Titel: | Ueber den Druk des Dampfes in dem Cylinder der Dampfmaschinen und über einige andere die Theorie dieser Maschine betreffende Punkte; von de Pambour. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LXV., S. 251 |
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LXV.
Ueber den Druk des Dampfes in dem Cylinder der
Dampfmaschinen und uͤber einige andere die Theorie dieser Maschine betreffende
Punkte; von de
Pambour.
Aus den Comptes rendus. Okt. 1843, Bd. XVII. S.
971.
de Pambour, über den Druk des Dampfes etc.
Die der Akademie neuerdings vorgelegten Untersuchungen (von A. Morin) scheinen zu folgenden Resultaten zu führen: 1) daß bei
Dampfmaschinen mit den gebräuchlichen Dampfwegen und Geschwindigkeiten, der
Dampfdruk in dem Cylinder nur um eine sehr geringe Größe von dem Dampfdruk im
Dampfkessel verschieden ist; 2) daß der Nuzeffect der Dampfmaschinen sich mit aller
erforderlichen Genauigkeit messen läßt, indem man denselben nach dem Dampfdruk im
Kessel berechnet und dann das Resultat in einem Verhältnisse reducirt, welches durch
einen constanten Coefficienten bestimmt wird. Da diese Folgerungen der Ansicht
widerstreiten, welche ich öfters vor der Akademie entwikelt habe, so mache ich es
mir nun zur Aufgabe, dieselben näher zu beleuchten.
1) Was den Dampfdruk im Cylinder betrifft, so weiß man, daß bei jeder Maschine, wenn
ein gleichförmiger Bewegungszustand eingetreten ist, zwischen Kraft und Widerstand
Gleichgewicht statt findet. Bei einer Dampfmaschine findet daher zwischen dem
Dampfdruk in dem Cylinder, welcher die Kraft vorstellt, und der den Widerstand
bildenden Belastung des Kolbens Gleichgewicht statt, oder um mich allgemeiner
auszudrüken, die Quantitäten der durch den Dampf in dem Cylinder und der durch die
Kolbenbelastung entwikelten Arbeit sind einander gleich. Für eine gegebene Belastung
ist daher der Dampfdruk im Cylinder a priori bestimmt.
Auf der andern Seite hängt der Dampfdruk in dem Dampfkessel von mehreren Umständen
ab, nämlich von dem Gewichte des Sicherheitsventils, von dem Querschnitt der
Dampfwege, der durch den Maschinisten mit Hülfe des Drosselventils bestimmt wird,
von der in einer Minute erzeugten Dampfmenge, die vom Heizer abhängt, und endlich
von dem Druk in dem Cylinder, der von der Größe der Belastung abhängt. Hieraus geht
hervor, daß der Dampfdruk in dem Cylinder unter gewissen Umständen demjenigen im
Dampfkessel ungefähr gleich, und unter andern Umständen von demselben sehr
verschieden seyn kann. Der erste Fall bietet sich insbesondere dar, wenn die
Belastung der Maschine sehr stark, d. h. dem Gewichte des Sicherheitsventils beinahe
gleich ist, und der zweite, wenn im Gegentheil die Belastung sehr schwach ist.
Die in der fraglichen Abhandlung angekündigten Resultate stellen, wie es scheint, die
erstere dieser beiden Propositionen auf, daß nämlich die beiden Spannungen
möglicherweise nur um eine sehr geringe Größe von einander verschieden seyn können.
Um die Richtigkeit der zweiten nachzuweisen, habe ich verschiedene Beispiele
aufgeführt, welche theils meinen eigenen Erfahrungen, theils denjenigen anderer
Personen entnommen sind. Um aber in Beziehung auf diesen Gegenstand der Akademie
eine Thatsache in Erinnerung zu bringen, entnehme ich dem II. Bd. S. 59 der Transactions des Londoner
Instituts der Civil-Ingenieure, 1838 folgende Tabelle. Diese Tabelle wurde
von Hrn. Henwood, Secretär der geologischen Gesellschaft
zu Cornwallis und Controleur der Vergbauversuche, entworfen; die lezte Colonne
derselben habe ich selbst hinzugefügt. Sämmtliche in Rede stehende Maschinen
arbeiten im normalen Zustande und gehören zu den vollkommensten, welche man
kennt.
