Titel: | Ueber das Tiegelschmelzen in Belgien; von Valerius. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. CXIV., S. 436 |
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CXIV.
Ueber das Tiegelschmelzen in Belgien; von
Valerius.
Valerius, über das Tiegelschmelzen in Belgien.
Der Verf. gibt an, daß dieses Umschmelzen in Belgien, besonders in Brüssel, viel
angewendet wird, und daß es unter der Voraussezung, daß die Gießerei das von einem
Cupolofen geschmolzene Eisen nicht aufarbeiten kann, eine Brennmaterialersparung
gewährt, daß es ferner das Roheisen heißer, flüssiger und deßhalb auch passender
liefert, weil ein geschikter Schmelzer beim Umschmelzen Fehler des Roheisens
verbessern kann, und daß man bei ihm jede Roheisensorte, selbst alte, fast
verbrannte Poteriewaaren, verbrauchen kann. Der Verf. empfiehlt diese
Umschmelzmethode noch besonders aus dem militärischen Gesichtspunkte und man mag sie
allerdings während einer Belagerung etwa zur Erzeugung von Wurf- und
Schießmaterial gut nuzen können. Wir beschränken uns hier darauf, aus der sehr
detaillirten Beschreibung des Verfassers einige kurze Notizen auszuziehen.
Das umgeschmolzene Roheisen wird zu Brüssel zum Abgießen kleiner Sachen, Ornamente,
Candelaber, Statüen, Plätteisen u.s.w. verwendet, außerdem noch zu Lichtscheren,
Scheren, Messern u.s.w., kurz zu solchen Sachen, welche man wieder erhizen will, um
sie geschmeidig (hämmerbar) zu machen.
Der Schmelzofen besteht aus zwei Theilen, dem Schmelztiegel und dem Schachte; sie
werden auf einander gesezt und die Fugen mit Thon verschmiert. Schacht und Tiegel
sind beide aus sehr starkem Eisenblech zusammengenietet und innen mit Thon
ausgestrichen. Der Schacht bildet keinen vollen geschlossenen Cylinder, sondern ist
an der einen Seite offen und mit dieser wird er so gegen eine Brandmauer gesezt und
die mit ihr entstehenden Fugen so verstrichen, daß Mauer und Schacht einen
cylinderförmigen Raum über dem Schmelztiegel bilden. Nachdem der Schmelztiegel von
den Schlaken u.s.w. einer frühern Operation gereinigt und frisch mit Thon
ausgestrichen ist, wird er zu einer neuen Schmelze vorher angewärmt, wozu man circa 25 Kilogr. grobe Steinkohlen verwendet und 2
Stunden Zeit bedarf. Ist er gehörig erhizt, so wird er an die Brandmauer gestellt,
so zwar, daß die Düse oder Form eines durch die Mauer eintretenden Gebläses
unmittelbar auf dessen obern Rand zu liegen kommt; dann erst klebt man den Schacht
auf. Inzwischen hat man auch den Tiegel mit Sand umschüttet, um dessen Wärme
zusammenzuhalten. Dieser Sand wird entweder durch eine Baksteinmauer oder ein
Holzgeschlinge zusammengehalten, und nicht nur der Tiegel völlig mit ihm umschüttet,
sondern derselbe auch so hoch aufgetragen, daß er noch über die Verbindungsstelle
von Tiegel und
Schacht in die Höhe geht. Die Fugen um die Düse werden ebenfalls mit Thon
verstrichen. Der Tiegel wird zunächst in eine Tragstange gesezt, welche in ihrer
Mitte einen Ring bildet, der den Tiegel etwa in der halben Höhe desselben umfaßt. An
dieser Tragstange sizt außerdem noch ein Bügel und zwar so unter dem Ringe, daß der
Boden des Tiegels auf diesem Bügel ruht, so daß der Tiegel sowohl durch Ring als
Bügel in der Tragstange festgehalten wird. Diese Tragstange bleibt auch um den
Tiegel sizen, wenn er in gehörige Lage unter den Schacht gebracht ist und mit Sand
umschüttet wird, so daß die beiden Enden der Stange aus dem Sande hervorstehen und
durch sie nach beendigter Operation der Tiegel weggehoben werden kann.
