Titel: | Anleitung zur Darstellung von Lichtbildern nach dem sogenannten Kalotypproceß; von George S. Cundell. |
Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. XCIII., S. 367 |
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XCIII.
Anleitung zur Darstellung von Lichtbildern nach
dem sogenannten Kalotypproceß; von George S. Cundell.
Aus dem Philosophical Magazine. Mai 1844, S.
321.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Cundell's Anleitung zur Darstellung von Lichtbildern nach dem
Kalotypproceß.
1) Im Jahr 1839 wurde in Frankreich die nach ihrem Erfinder benannte Daguerreotypie
bekannt; bald darnach wurde die Erfindung des Hrn. Fox
Talbot, die Kalotypie, in England bekannt; zwei
verwandte Künste, welche die Erzeugung bleibender Bilder mittelst der Camera obscura
zum Zwek haben. Wollte man die relativen Verdienste der Daguerreotypie und der
Kalotypie nach dem Interesse beurtheilen, welches sie erregten, oder nach den
Fortschritten, welche in der Ausführung beider gemacht wurden, so würde die
englische Erfindung mit Recht einen sehr untergeordneten Rang einnehmen; denn
während die Daguerreotypie von der ganzen civilisirten Welt sogleich verstanden und
mit gutem Erfolg ausgeübt wurde, gab der größte Theil von den wenigen, welche es mit der Schwesterkunst
versuchten, dieselbe, als sie nicht glüklich damit waren, wieder auf.
2) Troz der geringen Fortschritte aber, welche die Kalotypie bis jezt machte, ist
doch anzunehmen, daß sie nur besser bekannt zu werden brauchte, um als eine nicht
minder schöne Kunst als die Daguerre'sche anerkannt zu werden und daß sie mehr
Beachtung, als ihr bisher zu Theil wurde, verdient. Sie erheischt nur wenige
Apparate; das Material dazu kostet verhältnißmäßig wenig und sie bietet uns außerdem
den großen Vortheil dar, eine große Anzahl vollkommener Copien von jedem
Originalbilde zu liefern.
3) Hätte Hr. Talbot eine detaillirte Anleitung zur
Ausführung seines Verfahrens bekannt gemacht, wie dieß von Hrn. Daguerre geschah, so stünde es ohne Zweifel mit seiner
Erfindung gegenwärtig ganz anders, gewiß würde sie dann seitdem große Verbesserungen
erfahren haben; um nun meinerseits dazu beizutragen, übergebe ich diese kleine
Abhandlung dem Publicum. Gewiß hätte man eine solche lieber von den Händen
entgegengenommen, aus welchen sie eigentlich kommen sollte; bei aller Achtung jedoch
vor dem ausgezeichneten Erfinder der Kalotypie hoffe ich einigen Beruf zu haben, das
zu thun, was er unterließ, indem ich nach meiner eigenen Erfahrung eine ausführliche
Anleitung gebe, wie Kalotypbilder ohne viele Schwierigkeiten und mit ziemlicher
Sicherheit und gutem Erfolg erzeugt werden können.
4) Die Daguerreotypplatte verdankt ihre Empfindlichkeit dem Jodsilber, welches durch
Behandeln des Metalls mit Joddampf erzeugt wird. Dieselbe Verbindung, Jodsilber, ist
auch die Grundlage der Kalotypie; allein hier wird sie auf nassem Wege erzeugt, durch Zersezung des salpetersauren Silbers auf der
Oberfläche des Papiers mittelst einer Jodkaliumlösung. Man hat gefunden, daß so
präparirtes Papier, mit Gallussäure behandelt, äußerst empfindlich und nach kurzer
Einwirkung des Tageslichts unter besonderer Behandlung sogar ganz schwarz und
undurchsichtig wird. Deßhalb eignet sich dasselbe so sehr zur Aufnahme des subtilen
aber schwachen Eindruks der in der Camera obscura erzeugten Bilder, welcher Eindruk
ein sogenanntes negatives Bild zurükläßt, bei welchem die
natürlichen Lichter und Schatten umgekehrt sind. Dieses negative Bild, fixirt und
bleibend gemacht, dient dann als Matrize, von welcher durch ein einfaches Verfahren
eine große Anzahl Copien photographisch genommen werden können, welche die
Gegenstände nicht nur hinsichtlich der Lichter und Schatten, sondern auch, was
rechts und links anbelangt, richtig darstellen.
