Titel: | Ueber den Einfluß der ammoniakalischen Dünger auf die Vegetation und eine vortheilhafte Benuzung der Menschenexcremente als Dünger. (Aus einem Schreiben des Hrn. Schattenmann an Hrn. Dumas.) |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. CXXIV., S. 468 |
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CXXIV.
Ueber den Einfluß der ammoniakalischen
Duͤnger auf die Vegetation und eine vortheilhafte Benuzung der Menschenexcremente
als Duͤnger. (Aus einem Schreiben des Hrn. Schattenmann an Hrn. Dumas.)
Aus den Comptes rendus, Jul. 1844, Nr.
2.
Ueber den Einfluß der ammoniakalischen Dünger auf die
Vegetation.
Bei meinen Versuchen, das einfachste und wohlfeilste praktische Verfahren zu
ermitteln, um das kohlensaure Ammoniak in den festen Excrementen zu sättigen, fand
ich, daß der Eisenvitriol den Vorzug verdiene. Dieses Salz kostet nur 8 bis 10 Fr.
per metrischen Centner und ist leichter zu
transportiren und zu handhaben als die Säuren, welche in den Händen Ungeübter zu
Unglüksfällen Anlaß geben können. Aber der Eisenvitriol gewährt noch einen andern
großen Vortheil, welcher für seine Anwendung entscheiden muß.
Die schädlichen und unangenehmen Ausdünstungen, welche die festen Excremente
verbreiten, rühren vorzüglich von der Verflüchtigung des kohlensauren Ammoniaks und
des Schwefelwasserstoffgases her, welchem leztern die Ausräumer der Abtrittgruben
selbst zum Opfer werden. Schüttet man eine Eisenvitriollösung in die festen
Excremente, so erfolgt sogleich eine Zersezung durch doppelte Wahlverwandtschaft;
die Schwefelsäure des Eisenvitriols verbindet sich mit dem Ammoniak und verwandelt
es in ein fixes Salz; das Eisen verbindet sich mit dem Schwefel und bildet
Schwefeleisen. Die Verflüchtigung von ammoniakalischen Dünsten und
Schwefelwasserstoffgas hört augenbliklich auf und die Excremente behalten nur mehr den ihnen
eigenthümlichen schwachen Geruch und denjenigen der in geringer Menge darin
enthaltenen Pflanzenstoffe; dieser Geruch aber ist nicht belästigend und hat nichts
Ekelhaftes. Wenn genug Flüssigkeit zu den festen Excrementen gekommen ist, löst sich
ein großer Theil derselben auf und das Uebrige fällt zu Boden und bildet einen
schwärzlichen Schlamm. Der flüssige Theil ist ebenfalls schwärzlich und klärt sich
bei ruhigem Stehen ab.
Dieses Resultat erhielt ich bei Behandlung der festen Excremente aus der Abtrittgrube
meines Hauses. Ich bediente mich der 2 Grade starken Flüssigkeit zum Begießen meines
Gartens und des unbedeutenden zurükbleibenden Rükstands als Dünger auf den Rabbatten
ohne die geringsten unangenehmen Folgen.
Die mit einer Eisenvitriollösung gesättigten festen Excremente können eben so gut wie
der Mist bei Tage herausgenommen werden, ohne Jemand zu belästigen. Sie können daher
eben so leicht in Fässern transportirt und ausgeladen werden, wie der Mist. Da der
Menschenkoch ein sehr reichhaltiger Dünger ist, so kann er weiter verführt werden
als der gewöhnliche Dünger und man kann ihn am Orte seiner Bestimmung mit Wasser
verdünnen, um ihn auf 2 Grade zu bringen und einen vortrefflichen flüssigen Dünger
daraus zu gewinnen.
Die Einwohner von Paris haben von der Ausräumung des Koths und seiner Aufhäufung zu
Montfaucon, welche mehrere Stadtquartiere inficirt, viel zu leiden. Dieser Plage
wäre leicht ein Ziel zu sezen, wenn man den Koth der Abtrittgruben vor der
Ausleerung mit einer Eisenvitriollösung sättigen würde. Diese Maaßregel sollte von
der Behörde im Interesse des allgemeinen Wohls angeordnet werden; aber auch das
Interesse der Landwirthschaft verlangt dieselbe, um einem so kräftigen Dünger seine
ganze Kraft zu bewahren. Troknet man den Koth, ohne ihn vorher zu sättigen, so
verflüchtigt sich das kohlensaure Ammoniak und es geht sonach der kräftigste
Bestandtheil dieses Düngers verloren.
Der größte Theil der Menschenexcremente geht heutzutage verloren, weil sie nicht
sorgfältig aufgesammelt, nicht gehörig behandelt werden – und doch sind sie
für den Akerbau von so außerordentlichem Nuzen. Man kann die festen und flüssigen
Excremente eines Menschen täglich auf 3/4 Kilogr., jährlich also auf 281 Kilogr.
anschlagen, welche 3 Proc., also 8,43 Kilogr. Stikstoff enthalten, welche Quantität
nach Boussingault hinreicht, um 400 Kilogr. Weizen,
Roggen oder Hafer zu
erzeugen. Würde man demnach allen Menschenkoth benuzen, so könnte man in der
Landwirtschaft den Viehmist, wenn auch nicht ganz, doch größtentheils entbehren. Es
wäre dieß ein hochwichtiger Erfolg.
Ich will dieses Schreiben nicht schließen, ohne Ihnen mitzutheilen, daß die
Wiesentheile, welche ich im vorigen Jahre mit 2 Liter auf den Quadratmeter von einer
1 Grad (Baumé) starken Lösung ammoniakalischer Salze begoß, auch im heurigen
Jahr ein eben so kräftiges Wachsthum zeigen und wenigstens eine noch einmal so große
Heuernte geben werden als die nicht begossenen Theile derselben Wiesen. Dieses
günstige Resultat übertrifft meine Erwartung, denn nimmer dachte ich, daß die
Wirkung einer kleinen Quantität Ammoniaks sich auf mehrere Jahre erstreken könne.
Jezt zweifle ich nicht mehr, daß sie wenigstens drei Jahre sich fühlbar mache. Die
im Handel vorkommenden Ammoniaksalze können den Gegenden, welche nicht genug Dünger
erzeugen, auf diese Weise zu Hülfe kommen; denn angenommen, 400 Kilogr. dieses
Salzes zu 60 Fr. per 100 Kilogr., welche also 240 Fr.
kosten, machen eine Hektare Boden auf drei Jahre hinaus fruchtbar, so beträgt die
jährliche Ausgabe nur 80 Fr., welche ein reichlicherer Ertrag mit wucherischen
Zinsen wieder einbringen würde.