Titel: Ueber die Elementarzusammensezung der verschiedenen Holzarten und den jährlichen Ertrag einer Hektare Waldung; von Chevandier.
Fundstelle: Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XCVII., S. 372
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XCVII. Ueber die Elementarzusammensezung der verschiedenen Holzarten und den jaͤhrlichen Ertrag einer Hektare Waldung; von Chevandier. Aus den Comptes rendus. Jan. 1844, Nr. 4. Ueber die Elementarzusammensezung der verschiedenen Holzarten und den jährlichen Ertrag der Wälder. Die Abhandlung, welche ich der Akademie vorlege, läßt sich in folgenden Schlußsäzen zusammenfassen: 1) das mittlere jährliche Product von zwei Wäldern hochstämmiger Buchen im bunten Sandstein (der Vogesen) beträgt ungefähr 9 Steren (2 7/8 Klafter bayer.) Holz für die Hektare (1174 Quadratfuß bayer., 40,000 Quadratfuß = 1 bayer. Tagwerk). 2) das mittlere Gewicht des trokenen Holzes von der Hektare dieser Waldungen beträgt 230,000 Kilogr. jährlich (410,714 Pfd. bayer., 1000 Kil. = 1785,7 bayer. Pfd.); 3) der in dem auf einer Hektare erzeugten Holz enthaltene Kohlenstoff beträgt jährlich 1,800 Kilogr.; 4) der in dem auf einer Hektare erzeugten Holz enthaltene freieWelcher nach Abzug desjenigen Wasserstoffs uͤbrig bleibt, der hinreichend ist, um mit dem vorhandenen Sauerstoff Wasser zu bilden. Wasserstoff beträgt im Jahre 26 Kilogr.; 5) der in dem auf einer Hektare erzeugten Holz enthaltene Stikstoff beträgt im Jahr 34 Kilogr.; 6) die in dem auf einer Hektare erzeugten Holz enthaltene Asche beträgt jährlich 50 Kilogr.; 7) ein unter diesen Umständen fortwachsender Wald würde in neun Jahren das auf ihm ruhende Luftprisma aller seiner Kohlensäure berauben. Folgendes sind die hauptsächlichen Data, welche zur Beurtheilung, wie diese Resultate erhalten wurden, nöthig sind. Betrachtet man das Studium des Forstwesens von diesem analytischen Gesichtspunkte aus, so muß man für jede Holzart vorerst das Gewicht des trokenen Stere und seine Elementar-Zusammensezung kennen. Hierauf folgen: die Bestimmung des wirklichen Products, d. h. des jährlichen mittlern Ergebnisses einer Hektare Waldung an Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stikstoff und Asche; die Vergleichung dieses jährlichen Ergebnisses für verschiedene Wälder und für auf Akerbau benüzten Boden. Die Analyse der Asche endlich, welche, abgesehen von dem Interesse, welches sie an und für sich bieten kann, eine ganz neue Wichtigkeit erhält, wenn man sie mit jener des Bodens vergleicht, auf welchem das Holz gehauen wurde, um in diesen Zusammenstellungen einiges Licht zu suchen sowohl über den Einfluß des Bodens auf das Wachsthum, als über das Bedürfniß der Wechselwirthschaft im Waldbau wie im Feldbau, welches Bedürfniß wohl dargethan zu seyn scheint. Meine Versuche erstrekten sich über mehr als 600 Steres Eichen-, Buchen-, Birken-, Zitterespen-, Erlen-, Weiden-, Tannen- und Fichtenholz, welche im lezten Winter auf vogesischem Sandstein-, bunten Sandstein- und Muschelkalkboden, und unter allen Umständen der Lage oder des Bodens gehauen wurden, die mir 4000 Hektaren Waldung darboten, deren Leitung mir anvertraut ist. Die Berechnungen des mittlern jährlichen Ertrags erstreken sich auf Zeiträume von 25–80 Jahren und umfassen ungefähr 15,000 Hektaren, die, vom Donon ausgehend, auf dem westlichen Abhang der Vogesen, im vogeser und bunten Sandstein, im Muschelkalkboden und irisirenden Mergel, welche sich an diese Berge lehnen, liegen. Wenn gleich meine Arbeit noch nicht vollendet ist, so kann ich doch die Resultate von zwei Abtheilungen beinahe ausschließlich hochstämmiger Buchen, während Perioden von 69 und 58 Jahren mittheilen; und da dieß in meinen örtlichen Verhältnissen die einzigen regelmäßigen Waldungen sind, über deren Product ich mir positive Documente verschaffen konnte, glaubte ich sie besonders behandeln und sie so zu sagen zum Eingangscapitel für meine später zu liefernden Arbeiten machen zu müssen. Ich vereinigte alle Ziffern in zwei Tabellen, welche Schlag für Schlag die Anzahl der Steres und ReisbündelDie Reisbuͤndel hatten 0,645 Meter Umfang und 0,906 Meter Laͤnge., wie sie aus dem Walde geführt wurden, angeben. Es geht aus ihnen hervor, daß die jährliche Zunahme auf einer Hektare betrug: Beim Fescheswald 9,22 Steres und 86 Reisbuͤndel Beim Sandwegwald 9,617 114 Das Gewicht des Stere oder des Hunderts Reisbündel in vollkommen troknem Zustande wurde durch Probestüke ermittelt, welche als Pulver zu