Titel: | Ueber die Verfertigung des schattirten Emails; von Hrn. Emil Trélat, Director der Fabrik zu Rubelles bei Melun. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LXII., S. 235 |
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LXII.
Ueber die Verfertigung des schattirten Emails;
von Hrn. Emil Trélat,
Director der Fabrik zu Rubelles bei Melun.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Oktbr.
1843, S. 469.
Trélat, über die Verfertigung des schattirten Emails.
Das schattirte Email (émail
ombrant) ist nur eine Modification der Erfindung des Hrn. v. Bourgoing, der sogenannten Lithophanie. Ich muß nun vor Allem klar zeigen, worin lezterer
Industriezweig, dessen Anwendungen übrigens nicht die geringste Aehnlichkeit haben
mit jener des schattirten Emails, eigentlich besteht.
Man denke sich eine Platte von einer durchsichtigen Masse, z. B. Porzellan, deren
eine Seite flach, die andere aber ungleich, mit Erhöhungen und Vertiefungen versehen
ist; hält man diese Platte zwischen das Auge und das Licht, so werden offenbar die
vertieften Stellen, weil sie dünn sind, das Licht reichlich hindurchlassen, die
erhöhten hingegen, weil sie dik sind, dunkel erscheinen. Im Ganzen hat man eine
Zusammenstellung von Lichtern und Schatten, deren Abstufungen und Contraste durch
die mehr oder weniger große Verschiedenheit der Erhöhung und Vertiefung nach
Belieben vermehrt werden können. Auch ist man vollkommen im Stande, diese Schatten
und Lichter bei allen Arten von Zeichnungen nach den Gesezen der Kunst anzuordnen.
Man erhält auf diese Weise herrliche Lichteffecte und die zartesten Abstufungen. Es
versteht sich auch, daß die schönsten Zeichnungen, wenn das Modell einmal vorhanden
ist, sich nach Belieben vervielfältigen lassen; so werden die porzellanenen
Lichtschirme fabricirt, welche seit einigen Jahren so häufig in den französischen
Handel kamen, ferner die lithophanischen Scheiben, deren sich die Deutschen so
häufig zur Verzierung der Fenster bedienen und welche bei ihnen einen so
gedeihlichen Industriezweig bilden. Es ist hier der Ort nicht zu erwähnen, warum ein
Gegenstand der Liebhaberei und des Geschmaks vielmehr als von wirklichem Nuzen, bei
den deutschen Nachbarn so viel Glük macht, während er auf dem Boden seiner Erfindung
(Frankreich) keinen Erfolg hatte.
Die Lithophanie war sonach die Anwendung einer sehr einfachen Idee und bot noch dazu
den Vortheil, unmittelbar praktisch zu werden. Nicht so das schattirte Email, dessen
Beziehung zur Lithophanie wir nun untersuchen wollen.
Denken wir uns eine Platte aus irgend einer Substanz, jedoch weiß und ebenfalls mit
Erhöhungen und Vertiefungen versehen; legen wir dieselbe horizontal hin und schütten
eine gefärbte Flüssigkeit, z. B. Tinte oder geröthetes Wasser darauf. Nehmen wir ferner
an, die zur Ruhe gekommene Flüssigkeit bedeke die hervorragendsten Stellen noch in
der Dike einer Karte. Was geschieht? Wir erhalten ebenfalls Schatten und Lichter,
allein hier werden die Schatten durch die Vertiefungen und die Lichter durch die
Erhöhungen erzeugt, weil den Vertiefungen die diken Schichten der gefärbten
Flüssigkeit entsprechen, während die Erhöhungen nur von einer dünnen Schicht
derselben bedekt werden. Obwohl wir also hier zum Ziele gelangen, wie bei der
Lithophanie, scheint das Verfahren doch das entgegengesezte derselben zu seyn. Dem
ist aber nicht so; denn wenn man statt der weißen Platte, welche man die Basis nennt, die auf ihr ruhende Flüssigkeitsschicht
betrachtet, deren obere Seite flach und die untere mit jenen der Basis ganz entgegengesezten Erhöhungen und Vertiefungen
versehen ist, so wird man einsehen, daß eben diese Basis
die Rolle des Lichtraums spielt und die Flüssigkeitschicht also ganz an die Stelle
der lithophanischen Platte tritt, indem die Schatten und Lichter auf dieselbe Weise
erzeugt werden. Theoretisch ist daher die Lithophanie dasselbe, was das schattirte Email; dieß alles aber verhält sich anders in
der Anwendung.
