Titel: | Ueber die Anfertigung von Mosaiksteinen zu Fußböden, nach Prosser und Blashfield; von Hrn. F. O. Ward. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LXXVI., S. 287 |
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LXXVI.
Ueber die Anfertigung von Mosaiksteinen zu
Fußboͤden, nach Prosser und Blashfield; von Hrn. F. O. Ward.
(Auszug aus den Verhandlungen des Vereins fuͤr
Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1843, Seite
171.)
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Ward, über die Anfertigung von Mosaiksteinen zu
Fußböden.
Das Material der besten und kostbarsten alten Fußböden in Rom, wie sie sich z. B. in
den Bädern des Caracalla noch vorfinden, besteht aus farbigen Marmorstüken, die in
Bezug auf Härte und Dauerhaftigkeit bedeutend von einander verschieden sind. Die
minder kostbaren alten Fußböden, deren Ueberreste noch hier und da zerstreut in
England, Frankreich und andern Theilen Europa's, so wie an der Nordküste von Afrika
gefunden werden, sind dagegen gewöhnlich aus solchen farbigen Steinstüken
zusammengesezt, wie sie gerade in der Gegend vorkommen, mit alleiniger Ausnahme der
rothen, fast durchgängig aus gebranntem Thon gefertigten Mosaikwürfelchen, weßhalb
auch die einzelnen Stüke eine verschiedene Härte zeigen. Bei dem römischen Getäfel
macht sich zunächst die Verschiedenheit in der Form und Größe der einzelnen Steine und in Folge
dessen die Unregelmäßigkeit ihrer Verbindung, besonders in den kleineren Theilen der
Muster, auf eine unangenehme Weise bemerklich. Oft haben die Cementfugen, welche in
guten Täfelungen kaum sichtbar seyn sollten, eine solche Breite, daß sie wenigstens
ein Viertheil der ganzen Oberfläche ausmachen. Wie sehr dieses durch das ganze
Dessin laufende Nezwerk von Cementfugen, welches jeder Farbe einen schmuzigbraunen
Ton beimischt, die Reinheit der Muster vermindern und den Contrast und Glanz der
einzelnen Farbenpartien beeinträchtigen muß, bedarf keiner weitern
Auseinandersezung. Geht man von diesen Bemerkungen über die Materialien der
römischen Fußböden zu deren Darstellungsweise selbst über, so ergibt sich sehr bald,
daß diese sehr kostbar und dabei doch mangelhaft war.
Vitruv sagt im ersten Capitel des siebenten Buchs seiner
Architektur, nachdem er das Fundament zu diesen Fußböden beschrieben hat, daß auf
die oberste Cementlage das Getäfel gelegt und dabei Sorge getragen werden müsse, die
Oberfläche eben und horizontal zu erhalten; daß ferner alle Unebenheiten und
Vorsprünge durch Abschleifen und Poliren weggeschafft, und endlich eine Lage Cement
über das ganze Getäfel gebracht und wieder abgeschabt würde (um dadurch, wie es
scheint, alle Cementfugen zu füllen und die ganze Oberfläche möglichst eben zu
machen). Es dürfte kaum nöthig seyn, auf den außerordentlichen Aufwand an Zeit und
Mühe, den das Sezen eines jeden einzelnen Mosaiksteins in Cement und das wiederholte
Abwägen des Getäfels nach dem jedesmaligen Hinlegen einiger wenigen Steine
verursacht haben muß, aufmerksam zu machen. Namentlich muß in den meisten Fällen das
darauf folgende Abschleifen und Poliren der Fläche, besonders wenn dazu Steine von
harter und quarziger Beschaffenheit verwendet wurden, der mühsamste und
zeitraubendste Theil der ganzen Arbeit gewesen seyn. Alle diese Schwierigkeiten
werden durch die Anwendung des im Folgenden beschriebenen neuen Materials und der
gewählten Anfertigungsmethode dieser figurirten Fußböden glüklich und vollständig
beseitigt.
