Titel: | Ueber die Art, wie man in England Kutschen schön und dauerhaft lakirt. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. CV., S. 396 |
Download: | XML |
CV.
Ueber die Art, wie man in England Kutschen
schoͤn und dauerhaft lakirt.Aus Blaha's
erfahrener Lakirer, durch das Gewerbeblatt fuͤr das Koͤnigreich
Hannnover, 1843, S, 176.
Ueber die Art wie man in England Kutschen schön und dauerhaft
lakirt.
Unstreitig lakirt man in England die Kutschen besser und schöner als in Deutschland
oder Frankreich, obschon man hier wie dort die nämlichen Materialien dazu verwendet,
nämlich Bernstein- und Kopal-Lakfirnisse; allein die Engländer
verwenden mehr Sorgfalt auf die Bereitung dieser Firnisse, wie überhaupt auf die
Arbeiten, welche dem Lakiren der Kutschen vorhergehen.
Sie schleifen schon vor dem Auftragen der Grundfarbe die Tafeln recht egal ab. Das
Verfahren ist folgendes: fein gepulverter, durch ein Haarsieb gesiebter Bimsstein
wird in ein trokenes Gefäß gethan; hernach nimmt man ein Stük Bimsstein, schleift
auf einer Seite eine gute Bahn, drükt ihn mit derselben in den durchgesiebten
Bimsstein, und schleift die Tafeln am Wagen troken ab. Dieses Schleifen muß aber
immer der Quere nach über das Holz geschehen, damit die Tafeln ganz gleich werden.
Nach diesem Schleifen nimmt man eine stumpfe Bürste, reinigt damit die Tafeln ganz
rein vom Abgeschliffenen, und zulezt überfährt man sie nochmals mit einem saubern
Tuche; dann geht es an das Auskitten der Tafeln.
Das Auskitten der Tafeln. Alle Rize oder Risse und
Vertiefungen müssen vor dem Auftragen der Grundfarbe ausgekittet werden. Der hiezu
dienende Kitt wird aus Bleiweiß, Mennige, Umbraun und ein wenig Silberglätte
gemacht, welche mit dik gesottenem Leinöhlfirniß zusammen abgerieben werden; zulezt
mischt man unter diese Masse noch ein wenig Bernsteinfirniß. Man bedient sich eines
hölzernen Spatels, um mit diesem Kitt alle Rize und Löcher sorgfältig zuzustreichen.
Ist dann der Kitt recht ausgetroknet, so wird ein Stük Bimsstein in Wasser getaucht
und die ausgekitteten Stellen damit abgeschliffen, damit selbige mit den Tafeln
gleich und eben werden. Dieses Auskitten muß aber so lange wiederholt werden, wenn
es beim erstenmale nicht gut werden sollte, bis Alles auf den Kutschentafeln gleich
ist. Hierauf folgt:
Das Tränken der Tafeln mit Oehl. Dazu nehme man halb
Leinöhl und halb Leinöhlfirniß, schütte beides in einen Topf, rühre es
durcheinander, mache es kochend heiß, und tränke die Tafeln damit. Wenn der erste
Anstrich recht angezogen hat, so verfahre man zum zweitenmale so, und lasse die Tafeln so lange vor
dem Auftragen der Grundfarbe stehen, bis sie recht getroknet sind; alsdann wird die
Grundfarbe aufgetragen.
Das Auftragen der Grundfarbe. Die Grundfarbe wird auf
folgende Art verfertigt und aufgetragen: man reibt 3 Pfd. englisches Bleiweiß, 4
Loth Mennige, 1 Loth Silberglätte und 2 Loth gebrannten Umbraun fein mit
Terpenthinöhl ab; diese Farbe, die durchaus fein gerieben seyn muß, wird, wenn sie
fertig ist, in ein reines Gefäß gethan und mit Bernstein-Lakfirniß zum
Austragen verdünnt. Die Grundfarbe darf ja nicht zu dik aufgetragen werden, sondern
man muß das Auftragen lieber öfters wiederholen. Diese Grundfarbe muß ferner matt
bleiben, oder wenigstens ihr Glanz kaum bemerkbar seyn; man muß daher, bevor man an
das abermalige Auftragen derselben schreitet, zuerst untersuchen, ob sie durch das
Austroknen nicht glänzend geworden sey, und in diesem Falle der angemachten
Grundfarbe zu dem nachfolgenden Anstriche etwas Terpenthinöhl zusezen. Jeder
Anstrich muß recht troken und fest seyn, ehe ein neuer darauf gebracht werden
darf.