Die zwekmäßigste Anwendung des schattirten Emails schien die zu seyn, die Basis von gebranntem Thon zu machen und die gefärbte
Flüssigkeit durch gefärbtes durchsichtiges Email zu ersezen, also das gewöhnliche
Fayence mit dieser Verzierung zu überdeken. Es war eine glükliche Idee, auf diese
Weise schöne Zeichnungen und reiche Malereien auf einer Substanz von sonst so
geringem Werth anzubringen, welche dadurch neuen Anwendungen entgegensieht. Dieselbe
kann nun in dieser Gestalt zur Bekleidung der Mauern an feuchten Orten dienen, wo
der Anstrich, die Tünche und selbst das Getäfel, namentlich außerhalb, so wenig
dauerhaft sind. Das schattirte Email ist so zart und von so guter Wirkung, daß wenn
die Fabrication dieses Products Ausdehnung gewänne, obige Anwendung ihr sicherlich
einen sehr guten Erfolg verschaffen würde. Betrachtet man die vielen weitern
Anwendungen, z. B. für Stubenösen, welche jezt selbst in elegant gehaltenen Localen
nicht selten mit einer garstigen, vielfach gesprungenen Glasur versehen sind, zu
verschiedenen Möbels, inneren Thürenverzierungen, zu Vuchstaben für Schilder, so
haben wir einen Industriezweig für den Luxus, welcher — ein seltener Fall
— Wohlfeilheit mit Eleganz verbindet.
Hr. Dutremblay ist's, welcher sich der Ausübung dieses
Industriezweigs mit großer Beharrlichkeit widmet.
Mit folgenden Schwierigkeiten hat man jedoch bei demselben noch zu kämpfen.
Zerbricht man eine schattirte Emailplatte, so ist die Dike des Emails auffallend,
ungefähr vier-bis fünfmal größer, als die des gewöhnlichen Fayence.
Dieß ist die Ursache beinahe aller Schwierigkeiten.
Napfförmige Tröpfchen (gouttes de
gondolement). — Wenn das Email auf den Tafeln während des Brennens
in Fluß ist, sucht es in die tiefsten Stellen hinabzudringen, so daß es in den napfförmigen Vertiefungen noch Schatten bildet, auf
welche im Modell nicht angetragen war. Dieser erste Uebelstand macht eine
außerordentliche Sorgfalt beim Troknen der Tafeln nothwendig, damit sie nicht
schwinden. Beim gewöhnlichen Fayence tritt dieser Uebelstand nicht ein, erstens weil
hier die Emailhaut (Glasur) so dünn ist, daß sie mit dem Biscuit fest zusammenhängt,
und dann weil, wenn sich zufällig doch ein solches Tröpfchen bilden sollte, man es
nicht wahrnehmen würde, indem die Glasur farblos ist.
Zerklüftung (tressaillure).