5. Um eine gute Kalotypie zu erzeugen, muß man vor allem eine gehörig construirte
Camera obscura haben. Die (in England) käuflichen sind gewöhnlich nach dem
französischen Modell verfertigt, mit sogenannten achromatischen Linsen von
planconvexer Form und geringer Brennweite. Ohne dieselben herabsezen zu wollen, da
sie jedenfalls im Mittelpunkt des Gesichtsfelds eine scharfbegränzte Zeichnung
geben, welche zu einem einzelnen Porträt hinreicht, erlaube ich mir doch, auf die
Autorität Wollaston's, die Linse von der Gestalt des
Meniskus zu empfehlen, bei welcher die Radien ihrer Curven sich wie zwei zu eins
verhalten.
6. Wollaston zeigte durch einen eigens hierüber
angestellten Versuch, daß der Meniskus, gehörig gestellt,
sich für die Camera obscura ganz besonders eignet vermöge seiner Eigenschaft, durch
das ganze Bild hindurch, wenn es auf einer ebenen Fläche aufgefangen wird, ein
verhältnißmäßig flaches Focalfeld hervorzubringen.
§. 9. Ohne den Vortheil der corrigirten Aberration zu gering zu schäzen, kann
wohl daran gezweifelt werden, ob nicht mehr verloren als gewonnen werde durch die
planconvexe Gestalt, wenn die Linse auch achromatisch ist, weil es unmöglich ist,
das Bild derselben, wenn es etwas groß ist, in einen leidlichen Focus zu bringen.
Ohne Zweifel ist die Achromatisirung zu wünschen; aber bei der Kalotypie, wo das
Bild nicht vergrößert werden soll, ist sie keineswegs unerläßlich, wovon sich jeder
überzeugen kann, der den Versuch unbefangen anstellt; die Kostspieligkeit einer
wahrhaft achromatischen Linse von gehöriger Oeffnung schließt sie ohnedieß aus. Das
beste Ersazmittel dafür wäre vielleicht eine Linse von blauem Glase, welche beinahe sämmtliche chemische Strahlen in einen
gemeinschaftlichen Focus durchlassen würde. Welche Gestalt und Farbe übrigens die
Linse haben mag, so ist es nicht ohne Wichtigkeit, daß der Focus (Brennweite)
bedeutend länger sey als gewöhnlich.
7. Damit ein perspectivisches Bild richtig und gehörig gesehen werde, muß es
nothwendig von einem besondern Gesichtspunkt aus betrachtet werden, wobei das Auge
zu dem Bilde in derselben Beziehung steht, wie es zum dargestellten Gegenstand
stehen würde. Das Bild muß mit dem Auge denselben Winkel bilden, wie der Gegenstand;
wenn dieß nicht der Fall ist, wird es immer mehr oder weniger verzerrt und
unnatürlich aussehen. Dieser Grundsaz ist im Diorama recht anschaulich gemacht,
dessen Täuschung und Reiz hauptsächlich von der Stellung des Beschauers in der
gehörigen Höhe und Entfernung abhängt; der Grundsaz ist aber auf alle
perspektivischen Bilder anzuwenden, und namentlich auf Camerabilder, welche durch
die gehörige Entfernung vom Auge wundervoll verbessert werden. Bei den Kalotypbildern ist
vorausgesezt, daß sie in keiner geringern Entfernung betrachtet werden als von 12
Zoll, und damit ein solches Bild, in dieser Entfernung angesehen, in der richtigen Perspective erscheint, muß die Linse der Camera
obscura 12 Zoll Brennweite haben. Bei Porträts ist diese Wirkung weniger auffallend,
als bei Architektur- oder allgemeinen Gegenständen; es kann jedoch keinem
Zweifel unterliegen, daß ein mittelst einer Linse von 6 Zoll Brennweite erzeugtes
Porträt, in einem Abstand von 12 Zoll betrachtet, einen großen Theil der Wahrheit
und Aehnlichkeit, die es sonst besizen mag, verlieren würde.