Das Schleifen der Grundfarbe. Man nimmt dazu zwei Stükchen
Bimsstein, schleift solche mit Wasser recht gegen einander ab, bis sie eine gute
Bahn bekommen, und bedient sich dann eines dieser Stüke zum Schleifen, indem man es
fleißig während dieser Arbeit in Wasser taucht. Dieses Schleifen darf aber nicht
linienweise, weder perpendiculär noch horizontal, sondern muß in beständigen
zirkelförmigen Bewegungen geschehen, damit ja kein Pläzchen ungeschliffen bleibe. Im
Schleifen sezt sich dann (wie man beim Arbeiten bald gewahr wird) ein Theil der
abgeschliffenen Farbe auf der Bahn des Bimssteins fest, und diesem muß, weil es der
Arbeit sehr nachtheilig ist, abgeholfen werden. Zu diesem Zweke nimmt man das
zurükgelegte Stük Bimsstein, taucht es nebst dem gebrauchten in Wasser, und schleift
sie von neuem gegen einander ab, bis die Bahn des einen wieder rein und brauchbar
geworden ist. Würde man dieß versäumen, so entständen durch das Schleifen Rize in
der Farbe. Zum Abwischen des losgeschliffenen Unraths bedient man sich eines großen
nassen Schwammes und eines leinenen weißen Tuches zum Abtroknen. Ohne öfteres
Abwischen des losgeschliffenen Unraths kann man nicht sehen, wo es nöthig ist, viel
oder wenig mehr zu schleifen; daher, wenn man dieß unterließe, die Farbe unnöthig
weggeschliffen werden könnte. — Ist Alles gehörig geschehen, d. h. die
Grundfarbe so geschliffen, daß sich nichts Rauhes mehr daran befindet, so ist der
Grund gut, und es kann die weitere Arbeit beginnen, nämlich:
Das Auftragen der guten Farbe. Die Farbe mag so
verschieden seyn als sie will, das Verfahren ist dasselbe wie beim Auftragen der
Grundfarbe. Sie wird eben so abgerieben, eben so verdünnt und aufgetragen wie diese.
Nur das Schleifen wird abgeändert und beachtet, daß man, wenn eine helle und lichte
Farbe gewählt wird, in diesem Falle zur Verdünnung derselben keinen dunkeln, sondern
hellen Bernstein-Lakfirniß nehmen darf.
Erstes Schleifen der guten Farbe. — Ist die Farbe
genug und gehörig aufgetragen, so muß sie recht ausgetroknet seyn, ehe sie
geschliffen werden kann. Zu diesem Schleifen stoße man Bimsstein recht fein, siebe
ihn durch ein sehr feines Haarsieb und thue solchen in ein troknes Gefäß. Hernach
rolle man ein Stük gut gewalkten Filz recht fest zusammen und umwikle ihn recht fest
mit Bindfaden, damit er sich beim Schleifen nicht aufrollen kann. Diesen
zusammengerollten Filz taucht man in Wasser, dann in den durchgesiebten Bimsstein,
und schleift die Farbe damit ab. Dieses Schleifen muß ebenfalls zirkelförmig
geschehen, wie bei dem Schleifen der Grundfarbe angegeben wurde; das Abgeschliffene
wird mit einem nassen Schwamm weggebracht, und mit einem reinen leinenen Tuche
abgetroknet, um zu sehen, wo es nöthig ist, noch mehr zu schleifen. Die Hauptsache
ist, daß man bei diesem Schleifen fleißig Wasser gebraucht. Befindet sich die Farbe
so, daß nichts Rauhes mehr zu fühlen ist, so schreitet man zu dem zweiten
Schleifen.
Zweites Schleifen der guten Farbe. Hierzu nimmt man
Bimsstein, legt ihn auf Kohlen und glüht ihn durch und durch; so ausgeglüht reibt
man ihn mit Wasser auf einem Reibsteine, er muß aber außerordentlich fein gerieben
werden; dann macht man daraus kleine Häufchen, die getroknet wieder zu Pulver
gerieben werden müssen, und nimmt ein Stük guten Filz, welcher jedoch nicht wie beim
ersten Schleifen zusammengerollt wird, sondern es muß mit den breiten Seiten
desselben geschliffen werden. Dieser Filz wird erst in Wasser, dann in das feine
Bimssteinpulver getaucht und damit geschliffen. Dieses Schleifen geschieht nicht
zirkelförmig, sondern wie es jedem am besten zur Hand ist; auch ist es unnöthig, das
Geschliffene mit nassem Schwamm abzuwaschen, man kann fortschleifen, bis man glaubt
daß es gut sey, und erst alsdann wird die geschliffene Farbe mit nassem Schwamm und
troknem Tuche gereinigt. Zeigt sich die abgeschliffene Farbe wie reines Glas und hat
sie nichts Rauhes und Steifes mehr, so kann man das dritte und lezte Schleifen
vornehmen.