— Bekanntlich ist das Glas und sind überhaupt die Silicate bei geringer Dike
sehr elastische Körper; auch weiß man, daß der von seinem Wasser nicht ganz befreite
Thon unter dem Einfluß von Temperaturveränderungen noch Formveränderungen erleiden
(arbeiten) kann. Aus diesem Grunde können sehr dünne Emailschichten (Glasuren)
zulassen, daß das Biscuit bloß unvollkommen gebrannt wurde, ohne daß Zerklüftung eintritt, während das schattirte Email nur auf Tafeln oder Gegenständen anwendbar ist, welchen
ihre Feuchtigkeit völlig entzogen wurde, indem es nicht elastisch genug ist, damit
der unvollkommen gebrannte Thon ohne üble Folgen sich zusammenziehen kann. Es muß
daher das Biscuit stärker gebrannt werden, als in jedem andern Fall. Allein dann
laͤuft man Gefahr, daß die Gegenstände sich stark röthen, denn man ist in den
Brennöfen bei der größten Vorsicht niemals einer beständigen Reductionsflamme
versichert; das im Thon stets enthaltene Eisenoxydul ist dann, längere Zeit einer
größern Hize ausgesezt, desto mehr der höheren Oxydation unterworfen. Zwar sucht man
in allen Fabriken die Wirkung der Flamme durch hermetisches Verkitten der Kapseln zu
verhindern und glaubt, daß sich das Eisenoxydul so nicht vollständig oxydiren könne.
Dem ist aber nicht so, der Kitt kann sehr wenig helfen; ich behaupte sogar, daß er
schadet. Mag nun das Brennen bloß zum Zwek haben, alle Feuchtigkeit aus der Erde
auszutreiben, oder die Molecüle des Thons durch eine anfangende Verglasung zu
vereinigen, so ist es gewiß (wir haben uns davon überzeugt), daß die Wirkung des
Feuers bei nicht geschlossenen Gefäßen sicherer und schneller vor sich geht und sich
dadurch die Dauer der schädlichen Einflüsse Vermindert. Es ist dieß so wahr, daß ein
Stük vollkommen und
ohne Zerklüftung gebrannt werden kann, wenn es einem einfachen freien Glasurfeuer
ausgesezt wird, während es oft nicht ausgebrannt und zerklüftet ist, wenn man es in
verschlossenen Gefäßen (Kapseln) dem Biscuitfeuer aussezte, dessen Temperatur viel
höher ist. Die Verkittung macht demnach ein längeres Brennen und stärkere Hize
nöthig, ohne die Einwirkung der Flamme zu verhindern; denn der innere Druk der
Kapseln nimmt beständig zu, während jener des Brennofens sich gleich bleibt, und es
tritt ein Augenblik ein, wo er nachgeben und die bis dahin zweklos darin
zurükgehaltene Feuchtigkeit austreten lassen muß. Von da an erst treten die Umstände
ein, welche stattgefunden hätten, wenn in freiem Feuer gebrannt worden wäre; nur
wurde Brennmaterial und Hize zum Sprengen des Verschlusses der Kapseln unnüz
verbraucht. Nicht hierin also muß das Mittel, die vollständige Oxydation des Eisens
zu verhüten, gesucht werden. Ein schon versuchtes und nach der Theorie zwekmäßig
scheinendes Mittel besteht im Entwikeln reducirender Gase in dem Thon selbst oder in
seiner Umgebung in den Kapseln; organische Substanzen würden sich dazu am besten
eignen. Wir sezen in dieses Mittel das größte Vertrauen, doch können die nur im
Kleinen von uns angestellten Versuche hierüber nicht entscheidend seyn.
Horizontale Lage während des Brennens. — Die
erwähnten unabsichtlich erzeugten Schatten können auch durch den Mangel der
horizontalen Lage während des Brennens erzeugt werden; diesem kann nicht anders als
durch die Sorgfalt und Uebung der Arbeiter vorgebeugt werden.