wiederholtenmalen auf 140° C erwärmt und in den troknen luftleeren Raum gebracht wurden, bis sie keine merkliche Gewichtsabnahme mehr erlitten. Wenn ich einmal der Akademie meine vollständige Arbeit über die chemische Bestimmung (définition) des Stere der verschiedenen Holzarten (essences) in verschiedenem Boden werde vorlegen können, so werden alle diese Versuche und Tabellen ein Ganzes bilden, welches meine heutigen Zifferangaben rechtfertigen wird. Vergleicht man die Resultate der Analysen verschiedener Probestüke einer und derselben Holzart mit einander, so wird man sie, mit Ausnahme der Asche, bis auf einen sehr geringen Unterschied übereinstimmend finden. Die stattfindenden Verschiedenheiten halten sich in den Gränzen analytischer Fehler. Ich vereinigte sonach alle auf eine Holzart bezüglichen Analysen und betrachtete ihr Mittel als der Elementar-Zusammensezung derselben entsprechend. Buche Eiche Birke Zitterespe Weide Nach Abzug der Asche. KohlenstoffWasserstoffSauerstoffStikstoff 49,896,0743,110,93 50,646,0342,051,28 50,616,2342,041,12 50,316,3242,390,98 51,756,1941,080,98 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 Das jährliche Ergebniß für die Hektare war an: Kohlenstoff Wasserstoff Sauerstoff Stikstoff Asche Vom Fescheswald 1754 Kil. 213 Kil. 1507 Kil. 33 Kil. 48 Kil. Vom Sandwegwald 1854 — 225 — 1586 — 36 — 53 — Vergleicht man nun die im Mittel jährlich auf der Hektare erzeugte Quantität Kohlenstoffs mit der in einem Luftprisma enthaltenen, dessen Basis diese Hektare wäre und welches sich bis zur Gränze der Atmosphäre erstrekt, so findet man, daß diese Quantitäten sich zu einander verhalten wie 1 zu 9. Dieses Prisma enthält nämlich 16900 Kilogr. Kohlenstoff und da die Mittelzahl des auf einer Hektare fixirten Kohlenstoffs 1800 Kilogr. beträgt, so gibt dieß 16900/1800 = 9,39. Es folgt hieraus daß, wenn die ganze Erdoberfläche mit einer Vegetation gleich derjenigen dieser beiden Wälder überzogen wäre, also die von ihr absorbirte Kohlensäure nicht erneuert würde, nach neun Jahren der Luft alle Kohlensäure entzogen seyn würde. Mag immer dieses Resultat noch ganz hypothetisch seyn, so zeigt es doch, wie schnell in den den Steinkohlenablagerungen vorausgehenden Weltepochen die Atmosphäre durch den Vegetationsproceß gereinigt werden mußte, damals wo der größte Theil des heutzutage im Innern der Erde vergrabenen Kohlenstoffs wahrscheinlich noch in Form von Kohlensäure verbreitet war und das Nichtvorhandenseyn thierischen Lebens die Reproduction dieser leztern beinahe auf Null ließ. In diesen Wäldern beginnt die Vegetation gegen Ende Aprils und dauert bis gegen Ende Septembers. Man kann also höchstens nur 5 Monate oder 150 Tage für die Vegetation rechnen. Innerhalb dieser Zeit beträgt die Absorption von Kohlenstoff täglich zwischen dem Auf- und Untergang der Sonne im Mittel 1800/150 = 12 Kilogr. Denkt man sich nun ein Luftprisma von derselben Basis und derselben Höhe, wie die Bäume, also 1 Hektare Basis und 20 Meter Höhe, so beträgt die Quantität des in diesem Prisma enthaltenen Kohlenstoffs, nach Abzug von ¼ für den von den Bäumen eingenommenen Raum, 32 Kilogr. Bliebe also das den Wald umhüllende Luftprisma einen ganzen Tag lang unbeweglich, so würde es 12/32 oder ungefähr 2/5 seiner Kohlensäure verlieren. Aus der vorhergehenden Berechnung erhellet, von welchem Nuzen es ist, um den Wachsthum der Wälder zu befördern, die Circulation der Luft darin zu erleichtern, damit sie durch beständige Erneuerung den Bäumen stets möglichst viel Kohlensäure darbietet. Die Erfahrung weist dieses auch nach. Es geht ferner aus dieser Berechnung hervor daß, wenn man in den verschiedenen Lebensaltern einen gleichmäßigen Zuwachs und sonst gleiche Umstände annimmt, die Quantität der der Luft entzogenen Kohlensäure in umgekehrtem Verhältniß steht zur Höhe der Bäume, d. h. daß, wenn der Wald nur 10 Meter hoch gewesen wäre, sein Zuwachs eine zweimal stärkere Erschöpfung an Kohlensäure nothwendig gemacht hätte. Nimmt man noch geringere Höhen an, so gelangt man an einen Punkt, wo die Kohlenstoffabsorption die in dem einhüllenden Prisma enthaltene Quantität erreicht oder sogar übertrifft. Hieraus erklärt sich, warum der jährliche Zuwachs in der Regel mit dem Alter zunimmt, insofern die dem Wachsthum gestekte Gränze noch nicht überschritten ist; es läßt sich aber auch daraus abnehmen, daß durch fleißiges, und während der Jugend der Wälder umsichtig geleitetes Aushauen dieser Unterschied größtentheils ausgeglichen würde.