Drittes und leztes Schleifen der guten Farbe. — Zu
diesem nimmt man weißes präparirtes Hirschhorn, ein Stük Filz und Wasser, und schleift die
ganze Farbe nach der Art, wie bei dem zweiten Schleifen angegeben wurde. Nach diesem
lezten Schleifen muß die Farbe mit Wasser und Schwamm rein abgewaschen und nachher
mit einem weichen, weißen leinenen Tuche abgetroknet werden. Man lasse aber ja von
der abgeschliffenen Masse an den Kanten und Winkeln nichts sizen, welches sich bei
dem Lakauftragen leicht unter den Lak ziehen könnte, und dadurch die ganze Arbeit
verderben würde. Zulezt glätte man die geschliffene Farbe mit einem weichen Stük
Hirsch- oder Rehleder nochmals, jedoch troken und ganz subtil ab; alsdann
wird die Farbe eine Oberfläche wie ein Spiegelglas zeigen, welche Eigenschaft sie
auch haben muß, bevor man sie lakirt; denn wenn die Farbe nicht gehörig fein
geschliffen wird, so kann niemals eine feine Lakirung erlangt werden.
Um den Lak mit Vortheil aufzutragen, muß man wissen, was für Lakfirniß erfordert
wird, ob er dunkel seyn darf oder hell seyn muß; ist die Farbe dunkel, so kann man
auch dunkeln undurchsichtigen Lakfirniß nehmen; hingegen wenn die Farbe hell und
licht ist, so darf man nur hellen und durchsichtigen Lakfirniß gebrauchen, welcher
auch nicht so stark seyn darf wie bei den dunkeln Farben, aber dafür öfters
aufgetragen werden muß.
Bei dem Auftragen des Lakfirnisses hat man zu beobachten:
1) daß man einen guten lyoner Fischpinsel dazu gebraucht, so wie daß die Striche des
Laks linienweise perpendiculär nach einander geschehen, und dabei in gleicher Stärke
der Lakfirniß aufgetragen wird. Beobachtet man dieses genau, so wird der Lak schön
fließen, daß heißt, sich zertheilen und beim Schleifen mehr Arbeit ersparen, als
wenn der Lak nicht egal und kreuzweise aufgetragen wird. 2) Muß der Lakfirniß kalt
aufgetragen und darf nie ein zweites Auftragen vorgenommen werden, bis der
vorhergehende erste Anstrich ganz troken und fest ist. — 3) Muß das Auftragen
des Laks in einem zugemachten Orte geschehen, damit der Lak, so lange er noch naß
ist, von allem Ungeziefer und Staube befreit bleibt; sobald er aber nicht mehr
klebt, kann der Wagen in die freie Luft und Sonne gestellt werden. 4) Der Wagen muß,
wenn er in der Sonne steht, öfters gewendet werden, damit die starke Sonnenhize
nicht zu lange auf einer Seite brennt, wodurch leicht Blasen entstehen könnten. 5)
Der Lakfirniß muß in einem Gefäße seyn, das eine weite Oeffnung hat, damit man
ungehindert mit dem Pinsel eintauchen kann. Man fasse auf einmal nicht zu viel
Lakfirniß in den Pinsel, drehe solchen einigemal herum und streiche denselben ein
wenig an dem Gefäße ab, damit keine Tropfen aus dem Pinsel fallen, 6) Man muß sich
entweder den Lakfirniß selbst bereiten, oder ihn nur aus solchen Händen beziehen, wo man
überzeugt ist, daß derselbe mit Sorgfalt, Reinlichkeit und ganz ächt bereitet wird.
Ist genug Lakfirniß aufgetragen und derselbe gehörig ausgetroknet, so kann man zu
dem Lakschleifen schreiten.
Das Lakschleifen. — Um den Lak zu schleifen, nimmt
man ein Stük reinen Filz; man muß jedoch genau Acht geben, daß sich keine
Bimssteintheile daran befinden, und wären sie noch so fein, würden sie der Arbeit
schaden. Dieses Stük Filz wird mit der breiten Seite zuvor in Baumöhl und dann in
weißes präparirtes Hirschhorn getaucht und damit so lange geschliffen, bis der Lak
so fein wird, gleich wie ein geschliffenes Spiegelglas. Nach diesem Schleifen wischt
man den Unrath mit einem ganz weichen, reinen, leinenen oder seidenen Tuche und
feinem Stärkmehl (Haarpuder) ab. Durch dieses lezte Schleifen erhält die Lakirung
erst ihre völlige Schönheit.
Wenn die deutschen Kutschenfabrikanten pünktlich nach diesen Vorschriften die Arbeit
vornehmen, werden sie ebenfalls so schöne und dauerhafte Lakirungen ihren Kutschen
beibringen, wie man an den londoner und einigen pariser Kutschen sieht.