Der Hauptunterschied zwischen dem neuen von Prosser und
Blashfield erfundenen und dem seit undenklichen
Zeiten von den Töpfern angewendeten Verfahren besteht darin, daß der Thon, oder
überhaupt das erdige Material, nicht, wie bisher, im feuchten bildsamen Zustande,
sondern als ein äußerst fein zertheiltes troknes Mehl in die gewünschte Form
gebracht wird. Dieses Formen wird nach der neuen Methode durch ein Zusammenpressen
des troknen Thonmehls in entsprechenden Formen mittelst mechanischer Vorrichtungen
bewerkstelligt, in
Folge dessen die einzelnen Thonpartikelchen an einander haften und eine dichte Masse
bilden, welche dann später auf gewöhnliche Weise durch Brennen ihre Härte und
Dauerhaftigkeit erhält.Eine Notiz uͤber Prosser's ceramische
Pflastersteine etc. und die Anwendung seines Princips zur Verfertigung von
Kleiderknoͤpfen wurde im polyt. Journal Bd. LXXXIX S.
160 mitgetheilt.A. d. R. Das bis jezt angewendete
Verfahren ist in der Kürze wie folgt:
Das erdige Material, welches entweder in der gewünschten Qualität unmittelbar durch
Ausgraben gewonnen, oder, je nach der besondern Anwendung, noch einen Zusaz von
andern zwekdienlichen Erdarten erhält, wird durch mechanische Vorrichtungen, unter
Zuführung von Wasser, zu einer halbflüssigen Masse von der Consistenz der Sahne
verarbeitet, demnächst durch Siebe geschlagen, um alle gröberen Beimengungen zu
entfernen, und endlich in Behälter gebracht, in denen sich die erdigen Theile
ablagern. Nachdem das obenauf stehende Wasser abgelassen ist, wird der weiche
schlammartige Bodensaz, nach gehöriger Durcharbeitung, so weit abgedampft, bis
derselbe die zur Darstellung der verschiedenen Artikel erforderliche Consistenz hat.
Die aus dieser feuchten bildsamen Masse gefertigten Gegenstände müssen, um alle
Feuchtigkeit aus denselben zu entfernen, zwar langsam, aber scharf getroknet werden.
Da aber hierdurch das Fabrikat stets schwindet und einzelne Partien desselben diesem
Schwinden mehr oder weniger unterworfen sind, ohne daß dieß vorher mit Sicherheit
bestimmt werden kann, so hat die fertige Waare immer eine andere als die ihr
ursprünglich gegebene Form und Größe. Diesen Uebelstand kann man nur durch ein
möglichst langsames Troknen der Waare einigermaßen vermindern; aber es gab bis jezt
kein Mittel, ihn vollständig zu beseitigen. Gegenstände von einiger Bedeutung, auf
deren genaue Größe und Form es wesentlich ankommt, müssen daher halbtroken nochmals
überarbeitet werden, so daß die eigentliche Formung nur als eine vorbereitende
Operation zu betrachten ist. Das unregelmäßige Schwinden kann dagegen bei der Prosser'schen Methode gar nicht vorkommen, weil das
Material in Mehlform und vollkommen troken ist, ehe es durch Pressung die verlangte
Gestalt erhält.
Diese Methode hat, so einfach sie auch in der Idee ist, dessen ungeachtet eine Reihe
von sorgsamen Versuchen erfordert, um sie praktisch ausführbar zu machen. Der Thon,
dessen Bildsamkeit im feuchten Zustande schon im Alterthume sprüchwörtlich war, ist
dagegen als troknes Mehl ein höchst unbildsames Material, und statt der formenden
Hand des Töpfers sind nunmehr genau wirkende und kräftige mechanische Vorrichtungen
erforderlich, um die widerstrebenden Thonpartikelchen einander dauernd zu nähern und zu einem
räumlichen Gebilde zu vereinigen. Hierbei wird nun folgendermaßen verfahren: die in
gewöhnlicher Art präparirte Thonmasse wird im feuchten Zustande in Ballen geformt,
welche getroknet, demnächst grob zerkleinert und auf einer zwekdienlich construirten
Mühle gemahlen werden. Das gewonnene Gut wird sorgfältig gesiebt, damit dasselbe ein
aus lauter gleich großen Thonpartikelchen bestehendes Mehl bildet, und kann dann
unmittelbar verarbeitet, nämlich gepreßt werden. Die Vorrichtung zum Pressen kleiner
Gegenstände aus diesem Mehl besteht im allgemeinen aus einer gewöhnlichen
Schraubenpresse, welche in Fig. 24 in der
Seitenansicht abgebildet ist. Da diese Presse allgemein bekannt und ihre
Construction aus der Zeichnung deutlich zu ersehen ist, so bedürfen nur die für den
vorliegenden speciellen Zwek erforderlichen Vorrichtungen, welche in Fig. 25 und 26 im größern
Maaßstabe besonders gezeichnet sind, einer kurzen Beschreibung. Diese bestehen
zunächst aus einer nach der Form des zu pressenden Artikels gearbeiteten glatten
stählernen Form a, welche mit der Grundplatte der Presse
durch Schrauben senkrecht unterhalb der Spindel b so
verbunden ist, daß der an der Schraubenspindel befestigte Stempel c genau hineinpaßt. Der Boden d der Form ist beweglich und kann durch den Hebel e mittelst der Stange f beinahe aus der Form
a gehoben werden. Eine kleine, horizontal liegende,
hölzerne Tafel g ist um die Form a angebracht, um einen Vorrath des zu pressenden Thonmehls h aufzunehmen.