Textabbildung Bd. 091, S. 253
Bezeichnung der Waschinen.;
Durchmesser des Cylinders in zollen.; Durchmesser des
Dampf-Admissionsdentils in Zollen.; Belastung des Kolbens.; Absoluter
Druk in dem Dempfkessel.; Absoluter Maximumdruk in dem cylinder maͤhrend
der Oeffnung der Dampfwege vor der Expansion.; In Pfunden auf den Quadratzoll.;
Verhaͤltniß beider Dampfdruke.; Maschine zu Huel-Towom; —
zu Binner-Downs; Dieselbe Maschine; Andere Maschinen zu
Binner-Downs; Maschine zu East Grinnis; Dieselbe Maschine; Maschine zu
Huel-Vor; Andere Maschinen
Man ersieht aus dieser Tabelle, daß bei diesen Maschinen, welche alle von gleicher
Gattung sind, d. h. die mit Hochdruk, Expansion und Condensation arbeiten, die
erwähnten beiden Spannungen nicht nur nicht gleich sind, sondern daß auch ihr
Verhältniß zwischen 0,35 und der mehr als doppelt so großen Zahl 0,80 in allen
Abstufungen wechselt. Man bemerkt sogar daß bei einer und derselben Maschine dieses
Verhältniß zweimal sich geändert hat. Es ist endlich einleuchtend daß, da die
Spannung in dem Cylinder durch die Belastung des Kolbens fixirt ist, dieselbe
Veränderung des Verhältnisses zwischen dem Dampfdruk des Cylinders und demjenigen
des Dampfkessels sich bei allen Maschinen darbieten muß, deren Last je nach dem
veränderlichen Arbeitsbedarf sich ändert. Dieser Fall findet z. B. bei den zur
Wässerung der Städte angewendeten Maschinen statt, welche je nach dem Bedarf oder
der Jahreszeit eine größere Anzahl Pumpen in Gang sezen, ferner bei Locomotiven, bei
stationären Dampfmaschinen, welche die Trains auf Eisenbahnen herbeiziehen und deren
Belastung von der Quantität der zu transportirenden Objecte abhängt, deßgleichen bei
Dampfbooten u. s. w.
Es ist wahr, daß bei diesen Maschinen, so oft die Last sich ändert, der Maschinist
nicht versäumt, die Oeffnung des Drosselventils zu verändern, daß also die
Bedingung, welche sich der Verfasser gestellt hat, daß nämlich die Dampfcanäle
vollkommen geöffnet seyen, nicht erfüllt ist. Es ist auch wahr, daß bei den in
obiger Tabelle erwähnten Maschinen der Flächeninhalt der Ventile viel kleiner ist,
als die Gränze welche sich der Verfasser gestekt hat, nämlich 1/25 des
Cylinderquerschnitts. Allein sich Gränzen zu steken hieße die Frage nicht allgemein
behandeln. Es ist erwiesen, daß es Maschinen gibt mit Ventilen, deren Flächeninhalt
1/100 und andere mit Ventilen, deren Flächeninhalt 1/10 des Cylinderquerschnitts
beträgt; es ist ferner gewiß, daß es Maschinen gibt, deren Drosselventil je nach der
Widerstandslast seine Stellung fortwährend ändert; endlich sieht man Maschinen,
deren Geschwindigkeiten viel größer als die von dem Verfasser angegebenen sind. Es
hieße daher sich in die Unmöglichkeit versezen, die Effecte in einer Menge von
Fällen zu berechnen, wenn man sich in dieser Hinsicht innerhalb gewisser Gränzen
einschränken wollte.
Die von dem Verfasser des fraglichen Artikels angekündigten Resultate zeigen also,
daß die beiden erwähnten Spannungen beinahe gleich, und
die von mir hinzugefügten Resultate zeigen, daß sie sehr
ungleich seyn können. Sobald einmal ein solcher Erfolg stattfinden kann,
ist es nothwendig, darauf Rüksicht zu nehmen. Und dieses thut die von mir
aufgestellte Theorie, indem sie nichts voraussezt, weder hinsichtlich der Gleichheit
oder des Unterschiedes beider Spannungen, noch hinsichtlich der Größe der Dampfwege
und der Gränze der Geschwindigkeiten, während die von gewissen Einschränkungen
begleitete Gleichheit zwischen den beiden Spannungen nur ein einzelner Fall ist.
