Titel: Ueber die Färbung verschiedener Stärkearten durch Joddampf; von Hrn. Gobley.
Fundstelle: Band 92, Jahrgang 1844, Nr. XXXVI., S. 128
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XXXVI. Ueber die Faͤrbung verschiedener Staͤrkearten durch Joddampf; von Hrn. Gobley. Aus dem Journal de Chimie médicale. Maͤrz 1844, S. 121. Gobley, über die Färbung verschiedener Stärkearten durch Joddampf. Bringt man Weizenstärke, Kartoffelstärke, oder Arrow-root mit Jodwasser oder Jodtinktur zusammen, so nehmen jene Substanzen sogleich eine bläuliche Färbung an, deren Intensität bei allen ziemlich dieselbe ist, wodurch es daher unmöglich wird, zu unterscheiden, mit welcher Stärkmehlart man es zu thun habe; sezt man hingegen diese Körper dem Joddampfe aus, indem man z.B. eine Portion derselben auf Uhrgläser, und diese unter eine Gloke bringt, welche Jod einschließt, so nehmen diese drei Körper nach 24 Stunden eine so verschiedene Färbung an, daß einer vom andern wohl unterschieden werden kann. Würden alle in der Medicin gebräuchlichen Stärkmehlarten unter gleichen Umständen eine verschiedene Färbung annehmen, so könnte der Pharmaceut hiedurch erkennen, ob sie ächt oder künstlich bereitet, oder ob sie mit wohlfeilern Sorten vermengt sind, was sehr wichtig ist, indem der Geschmak des Arrow-root, des Tapioka- (Maniok-) Mehls und des ächten Sago's sehr verschieden ist von dem der unächten.Das künstliche Arrow-root hat das körnige Aussehen des ächten.Der ächte ganze Sago ist vom künstlichen leicht zu unterscheiden. Der ächte, wie er gegenwärtig im Handel vorkommt, besteht aus kleinen unregelmäßigen, unter dem Zahn sehr harten, bald weißen, bald rosenrothen Körnern. Der ächte rosenrothe Sago ist sehr selten und der im Handel vorkommende beinahe durchaus nur weißer, mit Karminlak gefärbter. Davon kann man sich leicht überzeugen durch Behandlung desselben mit Ammoniak oder mit Alkohol; beide lösen den Farbstoff auf und nehmen eine rosenrothe Farbe an. – Der unächte Sago ist beinahe so hart wie der ächte, aber die Körner sind größer und gleichförmiger; auch sind sie viel weißer, als die des ächten weißen Sago's.Die ächte ganze Tapioka ist von der unächten ebenfalls leicht zu unterscheiden. Erstere bildet unregelmäßige, undurchsichtige oder mattweiße, sehr harte Klümpchen, welche immer aus kleinen zusammengebakenen Körnchen bestehen, während die unächte Tapioka beinahe regelmäßige, minder weiße, unter den Zähnen minder harte, aber stärker glänzende Stüke bildet, die ein gleichförmiges, durchaus nicht körniges Gefüge haben. Folgende Substanzen sezte ich dem Joddampf aus und erhielt nach 24stündiger Berührung die angegebenen Färbungen: Weizenstärke Violett. Kartoffelstärke Turteltaubengrau. Aechtes Arrow-root Hell milchkaffeefarben. Arrow-root mit 1/4 Stärkmehl Grauliches Lila. Unächtes (künstliches) Arrow-root Turteltaubengrau. Aechte ganze Tapioka Alle Körner gelblich. Gepulverte ächte Tapioka Rostgelb. Gepulverte deßgl. mit 1/4 Stärkmehl Violett. Ganze unächte (künstliche) Tapioka Einige Körner violettgrau, die anderen gelblich. Gepulverte unächte Tapioka Rostgelb.     deßgl. deßgl. mit 1/4 Stärkmehl Violett. Ganzer weißer Sago Einige Körner violettgrau, die anderen gelblich. Gepulverter weißer Sago Rostgelb.     deßgl. deßgl. mit 1/4 Stärkmehl Violett. Ganzer unächter Sago Einige Körner violettgrau, die anderen gelblich. Gepulverter unächter Sago Rostgelb.     deßgl. deßgl. mit 1/4 Stärkmehl Violett. Dextrin Keine Färbung. Es ist aus dieser Tabelle zu ersehen, daß die Weizen- und Kartoffelstärke mit Joddampf sehr verschiedene Farben annehmen; daß das in reinem Zustande Kaffeefarbe annehmende Arrow-root, mit 1/4 Weizenstärke gemengt, graulichlilafarben wird (die Kartoffelstärke könnte zu dieser Beimischung nicht dienen, weil die Verfälschung durch den größern Durchmesser ihrer Körnchen zu leicht zu erkennen wäre); daß ferner das künstliche Arrow-root eine turteltaubengraue, also dieselbe Farbe annimmt, wie die zu dessen Bereitung dienende Kartoffelstärke. Außerdem geht aus ihr hervor, daß die Tapioka und der Sago im ganzen Zustande, sowohl ächt als unächt, eine ziemlich ähnliche gelbliche Färbung annehmen und daß die Pulver beider, der ächten und der unächten (welche viele Apotheker kaufen, weil sie so schwer herzustellen sind), alle eine Rostfarbe annehmen. Es kann sonach mittelst des Joddampfs das Getreide-Stärkmehl von der Kartoffelstärke, das ächte Arrow-root vom falschen oder mit Stärkmehl gemengten unterschieden werden; es läßt sich auch erkennen, wenn das ächte oder unächte Tapiokapulver mit Getreide- oder Kartoffelstärkmehl surrogirt oder vermengt worden sind; aber es läßt sich nicht ermitteln, ob ächtes Tapioka- oder Sagopulver durch künstliche Tapioka- oder Sagopulver ersezt worden sind, weil alle diese Pulver gleiche rostgelbe Farbe annehmen. Daß das Getreide- und Kartoffelstärkmehl und das Arrow-root mit Joddampf eine mehr oder weniger dunkle Farbe annimmt, während der Sago und die Tapioka, sowohl die ächten als die künstlichen im ganzen und gepulverten Zustande, sich nur gelblich färben, rührt daher, daß diese lezteren die Einwirkung der Wärme erlitten haben, welche bekanntlich die Stärke in Gummi und Dextrin verwandelt. Die gelbe Farbe rührt daher, daß nicht alle Stärkesubstanz in Dextrin umgewandelt ist. Die Färbung des Stärkmehls ist Folge davon, daß es den Joddampf und den Wasserdampf absorbirt. Sie tritt nur dann ein, wenn die Stärke feucht ist; denn wenn man sie vorher bei 80° R. troknet, so tritt die Färbung in 24 Stunden keineswegs ein, sofern sie nicht etwa wieder Feuchtigkeit anziehen kann. Obgleich unter diesen Umständen die Stärke ungefärbt bleibt, absorbirt sie dennoch Jod; denn wenn man Wasser dazu bringt, erfolgt die gewöhnliche Färbung nachträglich. Dieses Prüfungsverfahren wurde empfohlen, um nicht nur die Verfälschung des Mehls mit Kartoffelstärkmehl, sondern auch das Verhältniß der Mischung zu entdeken; nach dem eben Gesagten kann man sich aber desselben zu lezterm Zwek nicht bedienen, weil etwas mehr oder weniger Feuchtigkeit im Mehle einen Unterschied in der Intensität der Farbe hervorbringen kann.