Das Pressen selbst ist höchst einfach. Der Arbeiter hebt nämlich zuerst, indem er den
Schraubenschwengel k mit der rechten Hand von sich
stößt, den Stempel c ganz aus der Form a (wie in Fig. 24), schiebt dann
mit der linken Hand mittelst eines löffelartigen Instrumentes das seitwärts der Form
auf der Tafel g aufgehäufte Thonmehl h lose in die Form, streicht die überflüssige Masse l, welche zur Seite liegen bleibt, ab und gibt dann die
Pressung. Diese darf nicht stoßweise, sondern nur nach und nach mit verstärkter
Kraft erfolgen, damit die eingeschlossene Luft entweichen kann, und wird so lange
fortgesezt, bis das eingefüllte Mehl bis auf etwa ein Drittheil seines Volumens
zusammengepreßt ist, wie Fig. 25 zeigt. Nächstdem
dreht der Arbeiter den Stempel c wieder aufwärts und
hebt, indem er seinen Fuß auf den Hebel e sezt, das
fertige Stük m ganz aus der Form, wie in Fig. 26 zu sehen ist.
Die aus diesem Thonmehl gepreßten Formtäfelchen werden dann, um Asche, Flamme und
Rauch abzuhalten, in Kapseln geschichtet, auf gewöhnliche Weise bis zur
Halbverglasung gebrannt und sind nächstdem, wenn sie unglasirt bleiben sollen, zum
Gebrauche fertig.
Gewöhnlich wird aber schon gleich beim ersten Brennen die Glasur aufgesezt, oder
auch in manchen Fällen die Masse so zusammengesezt, daß sie äußerlich in der Hize
verglaset und daher einer besondern Glasur nicht bedarf.
Durch Anwendung dieser neuen Fabricationsmethode wird nicht allein ein vollkommneres,
sondern auch ein wohlfeileres Fabricat erzielt. Alle Artikel, welche nämlich aus
derselben gefärbten Masse und in derselben Form gepreßt sind, haben nothwendig
dieselbe Größe, Farbe und denselben Härtegrad; sie sind vor dem Brennen durch und
durch troken, schwinden also nicht, und können unmittelbar nach dem Pressen in die
Kapseln gesezt werden, so daß jeder Beschmuzung derselben vorgebeugt wird. Der
Zeitverlust, den das langsame Troknen der Waare vor dem Brennen bei der bis jezt
üblichen Methode verursacht, so wie der dabei nothwendig entstehende Verlust durch
Bruch, wird beseitigt, und die dazu erforderlichen ausgedehnten Trokenräume werden
überflüssig. Ferner erlaubt diese Methode eine weit vortheilhaftere Mischung der
Erdarten, als nach dem gewöhnlichen Verfahren zulässig ist, wo man nur darauf sehen
muß, daß die Mischung gehörig plastisch bleibe.
Die durch Metalloxyde gefärbte Masse, aus welcher Minton
und Comp. die Mosaiksteine bilden, ist ziemlich dieselbe, welche Wedgwood zu dem Jaspisgut anwendete, und besteht aus
Thon-, Kiesel- und Baryterde. Die Steine sind daher durch und durch
gleichmäßig gefärbt, sehr hart und saugen nur im geringen Maaße Wasser ein. Beim
Zusammensezen der Masse und namentlich beim Brennen muß darauf gesehen werden, daß
die Waare nur in Halbfluß kommt, weil, wenn diese Gränze überschritten wird, das
daraus gefertigte Getäfel zum Gehen zu glatt seyn würde. Sollen dagegen die
Täfelchen zum Bekleiden der Wände dienen, so kann entweder die Verglasung weiter
getrieben oder auch eine besondere Glasur aufgesezt werden, wodurch allerdings der
Glanz der Farben ungemein erhöht wird. Große Pflasterziegel von quadratischer,
sechsekiger oder irgend einer andern beliebigen Form können auf dieselbe Weise durch
Anwendung von entsprechend gearbeiteten Formen gefertigt werden, nur reicht dann die
vorhin beschriebene Schraubenpresse nicht mehr aus, sondern man bedient sich dazu
einer Bramah'schen Presse.