8. Aus diesen Gründen soll die Linse vielleicht nicht weniger als 12 Zoll Brennweite
haben und eingestellt, wie die Abbildungen Fig. 56 und 57 zeigen,
wird sie in der Regel ihren Zwek erfüllen.
Es ist in dieser Construction nichts neues außer vielleicht die Einstellung der
Diaphragmen A, B und C, D
und die Verlängerung der Objectivöffnung, was beides den Nuzen hat, das Bild vor
jedem äußern Licht, außerdem von den abzubildenden Gegenständen strahlenden zu
schüzen, indem die Strahlen von der Richtung b bei B und diejenigen von d bei
D aufgefangen werden. Das Papier wird zwischen zwei
Glasplatten gebracht, welche am offenen Ende G, H
eingeschoben, und mittelst einer Vorlegthür zusammengedrükt und an ihrer Stelle
festgehalten werden.
9. Aus der Abbildung ersieht man, daß durch das Diaphragma oder die Blende E, F die von dem Haken des Pfeiles kommenden Strahlen
von der obern Hälfte der Linse ausgeschlossen und nur von ihrer untern Hälfte
aufgenommen werden, auf welche sie in einem verhältnißmäßig hohen und gleichen Einfallswinkel auffallen. Sie werden so weniger
gebrochen, als es sonst der Fall wäre und ihr Focus wird dadurch nicht nur
geschärft, sondern auch verlängert. Auf diese Weise erzeugt sich das Bild, statt wie
gewöhnlich in einer Curve, in einer der Geraden viel näher kommenden Linie auf der
es aufnehmenden Papierfläche.
10. Eine Linse von 12 Zoll Brennweite soll eine Oeffnung von 2,4 Zoll haben. Das
Diaphragma bei E, F (in welchem der Hauptvorzug des
Instruments liegt) soll 1,5 Zoll vor der Linse stehen und seine Oeffnung nicht mehr
als 1,2 Zoll betragen. Benuzt man eines mit noch kleinerer Oeffnung, so erhält man
ein viel schöneres Bild, aber auf Kosten von Licht; in kurzen Entfernungen jedoch
kann man sich, wegen der zunehmenden Divergenz der Strahlen, nur einer kleinen
Oeffnung, welche bloß die Mittelpunkte der Strahlenkegel hindurchläßt, bedienen. Die
Glasplatten können 8 Zoll lang und 6 Zoll breit genommen werden.
11. Es muß für diese CameraMan erhält sie bei Hrn. Dennis in London (No. 118 Bishopsgate
street within)., wie für alle anderen nicht achromatischen bemerkt werden, daß der Focus
einer besondern Zurechtstellung bedarf, deren Nichtbeachtung die Ursache von vielem
Fehlschlagen und Nichtgelingen war. Das Instrument muß nach dem sogenannten chemischen Focus adjustirt werden, welcher von dem
optischen wesentlich differirt, was aus folgender Tabelle ersichtlich ist, worin sie
einander gegenübergestellt sind; ersterer nämlich ist um ein Sechsunddreißigstel
kürzer als der leztere für parallele Strahlen und im entsprechenden Verhältniß für
divergirende Strahlen.
Hauptfocus = 12 Zoll.Bei Linsen von einem andern Focus ist die Abstufung im Verhältniß bei
proportionalen Entfernungen; so sind bei einer Linse von 6 Zoll die
Unterschiede halb so groß bei den halben
Abständen.
Abstanddes Objects
Optischer Focus
Chemischer
Focus
Unterschied.
Fuß.
Zoll.
Zoll.
Zoll.