2) Die angekündigten Resultate haben ferner zum Zwek, die Thatsache zu constatiren,
daß bei Dampfmaschinen der Nuzeffect mit aller erforderlichen Genauigkeit bestimmt
werden kann, indem man denselben nach der Dampfspannung im Dampfkessel berechnet und
alsdann dem Resultate einen Coefficienten beifügt, welcher für eine und dieselbe
Maschinengattung constant ist, bei verschiedenen Gattungen aber sich von 0,60 bis
0,25 ändert. Betrachtet man die Rechnung mit Coefficienten als eine
Näherungsmethode, welche dazu bestimmt ist, die Kraft einer Maschine anzugeben, über
die man keine wichtigen oder entscheidenden Berechnungen aufzustellen hat —
und in dieser Absicht wurde diese Methode ursprünglich von ihrem Erfinder
aufgestellt — so glaube ich, daß sie dem beabsichtigten Zwek entsprechen
kann. Ich glaube aber auch, daß man sich täuschen und überdieß die Absicht dessen,
von welchem diese Methode herrührt, überschreiten würde, wenn man dieselbe als eine
genaue Methode betrachten wollte. Denn ich habe oben gezeigt, daß das Verhältniß
zwischen dem Druk im Cylinder, welcher die wirkliche Triebkraft ist, und dem Druk im
Dampfkessel sich ändern kann, und zwar nicht allein bei Maschinen eines und
desselben Systems, sondern auch bei einer und derselben Maschine; die Anwendung
eines constanten Verhältnisses könnte also in solchen Fällen nicht genau seyn.
3) Es gibt endlich noch einen andern allerdings secundären Punkt, über den ich noch
einige Bemerkungen beifügen möchte. Bei der Aufnahme der von dem Bleistifte des
Indicators während der Expansion des Dampfes gezogenen Curven hat es sich gezeigt,
daß die durch die Ordinaten dieser Curven bezeichneten Spannungen sich mehr dem Mariotte'schen Geseze als der Watt'schen Regel, welche ich annehmen zu dürfen glaubte, näherten. Ich
will dieses näher erläutern.
Es existiren sehr wenige Versuche über die Quantität der latenten Wärme, welche der
Dampf im Moment seiner Bildung in Gegenwart der Flüssigkeit enthält, d. h. während
des Maximums seiner Dichtigkeit und unter verschiedenen Spannungen. In dieser
Hinsicht hat man zwei Geseze vorgeschlagen, ohne sie jedoch definitiv aufzustellen.
Das erste ist dasjenige des Watt, welcher die Totalmenge
der in dem Dampfe enthaltenen Wärme, nämlich die Summe seiner latenten Wärme plus seiner Temperatur oder wahrnehmbaren Wärme, als eine constante
Quantität bezeichnet. Ist dieses Gesez genau, so folgt daß, wenn der Dampf unter
Hochdruk erzeugt wird, seine Temperatur sehr groß und seine latente Wärme sehr
gering ist; wenn aber dieser Dampf nach seiner Entstehung und Trennung von der
Flüssigkeit sich ausdehnt, ohne durch den Einfluß fremder Körper Wärme zu empfangen
oder zu verlieren, so sinkt seine Temperatur, weil ein
Theil der Wärme latent wird; und da der Dampf vorher für seine Temperatur im Maximum
seiner Dichtigkeit sich befand, so wird er es auch nachher noch bleiben,
vorausgesezt daß die Totalwärme die er enthält, hinreicht, um ihn unter allen Graden
der Spannung, mithin auch eben so gut unter seiner neuen Spannung als unter der
früheren auf dem Maximum der Dichtigkeit bestehen zu lassen.
Ein anderes Gesez wurde von Southern aufgestellt. Nach
diesem Geseze ist die in dem Dampfe enthaltene latente
Wärme constant. Wenn daher der von der Flüssigkeit getrennte Dampf ohne Einwirkung
fremder Körper sich ausdehnt, so wird seine Temperatur ungeachtet seiner Ausdehnung
dieselbe bleiben, weil von seiner freien Wärme kein Theil latent wird.
Von diesen zwei Gesezen habe ich dem Watt'schen den Vorzug
gegeben, weil dasselbe von der Voraussezung ausgeht, daß der Dampf bei seiner
Ausdehnung Wärme absorbirt oder einen Theil seiner Temperatur verliert, was auch bei
andern Gasarten der Fall ist, während die Southern'sche
Regel annimmt, daß der Dampf ungeachtet seiner Ausdehnung keine Wärme absorbirt, was
wir doch bei andern Naturkörpern nicht wahrnehmen. Ueberdieß hat sich die Watt'sche Regel bis auf einen gewissen Punkt durch die
Versuche des Hrn. Sharpe zu Manchester, so wie durch die
Versuche der HHrn. Clement und Desormes bestätigt gefunden, während sich in Betreff der Southern'schen Regel bis jezt noch keine bestätigende
Thatsache gezeigt hat.