Was die Verbindung der einzelnen Steine betrifft, so werden ezt, anstatt die zu
täfelnde Fläche vorher mit einer Cementlage zu überziehen und dann Stein für Stein
mühsam hineinzusezen und abzulothen, wie es Vitruv
vorschreibt, die einzelnen farbigen Steine, wie es das Muster erfordert, vorher auf
einer Tafel von Thonschiefer, Stein oder Holz mit dem Kopfende nach unten
zusammengesezt, wodurch sich eine ebene Oberfläche ohne Mühe von selbst herstellt.
Sobald ein angemessener Theil des Musters auf diese Weise gebildet ist, wird die
Rükseite mit feinem, in die Fugen der Steine eindringendem Roman-Cement
übergossen und dann eine Lage von gebrannten Dachziegeln in den noch flüssigen
Cement gedrükt. Der größern Festigkeit wegen können noch drei bis vier dergleichen
Ziegellagen in Cement aufgebracht werden. Auch kann man sich statt des
Roman-Cements, der aber unter allen Umständen vorzuziehen ist, des Gypsstuks
oder des Asphalts bedienen. Nachdem der Cement erhärtet ist, wird die figurirte
Tafel von dem Zurichtetische abgenommen und auf das in gewöhnlicher Art zugerichtete
Fundament gelegt. Diese Methode bietet zugleich das Angenehme, daß Kunstliebhaber
beliebige Muster mit leichter Mühe selbst zusammensezen können und nur das Hinlegen
der fertigen Platten dem Arbeiter verbleibt.
In der Versammlung der Civilingenieure zu London, am 25. April und 2. Mai d. I.,
legte Hr. Farey mehrere Exemplare von Ziegeln u. s. w.
vor, welche in der Prosser'schen Fabrik, in Birmingham,
nach der im Vorhergehenden beschriebenen Methode gefertigt waren. Ein aus
gewöhnlicher Ziegelerde von Staffordshire gepreßter scharfkantiger Ziegelstein von
den üblichen Dimensionen, einer reinen rothen Farbe und gleichartiger Textur, wog
6¾ Pfd. und sein specifisches Gewicht betrug 2,5. Derselbe war nicht
verglaset, sondern nur schwach gebrannt, und seine Dichtheit war eine Folge der
starken Pressung, die beiläufig 250 Tonnen oder 5000 Cntr. betragen haben soll. Nach
den Angaben von Blashfield hatte ein kleiner
sechsseitiger Ziegel von 3¼ Zoll Durchmesser und ⅜ Z. Stärke einem
Druke von 30 Tonnen oder 65,138 Pfd. preuß. widerstanden, ohne daß die Kanten
zerdrükt oder abgebrökelt waren. Dieß gibt auf jeden preuß. Quadratzoll eine Last
von 7556 Pfd. Ein anderer Stein von gleicher Form und Größe, aber 2⅛ Zoll
dik, trug eine Last von 35 Tonnen oder 75,994 Pfd. preuß., also auf jeden preuß.
Quadratzoll 8816 Pfd. Ein 9zolliger Klinker (stock
brick) widerstand mit Sicherheit einem Druke von 90 Tonnen, oder 195,413 Pfd.
preuß. Dieß gibt auf den preußischen Quadratzoll 5417 Pfd.Nach den Mittheilungen des Hrn. Fabriken-Commissionsrathes Brix, welcher im Laufe dieses Jahres eine Reihe
von Versuchen uͤber die ruͤkwirkende Festigkeit verschiedener
Steinarten anstellte, betrug nach einem Mittel aus zwei Versuchen mit der
festesten Sorte von joachimsthaler Klinkern die Belastung, bei der sich
feine Risse bemerkbar machten, auf den Quadratzoll 4058 Pfd.,
waͤhrend ein Gewicht von 6473 Pfd. auf den Quadratzoll den Stein
gaͤnzlich zerstoͤrte.
Die größten Platten, welche bis jezt auf die angegebene Weise gefertigt wurden, waren
34″ lang, 8″ breit und ½″ stark.