Als Gebläse dient ein Ventilator oder ein lederner Balg, welche durch Menschenhand in
Bewegung gesezt werden. Die Form besteht aus Gußeisen und hat mindestens 1 Zoll
Durchmesser; bei Anwendung eines wenig gepreßten Wind liefernden Ventilators bis 4
Zoll. Man läßt sie nicht in das Feuer vorragen. Die Neigung der Form wird
verschieden gegeben. Der Verf. beobachtete da, wo Kohks als Brennmaterial verwandt
wurden, eine solche Neigung, daß der Windstrom die Mitte der Tiegelöffnung traf; in
einem andern Falle, wo man Steinkohle benuzte, war der Windstrom auf die Mitte des
Tiegelbodens gerichtet. Die Neigung der Form muß ein Weißwerden und zugleich eine
Reinigung des Roheisens hervorrufen; ein weniger stechender Wind wirkt weniger auf
das Roheisen, aber erhizt es nicht so stark und veranlaßt einen größern
Brennmaterialaufgang. Der Arbeiter muß deßhalb nach dem zu erzielenden Resultate die
Neigung der Form reguliren. Die Höhe der Formlage ist durch die Höhe des Tiegels
bestimmt; ein zu tiefer Tiegel gibt zu Ansäzen durch Abkühlung Veranlassung. Die
Dimensionen des ganzen Apparats richten sich nach der Menge Roheisen, welche auf
einmal umgeschmolzen werden soll; eben so auch die Dauer einer Operation. Man wendet
diesen Apparat auch da an, wo nur einige Kilogramme auf einmal geschmolzen werden
sollen, aber man kann auch mit dieser Menge bis auf 50 Kilogr. zu einer Schmelzung
steigen. Im erstern Falle pflegt dann der Apparat nicht festzuliegen, sondern es
ziehen Arbeiter mit ihm umher, welche ihn sehr dürftig, aber doch zum Zwek genügend,
sich aufbauen. Da, wo man sich eines festliegenden Apparates – und auf solche
bezieht sich unsere Beschreibung – bedient, pflegt man 100–270 Kilogr.
zu einer Umschmelzung zu nehmen, und man bedarf dann 1–2 Stunden zum
Einschmelzen und 1/4–1/2 Stunde zum Abgießen. Als Brennmaterial wendet man
Kohks oder Steinkohlen an. Im leztern Falle sezt man 3–4 faustgroße
Steinkohlenstüke auf den
Boden und an die Seitenwände des Schachtes und füllt die Mitte desselben mit den
kleinen verkohkten Steinkohlen aus, welche von der lezten Operation gefallen und
übrig geblieben sind. Der Brennmaterialaufgang beträgt auf 250 Kil. Roheisen 25 Kil.
Steinkohlen zum Anwärmen des Tiegels und 100 Kil. Kohks; oder auch: 100 Kil Roheisen
erfordern bei der ersten Schmelzung 75 Kil. Steinkohlen, und bei den nachfolgenden,
wo das Abwärmen wegfällt, 50 Kil. Steinkohlen. Der Abgang steigt mit Kohksfeuerung
und bei gutem Roheisen auf 5 Proc., bei Steinkohlenfeuerung auf 5–10 Proc.
und bei schlechtem Roheisen und Steinkohlen auf 5–20 Proc.
Zum Beginn der Arbeit wird nun der Schacht bei Kohksfeuerung ganz mit Kohks gefüllt
und dann das Roheisen zu 50–60 Kil. in circa
5–6 gleich große Stüke zerschlagen, aufgesezt, das Gebläse angelassen, später
8–10 Kil. Brennmaterial nachgegeben u.s.w. Die Form wird, so oft es nöthig
ist, mit einem kleinen Rangel aufgehellt. Ehe alles eingeschmolzen ist, hängt man
über den Schacht in die Gichtflamme eine Art Kellen, mit denen später das Eisen in
die Formen gegossen wird, um solche vorher abzuwärmen. Man untersucht mit dem
kleinen Rangel durch die Form, ob das zur Schmelzung aufgesezte Roheisen sämmtlich
eingeschmolzen ist; sobald man dieses erreicht hat, wird der Schacht abgelöst, der
Sand weggezogen, der Wind angehalten und der Schacht ganz weggenommen, welches
leicht mittelst zweier Oehre geschehen kann, die an den Schacht von Außen angenietet
sind und über die Gicht hervorragen; die übriggebliebenen Kohks (oder im Fall man
Steinkohlen anwandte, mehr oder minder verkohkte kleine Stüke derselben) werden mit
Wasser und Sand ausgelöscht. Den Tiegel hebt man mittelst der Tragstange hinweg und
legt die Enden dieser Stange dann so auf zwei Böke, daß der Tiegel frei schwebt und
das Eisen aus ihm in die abgewärmten Kellen gegossen werden kann. Wendet man
Steinkohlen als Brennmaterial an, so läßt man diese nach dem Anfüllen des Schachtes
sich erst ohne Gebläse entzünden, läßt dann lezteres etwa 10 Minuten umgehen, um den
Ofen zu erwärmen und sämmtliche Steinkohlen anstammen zu lassen. Läßt dieses Flammen
dann nach, so zersüßt der Arbeiter mit dem Rangel die etwas zusammengefritteten
Kohlenstüke, vertheilt sie gleichmäßig, wirft, um durch die Flamme nicht genirt zu
seyn, eine Schaufel voll kleine Kohksstüke auf und sezt nach geebneter
Gichtoberfläche das Eisen so auf, daß an die Formseite kein Eisen zu liegen kommt.
Im Uebrigen wird ziemlich wie bei Kohksfeuerung verfahren; man sezt jedoch das Eisen
gern, läßt es dessen Volumen zu, auf einmal auf, wobei der Verf. aber bemerkt, daß
er bei Anwendung von Steinkohlen zu einer Schmelzung nicht mehr als 100–150
Kil. hat nehmen sehen.
Der Verf. rühmt sehr die Einfachheit und Eleganz dieser Tiegelschmelzerei. (Bergwerksfreund, Bd.
VII, S. 153.)