5
15,00
14,49
0,51
6
14,40
13,93
0,47
7
14,00
13,55
0,45
8
13,71
13,28
0,43
9
13,50
13,09
0,41
10
13,33
12,93
0,40
12
13,10
12,71
0,39
15
12,86
12,47
0,39
18
12,70
12,32
0,38
24
12,52
12,16
0,36
50
12,24
11,90
0,34
100
12,12
11,78
0,34
12. Zwekmäßig ist es, eine oder mehrere Leisten von Tannenholz in den Schiebtheil der
Camera zu bringen und dieselben mit den durch die verschiedenen Blenden bei E, F erzeugten Brennweiten zu graduiren. Diese
Graduirung bewerkstelligt man am besten durch vorherige genaue Bestimmung der
sichtbaren oder optischen Brennweiten (bei Tageslicht) zweier zuversichtlich
bekannter Punkte nahe an den Enden der Scala, mittelst eines Probirgegenstands und
eines Vergrößerungsglases, und nachheriges Anzeichnen der berechneten Unterschiede
mittelst Messung; so für eine 12zöllige Linse:
Textabbildung Bd. 92, S. 372
Wenn das Instrument so graduirt ist, kann der Focus in einem Augenblik (mit einer
Genauigkeit, welche für das unbewaffnete Auge ganz unerreichbar ist) gestellt werden
durch bloßes Abmessen des Objectes, wenn es nahe ist, oder durch Schäzen, wenn es
nicht erreicht werden kann.
13. Um ein Kalotypbild zu erzeugen, bedarf es fünferlei Operationen, welche alle, die
dritte ausgenommen (§. 25), bei Kerzenlicht vorgenommen werden müssen; sie
sind zwar sämmtlich einfach, erfordern jedoch Sorgfalt und Aufmerksamkeit. Die erste
ist:
14. Das Jodiren des Papiers. – Sehr viel hängt von
dem dazu gewählten Papier ab; es muß von compacter und gleichförmiger Textur, zart
und durchsichtig und wenigstens von mittlerer Dike seyn. Das beste, welches mir
vorkam, war ein feines Satinpostpapier, fabricirt von Tunner (Chafford-Mill). Hat man einen halben Bogen ohne Riß und
Wasserzeichen und ohne die kleinsten Fleken herausgesucht, so überzieht man es ganz
gleichförmig mit dem Jodsilber durch wechselseitige Zersezung der im §. 4
erwähnten Salze. In dem Grade der Verdünnung, in welcher diese beiden Salze
angewandt werden, so wie auch in der Art und Ordnung ihrer Anwendung findet ein
großer Spielraum statt; da aber die Dike und Regelmäßigkeit des Ueberzugs von der
Stärke der salpetersauren Silberlösung und der Art ihrer Auftragung abhängt, so
halte ich es jedenfalls für besser, sie zuerst aufzutragen, ehe die Oberfläche des
Papiers uneben geworden ist, und möchte glauben, daß wenn die Lösung noch einmal so
stark angewandt wird, als Hr. Talbot
Polyt. Journal Bd. LXXXI S. 356 und
360 und Bd. XCII S. 44. vorschrieb, der Ueberzug besser und gleichförmiger wird, und bessere Bilder
liefert. Ich bediene mich daher einer Lösung von 39 Gran des Salzes in einer Unze
destillirten Wassers.
15. Das Papier kann mit seinen zwei obern Eken an einem reinen troknen Brett
angestekt werden, welches etwas größer ist als es selbst; während man dasselbe mit
der linken Hand beinahe aufrecht hält, trägt man, oben anfangend, mit einem großen
zarten Pinsel, über und über, gleichmäßig und sanft die
Silberlösung auf und gibt Acht, daß jeder Theil der Oberfläche ganz naß wird und nichts unabsorbirt
bleibt. Man hängt nun das Papier, vom Brett abgenommen, in die Luft zum Troknen und
gewinnt an Zeit, wenn man sich mehrerer Bretter bedient.
16. Das auf dem Papier ausgebreitete Silbersalz wird nun mit Jod gesättigt, indem man
es mit einer Lösung von Jodkalium zusammenbringt; das Jod geht an das Silber und die
Salpetersäure an das Kali.