Man kann endlich die Resultate der Ausdehnung des Dampfes nach einem dritten Geseze,
nämlich dem Mariotte'schen berechnen. Da aber dieses
Gesez die Temperatur des Dampfes ungeachtet seiner Ausdehnung a priori als constant annimmt, so hat man
dasselbe auf Wirkungen des Dampfes immer nur annäherungsweise als anwendbar
betrachtet, und man würde ohne Zweifel dieselbe Betrachtungsweise auch auf die Southern'sche Regel ausgedehnt haben, wäre man auf den
Umstand aufmerksam geworden, daß sie von derselben Voraussezung ausgeht. Beide
Geseze sind in der That nur dadurch von einander verschieden, daß das Southern'sche annimmt, die Temperatur ändere sich nicht,
das Mariotte'sche aber, dieselbe sinke am Anfange, und nachher
stelle sie sich durch Berührung mit den benachbarten wärmeren Körpern wieder
her.
Ich meinestheils habe also das Watt'sche Gesez angenommen,
wonach der Dampf bei seiner Ausdehnung seine Temperatur sinken läßt, und sein
Maximum der Dichtigkeit beibehält, während er keine fremde Einwirkung erfährt. Aber
es gibt noch einen andern Umstand, auf den man Rüksicht nehmen muß, nämlich das im
Zustande der Suspension und im flüssigen Zustande in dem Dampfe enthaltene Wasser.
Man weiß, daß das im Dampfe suspendirte Wasser sehr beträchtlich ist; man hat
dasselbe öfters zu ¼ selbst zu ⅓ des wirklich verdampften Wassers
gefunden. Wenn der in den Cylinder einer Dampfmaschine strömende Dampf sich
ausbreitet, so sinkt seine Temperatur, worauf das in ihm enthaltene liquide Wasser
sogleich verdampft; die Quantität dieser Verdampfung hängt von der
Temperaturveränderung des Dampfes ab. Wenn z. B. der Dampf unter einem Druk von 4
Atmosphären oder bei 145° C. Temperatur in dem Cylinder ankommt, und er sich
bis zu einem Druk von 1 Atmosphäre, der einer Temperatur von 100° C.
entspricht, ausbreitet, so wird auch die Temperatur des in ihm enthaltenen Wassers
bis auf 100° herabsinken; dasselbe wird also 45° Wärme frei lassen.
Nimmt man aber näherungsweise an, die durch den Dampf bei seiner Bildung absorbirte
Wärme betrage 500°, so sieht man, daß jede Erniedrigung der Temperatur des
liquiden Wassers um 1 Grad 1/500 seines Volumens verdampfen wird, folglich werden
die oben angenommenen 45° ungefähr 1/10 verdampfen. Beläuft sich also das in
dem Dampfe suspendirte Wasser auf ¼ des wirklich verdampften Wassers, so wird
die nachherige Verdampfung den Dampf um 1/40 seines ursprünglichen Volumens
vermehren, der Dampfdruk wird im entsprechenden Verhältnisse zunehmen und denjenigen
Druk, welchen das Watt'sche Gesez ohne den erwähnten
Umstand bezeichnet hätte, ungefähr um 1/40 übersteigen. Hiezu kommt noch der
Umstand, daß der Cylinder der Expansionsmaschinen öfters durch einen aus dem
Dampfkessel herbeigeleiteten Dampfstrom erwärmt wird, daß ferner die Ventile beinahe
unvermeidlich aus dem Dampfkessel in den Cylinder eine geringe Quantität Dampf
entweichen lassen, welche sich nach Maaßgabe der größeren Expansion vermehrt. Man
wird nun begreifen, daß der Dampfdruk während seiner Expansion den durch das Mariotte'sche Gesez bezeichneten Spannungen nicht nur
gleich kommen, sondern dieselben auch übersteigen kann, ohne daß indessen das Watt'sche Gesez aufgehört hätte genau zu seyn.
Die in der erwähnten Abhandlung angekündigten Resultate stimmen demnach nur deßwegen
mit dem Mariotte'schen Geseze überein, weil man die Resultate
dieses Gesezes während der ganzen Expansion nach einem und demselben Volumen
verdampften Wassers berechnet hat, während in Betracht des im Zustande der
Suspension befindlichen liquiden Wassers das Volumen des verdampften Wassers in der
Wirklichkeit sich nach Maaßgabe der Expansion verändert hat.
Endlich ist das, was wir bis jezt sowohl über die Wärme des Dampfes, als auch über
sein Volumen bei verschiedenen Spannungen wissen, zu ungewiß, als daß man in dieser
Hinsicht entscheidende Folgerungen ziehen könnte. Man muß deßhalb das Resultat der
Versuche eines Mitgliedes der Akademie abwarten, dem man schon so wichtige Resultate
über die Ausdehnung der Gase verdankt.