Titel: Die verschwimmenden und die beweglichen Bilder, zwei neue Anwendungen der Laterna magica.
Fundstelle: Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XI., S. 24
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XI. Die verschwimmenden und die beweglichen Bilder, zwei neue Anwendungen der Laterna magica. Mit einer Abbildung auf Tab. IITab. I. Verfahren verschwimmende und bewegliche Bilder mittelst der Zauberlaterne hervorzubringen. Die verschwimmenden Bilder – dissolving views – haben in England bei ihrer Darstellung in der Adelaide Galery und der Polytechnic Institution bedeutendes Aufsehen erregt und der Tausendkünstler Döbler hat diese Blüthen der Kunst seinen Kunststüken eingewebt und damit die große Bewunderung der schaulustigen Wiener und Dresdener erregt. Ihr Verlauf ist ungefähr folgender. Dem Beschauer bietet sich ein Bild, z.B. das Innere einer Kathedrale dar, nach und nach werden alle Umrisse der Zeichnung unklar, das Ganze verschwimmt in eine Art von Nebel, aus welchem sich dann nach und nach ein ganz verschiedenes Bild, vielleicht eine Ansicht von Konstantinopel entwikelt und bald in vollem Glanze dasteht, bis auch dieses verschwimmt, um etwa einer italienischen Locanda oder einem hochnordischen Eisbilde Plaz zu machen. Oder wir erbliken Lissabon in seiner vollen Schönheit vor uns, plözlich verdunkelt sich das Bild, einzelne Lichtblize lassen uns ein Gewirr von stürzenden und stehenden Häusern in einem dichten Nebel wahrnehmen, dann wird es hell, und wir sehen nun die herrliche Stadt, wie sie nach jenem unheilvollen Erdbeben in Ruinen lag. – So weit die Poesie dieser Bilder, nun zu ihrer Prosa. Denken wir uns zwei Zauberlaternen mit bedeutendem, gleich großen Brennpunkt so aufgestellt, daß ihre beiden Lichtkreise so genau aufeinander fallen, daß wenn beide Laternen erleuchtet sind, nur eine einzige helle Kreisfläche auf der Bildwand sichtbar ist. Beide Laternen werden durch Lampen, einen Gasstrom, oder noch besser ein Drummondlicht – d. i. ein im Knallgasgebläse glühend gemachtes Kalkstük – so erleuchtet, daß wenn eine der Laternen hell, die andere dunkel erscheint, daß aber, wenn in der einen das Licht nach und nach abnimmt und endlich aufhört, es in der andern beginnt und nach und nach zur vollen Helligkeit steigt und so abwechselnd. Die dazu gehörige Vorrichtung ist einfach und leicht verständlich. Sezen wir nun in eine dieser Laternen das Bild der Kathedrale, in das andere das von Konstantinopel und erleuchten die erste und nach und nach die zweite während die erste dunkel wird, so ergibt sich die oben beschriebene Wirkung. Unterdeß die erste Laterne dunkel ist, wird ein neues Bild eingeschoben und die Verwandlung beginnt abermals, und so kettet sich Bild an Bild in ununterbrochener Folge. Die Einsazbilder sind auf Glastafeln mit durchsichtigen Oehlfarben gemalt. – In der neuesten Zeit hat man die verschwimmenden Bilder in England verbessern wollen, indem man den runden Brennpunkt derselben in einen rechtekigen verwandelte, doch können wir dieß keine Verbesserung nennen. Diese Bilder haben allerdings eine angenehme Form, aber da ihre Eken zu weit von dem Mittelpunkt des Gesichtsfeldes abfallen, tritt in denselben die chromatische Abirrung der Lichtstrahlen höchst unangenehm einwirkend mit ins Spiel. Die beweglichen lebendigen Bilder gewähren zwar nicht einen so großartigen, aber dafür einen desto belustigenderen Eindruk, und wenn die Leute, welche vor einem Jahrhundert uns mit Hohlspiegeln Geistererscheinungen darstellten, dieselben schon damals gekannt hätten, würde mancher Betrug noch täuschender gewesen seyn. – Auf einer hellen Wand erscheint uns das Bild eines Holzhauers, er hat auf dem Sägebok ein Stük Holz vor sich und schneidet mit seiner Säge waker darauf zu, alle Bewegungen eines lebenden Holzhauers treu nachahmend; oder