17. Man nehme eine Jodkaliumlösung, welche 200 Gran dieses Salzes in 7000 Gran Wasser
enthält; sezt man demselben 50 Gran Kochsalz zu, so ist es desto besser. Claudet fand, daß das mit Chlor verbundene Jodsilber beim
Daguerreotypiren viel empfindlicher ist als das einfache Jodsilber; durch den Zusaz
von Kochsalz wird eine ähnliche, obgleich weniger merkwürdige Modification der
empfindlichen Verbindung in der Kalotypie erhalten. Man gießt die Lösung in eine
Schüssel mit flachem Boden, die weit genug ist, um das Papier aufnehmen zu können,
und bedekt den Boden des Gefäßes 1/8 Zoll hoch. Die vorher bezeichnete präparirte
Seite des Papiers wird mit der Oberfläche der Lösung in Berührung gebracht und, da
man die andere Seite rein und troken erhalten will, ist es zwekmäßig, längs der
beiden entgegengesezten Ränder einen schmalen Saum aufzubiegen, ehe man es in das
Jod legt. Indem man es an dem aufgebogenen Rand hält, wird das Papier ruhig über die
Oberfläche der Flüssigkeit gezogen, bis dessen untere Fläche allenthalben vollkommen
benezt ist; es wird nun plastisch, in welchem Zustande man es einige Augenblike mit
der Flüssigkeit in Berührung läßt; länger als eine Minute darf es aber in der
Jodschüssel nicht gelassen werden, weil sonst die neue Verbindung, welche sich eben
auf dem Papier bildete, sich nach und nach wieder auflösen würde. Man nimmt daher
das Papier wieder heraus, läßt es abtropfen und legt es auf eine reine Fläche, die
nasse Seite aufwärts, bis es halb troken ist, bis wohin die Jodlösung das Papier
ganz durchdrungen und jedes Silbertheilchen aufgefunden und gesättigt haben wird,
was unerläßlich ist, indem das kleinste Theilchen unzersezten salpetersauren Silbers
bei einem spätern Theil des Processes einen schwarzen Fleken geben würde.
18. Das Papier hat nun einen Jodsilberüberzug; allein es ist auch mit Salpeter und
mit Jodkalium überzogen, ja sogar gesättigt, welche beide Salze nothwendig
weggeschafft werden müssen. Um die Entfernung dieser Salze zu bewerkstelligen, ist
es keineswegs hinreichend, das Papier in Wasser einzutauchen; auch ist es nicht gut,
das Papier unter bedeutender Bewegung zu waschen, weil auch das Jodsilber, welches
nur wenig Adhäsion zu demselben hat, weggewaschen werden könnte. Da aber der Rand
des Papiers noch aufwärts gebogen und die unpräparirte Seite troken gehalten ist, so
wird man finden daß, wenn man es 5–10 Minuten in einer Schüssel auf reinem
Wasser schwimmen läßt, indem man es bisweilen langsam längs der Oberfläche zieht, um
die Entfernung der löslichen Salze zu befördern, leztere sich durch ihr eigenes
Gewicht trennen, und da das Jodsilber in Wasser unlöslich ist, so wird nichts auf
dem Papier zurükbleiben, als ein schöner vollkommener Ueberzug der gewünschten
Art.
19. Das Papier wird nun getroknet, die präparirte Fläche darf aber, so lange sie noch
naß ist, durchaus nicht mit Löschpapier oder sonst einem Körper berührt werden; man
läßt es nur in der Luft hängen und stekt es, in Ermangelung eines bessern Mittels,
mit einem seiner Eken mit einer Nadel an ein Band. Nach dem Troknen kann es durch
Pressen geglättet werden. Es ist nun jodirt und zum Gebrauche fertig und kann in
diesem Zustande, vor dem Lichte geschüzt, beliebig lange aufbewahrt werden.