Oft ist an einem Tröpfchen weder die Näpfchenbildung, noch die geneigte Lage während
des Schmelzens des Emails Schuld. Während des Emaillirens befindet sich zwischen den
Molecülen der Emailcomposition Luft, manchmal auch Wasser, falls die Stüke vor dem
Einbringen in den Ofen nicht recht troken waren. Wenn sich nun das Email erhizt, so
schmilzt die obere Haut zuerst und umhüllt alle Luft und das Wasser. Bald wird die
obere Schmelzung stark genug, daß einige Theilchen dieser Haut durch die untern
Schichten sikern und auf diese Weise unregelmäßig verticale Absonderungen bilden, so
daß Gas einschließende Zellen entstehen. Mit der Temperatur nehmen auch der Druk und
das Volum dieser Flüssigkeiten fortwährend zu; es bilden sich sodann die Kügelchen
und dringen mehr oder weniger schnell an die Oberfläche. Natürlich können manche
Kügelchen bis zur vollständigen Brennung widerstehen, in welchem Falle ihre
Ausdehnung das Email rings herum zurükfließen macht und manchmal das Biscuit beinahe
ganz bloß im Mittelpunkt der Kügelchen zurükläßt; so entstehen ebenfalls noch
zufällige Schatten.
Capillarität. — Wenn die Erhöhungen des Biscuits
Vertiefungen von geringer Breite zwischen sich bilden, stellt sich während des
Brennens das Niveau des Emails sehr schwer her, woran die Capillarität Schuld ist,
welche den schmelzenden Körper an die höchsten Stellen der Zeichnung hinaufzutreiben
strebt. Die Abhülfe dieses Uebelstandes muß mehr mittelst der Modelle als durch die
Operationsweise geschehen.
Reduction der färbenden Oxyde im Brennofen. — Da
die Schichten des schattirten Emails diker sind als bei anderem Fayence, so ist eine
größere Hize zum Brennen für sie erforderlich, wenn sie auch nicht härter werden
sollen. Steigert man aber die Temperatur, so ist, da man sich einer stets oxydirend
wirkenden Flamme nicht versichert halten kann, ein guter Erfolg sehr ungewiß, weil
die Dauer der nachtheiligen Einflüsse auf die Stüke verlängert wird. Es gibt hier
andere Abhülfmittel, welche als verlässig bezeichnet werden können, weil sie mit
entschiedenem Erfolge im Großen versucht wurden. Ich brauche nicht zu wiederholen
daß, wie beim Brennen der Erde, der Kitt zur Verhinderung des Einflusses der Flamme
nuzlos ist. Der Grund davon wurde schon angegeben. Der innere Druk der Kapseln
nämlich bringt am Ende die Gegenstände immer wieder in Berührung mit den Gasen,
welche zur Verbrennung dienten. Es muß also eine unveränderliche Scheidewand
zwischen dem Email und dem Innern des Ofens hergestellt werden; hiezu reicht es hin
zu bewirken, daß die innere Spannung nicht zunehmen kann, sondern ihre Variationen
im Gegentheil gleichen Gang haben mit dem Druk des Rauches. Zu diesem Zwek benuzte
man einen von Außen kommenden Luftstrom, welcher die Gegenstände während des
Brennens beständig umhüllt. Dieser Luftstrom gewährt noch einen zweiten Nuzen: er
unterhält nämlich die färbenden Metalle auf der gehörigen Oxydationsstufe und
verhindert die so nachtheiligen Reductionen. Auf diese Weise gelang es, gefärbte
Emails mit gutem Erfolge zu brennen. Diese Einführung von Luft ist übrigens sehr
einfach, und daß sie früher nicht angewandt wurde, hat seinen Grund darin, daß die
Fayencefabrikanten bei nicht sehr hoher Temperatur brennen; überdieß lernte man
durch lange Praxis einige Pläze im Ofen kennen, die am wenigsten heiß sind und am
wenigsten Reductionsflamme erhalten. Hier sezt man die Farben ein; es entstehen aber
hiebei viele Verluste und Täuschungen durch den mehr oder weniger reducirenden
Einfluß des Holzes und der Kohle.
Somit sind wenigstens einige der bei der Fabrication des schattirten Emails
vorkommenden Schwierigkeiten beseitigt.