auf dem gespannten Seile springt ein Seiltänzer, bewegt Hände, Füße und den Kopf, und das Seil folgt, elastisch nachgebend seinen Sprüngen. Zauberlaterne zur Erzeugung beweglicher Bilder. – Sie weicht in ihrer Einrichtung von der früher bekannten sehr wenig ab. In dem Kasten A, Fig. 40, der Laterne steht eine argand'sche Lampe oder der Apparat zur Erzeugung des Drummondlichtes, deren Strahlen von einem parabolischen Metallspiegel an der Hinterwand auf eine Linse K reflectirt werden. Diese Linse wirft die concentrirten Strahlen auf das darzustellende Bild in B und lezteres auf die Linse D, wo dasselbe zu dem achromatischen zusammengesezten Objectivglase E und von dort aus an die Bildwand zurükgeworfen wird. Bis hierher wäre alles mit der gewöhnlichen Einrichtung übereinstimmend und der Unterschied liegt allein in den Bildscheiben und deren Vorrichtungen. Wir müssen hier etwas weiter ausholen. Ein Spielwerk, welchem man bis jezt die ernste Seite noch nicht abgewonnen hat, sind die sogenannten Kreiselscheiben, stroboskopische Scheiben, Phenakisticope, eine Entdekung Faraday's, aus welcher der Professor Stampffer in Wien eine Erfindung geformt hat, indem er Faraday's Bemerkung ausbildete. Bekanntlich macht jedes Bild auf die Nezhaut des Auges einen Eindruk, der etwa 1/5 Secunde anhält; kann man nun an diesen Eindruk, ehe er verschwindet, einen anderen fremdartigen anknüpfen, so werden beide unmerklich in einander übergehen. Wäre also der erste Eindruk der Anfang einer Bewegung, der zweite, dritte, deren Fortsezung bis zu Beendung derselben, und folgten alle einander in dem oben gegebenen Zeitraume, so würben sich alle diese Eindrüke zu einer ganzen stätigen Bewegung verknüpfen. So sind auch die Bilder des Phenakisticops und auch unserer Zauberlaterne geordnet. Die Bildscheibe B ist z.B. in acht gleiche Abtheilungen getheilt, die erste Abtheilung enthält, auf unsere obige Angabe zurükbezogen, den Holzhauer, wie er eben anfangen will zu schneiden; in der zweiten und dritten Abtheilung ist die Handlung weiter und weiter vorgeschritten, in der vierten Abtheilung der Schnitt vollendet, in der fünften, sechsten und siebenten Abtheilung schreitet die Säge wieder zurük und ist der erste Abschnitt wieder da, die Darstellung ist auf den Ausgangspunkt zurükgekommen. Würde man die Scheibe nun rasch drehen, so erhielte man nur einen bunten Kreis, da mit jedem Augenblik neue Eindrüke auf die Nezhaut des Auges kämen; um von jedem Bilde einen Eindruk bleibend zu erhalten, muß man jedes einzeln betrachten, und zwischen je zweien dem Auge einen Ruhepunkt gestatten. Dazu dient die Scheibe C. Sie ist undurchsichtig und hat eben so viele nach der Größe der Zeichnung auf B vertheilte Löcher als diese; sie ist so gestellt, daß diese Löcher den Zeichnungen auf B genau gegenüber stehen. Beide Scheiben B und C sizen auf der Achse F fest und werden mit dieser durch die Kurbel G in umdrehende Bewegung gesezt. Betrachtet man nun die Bilder durch die einzelnen Löcher, so werden die Eindrüke bestimmt und knüpfen sich aneinander zu ununterbrochener Folge. Die Anwendung auf unsere Laterne ist nun klar. Die Scheibe B ist von Glas, die Bilder sind darauf mit durchsichtigen Oehlfarben gemalt, und fallen durch die Löcher in C auf das Objectiv E, von wo aus sie an die Wand reflectirt werden. H ist ein Diaphragma zur Beschränkung der Oeffnung und zur Trennung der beiden Linsen D und E. – Zu bemerken ist noch, daß die Bilder auf der Scheibe B so gemalt seyn müssen, daß die Figuren mit den Füßen nach dem Mittelpunkt hin stehen, dann erleiden sie hinter der Linse D die erste Umkehrung und hinter der Linse E die zweite, so daß sie dann wieder auf den Füßen stehen. (Illustr. Zeit.)

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Tafel Tab. I
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