Die zweite Operation ist
20. das Präpariren des Papiers für die Camera. –
Hiezu braucht man die beiden von Hrn. Talbot angegebenen
Losungen, nämlich eine gesättigte Lösung von krystallisirter Gallussäure in kaltem
destillirtem Wasser und eine Lösung von 50 Gran salpetersaurem Silber in 1 Unze
destillirten Wassers, welcher leztern ein Sechstheil ihres Volums Essigsäurehydrat
(Eisessig) zugesezt wird. Für viele Zweke aber sind diese Lösungen zu stark und
können, wenn nicht sehr geschikt operirt wird, das Papier flekig machen oder
bräunen; wo daher nicht die äußerste Empfindlichkeit nöthig ist, können sie mit
gutem Erfolg auf die halbe Stärke verdünnt werden, in welchem Zustande sie leichter
zu behandeln und beinahe eben so wirksam sind. Die Gallussäure-Lösung
conservirt sich nur einige Tage, es darf daher von ihr nur eine kleine Quantität auf
einmal bereitet werden. Wenn diese Lösungen auf das jodirte Papier gebracht werden
sollen, werden sie mittelst einer graduirten Drachmenröhre zu gleichen Volumen mit
einander gemischt. Diese Mischung wird das Silbergallonitrat genannt; da sie sich schnell verändert und nur ein paar
Minuten conservirt, muß sie ohne Aufschub angewandt und darf nicht eher bereitet
werden, als bis man zu ihrer Anwendung ganz vorbereitet ist.
21. Die Auftragung dieses Gallonitrats auf das Papier ist eine subtile Operation. Ich
zweifle, daß dieselbe mit Pinseln gut bewerkstelligt
werden kann, weil dieselben dabei sehr schnell verderben. Am besten verfährt man auf
folgende Weise: man gießt die Lösung auf eine reine Spiegelglasplatte und breitet
sie so groß wie das Papier ist, über deren Fläche aus; man hält das Papier an einem
kleinen aufgebogenen Rand, legt die empfindliche Seite auf die Flüssigkeit auf der
Platte und bringt sie mit ihr in Berührung, indem man mit den Fingern langsam über
die Rükseite des Papiers fährt, welche leztere von der Flüssigkeit nicht berührt
werden darf.
22. Man hat in diesem Stadium empfohlen, das Papier eine halbe Stunde ruhen zu lassen
und dann in Wasser zu tauchen und zwischen Löschpapier zu troknen; ich glaube aber,
daß dieß eine reiche Quelle von Fehlschlagen und Mißglüken war durch das
Flekigwerden des Papiers und Bräunen desselben und die theilweise Entfernung seiner
empfindlichen Oberfläche.
23. Sobald das Papier mit dem Gallonitrat benezt ist, bringe man es sogleich in eine
Schüssel mit Wasser. Fünf bis höchstens zehn Secunden ist die Zeit, welche man das
Papier der Einwirkung des Gallonitrats aussezen darf; es absorbirt in diesem
Zeitraum genug, um außerordentlich empfindlich zu werden. Der Ueberschuß an
Gallonitrat muß sogleich weggewaschen werden, indem man das Papier langsam einigemal
unter Wasser wegzieht, welches vollkommen rein seyn muß; wenn es so gewaschen ist,
wird es wiederholt zwei- bis dreimal durch frisches Wasser gezogen. Es wird
nun im Finstern (wie im §. 19 beschrieben) getroknet und noch feucht in die
Camera gebracht oder in einem Portefeuille zum Gebrauche aufbewahrt. Gut präparirt
läßt es sich wenigstens 24 Stunden lang mit Beibehaltung seiner ganzen Weiße und
Empfindlichkeit aufbewahren.
24. Das Licht einer einzigen Kerze benachtheiligt in mäßiger Entfernung das Papier
nicht; je weniger aber das Papier oder die erregende Flüssigkeit unnöthigerweise,
auch nur dem schwachen Kerzenlichte ausgesezt wird, desto besser ist es.
Gewöhnliches Fluß- oder Quellwasser ist zum Waschen des Papiers ganz
geeignet; destillirtes Wasser ist nur für die Silberlösungen erforderlich. Fleken
vom Gallonitrat können, so lang sie noch frisch sind, durch etwas starkes Ammoniak
oder Cyankalium von den Fingern entfernt werden.
