüllt, und das
Verfahren fortgesezt.
Hat sich nun der Inhalt im Gefäß C gut abgesezt, so wird
das Klare durch den Hahn D abgelassen. Das was zwischen
dem Hahn und dem Boden zurükbleibt, wird in ein Gefäß H
gethan, und mit reinem Wasser zusammen gewaschen, worauf man es wieder ruhig sich
absezen läßt. Dann wird mit Vorsicht das Klare abgezapft und der Saz — der
wiedergewonnene Indigo — auf kalten Indigoküpen mit eben demselben Nuzen
verwendet, wie gewöhnlicher Indigo.Wenn gleich der nach vorgeschriebenem Verfahren gewonnene Indigo nicht das
Ansehen eines besten Indigos hat, so ruͤhrt dieß nur von dem
schwefel- und kohlensauren Kalk her, an den der Indigo mechanisch
gebunden ist. Seinem innern Werth nach ist er jeder Mittelsorte gleich.
Versuche welche mit dem feinsten ostindischen Indigo angestellt wurden,
indem 1 Pfd. desselben mit 6 Loth zu Mehl geloͤschtem Kalk auf nassem
Wege zerrieben und dann wieder zur festen Consistenz gebracht wurden,
beweisen, daß nun der ostindische Indigo nicht einmal das aͤußere
Ansehen hatte, wie die von mir eingesandten Proben, und doch an innerem
Gehalte nichts verlor.
Die von mir gefertigten und eingereichten Proben des wiedergewonnenen Indigo waren
nur deßhalb zur festen Consistenz gebracht worden, weil sie einmal in dieser Form
besser transportabel sind, andererseits besser beurtheilt werden können, und
überhaupt auch der
Beweis besser geführt wird, daß in den Bodensäzen der abgefärbten Küpen noch
wirtlicher und brauchbarer Indigo enthalten ist.
So kann denn durch das hier beschriebene Verfahren der Indigo, welcher in den
mehrgenannten Bodensäzen sonst weggeschüttet wird, erhalten werden; und leider mögen
in den Bodensäzen, welche in so großer Menge vorhanden sind, schon für Millionen
Thaler Indigo weggeschüttet worden seyn!
Die Größe der Gefäße richtet sich nach dem Umfange des Geschäfts, oder wie viel
überhaupt Bodensaz vorhanden ist. Vierzehn Tage, auch wohl mehr gehören dazu, bis
der Indigo aus dem Bodensaz ganz gewonnen ist, vorausgesezt, daß alle 24 Stunden der
Kreislauf gefördert wird.
Das Gefäß A von Kiefernholz ist etwas konisch, unten
weiter, steht frei, aber fest auf Unterlagern. Der Hahn in diesem Fasse ist in der
Mitte angebracht. Das Gefäß C ist von demselben Holze,
unten etwas enger, der Hahn aber 6 Zoll über dem Boden angebracht.
Die Grube F ist aus guten Ziegelsteinen mit Cement
gemauert, mit einer hölzernen Einfassung oben und mit starken Brettern belegt, und
muß mindestens so viel fassen, als das Gefäß C. Die
Pumpe ist in der Grube aufgestellt; durch dieselbe kann sowohl Wasser als Bodensaz,
wenn derselbe verdünnt wird, gleich vom Anfang in das Gefäß A gepumpt werden. Das dritte Gefäß von Kiefernholz H darf nur so groß seyn, daß es ungefähr den dritten Theil des zweiten
Gefäßes C faßt.Das koͤniglich preußische Ministerium hat bei Uebersendung des
Aufsazes des Hrn. Krause dem Verein zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes
folgendes daruͤber mitgetheilt:„Das von Hrn. Krause angegebene Verfahren
liegt so nahe, daß es keinem denkenden und gebildeten
Faͤrbereibesizer entgangen seyn kann; es ist genau dasselbe, welches
zur Gewinnung und Darstellung des Indigoblaues aus dem rohen Indigo bei der
kalten Kuͤpe in Anwendung kommt. Auch wird in den Kattunfabriken zu
Berlin der Saz der Indigokuͤpen mit einem geringen Zusaz von Kalk und
Eisenvitriol tüchtig ausgewaͤssert, welche Benuzungsarr mit dem
Verfahren des Hrn. Krause ganz
uͤbereinstimmt und sich nur darin unterscheidet, daß lezterer die
Bodensaͤze ganz methodisch bearbeitet und unbezweifelt
vollstaͤndiger benuzt, vielleicht gaͤnzlich erschoͤpft.
Da indeß Hr. Krause anscheinend das Verdienst
hat, der erste zu seyn, welcher die methodische Wiedergewinnung des Indigos
aus den Bodensaͤzen der kalten Kuͤpe angeregt hat, so ist
demselben, als ein Anerkenntniß dieser Verdienstlichkeit, eine
Praͤmie aus der Staatscasse unter der Bedingung bewilligt worden, daß
er in die Veroͤffentlichung seines Verfahrens durch die Verhandlungen
des Vereins einwillige.“.