Die dritte Operation ist die
25. Behandlung in der Camera obscura. Da der Operator sich
dabei von seinem eigenen Urtheil leiten lassen muß, so ist wenig Anleitung dafür zu
geben nöthig. Er muß seinen Gegenstand selbst wählen oder aussuchen, die
anzuwendende Oeffnung selbst bestimmen und die erforderliche Zeit, welche von ein paar Secunden
bis 3 oder 4 Minuten variiren kann, beurtheilen. Der Gegenstand soll wo möglich
einen starken und entschiedenen Effect hervorbringen; hellfarbige Körper ohne alle
Schatten sind durchaus zu vermeiden. Beim Herausnehmen des Papiers aus der Camera
ist fast keine Spur eines Bildes sichtbar, bis es der vierten Operation unterworfen
wurde, nämlich
26. dem Hervorrufen des Bildes, – was durch
wiederholte Anwendung des Gallonitrats in der im §. 21 angegebenen Weise
geschieht. Sobald das Papier allenthalben damit befeuchtet ist, muß es, wenn das
Bild nicht sogleich erscheint, der strahlenden Wärme eines Eisens, welches von einem
Gehülfen 1–2 Zoll weit entfernt gehalten wird, ausgesezt werden. Dasselbe
muß, so wie das Papier, vertical gehalten und das leztere bewegt werden, damit kein
einzelner Theil desselben früher troken wird als die übrigen.
Sobald das Bild gehörig hervorgetreten ist, wasche man es mit reinem Wasser, um das
Gallonitrat zu entfernen, wie §. 23 vorschreibt; man kann es nun in einer
Schüssel sich selbst überlassend unter Wasser bringen,
bis man bereit ist, es zu fixiren. Die besten Bilder sind die, welche hervortreten,
ehe noch ein Theil des Papiers troken wird, was der Fall ist, wenn sie in der Camera
gehörig afficirt wurden. Läßt man das Papier troknen, ehe das Gallonitrat
weggewaschen ist, so nehmen die Lichter ab und werden dunkel, und in troknem
Zustande der Wärme ausgesezt, wird das Papier braun; das Troknen muß daher verzögert werden durch Nezen der Rükseite des Papiers
oder das Bild kann auch durch den Dampf heißen Wassers hervorgerufen werden.Ich finde jezt, daß ein horizontaler Dampfstrahl besser entspricht, als
alles, was ich bisher versuchte.
Die fünfte und lezte Operation ist:
27. das Fixiren des Bildes, – welches durch
Entfernen der empfindlichen Substanz vom Papier bewerkstelligt wird. Das Bild, oder
so viele es deren sind, wird in warmes Wasser gelegt, welches aber nicht wärmer seyn
darf, als es der Finger ertragen kann; dieses Wasser wird ein- oder zweimal
gewechselt und die Bilder werden dann alle mit einander zwischen reinem und trokenem
Löschpapier ausgepreßt, um sie dadurch vorzubereiten eine Lösung von
unterschwefligsaurem Natron einzusaugen, welche durch Auflösen einer Unze dieses Salzes in 40 Unzen
Wassers bereitet wird.Specifisches Gewicht 1014. Hat man etwas von dieser Lösung in eine flache Schüssel gegossen, so werden
die Bilder, eines nach dem andern, hineingebracht; das Tageslicht benachtheiligt sie
nicht mehr; man läßt sie 2 bis 3 Minuten, auch länger darin, falls sie einen starten
Eindruk empfangen haben und wendet und bewegt sie von Zeit zu Zeit. Die
zurükgebliebenen nicht reducirten Silbersalze werden so gänzlich aufgelöst und
können nun mit dem unterschwefligsauren Salz gänzlich entfernt werden durch
wechselweises Einlegen in Wasser und Pressen zwischen
weißem Fließpapier; ist man aber nicht beeilt, so erreicht man durch 12 bis
24stündiges Einlegen in Wasser, je nach der Dike des Papiers, allein schon diesen
Zwek. Der Erfolg der Operation des Fixirens hängt wesentlich davon ab, daß erstens
das Papier von dem unterschwefligsauren Salz völlig durchdrungen und die
empfindliche Substanz aufgelöst wird; zweitens davon, daß die unterschwefligsauren
Verbindungen bestens wieder entfernt werden. Wenn diese Salze nicht vollkommen
entfernt werden, so üben sie einen zerstörenden Einfluß auf das Bild aus, werden
dunkel in dem Gefüge des Papiers und machen es völlig ungeeignet für die nächste
28. Operation der Vervielfältigung (printing process). – Das so fixirte Bild braucht nun nur mehr
getroknet und geglättet zu werden, wo es dann keine weitere Veränderung erleidet.
Doch ist es ein negatives Bild (§. 4), und wenn es
auch einige Mühe kostete, es hervorzubringen, so darf einen diese Mühe nicht
verdrießen, da man nun eine Matrize besizt, von welcher man eine große Anzahl
schöner Copien erhalten kann. Ich habe deren 50 von einer Matrize genommen und
zweifle nicht, daß ich noch einmal so viel davon hätte erhalten können.
29. Die Art diese Copien darzustellen wurde schon so oft beschrieben und es gibt
hiezu so viele Methoden, daß es genügen wird, das beste Verfahren, welches ich
kennen lernte, kurz mitzutheilen. Man verdankt es Hrn. Taylor, dessen Broschüre über diesen Gegenstand alle Details enthält. Er
bereitet seine Auflösung aus 1 Th. salpetersaurem Silber und 12 Theilen destillirten
Wassers und sezt so lange starkes Aezammoniak zu, bis der zuerst erzeugte
Niederschlag gerade wieder aufgelöst ist.
30. Man trifft bisweilen ein Papier an, welches Spuren bleichender Chloralkalien
enthält und deßhalb keiner weitern Vorbereitung bedarf; in der Regel aber wird
es nöthig seyn, das Papier zu präpariren durch schwaches Imprägniren desselben mit
einer kleinen Menge Kochsalz. Dieß geschieht durch Eintauchen in eine Lösung, in
welcher das Salz gerade noch geschwekt werden kann, oder von der Stärke von 30 bis
40 Gran in 7000 Gran Wassers. Das Papier, nachdem es zwischen reinem Fließpapier
gepreßt wurde, braucht nur mehr getroknet und geglättet zu werden, um zum Gebrauche
fertig zu seyn.
31. Das salpetersaure Ammoniaksilber wird nun, wie in §. 15 angegeben, auf das
Papier aufgetragen; nachdem es ganz troken ist, wird das zu copirende negative Bild
darauf gelegt, die Vorderseite in Berührung mit der empfindlichen Seite. Die
Rükseite des negativen Bildes nach Oben gekehrt, werden sie mittelst einer
Glasplatte stark an einander gedrükt und so dem Sonnenlicht an freier Luft
ausgesezt. Die exponirten Theile des empfindlichen Papiers werden bald in Lila oder
ins Schwarze dunkelndes Schieferblau übergehen und das allmählich durch das
halbdurchsichtige negative Bild dringende Licht bringt auf dem empfindlichen Papier
unter demselben eine positive Copie hervor. Da das
negative Bild oder die Matrize bloß durch zwei Stükchen Oblate an dem empfindlichen
Papier befestigt ist, so kann der Fortschritt des Processes von Zeit zu Zeit
beobachtet und eingehalten werden, wenn das Bild fertig ist.
32. Es muß dann so schnell als möglich in warmem Wasser ausgeweicht und nach der in
§. 27 beschriebenen Weise fixirt werden.
33. Diese Bilder zeichnen sich bisweilen durch eine Verschiedenheit der Farbentöne
aus, welche vom satten Goldorange bis zum Purpur und Schwarz wechselt. Die
Entstehung derselben hängt großentheils vom Papier selbst ab, sie werden aber von
der Stärke des unterschwefligsauren Salzes, der Zeit, während welcher es ihm
ausgesezt wurde, der Fähigkeit des Papiers dasselbe einzusaugen, zum Theil
vielleicht auch von der Beschaffenheit des Lichts, bedeutend modificirt. Warme
sepiafarbige Bilder erhält man in der Regel durch Troknen des Papiers, Pressen und
Einsaugenlassen des unterschwefligsauren Salzes in reichlicher Menge.
Das Papier von J. Whatman in London (Turkey Mill) scheint
Bilder von der schönsten Färbung zu geben und im Allgemeinen am besten zu
entsprechen; die Nachfolger desselben, die HHrn. Hollingsworth, sind so gefällig, Papier für Kalotypbilder zu bereiten,
welchem sogleich beim Leimen etwas Salz zugesezt wird.